BGer 8C_363/2017 | |||
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BGer 8C_363/2017 vom 22.11.2017 | |
8C_363/2017
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Urteil vom 22. November 2017 |
I. sozialrechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichter Maillard, Präsident,
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Bundesrichterinnen Heine, Viscione,
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Gerichtsschreiber Grünvogel.
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Verfahrensbeteiligte | |
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern,
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Beschwerdeführerin,
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gegen
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A.________,
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Beschwerdegegner.
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Gegenstand
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Unfallversicherung (Valideneinkommen),
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Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn
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vom 10. April 2017 (VSBES.2014.187).
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Sachverhalt: | |
A. Der 1954 geborene A.________ erlitt am 23. Juni 2008 bei einem Betriebsunfall eine Fraktur des oberen Sprunggelenks sowie der Ferse. Die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva) anerkannte ihre Leistungspflicht als Unfallversicherer, richtete Taggelder aus und kam für die per 1. November 2009 abgeschlossene Heilbehandlung auf.
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Im Oktober 2010 meldete A.________ einen Rückfall. Die Suva richtete erneut Versicherungsleistungen in Form von Taggeld und Heilbehandlung aus. Für die mit Zeitablauf zu den rein somatisch erklärbaren Beschwerden hinzugekommenen psychischen Probleme erachtete sich die Suva als nicht leistungspflichtig. Da überdies keine weitere Verbesserung des Gesundheitszustands mehr zu erwarten sei, verfügte sie am 26. März 2014 den Behandlungsabschluss und sprach A.________ mit Wirkung ab 1. April 2014 eine Rente gestützt auf einen Invaliditätsgrad von 25 % und eine Integritätsentschädigung auf der Basis einer Integritätseinbusse von 15 % zu. Auf Einsprache hin hielt sie mit Entscheid vom 6. Juni 2014 daran fest.
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B. Das von A.________ angerufene Versicherungsgericht des Kantons Solothurn holte auf Grund der sich zum multiplen Beschwerdebild unterschiedlich äussernden, ins Recht gelegten Arztberichte bei der MEDAS Bern, ZVMB GmbH, ein durch die Dres. med. B.________, Facharzt für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates, C.________, Facharzt für Physikalische Medizin FMH, D.________, Facharzt für Neurologie FMH, und E.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie FMH, erstattetes polydisziplinäres Gutachten vom 6. Februar 2017 ein. Gestützt darauf sprach es mit Entscheid vom 10. April 2017 A.________ in teilweiser Aufhebung des Einspracheentscheids vom 6. Juni 2014 für die Zeit ab 1. April 2014 eine auf einem Erwerbsunfähigkeitsgrad von 64 % beruhende Invalidenrente und eine Integritätsentschädigung auf der Basis eines Integritätsschadens von 30 % zu.
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C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt die Suva die Reduktion der von der Vorinstanz zugesprochenen Invalidenrente auf einen Invaliditätsgrad von 62 %.
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A.________ schliesst auf Erhöhung der Invalidenrente und des Integritätsschadens D as Bundesamt für Gesundheitswesen verzichtet auf eine Stellungnahme. Es folgen verschiedene weitere unaufgefordert eingereichte Eingaben von A.________.
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Erwägungen | |
1. Während die Suva beschwerdeweise einzig die Herabsetzung der von der Vorinstanz zugesprochenen Invalidenrente auf 62 % verlangt, beantragt der Versicherte in der Beschwerdeantwort die Zusprechung einer Invalidenrente gestützt auf einen Erwerbsunfähigkeitsgrad von 100 % sowie einer Integritätsentschädigung auf der Basis einer Integritätseinbusse von mindestens 80 %.
