BGer 1C_272/2017 | |||
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BGer 1C_272/2017 vom 17.01.2018 |
1C_272/2017 |
Urteil vom 17. Januar 2018 |
I. öffentlich-rechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichter Merkli, Präsident,
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Bundesrichter Eusebio, Kneubühler,
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Gerichtsschreiber Schoch.
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Verfahrensbeteiligte | |
A.________,
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Beschwerdeführerin,
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vertreten durch Rechtsanwalt Marc Aebi,
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gegen
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B.________,
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Beschwerdegegnerin,
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vertreten durch Rechtsanwalt Michael Grimm,
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Bau- und Werkkommission Lüterkofen-Ichertswil,
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4571 Lüterkofen,
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vertreten durch Rechtsanwalt Harald Rüfenacht,
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Bau- und Justizdepartement des Kantons Solothurn,
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Werkhofstrasse 65, Rötihof, 4509 Solothurn.
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Gegenstand
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Baubewilligung,
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Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom 10. April 2017 (VWBES.2016.402).
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Sachverhalt: | |
A. B.________ ist Eigentümerin der Parzelle GB Lüterkofen Nr. 1496 in der politischen Gemeinde Lüterkofen-Ichertswil. Am 18. April 2016 bewilligte die Bau- und Werkkommission Lüterkofen-Ichertswil ihr Baugesuch für die Errichtung von zwei Zweifamilienhäusern auf dieser Parzelle. Gleichzeitig hiess sie die Einsprache von A.________, Eigentümerin eines Nachbargrundstücks, teilweise gut und verlangte, das Gebäude B müsse ca. eineinhalb Meter nach Norden geschoben werden. Eine Beschwerde A.________s ans kantonale Bau- und Justizdepartement gegen die Baubewilligung blieb nach Durchführung eines Augenscheins mit Parteiverhandlung erfolglos.
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B. Die von A.________ gegen den Entscheid des Bau- und Justizdepartements erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn mit Urteil vom 10. April 2017 ebenfalls ab.
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C. Mit Eingabe vom 18. Mai 2017 führt A.________ beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Sie beantragt die Aufhebung des Entscheids des Verwaltungsgerichts und der Baubewilligung.
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B.________ und die Bau- und Werkkommission Lüterkofen-Ichertswil liessen sich vernehmen und stellen den Antrag, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Das Bau- und Justizdepartement beantragt die Abweisung der Beschwerde. Das Verwaltungsgericht beantragt deren Abweisung, soweit darauf eingetreten werden könne.
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A.________ und B.________ nahmen je noch ein Mal zur Sache Stellung und halten an ihren Anträgen fest.
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Die Bauparzelle GB Lüterkofen Nr. 1496 ist zwischenzeitlich in zwei Parzellen aufgeteilt worden und umfasst neu GB Lüterkofen Nr. 1496 und Nr. 1585.
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Erwägungen: |
Erwägung 1 | |
Gegen den angefochtenen, kantonal letztinstanzlichen Entscheid über eine Baubewilligung steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten offen (Art. 82 ff. BGG). Die Beschwerdeführerin hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen, verfügt als unmittelbare Nachbarin über eine spezifische Beziehungsnähe zur Streitsache und könnte aus der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids einen praktischen Nutzen ziehen, z.B. wenn der aus ihrer Sicht störende Neubau nicht bewilligt würde; sie ist damit zur Beschwerde befugt (Art. 89 Abs. 1 BGG). Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass, sodass auf die Beschwerde einzutreten ist.
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Nach Art. 109 Abs. 2 lit. a und 3 BGG entscheidet die Abteilung in Dreierbesetzung mit summarischer Begründung über eine offensichtlich unbegründete Beschwerde.
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Erwägung 2 | |
Die Beschwerdeführerin rügt eine willkürliche Anwendung von § 2 Abs. 3 des kommunalen Zonenreglements 2010 der Einwohnergemeinde Lüterkofen-Ichertswil (ZR).
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2.1. § 2 Abs. 3 ZR lautet folgendermassen:
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"Die Bauten auf der Parzelle GB Nr. 1496 haben folgende Anforderungen zu erfüllen:
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- Der heute prägende Dorfeingang mit dem Bauernhof auf der Parzelle GB Nr. 1411 und seiner Bepflanzung muss von der Kesslergasse aus (von Westen herkommend) ganzheitlich ersichtlich sein.
