BGer 6B_1025/2016 | |||
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BGer 6B_1025/2016 vom 24.10.2017 | |
6B_1025/2016
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Urteil vom 24. Oktober 2017 |
Strafrechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichter Denys, Präsident,
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Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
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Bundesrichter Oberholzer, Rüedi,
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Bundesrichterin Jametti,
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Gerichtsschreiber Matt.
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Verfahrensbeteiligte | |
X.________,
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vertreten durch Rechtsanwalt Oliver Lücke,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Maulbeerstrasse 10, 3011 Bern,
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Beschwerdegegnerin.
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Gegenstand
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Hinweispflicht bei Einvernahmen von Auskunftspersonen bzw. Zeugen,
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Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern, Strafabteilung, 2. Strafkammer, vom 2. August 2016 (SK 15 381).
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Sachverhalt: |
A. | |
X.________ wird vorgeworfen, am 10. April 2011 den Genitalbereich der damals ca. 9-jährigen A.________ fotografiert zu haben. Am 29. März 2014 soll er das damals ca. 12-jährige Mädchen in der Badewanne gefilmt und es aufgefordert haben, mit den Hüften Bewegungen zu machen. Schliesslich soll er zwischen dem 30. März 2014 und dem 13. Mai 2014 einen Datenträger mit den vorerwähnten Bildern sowie dem Video an Mitinsassen in der Strafanstalt weitergegeben haben.
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B. | |
Am 9. Oktober 2015 sprach das Regionalgericht Berner Jura-Seeland X.________ der Pornografie, begangen durch Herstellung von kinderpornografischen Fotos, schuldig und verurteilte ihn zu einer bedingten Geldstrafe von 12 Tagessätzen zu Fr. 30.-- sowie einer Verbindungsbusse von Fr. 90.--. Von den weiteren Vorwürfen sprach es ihn frei. Es verfügte den Einzug verschiedener Datenträger zwecks Vernichtung.
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Auf Berufung von X.________ hin bestätigte das Obergericht des Kantons Bern den regionalgerichtlichen Entscheid am 2. August 2016 im Schuld- und Strafpunkt.
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C. | |
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt X.________, er sei vollumfänglich freizusprechen. Die Verfahrenskosten seien dem Kanton aufzuerlegen und ihm sei für das kantonale Verfahren eine Entschädigung von Fr. 6'928.35 zuzusprechen. Die Datenträger seien ihm herauszugeben und dem für die Führung des Automatisierten Fingerabdruck-Identifizierungssystems (AFIS) zuständigen Dienst sei die Zustimmung zur Löschung der biometrischen Daten zu erteilen. Allenfalls sei die Sache, insbesondere zur Festsetzung der Entschädigung, an das Obergericht zurückzuweisen. X.________ ersucht um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung für das bundesgerichtliche Verfahren.
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Die Strafrechtliche Abteilung des Bundesgerichts hat die Angelegenheit am 24. Oktober 2017 an einer öffentlichen Sitzung beraten.
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Erwägungen: |
Erwägung 1 | |
Der Beschwerdeführer rügt, die Verurteilung basiere im Wesentlichen auf den Aussagen seiner als Auskunftsperson einvernommenen Ehefrau gegenüber der Polizei. Die Aussagen seien aber nicht verwertbar, weil die Ehefrau nicht auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht als Angehörige hingewiesen worden sei.
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1.1. Die Vorinstanz erwägt, die Ehefrau des Beschwerdeführers sei von der Polizei zu Recht als Auskunftsperson nach Art. 178 lit. d StPO befragt worden, da ihre Rolle bei der inkriminierten Tat zum damaligen Zeitpunkt unklar gewesen sei. Ihr habe daher zufolge Art. 180 Abs. 1 StPO ein umfassendes Aussageverweigerungsrecht zugestanden, worüber sie auch korrekt belehrt worden sei. Ein zusätzlicher Hinweis auf die Zeugnisverweigerungsrechte nach Art. 168 ff. StPO sei nicht erforderlich gewesen. Hierüber müsse nur die als Auskunftsperson einzuvernehmende Privatklägerschaft gemäss Art. 178 lit. a StPO belehrt werden, da nur diese eine Aussagepflicht treffe. Die Aussage der Ehefrau des Beschwerdeführers sei verwertbar.
