BGer 9C_585/2018 | |||
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BGer 9C_585/2018 vom 11.02.2019 |
9C_585/2018 |
Urteil vom 11. Februar 2019 |
II. sozialrechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin,
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Bundesrichterin Glanzmann, Bundesrichter Parrino,
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Gerichtsschreiberin N. Möckli.
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Verfahrensbeteiligte | |
Bundesamt für Sozialversicherungen, Effingerstrasse 20, 3003 Bern,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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A.________,
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vertreten durch Advokat Michael Blattner,
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Beschwerdegegner,
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Ausgleichskasse Handel Schweiz, Schönmattstrasse 4, 4153 Reinach.
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Gegenstand
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Erwerbsersatz für Dienstleistende und bei Mutterschaft,
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Beschwerde gegen den Entscheid
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des Kantonsgerichts Basel-Landschaft
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vom 21. Juni 2018 (750 18 68 / 156).
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Sachverhalt: | |
A. Die Ausgleichskasse Handel Schweiz sprach A.________ für den vom 22. August 2016 bis 26. Mai 2017 geleisteten Zivildienst eine Entschädigung von Fr. 62.- pro Tag zu (Verfügung vom 6. Februar 2017, Einspracheentscheid vom 2. Mai 2017).
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B. Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Kantonsgericht Basel-Landschaft mit Entscheid vom 21. Juni 2018 in dem Sinne gut, als es den angefochtenen Einspracheentscheid aufhob und die Angelegenheit zu weiteren Abklärungen im Sinne der Erwägungen und zum Erlass einer neuen Verfügung an die Ausgleichskasse zurückwies.
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C. Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und beantragt, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei die EO-Entschädigung für den nach der Grundausbildung geleisteten Zivildienst auf Fr. 69.90 pro Tag festzusetzen.
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A.________ lässt sich unaufgefordert vernehmen und schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Des Weiteren ersucht er im Unterliegensfall um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.
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Erwägungen: | |
1. Das Bundesgericht prüft die Zulässigkeit einer Beschwerde von Amtes wegen und mit freier Kognition (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 136 V 7 E. 2 S. 9; Urteil 9C_250/2017 vom 30. Oktober 2017 E. 1).
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2. Das BSV ist zur Beschwerde legitimiert (Art. 89 Abs. 2 lit. a BGG i.V.m. Art. 62 Abs. 1bis ATSG, Art. 42 EOV [SR 834.11] und Art. 201 Abs. 1 AHVV [SR 831.101]).
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Erwägung 3 | |
3.1. Das BSV fordert, die EO-Entschädigung des Versicherten sei für den nach der Grundausbildung geleisteten Zivildienst gemäss dessen Praktikumslohns auf Fr. 69.90 pro Tag festzusetzen.
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Die Vorinstanz hielt dazu im angefochtenen Entscheid, worauf das Dispositiv verweist, fest, die EO-Entschädigung des Beschwerdegegners sei anhand des ortsüblichen Anfangsgehalts eines Bachelorabsolventen in Wirtschaftswissenschaften zu bestimmen. Zur Abklärung der Höhe dieses Lohns wies das kantonale Gericht die Angelegenheiten an die Verwaltung zurück.
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Der angefochtene Entscheid regelt damit einen Teilaspekt einer Streitsache, womit es sich materiellrechtlich um einen Zwischenentscheid handelt (BGE 140 V 321 E. 3.1 S. 325; 133 V 477 E. 4.1.3 S. 4.1.3). Das ist auch unbestritten.
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3.2. Gegen Vor- und Zwischenentscheide, die weder zu Ausstandsbegehren noch zur Zuständigkeit ergehen (dazu Art. 92 BGG), ist die Beschwerde gemäss Art. 93 Abs. 1 BGG nur zulässig, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (lit. a) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beschwerdeverfahren ersparen würde (lit. b).
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Erwägung 3.3 | |
3.3.1. Das BSV macht geltend, der vorinstanzliche Entscheid bewirke einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil, indem die Verwaltung und im Beschwerdefall auch das kantonale Gericht beim zu erlassenden neuen Entscheid an die Vorgabe im angefochtenen Entscheid - die EO-Entschädigung habe basierend auf dem Anfangslohn eines Bachelorabsolventen für Wirtschaftswissenschaften zu erfolgen -, gebunden seien. Das vorinstanzlich Festgestellte könnte nicht mehr korrigiert werden, auch wenn, theoretisch gesehen, das BSV noch die Möglichkeit habe, den aufgrund des Rückweisungsentscheids erlassenen rechtswidrigen Entscheid der Verwaltung anzufechten.
