BGer 6B_893/2018 | |||
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BGer 6B_893/2018 vom 02.04.2019 |
6B_893/2018 |
Urteil vom 2. April 2019 |
Strafrechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichter Denys, Präsident,
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Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
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Bundesrichter Oberholzer,
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Gerichtsschreiber Reut.
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Verfahrensbeteiligte | |
X.________,
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vertreten durch Rechtsanwalt Pius Fryberg,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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1. Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden, Erster Staatsanwalt, Sennhofstrasse 17, 7000 Chur,
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2. A.________, vertreten durch
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Rechtsanwalt Mauro Lardi,
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Beschwerdegegner.
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Gegenstand
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Mehrfache Unterlassung der Buchführung, Misswirtschaft; rechtliches Gehör,
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Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts von Graubünden, I. Strafkammer, vom 14. Februar 2018
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(SK 1 17 23+24).
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Sachverhalt: | |
A. X.________ war ab 2001 Präsident des Stiftungsrats der Stiftung B.________. Gemäss Anklageschrift soll sich die finanzielle Lage der Stiftung B.________ ab 2004 verschlechtert haben, worauf es zunehmend zu Querelen im Stiftungsrat und vor allem zwischen dem Stiftungsratspräsidium und der ärztlichen Leitung gekommen sei. X.________ wird dabei im Wesentlichen vorgeworfen, ihm bekannte strittige Forderungen gegenüber der Stiftung B.________ in der Jahresrechnung 2009 bzw. in der Zwischenbilanz vom 28. Februar 2010 nicht offengelegt zu haben. Zudem hätte er die Bilanz der Stiftung B.________ spätestens Anfang März 2010 beim Konkursrichter hinterlegen müssen. Bis zur effektiven Bilanzdeponierung am 19. Mai 2010 habe X.________ einen Fortführungsschaden in der Höhe von mindestens Fr. 355'000.-- verursacht.
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B. Das Bezirksgericht Prättigau/Davos sprach X.________ am 24. November 2016 der Misswirtschaft und der mehrfachen Unterlassung der Buchführung schuldig und verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je Fr. 100.--, bedingt aufgeschoben bei einer Probezeit von zwei Jahren, sowie zu einer Busse von Fr. 1'200.--. Von einzelnen Anklagepunkten sprach es X.________ hingegen frei.
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Das Kantonsgericht von Graubünden sprach X.________ auf dessen Berufung am 14. Februar 2018 in zwei weiteren Sachverhalten von der Anklage der Unterlassung der Buchführung frei und bestätigte im Übrigen die erstinstanzlichen Schuldsprüche. Es verurteilte ihn zu einer bedingt vollziehbaren Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je Fr. 100.-- sowie einer Busse von Fr. 600.--.
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C. X.________ führt Beschwerde in Strafsachen, mit der er einen vollumfänglichen Freispruch sowie eine Entschädigung beantragt. Allenfalls sei die Angelegenheit zur Neubeurteilung zurückzuweisen. Das Kantonsgericht, die Staatsanwaltschaft und A.________ beantragen je die Abweisung der Beschwerde.
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Erwägungen: | |
1. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen seine Verurteilung wegen mehrfacher Unterlassung der Buchführung gemäss Art. 166 StGB. Er macht geltend, die Forderung über Fr. 350'000.-- habe weder als Passivum aufgeführt noch hätten Rückstellungen gemacht werden müssen. Das bereits gekündigte Arbeitsverhältnis mit dem ehemaligen Chefarzt sei fristlos aufgelöst worden, nachdem sich dieser in der Öffentlichkeit negativ über die Stiftung B.________ geäussert habe. Die fristlose Entlassung sei gerechtfertigt gewesen. Der Beschwerdeführer, hauptberuflich als Anwalt und Notar tätig, habe die Erfolgsaussichten dieser Forderung "als gleich Null" betrachtet. Im Übrigen habe er auch nicht mit Vorsatz gehandelt.
