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Informationen zum Dokument  BGer 6B_60/2018  Materielle Begründung
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BGer 6B_60/2018 vom 21.12.2018
 
 
6B_60/2018
 
 
Urteil vom 21. Dezember 2018
 
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Denys, Präsident,
 
Bundesrichter Oberholzer, Rüedi,
 
Gerichtsschreiber Held.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Pierre André Rosselet,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich.
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Mehrfache Widerhandlung gegen das Ausländergesetz (Art. 116 Abs. 1 lit. a und b AuG),
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Strafkammer, vom 8. November 2017 (SB170214-O/U/cwo).
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
Die Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich führte gegen X.________ eine Strafuntersuchung wegen Förderung der Prostitution und mehrfacher Widerhandlung gegen das Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer (Ausländergesetz, AuG; SR 142.20). Das Bezirksgericht Winterthur sprach X.________ vom Vorwurf der Förderung der Prostitution frei und verurteilte ihn wegen mehrfacher Widerhandlung gegen das AuG zu einer bedingten Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu Fr. 70.-.
1
 
B.
 
Auf Berufung von X.________ bestätigte das Obergericht des Kantons Zürich den Schuldspruch wegen mehrfacher Widerhandlung gegen das AUG und sprach eine bedingte Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu Fr. 70.- aus.
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Es hält zusammengefasst für erwiesen, dass X.________ zwei aus Venezuela stammenden Bekannten im Wissen um deren beabsichtigte Ausübung der Prostitution die Flugtickets in die Schweiz bezahlt respektive den Kaufpreis ausgelegt (und nicht zurückerhalten) habe. Er habe sie jeweils am Flughafen abgeholt und von Ende September respektive Dezember 2013 bis Ende Januar/Anfang Februar 2014 in seiner Wohnung untergebracht und zum Teil verköstigt. X.________ habe seinen Bekannten Örtlichkeiten (Kino und Sauna) gezeigt, an denen sie der Prostitution hätten nachgehen können. Einem von ihnen habe er einen Kontakt zur Aufschaltung von Sexinseraten vermittelt, dem anderen zwecks Ausübung der Prostitution ein Mobiltelefon inklusive Rufnummer zur Verfügung gestellt. X.________ habe gewusst, dass seine Bekannten nicht über die erforderliche fremdenrechtliche Arbeitsbewilligung verfügten und somit illegal der Prostitution nachgegangen seien.
3
 
C.
 
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen und beantragt, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und er sei von Schuld und Strafe freizusprechen. Eventualiter sei das obergerichtliche Urteil aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. X.________ ersucht um unentgeltliche Rechtspflege.
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Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
Der Beschwerdeführer rügt, die ihm vorgeworfenen Handlungen seien von Art. 116 Abs. 1 lit. a und b AuG nicht erfasst. Weder stelle das kurzfristige Beherbergen von "Freunden" eine Erleichterung des rechtswidrigen Aufenthalts dar, noch begründeten seine weiteren, uneigennützigen Handlungen wie das Zeigen von Örtlichkeiten, an denen der Prostitution nachgegangen werde, das unentgeltliche Überlassen eines Mobiltelefons und das Bekanntmachen mit einer Person zur Erstellung von deutschsprachigen Sexinseraten das Verschaffen einer Erwerbstätigkeit in der Schweiz ohne die dazu erforderliche Bewilligung. Zudem sei er einem Rechtsirrtum unterlegen. Er habe sich nicht vorstellen können, dass sein Verhalten, insbesondere die Beherbergung seiner Bekannten strafrechtlich relevant sein könnte.
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Erwägung 2
 
2.1. Die Beschwerde an das Bundesgericht ist zu begründen (Art. 42 Abs. 1 BGG). In der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Die Begründung muss sachbezogen sein und sich auf den Streitgegenstand beziehen und beschränken. Die beschwerdeführende Partei hat in gezielter Auseinandersetzung mit den für das Ergebnis des angefochtenen Entscheides massgeblichen Erwägungen plausibel aufzuzeigen, welche Rechte bzw. Rechtsnormen die Vorinstanz verletzt haben soll. Es genügt nicht, dass sie in der Beschwerdeschrift lediglich die Rechtsstandpunkte, die sie im kantonalen Verfahren eingenommen hat, erneut bekräftigt (BGE 140 III 86 E. 2, 115 E. 2).
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Erwägung 2.2
 