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Erwägung 1.2 | |
1.2.1. Art. 178 und Art. 179 StPO regeln, wer als Auskunftsperson einvernommen wird. Auskunftsperson gemäss Art. 178 lit. d StPO ist, wer ohne selber beschuldigt zu sein, als Täterin, Täter, Teilnehmerin oder Teilnehmer der abzuklärenden Straftat oder einer anderen damit zusammenhängenden Straftat nicht ausgeschlossen werden kann. Die Polizei befragt eine Person, die nicht als beschuldigte Person in Betracht kommt, als Auskunftsperson (Art. 179 Abs. 1 StPO). Vorbehalten bleibt die Einvernahme als Zeugin oder Zeuge gemäss Artikel 142 Abs. 2 StPO (Art. 179 Abs. 2 StPO; ROLAND KERNER, in: Basler Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N. 1 zu Art. 179 StPO).
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Die Auskunftspersonen nach 178 lit. b-g StPO sind nicht zur Aussage verpflichtet; für sie gelten sinngemäss die Bestimmungen über die Einvernahme der beschuldigten Person (Art. 180 Abs. 1 StPO). Demgegenüber ist die als Auskunftsperson einzuvernehmende Privatklägerschaft (Art. 178 lit. a StPO) vor der Staatsanwaltschaft, vor den Gerichten sowie vor der Polizei, die sie im Auftrag der Staatsanwaltschaft einvernimmt, zur Aussage verpflichtet. Im Übrigen sind die Bestimmungen über die Zeuginnen und Zeugen sinngemäss anwendbar, mit Ausnahme von Art. 176 StPO (Art. 180 Abs. 2 StPO). Die Strafbehörden machen die Auskunftspersonen zu Beginn der Einvernahme auf ihre Aussagepflicht oder ihre Aussage- oder Zeugnisverweigerungsrechte aufmerksam (Art. 181 Abs. 1 StPO). Sie weisen Auskunftspersonen, die zur Aussage verpflichtet sind oder sich bereit erklären auszusagen, auf die möglichen Straffolgen einer falschen Anschuldigung, einer Irreführung der Rechtspflege und einer Begünstigung hin (Art. 181 Abs. 2 StPO).
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1.2.2. Zeugin oder Zeuge ist eine an der Begehung einer Straftat nicht beteiligte Person, die der Aufklärung dienende Aussagen machen kann und nicht Auskunftsperson ist (Art. 162 StPO). Jede zeugnisfähige Person ist zum wahrheitsgemässen Zeugnis verpflichtet; vorbehalten bleiben die Zeugnisverweigerungsrechte (Art. 162 Abs. 2 StPO). Das Zeugnis können unter anderem verweigern: die Ehegattin oder der Ehegatte der beschuldigten Person oder wer mit dieser eine faktische Lebensgemeinschaft führt (Art. 168 Abs. 1 lit. a StPO).
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Die einvernehmende Behörde macht die Zeugin oder den Zeugen zu Beginn jeder Einvernahme auf die Zeugnis- und die Wahrheitspflichten und auf die Strafbarkeit eines falschen Zeugnisses nach Artikel 307 StGB aufmerksam. Unterbleibt die Belehrung, so ist die Einvernahme ungültig (Art. 177 Abs. 1 StPO). Die einvernehmende Behörde befragt die Zeugin oder den Zeugen zu Beginn der ersten Einvernahme über ihre Beziehungen zu den Parteien sowie zu den weiteren Umständen, die für ihre Glaubwürdigkeit von Bedeutung sein können (Art. 177 Abs. 2 StPO). Sie macht sie auf ihre Zeugnisverweigerungsrechte aufmerksam, sobald sie aufgrund der Befragung und der Akten solche Rechte erkennt. Unterbleibt der Hinweis und beruft sich die Zeugin oder der Zeuge nachträglich auf das Zeugnisverweigerungsrecht, so ist die Einvernahme nicht verwertbar (Art. 177 Abs. 3 StPO). Die Zeugin oder der Zeuge kann sich jederzeit auf das Zeugnisverweigerungsrecht berufen oder den Verzicht darauf widerrufen (Art. 175 Abs. 1 StPO). Aussagen, die eine Zeugin oder ein Zeuge nach Belehrung über das Zeugnisverweigerungsrecht gemacht hat, können auch dann als Beweis verwertet werden, wenn sich die Zeugin oder der Zeuge zu einem späteren Zeitpunkt auf das Zeugnisverweigerungsrecht beruft oder den Verzicht auf das Zeugnisverweigerungsrecht widerruft (Art. 175 Abs. 2 StPO).
