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Informationen zum Dokument  BGer 9C_436/2018  Materielle Begründung
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BGer 9C_436/2018 vom 04.10.2018
 
 
9C_436/2018
 
 
Urteil vom 4. Oktober 2018
 
 
II. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin,
 
Bundesrichter Meyer, Parrino,
 
Gerichtsschreiberin N. Möckli.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
vertreten durch Rechtsanwalt Viktor Estermann,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
IV-Stelle Luzern, Landenbergstrasse 35, 6005 Luzern,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Invalidenversicherung (Invalidenrente),
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Luzern vom
 
1. Mai 2018 (5V 17 132).
 
 
Sachverhalt:
 
A. A.________, welche unter anderem von Juli 2008 bis Dezember 2010 als Geschäftsführerin bei der B.________ AG arbeitete, meldete sich im Januar 2011 wegen psychischen Beschwerden (Burnout, Depressionen) bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle Luzern gewährte daraufhin Unterstützung zur beruflichen Wiedereingliederung und tätigte verschiedene Abklärungen in medizinischer Hinsicht, wobei sie A.________ insbesondere durch Dr. med. C.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, begutachten liess (Expertise vom 22. Mai 2015) und mehrfach Rücksprache mit dem Regionalen Ärztlichen Dienst nahm (u.a. Stellungnahmen vom 10. Juni 2015, 26. und 31. August 2016). Gestützt darauf verneinte die Verwaltung nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens mit Verfügung vom 17. Februar 2017 einen Leistungsanspruch.
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B. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Kantonsgericht des Kantons Luzern ab (Entscheid vom 1. Mai 2018).
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C. A.________ lässt Beschwerde in öffentliche-rechtlichen Angelegenheiten führen und beantragen, in Aufhebung des angefochtenen Entscheids sei die Angelegenheit zur erneuten Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Eventualiter sei ihr spätestens ab 1. September 2011 mindestens eine halbe Rente zuzusprechen.
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Erwägungen:
 