2.2.1. Gemäss Art. 116 Abs. 1 lit. a AuG wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft, wer im In- oder Ausland einer Ausländerin oder einem Ausländer die rechtswidrige Ein- oder Ausreise oder den rechtswidrigen Aufenthalt in der Schweiz erleichtert oder vorbereiten hilft. Der Tatbestand erfasst grundsätzlich alle Handlungen, die den Behörden den Erlass oder Vollzug von Verfügungen gegen Ausländer erschweren oder die Möglichkeit des Zugriffs auf diese einschränken.
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2.2.2. Nach Art. 116 Abs. 1 lit. b AuG macht sich strafbar, wer Ausländerinnen oder Ausländern eine Erwerbstätigkeit in der Schweiz ohne die dazu erforderliche Bewilligung verschafft. Den Tatbestand erfüllt, wer Ausländerinnen oder Ausländern eine Erwerbstätigkeit in der Schweiz erleichtert beziehungsweise eine solche Erwerbstätigkeit fördert, mithin Gehilfenschaft zu einer Straftat im Sinne von Art. 115 Abs. 1 lit. c AuG leistet, wonach bestraft wird, wer eine nicht bewilligte Erwerbstätigkeit ausübt. Der Begriff der Gehilfenschaft entspricht demjenigen von Art. 25 StGB (BGE 137 IV 159 E. 1.5.1, 153 E. 1.8; je mit Hinweisen). Als Hilfeleistung gilt jeder kausale Beitrag, der die Tat fördert, so dass sich diese ohne Mitwirkung des Gehilfen anders abgespielt hätte. Nicht erforderlich ist, dass es ohne die Beihilfe nicht zur Tat gekommen wäre (BGE 129 IV 124 E. 3.2 mit Hinweisen). Art. 25 StGB erfordert subjektiv, dass der Gehilfe weiss oder damit rechnet, eine bestimmt geartete Straftat zu unterstützen und dass er dies will oder in Kauf nimmt (vgl. BGE 132 IV 49 E. 1.1; 128 IV 53 E. 5f/cc; je mit Hinweisen).
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2.2.3. Gemäss Art. 116 Abs. 2 AuG kann in leichten Fällen nur auf Busse erkannt werden. Der Begriff des "leichten Falles" ist ein unbestimmter Rechtsbegriff. Für die Qualifikation als leichter Fall ist auf die Gesamtheit der objektiven und subjektiven Tatumstände abzustellen. Der Sachrichter verfügt dabei über einen weiten Beurteilungsspielraum (Urteil 6B_484/2014 vom 4. Dezember 2014 E. 4.2 mit Hinweis).
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2.3. Nach Art. 21 StGB ("Irrtum über die Rechtswidrigkeit", Verbotsirrtum) handelt nicht schuldhaft, wer bei Begehung der Tat nicht weiss und nicht wissen kann, dass er sich rechtswidrig verhält (Satz 1). War der Irrtum vermeidbar, so mildert das Gericht die Strafe nach freiem Ermessen (Satz 2). Einem Verbotsirrtum erliegt der Täter, der zwar alle Tatumstände kennt und somit weiss, was er tut, aber nicht weiss, dass sein Tun rechtswidrig ist. Ein Verbotsirrtum ist schon ausgeschlossen, wenn der Täter aufgrund seiner laienhaften Einschätzung weiss, dass sein Verhalten der Rechtsordnung widerspricht, wenn er also in diesem Sinne das unbestimmte Empfinden hat, etwas Unrechtes zu tun (vgl. BGE 130 IV 77 E. 2.4 S. 81 f.; Urteile 6B_1032/2017 vom 1. Juni 2018 E. 5.4; 6B_782/2016 vom 27. September 2016 E. 3; je mit Hinweisen).
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Erwägung 3
 