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1.2.3. Als beschuldigte Person gilt die Person, die in einer Strafanzeige, einem Strafantrag oder von einer Strafbehörde in einer Verfahrenshandlung einer Straftat verdächtigt, beschuldigt oder angeklagt wird (Art. 111 Abs. 1 StPO). Die beschuldigte Person muss sich nicht selbst belasten. Sie hat namentlich das Recht, die Aussage und ihre Mitwirkung im Strafverfahren zu verweigern (Art. 113 Abs. 1 erster und zweiter Satz StPO). Polizei oder Staatsanwaltschaft weisen die beschuldigte Person zu Beginn der ersten Einvernahme in einer ihr verständlichen Sprache darauf hin, dass sie die Aussage und die Mitwirkung verweigern kann (Art. 158 Abs. 1 lit. b StPO). Einvernahmen ohne die Hinweise gemäss Art. 158 Abs. 1 lit. a-d sind nicht verwertbar (Art. 158 Abs. 2 StPO).
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1.3. Über welche Rechte und Pflichten die Auskunftsperson zu Beginn der Einvernahme zu belehren ist, hängt nach dem Gesagten davon ab, welche Stellung ihr im Verfahren zukommt.
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1.3.1. In der gesetzlichen Konzeption nimmt die Auskunftsperson eine Stellung ein, welche zwischen derjenigen der beschuldigten Person und der Zeugin oder dem Zeugen anzusiedeln ist. Anders als die beschuldigte Person wird sie keiner Straftat konkret verdächtigt (vgl. Art. 111 Abs. 1 StPO), sie ist aber im Unterschied zur Zeugin oder zum Zeugen an der zu untersuchenden Straftat auch nicht völlig unbeteiligt (Art. 162 StPO). Bei der Befragung von Auskunftspersonen geht es um Konstellationen, in denen eine Mitwirkung an der Straftat nicht ausgeschlossen werden kann, in denen wegen der Konstituierung als Privatklägerschaft ein persönliches Interesse am Ausgang des Verfahrens naheiegen könnte oder in denen Zweifel an der Aussagefähigkeit der zu befragenden Person bestehen (vgl. Art. 178 StPO). Dementsprechend sind die Mitwirkungspflichten der drei Beteiligten-Kategorien im Strafprozess unterschiedlich geregelt. Die beschuldigte Person kann nach dem Grundsatz "nemo tenetur se ipsum accusare" von vornherein nicht gezwungen werden, sich selbst zu belasten (Art. 113 Abs. 1 StPO). Die Auskunftsperson ist der beschuldigten Person diesbezüglich gleichgestellt. Sie ist generell nicht zur Aussage, geschweige denn zur wahrheitsgemässen Aussage verpflichtet.
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Von den hier nicht interessierenden Konstellationen vermindert urteilsfähiger Personen gemäss Art. 178 lit. b und c StPO abgesehen, sollen somit auch Auskunftspersonen wegen ihrer tatsächlichen oder möglichen Involvierung in die abzuklärende Straftat nicht dem Druck ausgesetzt werden, sich selbst belasten zu müssen, falls sie als Täter oder Teilnehmer nicht ausgeschlossen werden können. Ebenso wenig sollen sie durch die Pflicht zur wahrheitsgemässen Aussage ihren Interessen im Strafverfahren schaden müssen, wenn sie sich als Privatklägerschaft konstituiert haben. Zur wahrheitsgemässen Aussage ist daher allein der Zeuge oder die Zeugin verpflichtet, der oder die definitionsgemäss an der abzuklärenden Straftat nicht beteiligt ist und deshalb im Hinblick auf den Gang des Strafverfahrens keine eigenen Interessen verfolgt. Daraus erhellt zugleich, dass das spezifisch geregelte, nur unter bestimmten Bedingungen zur Anwendung gelangende Aussageverweigerungsrecht der Zeugin oder des Zeugen nicht einfach als Ausfluss des allgemeinen Aussageverweigerungsrechts der Auskunftsperson verstanden werden kann. Die unterschiedlichen Mitwirkungsverweigerungsrechte der Auskunftsperson einerseits und der Zeugin oder des Zeugen andererseits beruhen vielmehr auf anderen