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Informationen zum Dokument  BGer 4F_12/2018  Materielle Begründung
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BGer 4F_12/2018 vom 15.06.2018
 
 
4F_12/2018
 
 
Urteil vom 15. Juni 2018
 
 
I. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Kiss, Präsidentin,
 
Gerichtsschreiber Widmer.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________ AG
 
vertreten durch Rechtsanwalt Mario Molo,
 
Gesuchstellerin,
 
gegen
 
B.________,
 
vertreten durch Rechtsanwältin Donatella Monti Lang
 
und Rechtsanwalt Massimo Quadri,
 
Gesuchsgegner,
 
Kantonsgericht St. Gallen, Einzelrichterin im Obligationenrecht.
 
Gegenstand
 
Fristwiederherstellung,
 
Gesuch um Wiedeherstellung der Frist zur Leistung
 
des Kostenvorschusses im Verfahren 4A_51/2018 (Entscheid BS.2017.4-EZO3)).
 
 
In Erwägung,
 
dass die Präsidentin der I. zivilrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts mit Urteil vom 16. März 2018 im Verfahren 4A_51/2018 auf die Beschwerde der Gesuchstellerin vom 25. Januar 2018 gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, Einzelrichterin im Obligationenrecht, vom 4. Dezember 2017 gestützt auf Art. 62 Abs. 3 und Art. 108 Abs. 1 lit. a BGG nicht eintrat, weil die Gesuchstellerin den ihr vom Bundesgericht auferlegten Kostenvorschuss auch innerhalb der bis zum 5. März 2018 angesetzten Nachfrist nicht geleistet hatte;
 
dass die Präsidentin dabei erwog, die der Gesuchstellerin erfolglos zugestellte Kostenvorschussverfügung und die ebenfalls erfolglos zugestellte Verfügung über die Ansetzung der Nachfrist gälten nach Art. 44 Abs. 2 BGG als zugestellt;
 
dass die Gesuchstellerin beim Bundesgericht mit Eingabe vom 29. März 2018 gestützt auf Art. 50 BGG um Wiederherstellung der Frist zur Leistung des Kostenvorschusses ersuchte und gleichzeitig beantragte, es sei die Vollstreckbarkeit des Entscheids des Kantonsgerichts St. Gallen vom 4. Dezember 2017 aufzuschieben;
 
dass die Gesuchstellerin ferner um Zustellung eines Einzahlungsscheines ersuchte, um den im Verfahren 4A_51/2018 verlangten Gerichtskostenvorschuss von Fr. 500.-- zu bezahlen;
 
dass die Gesuchstellerin mit Verfügung vom 4. April 2018 aufgefordert wurde, für das vorliegende Gesuchsverfahren einen Kostenvorschuss von Fr. 1'000.-- einzuzahlen, und dieser Vorschuss am 9. April 2018 fristgerecht geleistet wurde;
 
dass das Kantonsgericht St. Gallen auf eine Äusserung zum Gesuch um Aufschub der Vollstreckbarkeit verzichtete und zum Fristwiederherstellungsgesuch nicht Stellung nahm;
 
dass der Gesuchsgegner mit Gesuchsantwort vom 26. April 2018 auf Abweisung des Fristwiederherstellungsgesuchs schloss;
 
dass die Gesuchstellerin mit Eingabe vom 14. Mai 2018 und der Gesuchsgegner mit Stellungnahme vom 22. Mai 2018 an ihren Anträgen festhielten;
 
dass nach Art. 50 Abs. 1 BGG die Frist wiederhergestellt wird, wenn zum einen eine Partei durch einen anderen Grund als die mangelhafte Eröffnung unverschuldeterweise abgehalten worden ist, fristgerecht zu handeln, und sie zum anderen unter Angabe des Grundes innert 30 Tagen nach Wegfall des Hindernisses um Fristwiederherstellung ersucht und die versäumte Rechtshandlung nachholt;
 