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Erwägung 1.1 | |
1.1.1. Gemäss Art. 166 StGB macht sich der Schuldner, welcher die ihm gesetzlich obliegende Pflicht zur ordnungsmässigen Führung und Aufbewahrung von Geschäftsbüchern oder zur Aufstellung einer Bilanz verletzt, so dass sein Vermögensstand nicht oder nicht vollständig ersichtlich ist, strafbar, wenn über ihn der Konkurs eröffnet oder in einer gemäss Art. 43 SchKG erfolgten Pfändung gegen ihn ein Verlustschein ausgestellt worden ist. Die Buchführungspflicht wird verletzt, wenn die Buchführung ganz unterbleibt oder mangelhaft erfolgt und dadurch die Vermögenslage des Schuldners nur mit erheblichem Aufwand überblickt werden kann (Urteil 6B_879/2016 vom 22. Juni 2017 E. 1.1; Urteil 6B_135/2014 vom 30. Oktober 2014 E. 4.1; je mit Hinweisen).
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Der Umfang der Buchführungspflicht ergibt sich aus dem Privatrecht. Einzelne Pflichten sind namentlich in den Art. 957 ff. OR (Art. 83a ZGB) konkretisiert. Von Bilanz und Erfolgsrechnung wird erwartet, dass sie vollständig, wahrheitsgetreu, systematisch, klar, zweckmässig, vorsichtig und nachprüfbar angelegt sind (vgl. Art. 957a Abs. 1 und Art. 958c Abs. 1 OR). Die Rechnungslegung soll die wirtschaftliche Lage des Unternehmens so darstellen, dass sich Dritte ein zuverlässiges Urteil bilden können (Art. 958 Abs. 1 OR). Zu bilanzieren sind namentlich Rückstellungen, wenn sie durch vergangene Ereignisse bewirkt wurden, ein Mittelabfluss wahrscheinlich ist und ihre Höhe verlässlich geschätzt werden kann (Art. 959 Abs. 5 und Art. 960e Abs. 2 OR). Lässt die Wahrscheinlichkeit des Mittelabflusses die Bildung von Rückstellungen (in voller Höhe) nicht zu, so ist zumindest im Anhang der Jahresrechnung ein entsprechender Vermerk anzubringen (Art. 959c Abs. 1 Ziff. 10 OR; vgl. auch Urteil 4A_277/2010 vom 2. September 2010 E. 2.1).
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1.1.2. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Immerhin prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. In der Beschwerdebegründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt, wobei für die Anfechtung des Sachverhalts sowie die Rüge einer Verletzung von Grundrechten und kantonalem Recht qualifizierte Begründungsanforderungen gelten (vgl. Art. 97 Abs. 1 und Art. 106 Abs. 2 BGG). Die beschwerdeführende Partei kann in der Beschwerdeschrift nicht bloss die Rechtsstandpunkte, die sie im kantonalen Verfahren eingenommen hat, erneut bekräftigen, sondern hat mit ihrer Kritik an den als rechtsfehlerhaft erachteten Erwägungen der Vorinstanz anzusetzen (BGE 140 III 115 E. 2 S. 116 mit Hinweisen). Auf ungenügend begründete Rügen oder bloss allgemein gehaltene appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 144 V 50 E. 4.2 S. 53; 141 IV 369 E. 6.3 S. 375; je mit Hinweisen).