Prämissen und verfolgen andere Ziele. Während das Aussageverweigerungsrecht der Auskunftsperson deren eigene Interessen im Verfahren schützt, betrifft das Aussageverweigerungsrecht des Zeugen nicht den Schutz der befragten, sondern den Schutz der beschuldigten Person. Dieser nahestehende Personen sollen aus Rücksichtnahme auf besonders enge persönliche Beziehungen zu ihr vor dem Interessenkonflikt bewahrt werden, entweder wahrheitsgemäss auszusagen und damit die persönliche Beziehung zur beschuldigten Person aufs Spiel zu setzen oder eine Verurteilung wegen falschen Zeugnisses in Kauf zu nehmen. Angesichts der unterschiedlichen Zielsetzungen des allgemeinen Aussageverweigerungsrechts der Auskunftsperson und des spezifischen Aussageverweigerungsrechts der Zeugin oder des Zeugen erscheint es unerlässlich, die zu befragende Person über beide Arten der Mitwirkungsverweigerungsrechte zu belehren, wenn ihr als Auskunftsperson zusätzlich zum allgemeinen Aussageverweigerungsrecht ein spezifisches Zeugnisverweigerungsrecht, z.B. als naher Angehöriger zukommt. Denn mit dem Hinweis auf das allgemeine Aussageverweigerungsrecht wird der zu befragenden Person lediglich signalisiert, dass sie nicht zu Auskünften verpflichtet ist, welche ihr möglicherweise schaden könnten. Geht es aber darum, dass sie auch nicht verpflichtet ist, zum Nachteil eines Dritten auszusagen, bedarf dies eines spezifischen Hinweises.
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1.3.2. Dies gilt umso mehr, als der Begriff der Auskunftsperson im strafprozessualen Gesamtgefüge doppeldeutig ist. Nach der gesetzlichen Konzeption führt nicht die Polizei, sondern die Staatsanwaltschaft die Beweiserhebungen selber durch (Art. 311 Abs. 1 StPO). Einvernahmen werden denn auch in erster Linie von der Staatsanwaltschaft, den Übertretungsstrafbehörden und den Gerichten vorgenommen (Art. 142 StPO). Führt die Polizei Befragungen durch, kann sie grundsätzlich nur beschuldigte Personen und Auskunftspersonen befragen. Das Recht zur formellen Zeugeneinvernahme steht ihr hingegen - abgesehen von der hier nicht vorliegenden Ausnahme delegierter Befragung nach Art. 142 Abs. 2 StPO (vgl. ROLAND KERNER, Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N. 1 zu Art. 179 StPO) - nicht zu. Während sich die Staatsanwaltschaft und die Gerichte somit zu entscheiden haben, in welcher Form die zu befragende Person einvernommen werden soll, nämlich als Beschuldigte (r), Zeuge/Zeugin oder Auskunftsperson, befragt die Polizei eine Person, die nicht als beschuldigte Person in Betracht kommt, generell als Auskunftsperson (Art. 179 Abs. 1 StPO), und zwar unabhängig davon, ob die spezifischen Voraussetzungen für die Einvernahme nach Art. 178 StPO erfüllt sind oder nicht. Diese "polizeiliche Auskunftsperson" wird in der Literatur als Auskunftsperson sui generis bezeichnet, weil sie mit derjenigen nach Art. 178 StPO nicht identisch ist (so NIKLAUS SCHMID, Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, Schmid/Jositsch [Hrsg.], 3. Aufl. 2018, N. 1 zu Art. 179 StPO). Der vorgenannte Autor unterscheidet mit Bezug auf den Umfang der Belehrung folgerichtig zwei Kategorien von Auskunftspersonen. Demnach ist die einzuvernehmende Person auf sogleich erkennbare Zeugnisverweigerungsrechte gemäss Art. 168 ff. StPO aufmerksam zu machen, wenn, wie vorliegend, vor Einvernahmebeginn klar ist, dass es sich bei der einzuvernehmenden Person um eine Quasi-Zeugin handelt. Wird hingegen klarerweise eine Auskunftsperson im Sinne von Art. 178 StPO befragt, ist die einzuvernehmende Person auf ein allfälliges Aussageverweigerungsrecht nach Art. 180 Abs. 1 StPO hinzuweisen (SCHMID, Praxiskommentar, N. 3 zu Art. 179 StPO).