1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).
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2. 
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2.1. Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie die leistungsverweigernde Verfügung der Beschwerdegegnerin vom 17. Februar 2017 bestätigt hat.
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2.2. Die für die Beurteilung der Streitsache massgeblichen rechtlichen Grundlagen wurden im angefochtenen Entscheid zutreffend wiedergegeben. Darauf wird verwiesen (Art. 109 Abs. 3 BGG).
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3. 
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3.1. Das kantonale Gericht erwog, das im späteren Verlauf der medizinischen Behandlung entdeckte Aneurysma der Carotis-Endstrecke links sei zwar kontrollbedürftig, aufgrund der fehlenden Symptome wirke es sich jedoch nicht auf die Arbeitsfähigkeit aus. Aus somatischer Sicht bestehe demnach eine 100%ige Arbeitsfähigkeit. Auf weitere Abklärungen könne diesbezüglich in antizipierter Beweiswürdigung verzichtet werden. Betreffend der psychiatrischen Erkrankungen erachtete die Vorinstanz das Gutachten des Dr. med. C.________ vom 22. Mai 2015 als beweiskräftig. Dieser habe sich insbesondere mit sämtlichen wesentlichen Vorakten befasst. Alsdann wird im angefochtenen Entscheid anhand der Standardindikatoren geprüft, ob auf die vom Gutachter attestierte Arbeitsfähigkeitsschätzung abgestellt werden kann. Dies verneinte die Vorinstanz mit Blick auf die nicht schwer ausgeprägten diagnoserelevanten Befunde, die Behandelbarkeit depressiver Syndrome, fehlende Komorbiditäten, die Persönlichkeitsstruktu r und die psychosozialen und sozialen Faktoren sowie die durchgeführte Konsistenzprüfung. Entsprechend ging sie von einer uneingeschränkten Arbeitsfähigkeit aus.
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3.2. Die Vorbringen der Beschwerdeführerin vermögen an den vorinstanzlichen Schlussfolgerungen nichts zu ändern, zumal sie sich im Wesentlichen in einer Wiederholung der bereits im kantonalen Beschwerdeverfahren erhobenen und entkräfteten Rügen erschöpfen.
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3.2.1. Zunächst macht die Beschwerdeführerin eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Begründungspflicht) geltend. Die Vorinstanz habe sich nicht hinreichend mit den vorgebrachten Rügen gegen den Beweiswert des Gutachtens des Dr. med. C.________ vom 22. Mai 2015 auseinandergesetzt. Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) gebietet u.a., dass eine Behörde ihren Entscheid begründet. Dabei kann sie sich aber auf die für ihren Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Es ist nicht erforderlich, dass sich die Begründung mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt (BGE 142 II 49 E. 9.2 S. 65). Das kantonale Gericht legte zum Beweiswert des Gutachtens insbesondere dar, dass sich der Gutachter mit den wesentlichen Vorakten auseinandergesetzt habe. Dem angefochtenen Entscheid können somit die Überlegungen, welche zum gefällten Entscheid geführt haben, entnommen werden. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt nicht vor.
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3.2.2. In der Beschwerde wird vorgebracht, der somatische Gesundheitszustand sei ungenügend abgeklärt worden. Die Vorinstanz führte aus, Dr. med. C.________ habe keine Diagnosen mit Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit festgestellt und das später diagnostizierte inzidentelle Aneurysma der Corotis-Endstrecke sei asymptomatisch. Aus somatischer Sicht bestehe demnach eine volle Arbeitsfähigkeit. Der Hausarzt der Beschwerdeführerin Dr. med. D.________ nannte in seinem Bericht vom 25. Mai 2016 als einzig somatisch bedingte Diagnose mit Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit das Aneurysma der Arteria cerebri. Die anderen Beschwerden erachtete er als ohne Einfluss für die Arbeitsfähigkeit. Zum Aneurysma hielt der RAD-Arzt in seiner Stellungnahme vom 31. August 2016 unter Berücksichtigung des Berichts der Neurologin Dr. med. E.________, vom 16. Dezember 2015 jedoch fest, dass die Beschwerdeführerin diesbezüglich symptomfrei sei. Es gibt somit aufgrund der Akten keine Anhaltspunkte, dass die Leistungsfähigkeit der Beschwerdeführerin durch die somatischen Beschwerden limitiert wäre. Bei dieser Ausgangslage waren von weiteren Abklärungen keine neuen Erkenntnisse zu erwarten, und das kantonale Gericht durfte auf zusätzliche Abklärungen in somatischer Hinsicht verzichten (BGE 134 I 140 E. 5.3 S. 148).
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3.2.3. Die Beschwerdeführerin rügt weiter, das psychiatrische Gutachten des Dr. med. C.________ vom 22. Mai 2015 sei nicht beweiskräftig. Dieses stehe im Widerspruch zu anderen Arztberichten. Damit habe sich der Gutachter nicht begründet auseinandergesetzt. Die Vorinstanz hielt zutreffend fest, der medizinische Experte habe sich hinreichend mit den Vorakten befasst. Soweit die Beschwerdeführerin auf die abweichenden Berichte verweist, vermag dies nicht aufzuzeigen, inwiefern die Vorinstanz den Sachverhalt offensichtlich unrichtig feststellte, vermögen doch solche ein Administrativgutachten nicht in Frage zu stellen, wenn in diesen keine wichtigen Aspekte genannt werden, die im Rahmen der Begutachtung unerkannt oder ungewürdigt geblieben sind (vgl. statt vieler: SVR 2017 IV Nr. 49 S. 148, 9C_338/2016 E. 5.5).
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3.2.4. Die Beschwerdeführerin erachtet es als widersprüchlich, wenn das kantonale Gericht dem Gutachten des Dr. med. C.________ vom 22. Mai 2015 einerseits Beweiswert beimass und andererseits von dessen Arbeitsfähigkeitsschätzung abwich. Dieser Einwand verfängt nicht. Zum einen, weil auch Dr. med. C.________ eine vollständige Arbeitsfähigkeit in einer kaufmännischen Tätigkeit - mit Minderleistungen von 10 maximal 20 % - attestierte, was von vornherein keinen rentenanspruchserheblichen Invaliditätsgrad zu begründen vermöchte, und zum andern, weil bei psychischen Erkrankungen die rechtsanwendende Behörde die Arbeitsfähigkeit aufgrund der ärztlichen Feststellungen anhand der Standardindikatoren frei zu prüfen hat (Rechtsfrage; Urteil 8C_756/2017 vom 7. März 2018 E. 1 mit Hinweis auf BGE 141 V 281 E. 7 S. 308), was unter Umständen zu einem abweichenden Ergebnis führen kann. Zudem vermögen auch die Rügen zu den Indikatoren keine Bundesrechtswidrigkeit des angefochtenen Entscheids aufzuzeigen. Insbesondere kann der Beschwerdeführerin nicht gefolgt werden, aufgrund der ihr in der Vergangenheit attestieren Arbeitsunfähigkeit sei auf ausgeprägte diagnoserelevante Befunde zu schliessen. Es ist diesbezüglich auf die differenzierten vorinstanzlichen Erwägungen, die sich auch mit dem Verlauf der Erkrankung auseinandersetzen, zu verweisen. Im Gutachten vom 22. Mai 2015 wurde aufgezeigt, dass die Beschwerdeführerin unter psychotherapeutischer Behandlung eine Besserung erfuhr und noch weitere Therapieoptionen offenstehen. Vor diesem Hintergrund erscheint - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin - nicht fehlerhaft, dass das kantonale Gericht eine Therapieresistenz verneinte. Betreffend der Persönlichkeit der Beschwerdeführerin beachtete die Vorinstanz, dass gutachterlicherseits keine akzentuierten Persönlichkeitseigenschaften und keine Persönlichkeitsstörung festgestellt worden waren. Andere invaliditätsfremde Aspekte im Zusammenhang mit dem Missbrauch von Alkohol und Sedativa liess das kantonale Gericht zu Recht unberücksichtigt (vgl. BGE 99 V 28). Zudem wurde im angefochtenen Entscheid nachvollziehbar dargelegt, dass auch der soziale Kontext sowie die Konsistenz der Beschwerdesymptomatik nicht auf einen invalidisierenden Gesundheitsschaden hinweisen. Damit haben sich weitere Ausführungen zur Invaliditätsgradbemessung erübrigt und die Vorinstanz hat zu Recht keinen Einkommensvergleich (Validen- und Invalideneinkommen) durchgeführt.
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3.3. Zusammenfassend lassen die Einwendungen der Beschwerdeführerin weder die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen als offensichtlich unrichtig, als Ergebnis willkürlicher Beweiswürdigung oder als rechtsfehlerhaft nach Art. 95 BGG erscheinen, noch zeigen sie sonstwie eine Bundesrechtsverletzung auf. Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet, weshalb sie im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG ohne Durchführung eines Schriftenwechsels, mit summarischer Begründung und unter Hinweis auf die Erwägungen im angefochtenen Entscheid (Art. 109 Abs. 3 BGG) erledigt wird.
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4. Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten der unterliegenden Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Luzern, 3. Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 4. Oktober 2018
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: Pfiffner
 
Die Gerichtsschreiberin: Möckli
 
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