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Erwägung 1.2 | |
1.2.1. Den vorinstanzlichen Feststellungen ist zu entnehmen, dass es aufgrund der zum Zeitpunkt der Erstellung der Jahresrechnung 2009 bzw. der bereinigten Zwischenbilanz vom 28. Februar 2010 herrschenden Sachlage nicht vertretbar gewesen sei, von einer unbegründeten bzw. unberechtigten Forderung des Beschwerdegegners 2 auszugehen. Der Beschwerdeführer habe Kenntnis vom Zahlungsbefehl des Beschwerdegegners 2 und dem diesem zugrunde liegenden Forderungsgrund gehabt. Auch der Gutachter sei zum Schluss gekommen, dass der entsprechende Sachverhalt im Anhang zur Jahresrechnung 2009 als Eventualverbindlichkeit hätte offengelegt werden müssen (Entscheid S. 22 f.). Damit setzt sich der Beschwerdeführer nicht hinreichend auseinander. Er beschränkt sich dabei auf die Wiederholung der bereits vor Vorinstanz vorgebrachten Argumente. Er räumt dabei ein, dass die Gerichtspraxis hohe Anforderungen an die Zulässigkeit fristloser Kündigungen stelle und dies in jenen Fällen noch in verstärktem Ausmass gelte, in welchen - wie hier - die fristlose Kündigung bei bereits ausgesprochener ordentlicher Kündigung erfolgt sei. Die vorinstanzliche Schlussfolgerung, wonach die eingeklagte Forderung nicht ohne weiteres als derart unwahrscheinlich bezeichnet werden könne, dass auf Aufnahme in die Rechnungslegung hätte verzichtet werden dürfen, ist unter diesen Umständen nicht zu beanstanden.
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Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, die Klage sei letztlich nicht prosequiert worden, weicht er in unzulässiger Weise von den verbindlichen Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz ab. Diese erwägt, dass der Beschwerdegegner 2 am 17. März 2010 beim Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden eine Klage eingereicht und anschliessend am 4. Mai 2010 beim Vermittleramt des Bezirks Prättigau/Davos ein Vermittlungsverfahren eingeleitet habe. Das Verwaltungsgericht sei am 23. April 2013 nicht auf die Klage eingetreten, ohne jedoch den Bestand oder die Höhe der vom Beschwerdegegner 2 geltend gemachten Forderung einer materiell-rechtlichen Prüfung zu unterziehen. Über den weiteren Verlauf des Verfahrens sei jedoch nichts bekannt (Entscheid S. 22). Ohnehin ist dieser Umstand nicht von Bedeutung, da die beiden Verfahren erst nach erstellter Jahres- bzw. Zwischenbilanz angestrebt wurden. Dem Beschwerdeführer lag zum Zeitpunkt der Bilanzierung ein Zahlungsbefehl gegen die Stiftung B.________ in der Höhe von Fr. 350'000.-- vor; dies vor dem Hintergrund einer unklaren Sach- und Rechtslage und der prekären finanziellen Situation der Stiftung B.________. Dem Vorsichtsprinzip entsprechend hätte die richtige Einschätzung zumindest einen Hinweis im Anhang der Rechnungslegung erfordert.
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1.2.2. Die Vorinstanz bejaht den Vorsatz. Nach ihren Feststellungen sei dem Beschwerdeführer die Pflicht zur Aufnahme der Forderung in die Bilanz bekannt gewesen. Gleichwohl habe er diese Pflicht verletzt, um die tatsächliche Vermögenslage der Stiftung zu verschleiern bzw. zu beschönigen (Entscheid S. 24). Der Beschwerdeführer scheint in diesem Zusammenhang von einem unzutreffenden Verständnis der Vermögensverschleierung auszugehen. Für die Erfüllung des Tatbestands war hier nicht erforderlich, dass der Beschwerdeführer den Vermögensstand der Stiftung gegenüber dem Stiftungsrat verschleiert bzw. diesen in die Irre führt. Unerheblich ist auch der Umstand, dass die Bilanzen und Jahresrechnungen der Stiftung nicht öffentlich waren. Vorliegend war sich der Beschwerdeführer seiner Buchführungspflicht, der Vernachlässigung sowie den damit verbundenen Konsequenzen, nämlich ein mangelnder Überblick über die finanzielle Situation als Resultat, bewusst (vgl. dazu BGE 117 IV 163 E. 2b S. 164 f. und 449 E. 5b; STRATENWERTH/JENNY/BOMMER, Schweizerisches Strafrecht, Straftaten gegen Individualinteressen, 7. Aufl. 2010, § 24 N. 10).
