BGer 1C_393/2019 | |||
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BGer 1C_393/2019 vom 29.10.2019 |
1C_393/2019 |
Urteil vom 29. