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Informationen zum Dokument  BGer 9C_289/2019  Materielle Begründung
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BGer 9C_289/2019 vom 16.09.2019
 
 
9C_289/2019
 
 
Urteil vom 16. September 2019
 
 
II. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin,
 
Bundesrichterin Glanzmann, Bundesrichter Parrino,
 
Gerichtsschreiber Fessler.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
CSS Versicherung AG, Recht & Compliance, Tribschenstrasse 21, 6005 Luzern,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Krankenversicherung,
 
Beschwerde gegen den Entscheid
 
des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau
 
vom 20. März 2019 (VBE.2018.452).
 
 
Sachverhalt:
 
A. Mit Verfügung vom 5. Januar 2018 beseitigte die CSS Versicherung AG den von A.A.________ erhobenen Rechtsvorschlag gegen den Zahlungsbefehl vom 24. November 2017 in der Betreibung Nr. (......) des Regionalen Betreibungsamtes B.________ betreffend seinen 1999 geborenen Sohn A.B.________ ("Rückforderung Prämienverbilligung" für die Monate September bis Dezember 2016 und Januar 2017) und erteilte Rechtsöffnung über Fr. 366.25 (zuzüglich Mahnspesen von Fr. 60.-). Diesen Betrag reduzierte sie mit Einspracheentscheid vom 16. Mai 2018 auf Fr. 361.55.
1
B. Die Beschwerde des A.A.________ wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 20. März 2019 ab, soweit darauf einzutreten war.
2
C. A.A.________ hat Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Eingaben vom 1. und 8. Mai 2019 [Poststempel]) eingereicht mit dem hauptsächlichen Rechtsbegehren, der Entscheid des kantonalen Versicherungsgerichts vom 20. März 2019 sei aufzuheben; die CSS Versicherung AG sei zu verpflichten, die Betreibung zurückzuziehen; es sei ihm eine Entschädigung zuzusprechen "pour m'avoir poursuivi malhonnêtement et injustement".
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Die CSS Versicherung AG beantragt in ihrer Vernehmlassung, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten.
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A.A.________ hat Bemerkungen zu den Ausführungen des Krankenversicherers gemacht.
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Erwägungen:
 
1. Die Vorinstanz hat in E. 3.1-2 des angefochtenen Entscheids dargelegt, dass der Vater des 1999 geborenen, zwischenzeitlich volljährig gewordenen Versicherten beschwerdelegitimiert ist, soweit es um Prämien geht, welche "für die Zeit der Minderjährigkeit zu bezahlen waren". Es geht um die Monate September bis Dezember 2016 und Januar 2017. Die Betreibung wurde im November 2017 eingeleitet. Grundsätzlich ist der Sohn des Beschwerdeführers Schuldner, auch für Prämien, welche vor seiner Volljährigkeit fällig geworden sind. Nach der Rechtsprechung sind die Krankenversicherer denn auch "libres de poursuivre l'enfant majeur pour les coûts échus alors qu'il était encore mineur" (Urteil 9C_835/2018 vom 24. Januar 2019 E. 3 und Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts K 5/00 vom 5. Juni 2000 E. 2b). Das heisst nicht, dass die Beschwerdegegnerin die Prämienforderung infolge Wegfalls der Prämienverbilligung nicht gegenüber dem Beschwerdeführer geltend machen konnte. Dieser hatte aufgrund seiner aus der familienrechtlichen Unterhaltspflicht abgeleiteten solidarischen Haftbarkeit für Prämien seines Sohnes, welche vor dessen Volljährigkeit fällig geworden sind (Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts K 132/01 vom 18. Februar 2002 E. 3b/bb), ein eigenes schützenswertes Interesse am Erlass einer Verfügung (vgl. Art. 49 Abs. 2 ATSG) und ein schutzwürdiges Interesse an der Anfechtung des Einspracheentscheids (Art. 59 ATSG).
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2. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden. Es kann - im Rahmen der den Parteien obliegenden Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 sowie Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 138 I 171 E. 1.4 S. 176; 133 II 249 E. 1.4.1 und E. 1.4.2 S. 254 mit Hinweisen) - die Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen oder mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (BGE 134 V 250 E. 1.2 S. 252; 132 II 257 E. 2.5 S. 262; Urteil 9C_335/2018 vom   16. Januar 2019 E. 2.2).
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Erwägung 3
 