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1.3. Was der Beschwerdeführer in Zusammenhang mit der Architektenrechnung über Fr. 30'000.-- vorbringt, verfehlt die gesetzlichen Begründungsanforderungen. Mit den Erwägungen der Vorinstanz, die davon ausgeht, dass die Stiftung B.________ die Forderung in der Höhe von Fr. 30'000.-- anerkannt habe und diese insofern zwingend Eingang in die bereinigte Zwischenbilanz hätte finden müssen (Entscheid S. 29 f.), setzt sich der Beschwerdeführer nicht auseinander. Zudem verkennt er wiederum die Tragweite der Vermögensverschleierung. Eine Verschleierung der Vermögenslage gegenüber dem Stiftungsrat war zur Erfüllung des Tatbestands nicht erforderlich.
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1.4. Nicht einzutreten ist sodann auf die nicht näher begründete Rüge des Beschwerdeführers, wonach er als Präsident des Stiftungsrates nicht für die Buchhaltung zuständig gewesen sein soll. Die Vorinstanz hat auf die Sondereigenschaft bzw. Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers hingewiesen (Entscheid S. 19). Darauf geht dieser nicht ein.
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1.5. Die Vorinstanz verletzt kein Bundesrecht, wenn sie den Beschwerdeführer wegen mehrfacher Unterlassung der Buchführung im Sinne von Art. 166 StGB schuldig spricht.
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Erwägung 2 | |
Der Beschwerdeführer ficht sodann den Schuldspruch wegen Misswirtschaft an. Er macht insbesondere geltend, dass die Stiftung B.________ unter Berücksichtigung der Fortführungswerte nicht überschuldet gewesen sei. Insofern sei er auch nicht verpflichtet gewesen, den Richter anzurufen. Vielmehr habe die Hoffnung bestanden, dass die Stiftung durch neue Spenden hätte gerettet werden können. Davon sei auch die Aufsichtsbehörde ausgegangen. Diese habe ihm die Frist zur Abwendung des drohenden Endes bis zum 5. Mai 2010 erstreckt.
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2.1. Die Vorinstanz erwägt unter Hinweis auf Art. 84a ZGB, dass der Stiftungsrat Zwangsvollstreckungsmassnahmen nicht selbst einleiten dürfe, sondern im Sinne seiner Schadensminderungspflicht gegebenenfalls die Aufsichtsbehörde darum ersuchen müsse. Gleichwohl werde der Stiftungsrat dabei nicht von seiner Verantwortlichkeit befreit, wenn die Aufsichtsbehörde zuvor nicht von sich aus (von Amtes wegen) vollstreckungsrechtliche Massnahmen ergreife. Vorliegend habe der Beschwerdeführer spätestens am 12. Februar 2010 mit Erhalt der revidierten Geschäftsabschlüsse des Jahres 2009 Kenntnis von der Überschuldung der Stiftung B.________ erhalten. Darin habe die Revisionsstelle ausdrücklich festgehalten, dass die Stiftung B.________ sowohl zu Fortführungs- als auch zu Veräusserungswerten überschuldet sei. Er habe es in der Folge unterlassen, der Aufsichtsbehörde die Benachrichtigung des Konkursrichters zu beantragen, und sei damit seiner gesetzlichen Pflicht als Stiftungsratspräsident nicht nachgekommen. Stattdessen habe er mittels Aktivierung der Eigenleistungen von Mitarbeitenden der Stiftung B.________ im Wert von Fr. 500'000.-- die Bilanzen beschönigt und unter Beilage derselben bei der Aufsichtsbehörde eine weitere Fristerstreckung beantragt, um mehr Zeit für die einstweilen angelaufene Spendenaktion zu gewinnen. Dadurch habe er letztlich die bereits bestehende Überschuldungssituation der Stiftung weiter verschlimmert. Der Beschwerdeführer habe den Richter letztlich erst am 19. Mai 2010 und damit erst mehr als drei Monate später von der Überschuldung der Stiftung unterrichtet (Entscheid S. 31 ff.).
