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Informationen zum Dokument  BGer 8C_128/2019  Materielle Begründung
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BGer 8C_128/2019 vom 12.07.2019
 
 
8C_128/2019
 
 
Urteil vom 12. Juli 2019
 
 
I. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Maillard, Präsident,
 
Bundesrichterinnen Heine, Viscione,
 
Gerichtsschreiber Hochuli.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
vertreten durch Rechtsanwältin Stephanie C. Elms,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Invalidenversicherung (Invalidenrente),
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 24. Dezember 2018 (IV.2017.00986).
 
 
Sachverhalt:
 
A. A.________, geboren 1976, ist Verkäuferin mit Fähigkeitsausweis und arbeitete zuletzt seit 25. November 2013 im Gastgewerbe. Ab 6. Mai 2014 attestierte ihr Dr. med. B.________, Fachärztin für Innere Medizin FMH in Zürich, wegen diverser psychischer Beeinträchtigungen eine volle Arbeitsunfähigkeit. Am 6. August 2014 meldete sich A.________ bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Nach medizinischen und erwerblichen Abklärungen verneinte die IV-Stelle des Kantons Zürich einen Leistungsanspruch, weil bei Ausschöpfung der zumutbaren therapeutischen Möglichkeiten kein invalidisierender Gesundheitsschaden bestehe (Verfügung vom 14. Juli 2017).
1
B. Die hiegegen erhobene Beschwerde der A.________ wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich ab (Entscheid vom 24. Dezember 2018).
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C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________ beantragen, der angefochtene Gerichtsentscheid sei aufzuheben und die Invalidenversicherung zu verpflichten, ihr eine Rente auszurichten. Zudem ersucht die Versicherte um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung.
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Während die IV-Stelle auf Beschwerdeabweisung schliesst, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) auf eine Vernehmlassung.
4
 
Erwägungen:
 
1. 
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1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen).
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1.2. Das Bundesgericht kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Überdies muss die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein (Art. 97 Abs. 1 BGG).
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1.3. Als Rechtsfrage gilt, ob der in rechtlicher Hinsicht (oder zur Beurteilung der strittigen Ansprüche) massgebliche Sachverhalt vollständig festgestellt wurde. Rechtsfrage ist sodann die Beachtung des Untersuchungsgrundsatzes bzw. der Beweiswürdigungsregeln nach Art. 61 lit. c ATSG und der Anforderungen an den Beweiswert von Arztberichten (vgl. BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232). Bei den aufgrund dieser Berichte getroffenen Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit sowie bei der konkreten Beweiswürdigung geht es um Sachverhaltsfragen (Urteil 8C_590/2015 vom 24. November 2015 E. 1, nicht publ. in BGE 141 V 585; BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 397). Ob und in welchem Umfang die ärztlichen Feststellungen anhand der Indikatoren nach BGE 141 V 281 auf Arbeitsunfähigkeit schliessen lassen, ist wiederum eine frei überprüfbare Rechtsfrage (BGE 141 V 281 E. 7 S. 308; Urteil 8C_181/2018 vom 7. August 2018 E. 1).
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2. Strittig ist, ob die Vorinstanz zu Recht die Verfügung der IV-Stelle vom 14. Juli 2017 bestätigte, wonach die Versicherte mangels eines invalidisierenden Gesundheitsschadens keinen Leistungsanspruch hat.
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3. Das kantonale Gericht hat die rechtlichen Grundlagen betreffend die Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 ATSG), die Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG; Art. 4 Abs. 1 IVG) und die Voraussetzungen des Rentenanspruchs (Art. 28 IVG) richtig dargelegt. Gleiches gilt bezüglich der Beurteilung der Invalidität bei psychischen Erkrankungen (BGE 141 V 281; 143 V 409 und 418), des massgebenden Beweisgrads der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 138 V 218 E. 6 S. 221) und des Beweiswerts von Arztberichten (BGE 140 V 193 E. 3.1 f. S. 194 f., 134 V 231 E. 5.1 S. 232, 125 V 351 E. 3a S. 352). Darauf wird verwiesen.
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Zutreffend sind auch die Ausführungen zu der mit BGE 143 V 209 und 143 V 418 geänderte Rechtsprechung, wonach sämtliche psychischen Erkrankungen, namentlich auch depressive Störungen leicht- bis mittelgradiger Natur, grundsätzlich einem strukturierten Beweisverfahren nach BGE 141 V 281 zu unterziehen sind und eine invalidenversicherungsrechtlich relevante psychische Gesundheitsschädigung nicht mehr allein mit dem Argument der fehlenden Therapierbarkeit auszuschliessen ist. Bei der Frage der funktionellen Auswirkungen einer Störung haben sich sowohl die medizinischen Sachverständigen als auch die Organe der Rechtsanwendung bei ihrer Einschätzung des Leistungsvermögens an den normativen Vorgaben zu orientieren (BGE 144 V 50 E. 4.3 S. 53 f.; 143 V 418 E. 6 S. 427).
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4. Nach Aktenlage steht fest, dass sich die Versicherte seit Ende 2013 vorwiegend wegen verschiedener psychischer, aber auch somatischer Beschwerden ärztlich behandeln liess. Die IV-Stelle veranlasste deshalb am 22. März 2016 zwecks Feststellung des medizinisch rechtserheblichen Sachverhalts (vgl. Art. 43 Abs. 1 ATSG) eine polydisziplinäre Begutachtung im Verfahren nach Art. 44 ATSG. Die Academy of Swiss Insurance Medicine des Universitätsspitals Basel erstattete das interdisziplinäre Gutachten am 3. Oktober 2016 (nachfolgend: asim-Gutachten). Es beruht unter anderem auf einem orthopädischen, einem psychiatrischen, einem neurologischen und einem rheumatologischen Teilgutachten sowie einer ausführlichen interdisziplinären Besprechung der konsensualen Schlussfolgerungen.
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4.1. Den von Versicherungsträgern im Verfahren nach Art. 44 ATSGeingeholten, den Anforderungen der Rechtsprechung (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3a S. 352) entsprechenden Gutachten externer Spezialärzte (sogenannte Administrativgutachten) ist Beweiskraft zuzuerkennen, solange nicht konkrete Indizien gegen die Zuverlässigkeit der Expertise sprechen (BGE 135 V 465 E. 4.4 S. 470; Urteil 9C_823/2018 vom 11. Juni 2019 E. 2 mit Hinweisen). Zweck interdisziplinärer Gutachten ist es, alle relevanten gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu erfassen und die sich daraus je einzeln ergebenden Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit in ein Gesamtergebnis zu fassen (BGE 137 V 210 E. 1.2.4 S. 224; SVR 2008 IV Nr. 15 S. 43, I 514/06 E. 2.1). Dasselbe gilt mit Blick auf die mitunter schwierige Abgrenzung der im Sinne von Art. 4 Abs. 1 IVG versicherten Zustände von invaliditätsfremden Faktoren. Der abschliessenden, gesamthaften Beurteilung von Gesundheitszustand und Arbeitsfähigkeit kommt dann grosses Gewicht zu, wenn sie auf der Grundlage einer Konsensdiskussion der an der Begutachtung mitwirkenden Fachärzte erfolgt (BGE 143 V 124 E. 2.2.4 S. 128 mit Hinweisen).