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Der Versicherte vertritt hingegen die Ansicht, ein nicht wieder gutzumachender Nachteil entstehe für das BSV nicht, da dieses den neu zu erlassenden Entscheid der Verwaltung anfechten könnte.
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3.3.2. Dem BSV entsteht bei einem Rückweisungsentscheid regelmässig kein nicht wieder gutzumachender Nachteil, da es einen späteren, allenfalls rechtswidrigen Endentscheid anfechten und das falsche Ergebnis dannzumal korrigieren lassen kann (SVR 2012 IV Nr. 23 S. 97, 9C_329/2011 E. 3.2). Die dagegen angeführten Argumente des BSV vermögen nicht zu überzeugen. Zwar beschränkt sich das BSV aus einleuchtenden praktischen Gründen darauf, die kantonal letztinstanzlichen Entscheide und die Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts zu überprüfen und allenfalls anzufechten. Massgebend ist jedoch, dass das BSV mit der Möglichkeit vertraut ist, um die zu erlassende, seiner Meinung nach rechtswidrige Verfügung anzufechten. Es fällt somit in seinen Handlungsspielraum, bei Notwendigkeit von seinem zustehenden Beschwerderecht Gebrauch zu machen. Entgegen der Ansicht des BSV liegt auch keine res iudicata vor. Zwar ist die Verwaltung als auch das kantonale Gericht an den Rückweisungsentscheid gebunden, aber eine allfällige Bundesrechtsverletzung kann noch im bundesgerichtlichen Verfahren gegen den Endentscheid korrigiert werden (Urteil 9C_865/2017 vom 4. Juni 2018 E. 5.1 und 5.2.1 mit Hinweisen).
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Erwägung 3.4 | |
3.4.1. Das BSV legt weiter dar, durch eine Gutheissung der Beschwerde könnte ein sofortiger Endentscheid herbeigeführt werden, womit die Ausgleichskasse keine aufwändigen Abklärungen zum Anfangslohn vornehmen müsste.
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3.4.2. Die selbstständige Anfechtbarkeit von Zwischenentscheiden aus prozessökonomischen Gründen stellt eine Ausnahme dar, die restriktiv zu handhaben ist, zumal die Parteien keiner Rechte verlustig gehen, da sie die mit dem Zwischenentscheid zusammenhängenden Fragen mit dem Endentscheid anfechten können (dazu statt vieler Urteil 8C_862/2017 vom 23. April 2018 E. 4.2 mit Hinweisen). Aufgrund des von der Vorinstanz Angeordneten muss die Verwaltung zwar gewisse Erhebungen tätigen, es ist aber nicht ersichtlich und das BSV legt auch nicht plausibel dar, inwiefern solche Abklärungen zum ortsüblichen Anfangsgehalt eines Bachelorabsolventen in Wirtschaftswissenschaften einen bedeutenden Aufwand für ein weitläufiges Beweisverfahren verursachen. Das BSV vermag somit keine Gründe zu nennen, die ausnahmsweise die selbstständige Anfechtbarkeit des Zwischenentscheids rechtfertigen könnten.
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3.5. Zusammengefasst sind die Eintretensvoraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 BGG nicht erfüllt.
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4. Es sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG). Eine Parteientschädigung ist - auch unter dem Titel der unentgeltlichen Rechtspflege - nicht geschuldet. Der Beschwerdegegner hat seinen Aufwand selber verursacht. Die Notwendigkeit einer anwaltlichen Vertretung ist nicht gegeben.
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Demnach erkennt das Bundesgericht: | |
1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
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2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
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3. Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen und das Gesuch des Beschwerdegegners um unentgeltliche Rechtsvertretung wird abgewiesen.
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4. Dieses Urteil wird den Parteien, der Ausgleichskasse Handel Schweiz und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, schriftlich mitgeteilt.
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Luzern, 11. Februar 2019
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Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Die Präsidentin: Pfiffner
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Die Gerichtsschreiberin: Möckli
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