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Im vorliegenden Verfahren wurde die Ehefrau des Beschwerdeführers nicht deshalb als Auskunftsperson befragt, weil die Voraussetzungen gemäss Art. 162 StPO für eine Zeugeneinvernahme nicht erfüllt gewesen wären oder weil ein Anwendungsfall für die Einvernahme als Auskunftsperson nach Art. 178 StPO vorgelegen hätte. Die Befragung erfolgte allein deshalb als Auskunftsperson, weil es die organisationsrechtlichen Einvernahmebestimmungen der Polizei grundsätzlich verwehren, formelle Zeugeneinvernahmen durchzuführen. Dies ändert jedoch nichts daran, dass der Ehefrau des Beschwerdeführers in materieller Hinsicht Zeugenstellung zukommt, weshalb sie auch im polizeilichen Verfahren zwingend über das Zeugnisverweigerungsrecht nach Art. 177 StPO zu belehren war.
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1.3.3. Schliesslich erscheint es nicht zuletzt mit Blick auf die Verwertbarkeit der Einvernahme und das in Art. 177 Abs. 3 StPO statuierte Verwertungsverbot bei unterbliebenem Hinweis auf das Zeugnisverweigerungsrecht (oben E. 1.2.2) als unabdingbar, die von der Polizei einzuvernehmende Person, welcher später im Verfahren eventuell Zeugeneigenschaft zukommt, sowohl auf die Rechte und Pflichten einer Auskunftsperson als auch auf diejenigen eines Zeugen aufmerksam zu machen. Die Geltung der zentralen Aussage des Gesetzgebers zum Verwertungsverbot gemäss Art. 177 Abs. 3 StPO kann nicht davon abhängen, ob die Befragung einer Person, welcher Zeugenstellung zukommt und der ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht, durch die Staatsanwaltschaft als Zeugin oder durch die Polizei als Auskunftsperson erfolgt. Früher gemachte Aussagen bleiben bei einer späteren Geltendmachung des Zeugnisverweigerungsrecht nur verwertbar, wenn der Zeuge schon bei der früheren Einvernahme hinreichend über seine Zeugnisverweigerungsrechte belehrt wurde.
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Diese Auffassung vertritt auch die herrschende Lehre. So hält ANDREAS DONATSCH dafür, die einzuvernehmende Person kumulativ zu belehren, wenn und soweit im Zeitpunkt der Befragung durch die Polizei gestützt auf Art. 179 Abs. 1 nicht klar ist, ob die betreffende Person später durch die Staatsanwaltschaft als Auskunftsperson oder als Zeuge befragt wird (Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], 2. Aufl. 2014, N. 8 zu Art. 179 StPO). GUNHILD GODENZI und ANDREAS DONATSCH (Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], 2. Aufl. 2014, N. 6 zu Art. 143 StPO und N. 4 zu Art. 179 StPO) betrachten die Aussage einer Auskunftsperson, welche im späteren Verfahren als Zeuge befragt wird, nur dann für verwertbar, wenn die einzuvernehmende Person von der Polizei auf bestehende Zeugnisverweigerungsrechte aufmerksam gemacht wurde. Gleiches gilt für NIKLAUS SCHMID, welcher unter Hinweis auf die schon unter der Geltung des früheren kantonalen Rechts geübte Praxis ausführt, die Aussagen einer von der Polizei als Auskunftsperson befragten Person, die als Zeuge in Frage komme, seien beweismässig nur verwertbar, wenn anschliessend der Zeuge noch ordnungsgemäss von Staatsanwalt oder Gericht einvernommen und die Richtigkeit der polizeilichen Protokolle bestätigt würden (NIKLAUS SCHMID, Handbuch des Schweizerischen Strafprozessrechts, 3. Aufl. 2017, N. 919).
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1.4. Nach dem Gesagten sind die Aussagen der Ehefrau des Beschwerdeführers anlässlich der polizeilichen Einvernahme als Auskunftsperson nicht verwertbar. Die Beschwerde ist begründet. Die Sache ist zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen. Auf die weiteren Rügen des Beschwerdeführers braucht nicht eingegangen zu werden.
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Erwägung 2 | |
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG). Der Kanton Bern hat dem Beschwerdeführer eine angemessene Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Prozessführung und Verbeiständung im bundesgerichtlichen Verfahren ist als gegenstandslos abzuschreiben.
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Demnach erkennt das Bundesgericht: | |
1. Die Beschwerde wird gutgeheissen. Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen.
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2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
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3. Der Kanton Bern hat dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers, Rechtsanwalt Oliver Lücke, eine Parteientschädigung von Fr. 3'000.-- zu bezahlen.
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4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, Strafabteilung, 2. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 24. Oktober 2017
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Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Denys
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Der Gerichtsschreiber: Matt
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