dass die Gesuchstellerin zur Begründung des Fristwiederherstellungsgesuchs im Wesentlichen geltend macht, sie habe die Kostenvorschussverfügungen im Verfahren 4A_51/2018 bzw. die Abholungseinladungen für die betreffenden Postsendungen ohne ihr Verschulden aufgrund eines Fehlers der Schweizerischen Post nicht erhalten und unverschuldeterweise erst durch das Urteil 4A_51/2018 vom 16. März 2018 davon erfahren, dass sie einen Kostenvorschuss hätte leisten sollen;
 
dass das Urteil 4A_51/2018 vom Bundesgericht am 22. März 2018 an die Gesuchstellerin versandt und dieser am 23. März 2018 zugestellt wurde;
 
dass die dreissigtägige Frist zur Stellung des Fristwiederherstellungsgesuchs und zur Nachholung der versäumten Rechtshandlung demnach unter Berücksichtigung des Fristenstillstandes nach Art. 46 Abs. 1 lit. a BGG am 7. Mai 2018 ablief;
 
dass die Gesuchstellerin mit ihrer Eingabe vom 29. März 2018 zwar die Frist zur Stellung des Fristwiederherstellungsgesuchs gewahrt, jedoch die Frist zur Nachholung der versäumten Rechtshandlung nach Art. 50 Abs. 1 BGG, d.h. zur Einzahlung des Kostenvorschusses im Verfahren 4A_51/2018, ungenutzt verstreichen liess, indem sie die Zahlung bis zum heutigen Zeitpunkt nicht vornahm;
 
dass die Gesuchstellerin zwar bereits mit ihrem Fristwiederherstellungsgesuch vom 29. März 2018 um Zustellung eines Einzahlungsscheines zur Vornahme dieser Zahlung ersuchte und ihr ein solcher in der Folge nicht zugestellt wurde;
 
dass die anwaltlich vertretene Gesuchstellerin indessen unabhängig davon gesetzlich verpflichtet war, die Zahlung fristgerecht an das Bundesgericht zu leisten, zumal Geldschulden Bringschulden sind (Art. 74 OR; BGE 124 III 112 E. 2a S. 117; 119 II 232 E. 2 S. 234) und die Gesuchstellerin spätestens mit der Kostenvorschussverfügung vom 4. April 2018 im vorliegenden Gesuchsverfahren, der sie bereits am 9. April 2018 Folge leistete, im Besitz der detaillierten Angaben (Postkonto- und IBAN-Nummer sowie SWIFT Code) war, die zur Vornahme der Zahlung erforderlich waren, und damit die Zahlung ohne weiteres hätte leisten können;
 
dass somit auf das Fristwiederherstellungsgesuch mangels fristgerechter Nachholung der versäumten Handlung im Sinne von Art. 50 Abs. 1 BGG, bei der es sich um eine Eintretensvoraussetzung handelt, nicht einzutreten ist;
 
dass dieser Entscheid nach der Praxis des Bundesgerichts in die Kompetenz der Abteilungspräsidentin als Einzelrichterin fällt (Art. 108 Abs. 1 lit. a BGG; Urteile 4F_11/2015 vom 22. September 2015; 9C_190/2011 vom 11. Mai 2011; 5F_2/2008 vom 7. April 2008);
 
dass das Gesuch, auch wenn darauf eingetreten werden könnte, überdies klarerweise abzuweisen wäre:
 
dass die Gesuchstellerin nachweist, dass sie ihren Sitz im Dezember 2016 unter Mutation des Handelsregistereintrags von U.________ an die Strasse X.________ in V.________ verlegte und die neue Adresse der Poststelle in V.________ meldete, wo sie ein Postfach eröffnete und am 20. Januar 2017 einen Nachsendungsauftrag für Postsendungen erteilte, die an ihre ehemalige Adresse in U.________ adressiert wurden;
 
