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Informationen zum Dokument  BGer 6B_914/2017  Materielle Begründung
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BGer 6B_914/2017 vom 07.02.2018
 
 
6B_914/2017
 
 
Urteil vom 7. Februar 2018
 
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Denys, Präsident,
 
Bundesrichter Rüedi,
 
Bundesrichterin Jametti,
 
Gerichtsschreiberin Unseld.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X._________,
 
vertreten durch Advokat Dr. Jean-Louis von Planta,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt, Binningerstrasse 21, 4051 Basel,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Einsprache gegen Strafbefehl; Nichteintreten,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt, Einzelgericht, vom 16. Juni 2017 (BES.2017.38).
 
 
Sachverhalt:
 
A. X._________ wurde mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt vom 25. April 2014 der Drohung schuldig erklärt und zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 90 Tagen, abzüglich einen Tag Untersuchungshaft, verurteilt. Obschon X._________ der Staatsanwaltschaft anlässlich seiner Einvernahme vom 20. Dezember 2013 in dieser Sache seine neue Adresse in Birsfelden mitteilte und auf dem Strafbefehl selber diese Adresse eingesetzt war, wurde der Strafbefehl am 29. April 2014 mit einem maschinell angeschriebenen Briefumschlag an die alte Adresse von X._________ in Birsfelden versandt. Die Sendung wurde von der Post als unzustellbar retourniert. Am 1. September 2015 wurde X._________ zum Vollzug der Freiheitsstrafe vorgeladen. Der Vollzugsbefehl war zwar an die von X._________ am 20. Dezember 2013 kommunizierte Adresse in Birsfelden adressiert, konnte jedoch ebenfalls nicht zugestellt werden, da X._________ bereits seit dem 1. März 2014 nicht mehr an diesem Ort, sondern an einer neuen Adresse in Binningen wohnhaft war. X._________ wurde daher zur Fahndung ausgeschrieben. Er wurde am 5. November 2015 festgenommen und dem Strafvollzug zugeführt, wo er sich bis am 2. Februar 2016 befand.
1
Mit Faxschreiben vom 16. August 2016 ersuchte der Rechtsvertreter von X._________ bei der Staatsanwaltschaft um Übermittlung des Strafbefehls vom 25. April 2014 per Fax, welcher weder ihm noch seinem Mandanten vorliege. Die Staatsanwaltschaft kam dieser Aufforderung gleichentags nach. Am 17. Oktober 2016 bat der Rechtsvertreter von X._________ zudem um Zusendung der Akten, woraufhin X._________ Akteneinsicht gewährt wurde. Am 28. November 2016 gelangte der Rechtsvertreter von X._________ schliesslich mit einer Eingabe an die Staatsanwaltschaft, in welcher er den Strafbefehl vom 25. April 2014 auch inhaltlich beanstandete. Die Staatsanwaltschaft nahm die Eingabe vom 28. November 2016 als sinngemässe Einsprache entgegen und leitete den Strafbefehl zusammen mit den Akten an das Strafgericht Basel-Stadt weiter. Dieses trat auf die Einsprache mit Verfügung vom 24. Februar 2017 nicht ein. Die von X._________ dagegen erhobene Beschwerde wies das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt mit Entscheid vom 16. Juni 2017 ab, soweit es darauf eintrat.
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B. X._________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, der Entscheid vom 16. Juni 2017 und der Strafbefehl vom 25. April 2014 seien vollumfänglich aufzuheben und das Strafverfahren sei wieder aufzunehmen sowie neu zu beurteilen. Für die zu Unrecht verbüsste Haftstrafe von 90 Tagen sei ihm eine gerichtlich festzulegende, angemessene Haftentschädigung zuzusprechen. X._________ ersucht um unentgeltliche Rechtspflege.
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Erwägungen:
 
1. Die Beschwerde ist zu begründen (Art. 42 Abs. 1 und 2; Art. 106 Abs. 2 BGG). Die Begründung hat in der Beschwerdeschrift selbst zu erfolgen. Blosse Verweise auf Ausführungen in anderen Rechtsschriften oder auf die Akten reichen nicht aus (BGE 143 IV 122 E. 3.3 S. 128 mit Hinweisen). Nicht einzutreten ist auf die Beschwerde daher, soweit der Beschwerdeführer für die Begründung auf seine Beschwerde an die Vorinstanz verweist (vgl. Beschwerde Ziff. 4 S. 3).
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Erwägung 2
 