3.1. Anfechtungsgegenstand im vorinstanzlichen Verfahren bildete der Einspracheentscheid vom 16. Mai 2018, womit die Beschwerdegegnerin - in Nachachtung von Art. 64a KVG und diesbezüglicher Rechtsbefugnis (vgl. BGE 119 V 329) - den Rechtsvorschlag des Beschwerdeführers in der Betreibung Nr. (......) des Regionalen Betreibungsamtes B.________ aufgehoben und Rechtsöffnung über den Betrag von Fr. 361.55 (zuzüglich Mahnspesen von Fr. 60.-) betreffend "Rückforderung Prämienverbilligung" (für die Monate September 2016 bis Januar 2017) erteilt hatte. Damit war grundsätzlich auch der zulässige Streitgegenstand festgelegt. Darunter ist das Rechtsverhältnis zu verstehen, das Gegenstand des angefochtenen Entscheids ist, in dem Umfang, in dem es aufgrund der Beschwerdebegehren im Streit liegt (Urteil 9C_203/2019 vom 28. Mai 2019 E. 2.1 mit Hinweisen).
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3.2. Der Beschwerdeführer beantragte vor Vorinstanz zur Hauptsache, die Betreibung sei bedingungslos einzustellen und der Krankenversicherer habe ihn wegen "Zeitverlust, Ärger, Stress und Verfahrensmängel" mit Fr. 1'000.- zu entschädigen. Weiter hielt er fest, er werde die am 10. Januar 2018 überwiesenen Fr. 303.20 ratenweise zurückzahlen, sobald die Betreibung zurückgezogen werde.
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3.3. Die Vorinstanz ist auf das Entschädigungsbegehren mangels eines Anfechtungsgegenstandes nicht eingetreten. Der Beschwerdeführer äussert sich mit keinem Wort zu den diesbezüglichen Erwägungen im angefochtenen Entscheid, womit es sein Bewenden hat (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 138 I 171 E. 1.4 S. 176). Auf das Begehren "Qu'une indemnité me soit accordée pour m'avoir poursuivi malhonnêtement et injustement" ist daher nicht einzutreten.
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3.4. In Bezug auf das Begehren, die Betreibung sei bedingungslos zurückzuziehen, stellte die Vorinstanz fest, das für den ausstehenden Rückforderungsbetrag vorgesehene Verfahren nach Art. 64a KVG und Art. 79 f. SchKG sei eingehalten worden. Der Beschwerdeführer äussert sich nicht dazu. Weiterungen erübrigen sich. Sodann hat die Vorinstanz erkannt, der Beschwerdeführer schulde der Beschwerdegegnerin aufgrund der Annullation der Prämienverbilligung vom 18. Januar 2017 nach wie vor den Betrag von Fr. 366.25 sowie Mahnspesen von Fr. 60.-, was dieser bestreitet.
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Erwägung 4
 