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1.1. Im Verfahren vor dem Bundesgericht gibt es keine Anschlussbeschwerde (BGE 138 V 106 E. 2.1 S. 110). Wer mit dem angefochtenen Entscheid nicht einverstanden ist, muss diesen innert der Beschwerdefrist selber rechtsgenüglich anfechten. Zwar hat der Versicherte den vorinstanzlichen Entscheid vor Bundesgericht selber angefochten, indessen in ungenügender Form (dazu siehe das heute ergangene Urteil 8C_323/2017). Auf die vernehmlassungsweise gestellten Anträge ist daher nicht einzugehen.
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1.2. Art. 107 Abs. 1 BGG sieht vor, dass das Bundesgericht nicht über die Anträge der Beschwerde führenden Partei hinausgehen darf. Insoweit ist nachfolgend einzig zu prüfen, ob der der Invalidenrente zugrundeliegende Invaliditätsgrad entsprechend dem Antrag der Suva von 64 % auf 62 % herabzusetzen ist.
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2. Im kantonalen Entscheid sind die nach der Rechtsprechung für den Anspruch auf Leistungen der obligatorischen Unfallversicherung (Art. 6 UVG) geltenden Voraussetzungen des natürlichen und adäquaten Kausalzusammenhangs zwischen dem Unfall und dem Gesundheitsschaden (BGE 129 V 177 E. 3.1 f. S. 181), insbesondere bei Rückfällen und Spätfolgen (BGE 118 V 293 E. 2c S. 296), zutreffend dargelegt. Ebenfalls richtig sind die vorinstanzlichen Ausführungen zum Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 138 V 218 E. 6 S. 221) und zum Beweiswert und zur Beweiswürdigung medizinischer Berichte und Gutachten (BGE 135 V 465 E. 4.4 S. 469, 134 V 231 E. 5.1 S. 232, 125 V 351 E. 3a S. 352; neueren Datums: BGE 139 V 225 E. 5.2 S. 229). Die Grundlagen über die Invalidität (Art. 8 ATSG), den Rentenanspruch (Art. 18 Abs. 1 UVG), die Invaliditätsbemessung nach dem Einkommensvergleich (Art. 16 ATSG) wie auch die zu beachtenden Grundsätze bei der Ermittlung des Validen- (BGE 134 V 322 E. 4 S. 325 ff.) und des Invalideneinkommens (BGE 129 V 472 E. 4.2.1 S. 475; siehe auch: BGE 135 V 297 E. 5.2 S. 301) sind im angefochtenen Entscheid ebenfalls zutreffend wiedergegeben. Darauf wird verwiesen.
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3. Das kantonale Gericht ist in einlässlicher Auseinandersetzung mit den Parteivorbringen und Würdigung der Akten zur Überzeugung gelangt, die unfallbedingten gesundheitlichen Beeinträchtigungen würden es dem Versicherten seit dem 1. April 2014 erlauben, in einer dem Leiden angepassten Tätigkeit bei einer Präsenzzeit von 8,5 Stunden ein Rendement von 50 % zu erbringen. Dem ist vorbehaltslos beizupflichten. Es kann auf die dazu ergangenen Erwägungen verwiesen werden, zumal der Beschwerdegegner nichts Wesentliches vorbringt, das nicht bereits von der Vorinstanz diskutiert worden wäre. Überdies ist nicht einzusehen, weshalb das Finden einer dem Anforderungsprofil an einer dem unfallbedingten Leiden angepassten Tätigkeit (einfache, angepasste, sitzende, wiederholende Tätigkeit ohne Ansprüche an das Umstellungs- und Anpassungsvermögen und ohne häufig wechselnden Kontakt zu Kunden oder Kollegen, mit der Möglichkeit, das rechte Bein/den rechten Fuss hochzulagern und mit frei wählbaren Pausen und nur kurzen Gehstrecken, die mit zwei Unterarmgehhilfen zurückgelegt werden können) bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage von vornherein ausgeschlossen sein soll.
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4. Das an einer solchen Stelle hypothetisch erzielbare (Invaliden-) Einkommen setzte die Vorinstanz in einem nächsten Schritt auf der Grundlage von in der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung des Bundesamtes für Statistik ausgewiesenen Durchschnittslöhnen von Männern mit einfachen, repetitiven Tätigkeiten unter Berücksichtigung eines leidensbedingten Abzugs von 15 % auf Fr. 26'901.25 fest. Auch dies ist zu bestätigen.