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4.2. Verwaltung und Vorinstanz stellten faktisch auf das asim-Gutachten ab. Auch Dr. med. C.________ vom Regionalen Ärztlichen Dienst (RAD) der IV-Stelle des Kantons Zürich erhob keine Einwände gegen die diagnostizierten Gesundheitsschäden und die interdisziplinäre Beurteilung der Arbeitsfähigkeit laut asim-Gutachten. Das kantonale Gericht äusserte sich zwar nicht ausdrücklich zur Beweiskraft des asim-Gutachtens. Es führte jedoch aus, das rheumatologische und das neurologische asim-Teilgutachten würden die rechtsprechungsgemässen Anforderungen an beweistaugliche Entscheidgrundlagen erfüllen, weshalb darauf abzustellen sei. Mit Blick auf das psychiatrische asim-Teilgutachten liess es die Frage nach der Beweistauglichkeit jedoch ausdrücklich offen. Insbesondere beanstandete es das Fehlen einer Auseinandersetzung mit den widersprüchlichen Aussagen der Versicherten. Zudem fehlten zu einzelnen Diagnosen die entsprechenden Befunderhebungen.
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Hiegegen beanstandet die Beschwerdeführerin, praxisgemäss sei bei der Anspruchsprüfung von der medizinischen Befundlage auszugehen (BGE 141 281 E. 2.1 S. 285 mit Hinweis). Die Vorinstanz hätte die Frage nach dem Beweiswert des asim-Gutachtens nicht offen lassen dürfen. Die Indikatorenprüfung könne nicht an die Stelle eines beweiskräftigen Gutachtens treten. Ohne eine den rechtsprechungsgemässen Anforderungen (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232 mit Hinweis) genügende medizinische Expertise mit einer lege artis gestellten Diagnose könne der Komplex des funktionellen Schweregrades der Gesundheitsschädigung (vgl. BGE 141 V 281 E. 4.3 S. 298) nicht beurteilt werden.
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4.3. Der vorinstanzlichen Beweiswürdigung ist insofern beizupflichten, als das psychiatrische asim-Gutachten mangels Schlüssigkeit nicht überzeugt. Laut asim-Gutachten leidet die Versicherte seit 2013 unter Schlafstörungen, Müdigkeit und Erschöpfung. Obwohl die Schlafprobleme von zentraler Bedeutung sind, ist gemäss asim-Gutachten bisher keine ausführliche Schlafabklärung durchgeführt worden. Insbesondere verneinte die Beschwerdeführerin eine affektive Färbung wie Traurigkeit, Niedergeschlagenheit, Schuldgefühle, Versagensängste oder spezifische Lustlosigkeit. Das kantonale Gericht stellte zutreffend fest, eine Auseinandersetzung mit den widersprüchlichen Aussagen der Versicherten fehle im psychiatrischen asim-Teilgutachten gänzlich. Während an der einen Stelle dem Gutachten zu entnehmen ist, die Beschwerdeführerin sehe sich zurzeit wegen Energielosigkeit nicht in der Lage, mehr als 50% zu arbeiten, findet sich an anderer Stelle die Aussage, "momentan sehe sie sich als arbeitsunfähig an". Solange sie Schlafprobleme habe, könne sie sich überhaupt nicht vorstellen, zu arbeiten. Weiter ist nicht nachvollziehbar, weshalb die psychiatrische asim-Gutachterin bei den Diagnosen mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit unter anderem eine Panikstörung mit Agoraphobie (ICD-10: F41.0) auflistete, obwohl die geklagten funktionellen Einschränkungen dem tatsächlichen Verhalten der Versicherten widersprachen. Schliesslich sind die praxisgemäss erforderlichen Ausführungen zu den Standardindikatoren (vgl. BGE 141 V 281 E. 4.1.3 S. 297 f.) im asim-Gutachten zu knapp ausgefallen. Jedenfalls sind die entsprechenden Hinweise nicht in eine schlüssige und widerspruchsfreie Verbindung mit den Angaben der Beschwerdeführerin zu bringen. Insbesondere fehlt es an nachvollziehbar und überzeugend begründeten Feststellungen zum funktionellen Schweregrad.
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4.4. Nach dem Gesagten hat die Vorinstanz das psychiatrische asim-Teilgutachten zu Recht als lückenhaft, widersprüchlich und insgesamt im Ergebnis nicht beweistauglich erkannt. Da die interdisziplinären Schlussfolgerungen des einzigen, im Verfahren nach Art. 44 ATSG eingeholten asim-Gutachtens auf einer eingehenden Konsensdiskussion beruhen (vgl. E. 4.1 i.f.) und folglich (auch) auf der unvollständigen und widersprüchlichen Grundlage des psychiatrischen asim-Teilgutachtens basieren, liegen hier konkrete Indizien vor, die gegen die Zuverlässigkeit des asim-Gutachtens insgesamt sprechen. Fehlt es an schlüssigen medizinischen Ausführungen, die eine zuverlässige Beurteilung der Arbeitsfähigkeit im strukturierten Beweisverfahren nach BGE 141 V 208 erlauben würden, ist der angefochtene Entscheid aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie ein den Grundsätzen von BGE 141 V 281 entsprechendes beweistaugliches polydisziplinäres Gerichtsgutachten einhole. Dabei wird auch die Frage zu beantworten sein, ob - und gegebenenfalls in welchem Ausmass - die Versicherte seit Mai 2014 aus gesundheitlichen Gründen in der Arbeitsfähigkeit tatsächlich eingeschränkt war.
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5. Die Rückweisung der Sache zu erneuter Abklärung gilt für die Frage der Auferlegung der Gerichtskosten sowie der Parteientschädigung als vollständiges Obsiegen im Sinn von Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG (Art. 68 Abs. 2 BGG; BGE 141 V 281 E. 11.1 S. 312). Mithin hat die unterliegende IV-Stelle die Gerichtskosten zu tragen und der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung auszurichten.
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 Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 24. Dezember 2018 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.
 
3. Die Beschwerdegegnerin hat die Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2800.- zu entschädigen.
 
4. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 12. Juli 2019
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Maillard
 
Der Gerichtsschreiber: Hochuli
 
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