4.1. Nach den für das Bundesgericht verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz (Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG) wurde am 18. Januar 2017 der Prämienverbilligungsanspruch des Sohnes des Beschwerdeführers für die Monate September bis Dezember 2016 von Fr. 320.80 (4 x Fr. 80.20) und für 2017 von Fr. 700.20 (12 x Fr. 58.35) annulliert. Mit Prämienabrechnung vom 4. März 2017 forderte die Beschwerdegegnerin den Betrag von Fr. 379.15 (4 x Fr. 80.20 + Fr. 58.35) für die Monate September 2016 bis Januar 2017 zurück. Am 30. Juni 2017 leistete der Beschwerdeführer eine Zahlung von Fr. 12.90. Am 5. Juli 2017 wurde seinem Sohn wieder Prämienverbilligung von Fr. 58.35 pro Monat für das Jahr 2017 zugesprochen. Am 7. September 2017 überwies die Beschwerdegegnerin dem Beschwerdeführer Fr. 58.35. Am 15. November 2017 setzte sie Fr. 366.25 (ohne Mahnspesen) in Betreibung. Am 29. November 2017 wurde der Anspruch des Sohnes des Beschwerdeführers auf Prämieverbilligung im Umfang von Fr. 75.80 pro Monat auch für den Zeitraum von September bis Dezember 2016 bestätigt. Mit Verfügung vom 5. Januar 2018 erteilte die Beschwerdegegnerin Rechtsöffnung über Fr. 366.25 (zuzüglich Mahnspesen von Fr. 60.-), wogegen der Beschwerdeführer Einsprache erhob. Am 10. Januar 2018 überwies sie ihm Fr. 303.20. Ausgehend von diesen Sachverhaltsfeststellungen hat die Vorinstanz erwogen, die Beschwerdegegnerin habe es unterlassen, nach Erhalt der Prämienverbilligung die betreffenden Beträge mit der Rückforderung vom 4. März 2017 zu verrechnen, und am 7. September 2017 und 10. Januar 2018 Fr. 58.35 bzw. Fr. 303.20 auf das Konto des Beschwerdeführers überwiesen. Dieser schulde daher nach wie vor den Betrag von Fr. 366.25.
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4.2. Der Beitrag für die Prämienverbilligung wird direkt an den Versicherer bezahlt, bei dem die anspruchsberechtigte Person versichert ist (Art. 65 Abs. 1 Satz 2 KVG). Der Beschwerdeführer bringt vor, die Vorinstanz habe nicht festgestellt, in welchem Zeitpunkt der Beschwerdegegnerin die Prämienverbilligung für seinen Sohn für den Monat Januar 2017 sowie für die Monate September bis Dezember 2016 ausbezahlt worden sei. Gemäss dem Einspracheentscheid vom 16. Mai 2018 erfolgte die Anzeige und Auszahlung der Prämienverbilligung am 7. Juli und 30. November 2017. Es besteht kein Grund, an der Richtigkeit dieser Angabe zu zweifeln.
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Erwägung 4.3
 
4.3.1. Mit der Zusprechung und Auszahlung der Prämienverbilligung für die Monate September 2016 bis Januar 2017 an die Beschwerdegegnerin wurden die für diesen Zeitraum noch geschuldeten Prämien von Fr. 366.25 (Fr. 379.15 - Fr. 12.90) im Umfang von Fr. 361.55   (Fr. 58.35 [Januar 2017] + Fr. 303.20 [September bis Dezember 2016]) getilgt (klar "definierte" Schuldentilgung im Sinne von Art. 86 Abs. 1 OR). Entgegen der offenbaren Auffassung der Vorinstanz führten die Überweisungen von Fr. 58.35 am 7. September 2017 und   Fr. 303.20 am 10. Januar 2018 an den Beschwerdeführer nicht zu einem Wiederaufleben der Prämienschuld, wie bei der rückwirkenden Annullation einer (zugesprochenen und ausbezahlten) Prämienverbilligung. Bei Erlass des Einspracheentscheids vom 16. Mai 2018, welcher Anfechtungsgegenstand des vorinstanzlichen Verfahrens bildete (E. 3.1), waren somit die offenen Prämien für die Monate September 2016 bis Januar 2017 in der Höhe von Fr. 361.55 getilgt bzw. die Prämienforderung in dieser Höhe war erloschen.
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4.3.2. Nach dem Gesagten betrifft die erteilte und vorinstanzlich geschützte Rechtsöffnung in der Höhe von Fr. 361.55 (vgl. E. 3.1 vorne) einen anderen Tatbestand als Art. 64a KVG, was die Beschreitung eines anderen Rechtsweges erfordert.
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4.4. Zusammenfassend erlosch die Prämienzahlungspflicht des Versicherten für die Zeit vom September bis Dezember 2016 und für Januar 2017 mit der Nachzahlung der entsprechenden Prämienverbilligung an den Versicherer. Dementsprechend hat der Versicherte auch nicht für die Betreibungskosten aufzukommen.
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5. Auf die Erhebung von Gerichtskosten ist zu verzichten (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG).
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 Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 20. März 2019 und der Einspracheentscheid der Beschwerdegegnerin vom 16. Mai 2018 werden aufgehoben.
 
2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 16. September 2019
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: Pfiffner
 
Der Gerichtsschreiber: Fessler
 
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