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Erwägung 2.2 | |
2.2.1. Gemäss Art. 165 Ziff. 1 StGB wird der Schuldner, der durch Misswirtschaft, namentlich durch arge Nachlässigkeit in der Berufsausübung oder Vermögensverwaltung, seine Überschuldung herbeiführt oder verschlimmert, seine Zahlungsunfähigkeit herbeiführt oder im Bewusstsein seiner Zahlungsunfähigkeit seine Vermögenslage verschlimmert, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft, wenn über ihn der Konkurs eröffnet oder gegen ihn ein Verlustschein ausgestellt worden ist. Eine nachlässige Berufsausübung liegt vor, wenn gesetzliche Bestimmungen der Unternehmensführung - wie etwa die Pflicht bei Überschuldung den Richter zu benachrichtigen (Art. 725 OR) - missachtet werden (BGE 144 IV 52 E. 7.3 S. 53 f. mit Hinweisen).
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2.2.2. Anlass zum vorliegenden Verfahren gibt der Konkurs über eine Stiftung nach Art. 80 ff. ZGB. Art. 84a ZGB, der sich inhaltlich der aktienrechtlichen Bestimmung von Art. 725 OR anlehnt, sieht bei Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit ein zweistufiges Verfahren vor. Gemäss Art. 84a Abs. 1 ZGB hat das oberste Stiftungsorgan bei begründeter Besorgnis, dass die Stiftung überschuldet ist oder ihre Verbindlichkeiten längerfristig nicht mehr erfüllen kann, aufgrund der Veräusserungswerte eine Zwischenbilanz aufzustellen und sie der Revisionsstelle zur Prüfung vorzulegen. Stellt die Revisionsstelle fest, dass die Stiftung überschuldet ist oder ihre Verbindlichkeiten längerfristig nicht erfüllen kann, so legt sie die Zwischenbilanz der Aufsichtsbehörde vor (Art. 84a Abs. 2 ZGB). Die Aufsichtsbehörde hält das oberste Stiftungsorgan zur Einleitung der erforderlichen (zivilrechtlichen) Massnahmen an (Art. 84a Abs. 3 ZGB). Darunter fallen namentlich die Einschränkung des Stiftungszwecks oder die Festlegung von Sanierungsmassnahmen (Bericht der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates vom 23. Oktober 2003, BBl 2003 8167; THOMAS SPRECHER, Die Revision des schweizerischen Stiftungsrechts, 2006, Rz. 184). Bleibt das oberste Stiftungsorgan untätig, so trifft die Aufsichtsbehörde die nötigen Massnahmen (Art. 84a Abs. 3 ZGB). Nötigenfalls beantragt sie vollstreckungsrechtliche Massnahmen, wobei die aktienrechtlichen Bestimmungen über die Eröffnung oder den Aufschub des Konkurses sinngemäss zur Anwendung gelangen (Art. 84a Abs. 4 ZGB).
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2.2.3. Der Wortlaut von Art. 84a ZGB ist in allen drei sprachlichen Fassungen inhaltlich gleichlautend. Bei Überschuldung der Stiftung hat die Aufsichtsbehörde - auf Antrag der Revisionsstelle oder des Stiftungsrats - die Pflicht, vollstreckungsrechtliche Massnahmen zu ergreifen. Dementsprechend wird auch im Schrifttum überwiegend die Auffassung vertreten, dass der Stiftungsrat die Zwangsvollstreckungsmassnahmen nicht selbst einleiten darf, sondern hierzu die Aufsichtsbehörde auffordern muss (BRUNNER/BOLLER, in: Basler Kommentar, SchKG, 2. Aufl. 2010, N. 5d zu Art. 192 SchKG; SPRECHER, a.a.O., Rz. 186; HAROLD GRÜNINGER, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, N. 6 zu Art. 84a ZGB; ROMAN BAUMANN LORANT, Der Stiftungsrat, 2009, S. 321; LOÏC PFISTER, La Fondation, 2017, Rz. 718 ff. und Rz. 763; PHILIP TALBOT, in: Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 4. Aufl. 2017, N. 26 zu Art. 192 SchKG).