Die Vorbringen erweisen sich als unbegründet, soweit sie überhaupt den gesetzlichen Rügeanforderungen genügen (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG).
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3.1. Nicht einzutreten ist auf die Beschwerde, soweit der Beschwerdeführer seinen Rechtsausführungen einen von den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz (vgl. Art. 105 Abs. 1 BGG) abweichenden Sachverhalt zugrunde legt. Der Beschwerdeführer ficht die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung nicht an und aus seinen Vorbringen ergibt sich auch nicht ansatzweise, inwieweit diese offensichtlich unrichtig sein oder gegen das Recht im Sinne von Art. 95 BGG verstossen sollen. Beschwerdegegenstand ist der angefochtene Entscheid und das Bundesgericht kann eine falsche Rechtsanwendung nur auf der Grundlage der von der Vorinstanz festgestellten und im übrigen grundsätzlich verbindlichen Sachverhaltsfeststellungen (vgl. Art. 105 Abs. 1 BGG) vornehmen. Ob die Rechtsanwendung vor einem anderen Sachverhalt standhält, kann nicht geprüft werden.
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3.2. Der Beschwerdeführer rügt hinsichtlich des Schuldspruch gemäss Art. 116 Abs. 1 lit. a AuG nur, die Vorinstanz habe zu Unrecht die Tatbestandsalternative des rechtswidrigen Aufenthalts bejaht. Er übersieht, dass die Vorinstanz ebenfalls die Alternative des Hilfeleistens der rechtswidrigen Einreise durch den Kauf der Flugtickets bejaht. Hierzu äussert sich der Beschwerdeführer nicht, weshalb der Schuldspruch gemäss Art. 116 Abs. 1 lit. a BGG selbst dann nicht entfallen würde, wenn man seiner Ansicht folgt, dass Beherbergen während rund eines Monats habe den rechtswidrigen Aufenthalt nicht erleichtert.
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3.3. Auch soweit auf die Rügen einzutreten ist, vermag der Beschwerdeführer keine Bundesrechtsverletzung aufzuzeigen. Er setzt sich mit dem angefochtenen Entscheid über weite Strecken allenfalls oberflächlich auseinander und beschränkt sich weitgehend darauf, die vorinstanzlichen Erwägungen auszugsweise wiederzugeben und anschliessend seine hiervon abweichende Rechtsauffassung abstrakt darzulegen. Inwieweit die Vorinstanz gegen Art. 116 AuG verstossen haben soll, legt er nicht dar und ist auch nicht ersichtlich.
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Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung verstösst gegen Art. 115 Abs. 1 lit. a AuG, wer zum Zwecke des Arbeitserwerbs ohne für die Erwerbstätigkeit erforderliche behördliche Bewilligung einreist. Ein grundsätzlich bewilligungsfreier Aufenthalt in der Schweiz wird mit der Aufnahme einer nicht gemeldeten bzw. bewilligten Erwerbstätigkeit rechtswidrig im Sinne von Art. 115 Abs. 1 lit. b AuG, sofern nicht die besonderen Bestimmungen des Freizügigkeitsabkommens gelten (BGE 131 IV 174 E. 3 - 4), was vorliegend nicht der Fall ist. Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz wusste der Beschwerdeführer, dass seine beiden Bekannten in die Schweiz einreisten, um ohne die erforderliche behördliche Bewilligung der Prostitution nachzugehen. Indem er ihnen die Flugtickets kaufte, die beide nicht selber hätten finanzieren können, ermöglichte er ihnen die rechtswidrige Einreise. Er machte seine Bekannten mit den Örtlichkeiten vertraut, an denen diese der illegalen ausgeübten Prostitution nachgehen konnten, vermittelte den Kontakt zur Schaltung deutschsprachiger Sexanzeigen, stellte ein Mobiltelefon mit Telefonnummer zur Verfügung und beherbergte beide während dieser Zeit. Hierdurch erleichterte er sowohl den rechtswidrigen Aufenthalt seiner Bekannten und leistete einen Beitrag zur Ausübung deren nicht bewilligter Erwerbstätigkeit. Die Schuldsprüche gemäss Art. 116 Abs. 1 lit. a und b AuG sind nicht zu beanstanden. Dass der Beschwerdeführer ohne Gewinnabsicht handelte und seine Bekannten unentgeltlich logierte, ist unerheblich, da keine Verurteilung wegen des qualifizierten Tatbestandes von Art. 116 Abs. 3 AuG erfolgte.
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3.4. Die Vorinstanz durfte ohne Bundesrechtsverletzung einen Irrtum des Beschwerdeführers über die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens verneinen. Nach ihren verbindlichen Feststellungen ging er selber zeitweise der Prostitution nach und wusste, dass deren Ausübung bewilligungspflichtig ist und seine Bekannten nicht über die erforderliche Bewilligung verfügten, mithin rechtswidrig erwerbstätig waren. Dass er persönlich den Kauf der Flugtickets, die Beherbergung und seine weiteren Hilfeleistungen nicht als strafrechtlich relevant ansieht, begründet keinen Verbotsirrtum.
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3.5. Soweit er eine Verletzung von Art. 116 Abs. 2 AuG geltend macht, genügt die Beschwerde nicht den gesetzlichen Rügeanforderungen. Der Beschwerdeführer zeigt nicht auf, inwieweit die Vorinstanz angesichts des festgestellten Lebenssachverhalts ihr Ermessen verletzt haben soll, indem sie keinen leichten Fall bejaht hat. Dies ist, zumal der Beschwerdeführer mehrere Tatbestandsalternativen von Art. 116 Abs. 1 AuG verwirklicht hat, auch nicht ersichtlich. Zudem begründet der Beschwerdeführer nicht, dass und inwieweit die Bejahung eines leichten Falls sich auf die Strafzumessung ausgewirkt hätte. Er scheint insoweit zu übersehen, dass eine Strafmilderung bei der Annahme eines leichten Falls fakultativ und nicht obligatorisch ist.
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Erwägung 4
 
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird wegen Aussichtslosigkeit der Rechtsbegehren abgewiesen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Die Gerichtskosten sind dem unterliegenden Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Seiner finanziellen Situation ist mit reduzierten Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65. Abs. 2 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
 
3. Dem Beschwerdeführer werden Gerichtskosten von Fr. 1'200.- auferlegt.
 
4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 21. Dezember 2018
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Denys
 
Der Gerichtsschreiber: Held
 
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