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Den bei der Invaliditätsbemessung diesem Betrag gegenüberzustellenden Verdienst, den der Versicherte mutmasslicherweise ohne den unfallbedingten Gesundheitsschaden erzielen würde, das Valideneinkommen, bestimmte das kantonale Gericht auf der Grundlage des zuletzt vor dem Unfallereignis vom 23. Juni 2008 erzielten Verdienstes, übersah dabei - wie von der Beschwerdeführerin zutreffend gerügt -, dass ein solches Vorgehen primär dann zum Tragen kommt, wenn keine verlässliche Angaben der damaligen Arbeitgeberin darüber bestehen, was die versicherte Person zum Zeitpunkt des Rentenbeginns mutmasslich verdient hätte. Zudem berücksichtigte das kantonale Gericht dabei zu Unrecht die von der Arbeitgeberin neben dem Entgelt für die geleistete Arbeit von Fr. 4900.- im Monat separat ausgerichtete Spesenpauschale in der Höhe von Fr. 600.- monatlich als zum Valideneinkommen zugehörig. Wie beschwerdeweise zutreffend ausgeführt wird, handelt es sich dabei offenkundig nicht um ein von der AHV-Beitragspflicht erfasstes Entgelt mit Lohncharakter, was aber Voraussetzung für dessen Berücksichtigung beim Valideneinkommen wäre (illustrativ dazu: Urteil 8C_465/2009 vom 12. Februar 2010). Wird der laut Angaben der damaligen Arbeitgeberin zum Zeitpunkt des Rentenbeginns vom 1. April 2014 mutmasslicherweise vom Beschwerdegegner erzielte Jahresverdienst von Fr. 71'500.- dem Invalideneinkommen von Fr. 26'901.25 gegenübergestellt, führt dies zu einem Invaliditätsgrad von gerundet 62 % (1 - Fr. 26'901.25 / Fr. 71'500.- = 0.624). Würde man den zum Unfallzeitpunkt tatsächlich erzielten Verdienst von monatlich Fr. 4900.- bzw. von Fr. 63'700.- jährlich (Fr. 4900.- x 13) um die von der Vorinstanz herangezogene, statistisch ausgewiesene durchschnittliche Lohnentwicklung bis 2014 bereinigen (Fr. 63'700.- x 1.021 x 1.008 x 1.001 x 1.008 x 1.007 x 1.008), würde dies zu einem für den Beschwerdegegner ungünstigeren hypothetischen Verdienst von Fr. 67'144.50 führen, mithin zu einem Invaliditätsgrad von 60 % (1 - Fr. 26'901.25 / Fr. 67'144.50 = 0.599; dazu siehe aber E. 1.2 hiervor). Insoweit erweist sich die Beschwerde als offensichtlich begründet, weshalb sie im Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. b BGG erledigt wird. Die Beschwerdeführerin wird trotzdem auf den römischrechtlichen Grundsatz "minima non curat praetor" hingewiesen (siehe Urteile 8C_890/2008 vom 15. Juni 2009 und C 114/2006 vom 17. Juli 2007).
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5. Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Die Gerichtskosten werden dem unterliegenden Beschwerdegegner auferlegt (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: | |
1. Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn vom 10. April 2017 wird insoweit abgeändert, als in teilweiser Aufhebung des Einspracheentscheids der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt vom 6. Juni 2014 A.________ für die Zeit ab 1. April 2014 eine Invalidenrente auf der Basis eines Invaliditätsgrads von 62 % und eine Integritätsentschädigung auf der Grundlage eines Integritätsschadens von 30 % zuzusprechen ist.
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2. Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdegegner auferlegt.
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3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Solothurn und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
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Luzern, 22. November 2017
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Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Maillard
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Der Gerichtsschreiber: Grünvogel
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