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- Die Bauten müssen im nördlichen Teil der Parzelle erstellt werden.
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- Die Bepflanzung im südlichen Teil der Parzelle muss im Sinne einer Hofstätte erstellt werden."
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2.2. Die Beschwerdeführerin macht geltend, nach § 2 Abs. 3 ZR könne der nördliche Teil maximal die nördlich gelegene Hälfte der Parzelle bezeichnen, weshalb eine Bebauung in der südlichen Hälfte ausgeschlossen sei. Das vorgesehene Gebäude B rage klarerweise in Letztere hinein, wodurch das Zonenreglement verletzt werde. Der Wortlaut der Bestimmung sei hierzu klar und unmissverständlich. Die Auslegung von § 2 Abs. 3 ZR durch die Vorinstanz weiche ohne Grund von diesem ab und sei daher willkürlich.
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2.3. Die Vorinstanz hat erwogen, der Wortlaut von § 2 Abs. 3 ZR verlange nicht die genaue Halbierung der Parzelle in einen Nord- und einen Südteil. Die Auslegung der Bestimmung zeige, dass diese bezwecke, die Sicht auf das Bauernhaus, insbesondere dessen Dach zu gewährleisten. Durch das Projekt der Beschwerdegegnerin werde die Sicht auf dieses nicht beeinträchtigt, weshalb die Baubewilligung für das Gebäude B zu Recht erteilt worden sei.
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2.4. Das Bundesgericht prüft die Anwendung kantonalen und kommunalen Rechts nur auf Bundesrechtsverletzungen, namentlich auf Willkür hin (BGE 138 I 143 E. 2 S. 149 f.). Nach ständiger Rechtsprechung liegt Willkür in der Rechtsanwendung dann vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Das Bundesgericht hebt einen Entscheid jedoch nur auf, wenn nicht bloss die Begründung, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist. Dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt nicht (BGE 141 I 70 E. 2.2 S. 72; 141 I 49 E. 3.4 S. 53; 140 III 167 E. 2.1 S. 168; je mit Hinweisen).
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2.5. § 2 Abs. 3 ZR differenziert zwischen einem "nördlichen Teil" und einem "südlichen Teil", umschreibt deren Ausgestaltung aber nicht näher und schreibt somit auch nicht vor, die beiden Teile müssten genau gleich gross sein. Daher kann dem Wortlaut der Bestimmung nicht entnommen werden, der nördliche und der südliche Teil müssten zwingend je die Hälfte des Grundstücks umfassen. Weil der Wortlaut nicht im von der Beschwerdeführerin behaupteten Sinn klar ist, ist es vertretbar, die Bestimmung insofern als auslegungsbedürftig anzusehen. Im Rahmen der Auslegung durfte die Vorinstanz auch die Regelungsabsicht der Gemeindebehörden mit einbeziehen und damit ohne Willkür darauf schliessen, es sei der Zweck von § 2 Abs. 3 ZR, die Sicht auf das Bauernhaus und dessen Dach zu gewährleisten. Daher ist es nicht unhaltbar, wenn sie gestützt auf diese Überlegung die geplante Überbauung als rechtmässig erachtete, obwohl diese mehr als die Hälfte des Grundstücks umfasst. Mit ihren weiteren Ausführungen vermag die Beschwerdeführerin ebenfalls kein willkürliches Handeln der Vorinstanz aufzuzeigen, gehen diese doch alle von der unzutreffenden Annahme aus, die Parzelle könne aufgrund des Wortlauts von § 2 Abs. 3 ZR nur in zwei Hälften aufgeteilt werden.
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2.6. Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde als offensichtlich unbegründet und ist im Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG abzuweisen.
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Erwägung 3 | |
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Sie hat der Beschwerdegegnerin eine angemessene Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 2 BGG). Die Baukommission obsiegt in ihrem amtlichen Wirkungskreis und hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: | |
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
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2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
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3. Die Beschwerdeführerin hat der Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren eine Entschädigung von Fr. 1'500.-- zu bezahlen.
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4. Dieses Urteil wird den Parteien, der Bau- und Werkkommission Lüterkofen-Ichertswil, dem Bau- und Justizdepartement des Kantons Solothurn und dem Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 17. Januar 2018
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Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Merkli
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Der Gerichtsschreiber: Schoch
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