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2.3. Ob den Stiftungsrat generell keine Pflicht trifft, von sich aus Zwangsvollstreckungsmassnahmen zu ergreifen, kann hier offenbleiben (vgl. dazu BAUMANN LORANT, a.a.O., S. 320 ff.). Denn vorliegend verhielt es sich jedenfalls so, dass die Aufsichtsbehörde zwar nicht untätig blieb, den Stiftungsrat allerdings erst im Mai 2010 ausdrücklich aufforderte, die Überschuldung zur Anzeige zu bringen. Nach den Feststellungen der Vorinstanz erlangten sowohl der Beschwerdeführer als auch die Aufsichtsbehörde mit dem Bericht der Revisionsstelle vom 12. Februar 2010 Kenntnis von der Überschuldung der Stiftung. Der Beschwerdeführer erstellte in der Folge eine Zwischenbilanz, die er sowohl der Revisionsstelle als auch der Aufsichtsbehörde vorlegte. Die Aufsichtsbehörde verzichtete indes auf die Benachrichtigung des Konkursrichters, obschon sie die Fortführung des Betriebs aufgrund der ungenügenden Liquidität zwischenzeitlich nicht mehr für möglich hielt und die Darlegungen des Beschwerdeführers als nicht stichhaltig bezeichnete. Vielmehr setzte sie dem Stiftungsrat mehrfach Frist, um entweder die nötigen finanziellen Mittel zu beschaffen oder aber die für die "Betriebsschliessung" notwendigen Schritte einzuleiten. Am 13. April 2010 wurde diese Frist erneut bis zum 5. Mai 2010 erstreckt, wobei die Aufsichtsbehörde bis dahin den Nachweis der verbindlichen Zusage von Geldgebern oder Belege über die Benachrichtigung des Konkursrichters erwartete (Entscheid S. 33 f.). Unter diesen Umständen kann dem Beschwerdeführer nicht vorgeworfen werden, dass er die Überschuldung spätestens Anfang März 2010 beim Konkursrichter hätte zur Anzeige bringen müssen. Es wäre vielmehr die gesetzliche Pflicht der Aufsichtsbehörde gewesen, nach Vorliegen des Revisionsberichtes bzw. der Zwischenbilanz zeitnah eine Überschuldungsanzeige zu erstatten. Dass sie den Stiftungsrat zwischenzeitlich mehrfach zur Beschlussfassung über die "Betriebsschliessung" anhielt, ändert daran nichts. Welche konkreten (rechtlichen) Massnahmen diese Aufforderung beinhaltete, bleibt unklar. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass sich die Frage, ob die Stiftung wegen Erschöpfung ihrer Mittel aufgelöst werden muss (Art. 88 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB), massgeblich von der Frage unterscheidet, ob die Überschuldung dem Richter anzuzeigen ist (vgl. BAUMANN LORANT, a.a.O., S. 322 f.; SPRECHER, a.a.O., Rz. 185). Dem Beschwerdeführer ist damit keine arge Nachlässigkeit im Sinne von Art. 165 StGB vorzuwerfen. Der Schuldspruch wegen Misswirtschaft erweist sich als bundesrechtswidrig.