dass die Gesuchstellerin sodann mit einer E-Mail des Kundendienstes der Schweizerischen Post nachweist, dass zwischen dem 25. Januar 2018 und dem 10. März 2018 alle an sie adressierten Sendungen infolge eines Fehlers der Post an die Absender retourniert wurden;
 
dass die Gesuchstellerin ihre Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen vom 4. Dezember 2018 (Verfahren 4A_51/2018) am 25. Januar 2018 erhob;
 
dass die der Gesuchstellerin vom Bundesgericht in der Folge am 26. Januar 2018 per "A-Post" zugesandte Eingangsbestätigung für die Beschwerde von der Post mit dem Vermerk "Empfänger konnte unter angegebener Adresse nicht ermittelt werden" retourniert wurde, ebenso wie die Kostenvorschussverfügung vom 29. Januar 2018 am 16. Februar 2018 und die eine letzten Zahlungsfrist bis zum 5. März 2018 ansetzende Nachfristverfügung vom 16. Februar 2016 am 22. Februar 2018;
 
dass die Gesuchstellerin somit zwischen dem 25. Januar 2018 bis anfangs März 2018 von der Post keine Zustellungen oder Abholungseinladungen erhielt, insbesondere auch nicht für die drei vorgenannten Sendungen des Bundesgerichts;
 
dass von der Gesuchstellerin zu erwarten gewesen wäre, dass sie sich bei der Poststelle vor Ablauf der Zahlungsfrist bis 5. März 2018 erkundigt, ob mit ihrer Zustelladresse etwas nicht in Ordnung ist, nachdem sie während mehr als einem Monat keine Postsendungen erhielt, zumal sie nach ihren Angaben an ihrem neuen Sitz einen Sekretär beschäftigt, dem das Ausbleiben jeglicher Postsendungen nicht entgangen sein kann, und sie nach der Einleitung eines Beschwerdeverfahrens beim Bundesgericht mit der Zustellung von Korrespondenz an die angegebene Adresse in U.________ rechnen musste;
 
dass unter diesen Umständen nicht davon die Rede sein kann, dass die Gesuchstellerin die Frist zur Leistung des Kostenvorschusses im Verfahren 4A_51/2018 unverschuldeterweise verpasste, wenn sie es bis zum 5. März 2018 unterliess, sich bei der Poststelle über den Grund des Ausbleibens jeglicher Postsendungen oder beim Bundesgericht über den Stand des Beschwerdeverfahrens zu erkundigen, und in der Folge von ihrer Pflicht zur Leistung des Kostenvorschusses erst durch das Urteil vom 16. März 2018 im genannten Verfahren Kenntnis erhielt;
 
dass das Wiederherstellungsgesuch somit, auch wenn darauf eingetreten werden könnte, abzuweisen wäre, weil die Voraussetzung für eine Fristwiederherstellung, dass die Gesuchstellerin unverschuldeterweise abgehalten worden ist, fristgerecht zu handeln, klarerweise nicht erfüllt ist;
 
dass die Gerichtskosten dem Verfahrensausgang entsprechend der Gesuchstellerin aufzuerlegen sind (Art. 66 Abs. 1 BGG);
 
dass die Gesuchstellerin überdies den Gesuchsgegner für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen hat (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG);
 
dass das Gesuch um Aufschub der Vollstreckbarkeit des Entscheids des Kantonsgerichts St. Gallen vom 4. Dezember 2017 mit dem Entscheid über das Wiederherstellungsgesuch selbst gegenstandslos wird;
 
 
erkennt die Präsidentin:
 
1. Auf das Fristwiederherstellungsgesuch wird nicht eingetreten.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden der Gesuchstellerin auferlegt.
 
3. Die Gesuchstellerin hat den Gesuchsgegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1'500.-- zu entschädigen.
 
4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht St. Gallen, Einzelrichterin im Obligationenrecht, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 15. Juni 2018
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: Kiss
 
Der Gerichtsschreiber: Widmer
 
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