2.1. Der Beschwerdeführer rügt, er habe nie die Gelegenheit gehabt, gegen den Strafbefehl vom 25. April 2014 Einsprache zu erheben, da ihm der Strafbefehl nicht zugestellt worden sei. Als er vom Strafbefehl Kenntnis erhalten habe, sei dieser schon lange rechtskräftig gewesen. Er sei am 5. November 2015 ohne rechtskräftigen Strafbefehl inhaftiert worden und ohne über seine Verurteilung informiert worden zu sein. Ebenfalls nicht bewiesen sei, dass er vor seiner Inhaftierung einen Vollzugsbefehl gesehen habe. Er habe nie die Möglichkeit gehabt, sich zum Strafbefehl sowie zu seiner späteren Inhaftierung im Vorfeld zu äussern und eine Gerichtsverhandlung zu verlangen. Das Konstrukt der rückwirkenden Rechtskraft des Strafbefehls sei formalistisch und verstosse gegen das Gebot von Treu und Glauben. Der Entscheid sei daher zur Neubeurteilung zurückzuweisen, um ihm Recht auf faire Behandlung zu gewähren.
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2.2. Gegen den Strafbefehl kann die beschuldigte Person bei der Staatsanwaltschaft innert 10 Tagen schriftlich Einsprache erheben (Art. 354 Abs. 1 lit. a StPO). Die Einsprache der beschuldigten Person muss keine Begründung enthalten (Art. 354 Abs. 2 StPO). Ohne gültige Einsprache wird der Strafbefehl zum rechtskräftigen Urteil (Art. 354 Abs. 3 StPO). Die zehntägige Einsprachefrist beginnt mit der Zustellung des Strafbefehls zu laufen. Die Zustellung hat gemäss Art. 85 Abs. 2 StPO durch eingeschriebene Postsendung oder auf andere Weise gegen Empfangsbestätigung zu erfolgen. Der Ort der Zustellung ist in Art. 87 StPO geregelt. Dem Empfänger dürfen aus einer mangelhaften Eröffnung keine Nachteile erwachsen (vgl. BGE 142 IV 125 E. 4 S. 127 ff.; 139 IV 228 E. 1.3 S. 232). Eine Person, welche zu einem späteren Zeitpunkt Kenntnis von einem sie betreffenden Entscheid erhält, darf nach der Rechtsprechung jedoch nicht untätig bleiben. Sie muss sich nach dem Grundsatz von Treu und Glauben nach der Existenz und dem Inhalt des Entscheids erkundigen, sobald sie einen solchen vermutet, und danach allfällige Rechtsmittel oder Rechtsbehelfe innert den gesetzlichen Fristen ergreifen (vgl. BGE 141 I 97 E. 7.1 S. 103; 139 IV 228 E. 1.3 S. 232; je mit Hinweisen; Urteil 6B_552/2015 vom 3. August 2016 E. 2.5).
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2.3. Die Vorinstanz geht nach dem Gesagten zu Recht davon aus, der Strafbefehl vom 25. April 2014 sei dem Beschwerdeführer über seinen Rechtsanwalt (vgl. Art. 87 Abs. 3 StPO) spätestens per Fax vom 16. August 2016 oder allerspätestens mit den Akten vom 3. November 2016 zugestellt worden (vgl. angefochtener Entscheid E. 3.3 S. 6). Dies wird vom Beschwerdeführer auch nicht explizit bestritten. Die Einsprache vom 28. November 2016 war daher verspätet, weshalb das Strafgericht (vgl. BGE 140 IV 192 E. 1.3 S. 195; Urteil 6B_1155/2014 vom 19. August 2015 E. 1 mit Hinweisen) darauf zu Recht nicht eintrat. Damit ist der Strafbefehl in Rechtskraft erwachsen und es kann nicht gesagt werden, der Beschwerdeführer habe die dreimonatige Freiheitsstrafe zu Unrecht verbüsst.
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Fehl geht der Beschwerdeführer, wenn er sinngemäss vorbringt, er habe gar keine Einsprache gegen den Strafbefehl vom 25. April 2014 erheben können, da auf dem ihm bzw. seinem Anwalt übermittelten Exemplar des Strafbefehls der Vermerk "rechtskräftig" angebracht worden sei. Für den anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer war ohne Weiteres erkennbar, dass der Vermerk "rechtskräftig" angesichts der geltend gemachten mangelhaften Zustellung falsch war und er - falls er sich gegen den Strafbefehl inhaltlich zur Wehr setzen wollte - dies ab Kenntnisnahme vom Inhalt des Strafbefehls innerhalb der in der Rechtsmittelbelehrung erwähnten Einsprachefrist von 10 Tagen tun muss.
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3. Die Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen (Art. 80 Abs. 1 BGG). Gegenstand des angefochtenen Entscheids bildet ausschliesslich die Frage, ob der Beschwerdeführer Anspruch auf eine gerichtliche Beurteilung seiner Strafsache hat, oder ob der Strafbefehl vom 25. April 2014 mangels einer rechtzeitigen Einsprache in Rechtskraft erwachsen ist. Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, er habe aufgrund der Art seiner Inhaftnahme - angeblich ohne vorgängige Information über den Strafbefehl vom 25. April 2014 - Anspruch auf eine Genugtuung, kann auf die Beschwerde daher von Vornherein nicht eingetreten werden.
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4. Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dessen Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist abzuweisen, weil die Rechtsbegehren aussichtslos erschienen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Der finanziellen Lage des Beschwerdeführers ist bei der Bemessung der Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG).
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 Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
 
3. Die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, Einzelgericht, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 7. Februar 2018
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Denys
 
Die Gerichtsschreiberin: Unseld
 
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