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Erwägung 3 | |
Der Beschwerdeführer wirft der Vorinstanz schliesslich vor, sie habe ihm an der Gerichtsverhandlung zu Unrecht eine Ordnungsbusse von Fr. 200.-- auferlegt. Mit der "gerichtspräsidialen Konfiskation des elektronischen Notizbuches", der Auflage einer Busse ohne vorgängige Anhörung sowie der anschliessenden Verweisung aus dem Gerichtssaal habe das Gericht Art. 63 und Art. 347 StPO verletzt. Zudem liege eine Verletzung des rechtlichen Gehörs vor, da ihm durch den gewaltsamen Entzug des Smartphones verunmöglicht worden sei, seine (elektronischen) Notizen zu verwenden.
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Erwägung 3.1 | |
3.1.1. Art. 71 Abs. 1 StPO verbietet Bild- und Tonaufnahmen innerhalb des Gerichtsgebäudes sowie Aufnahmen von Verfahrenshandlungen ausserhalb des Gerichtsgebäudes. Zur Durchsetzung dieses Verbots kann das Gericht namentlich den Gebrauch von Mobiltelefonen im Gerichtssaal untersagen (SCHMID/JOSITSCH, Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 3. Aufl. 2018, N. 1 zu Art. 71 StPO; SAXER/THURNHEER, in: Basler Kommentar, Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N. 7 zu Art. 71 StPO). Widerhandlungen sind nach Art. 63 Abs. 2 und Art. 64 Abs. 1 StPO zu ahnden.
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3.1.2. Die sitzungspolizeilichen Massnahmen nach Art. 63 und Art. 64 StPO sollen Sicherheit, Ruhe und Ordnung während der Verhandlung gewährleisten. Bei Störung des Geschäftsgangs oder Verletzung von Anstandsregeln kann die Verfahrensleitung die betroffene Person verwarnen, mit Ordnungsbusse bis Fr. 1'000.-- bestrafen, ihr im Wiederholungsfall das Wort entziehen, sie aus dem Verhandlungsraum weisen und nötigenfalls bis zum Schluss der Verhandlung in polizeilichen Gewahrsam setzen lassen (Art. 63 Abs. 2 und Art. 64 Abs. 1 StPO). Der Verfahrensleitung wird dabei unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit ein weiter Ermessensspielraum anheimgestellt. Der zeitweilige oder endgültige Ausschluss von der Verhandlung ist jedoch insbesondere bei der beschuldigten Person zurückhaltend, d.h. bei groben oder wiederholten Ordnungsstörungen, und bloss bei vorgängiger Androhung auszusprechen (NIKLAUS OBERHOLZER, Grundzüge des Strafprozessrechts, 3. Aufl. 2012, Rz. 1439; ADRIAN JENT, in: Basler Kommentar, Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N. 1 und N. 5 zu Art. 63 StPO). Wird eine Partei ausgeschlossen, so wird die Verfahrenshandlung fortgesetzt (Art. 63 Abs. 4 StPO).
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3.2. Nach den Feststellungen der Vorinstanz soll der Beschwerdeführer anlässlich der Berufungsverhandlung fortwährend an seinem Mobiltelefon herummanipuliert und sich auf entsprechende Anordnung wiederholt geweigert haben, das Gerät auszuschalten. Der Vorsitzende habe vermeiden wollen, dass unzulässigerweise Tonaufnahmen von der Verhandlung gemacht würden. Auf Aufforderung des Vorsitzenden hin, habe der Beschwerdeführer sein Mobiltelefon schliesslich dem Aktuar überreicht. Nach dem Parteivortrag seines Verteidigers soll der Beschwerdeführer erneut die Herausgabe des Mobiltelefons verlangt haben, woraufhin ihm der Vorsitzende versichert habe, dass ihm das Mobiltelefon wieder ausgehändigt werde, sobald er wieder Gelegenheit erhalte, sich zu äussern. Der Beschwerdeführer habe in der Folge angekündigt, er werde den Gerichtssaal verlassen, worauf er vom Vorsitzenden wiederholt aufgefordert worden sei, im Saal zu bleiben. Ungeachtet dessen habe der Beschwerdeführer den Saal verlassen wollen, was ihm jedoch aufgrund der leicht klemmenden Türe nicht gelungen sei. Der Vorsitzende habe den Beschwerdeführer anschliessend mehrfach verwarnt und eine Busse angedroht, sollte er die Verhandlung weiterhin stören. Trotzdem soll der Beschwerdeführer während des Parteivortrags des klägerischen Rechtsvertreters wiederholt das Wort ergriffen haben, worauf der Vorsitzende dem Beschwerdeführer eine Ordnungsbusse von Fr. 200.-- auferlegt hätte. Gleichzeitig habe der Vorsitzende dem Beschwerdeführer angedroht, ihn bei weiterer Störung des Saales zu verweisen, was seitens des Beschwerdeführers mit Zustimmung quittiert worden sei. Als der Beschwerdeführer den Vorsitzenden anschliessend erneut unterbrochen habe, sei er des Gerichtssaals verwiesen worden (Entscheid S. 54 f.).
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3.3. Die Vorinstanz erwägt zu Recht, dass der Beschwerdeführer mit seinem Verhalten einerseits den Geschäftsgang gestört, andererseits verfahrensleitende Anordnungen missachtet habe. Es lag letztlich im Ermessen der Vorinstanz, ob sie die Verwendung von Mobiltelefonen zwecks Konsultation von elektronisch bereitliegenden Dokumenten zulässt oder aber im Lichte von Art. 71 Abs. 1 StPO - zumindest temporär - untersagt. Die Vorinstanz ist der atmosphärischen Verstimmung zunächst durch Ermahnungen begegnet. Trotz mehrfacher Androhung und Auflage einer Busse zeigte sich der Beschwerdeführer jedoch uneinsichtig, womit er die Verweisung aus dem Gerichtssaal letztlich provoziert hat. Insofern hat er auch nicht nur implizit, sondern ausdrücklich auf sein Recht auf das letzte Wort (Art. 347 Abs. 1 StPO) verzichtet. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs ist nicht ersichtlich. Im Übrigen war die Wahrung der Interessen durch die Anwesenheit des Verteidigers gesichert. Die Rüge des Beschwerdeführers erweist sich als unbegründet.
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Erwägung 4 | |
Die Beschwerde ist teilweise gutzuheissen. Im Übrigen ist sie abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Die Sache ist ohne Prüfung der weiteren Rügen zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Parteien werden im Umfang ihres Unterliegens kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die Gerichtskosten tragen ausgangsgemäss der Beschwerdeführer zu zwei Dritteln und der Beschwerdegegner 2 zu einem Sechstel. Dem Kanton Graubünden sind keine Gerichtskosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 4 BGG). Die Parteien werden sodann im Umfang des Unterliegens hinsichtlich der Parteikosten entschädigungspflichtig (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). Angemessen erscheint eine Parteientschädigung von je Fr. 3'000.--. Der Beschwerdeführer und der Beschwerdegegner 2 sind gegenseitig zur Zahlung einer anteilsmässigen Parteientschädigung verpflichtet. Ihre Ansprüche sind zu verrechnen. Dem Kanton Graubünden steht keine Parteientschädigung zu (Art. 68 Abs. 3 BGG). Er hat den Beschwerdeführer indes anteilig zu entschädigen.
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Demnach erkennt das Bundesgericht: | |
1. Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Das Urteil des Kantonsgerichts von Graubünden vom 14. Februar 2018 wird aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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2. Die Gerichtskosten werden dem Beschwerdeführer im Umfang von Fr. 2'000.-- und dem Beschwerdegegner 2 im Umfang von Fr. 500.-- auferlegt.
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3. Der Beschwerdeführer hat dem Beschwerdegegner 2 eine Entschädigung von Fr. 1'500.-- zu bezahlen.
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4. Der Kanton Graubünden hat dem Beschwerdeführer eine Entschädigung von Fr. 500.-- auszurichten.
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5. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht von Graubünden, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 2. April 2019
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Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Denys
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Der Gerichtsschreiber: Reut
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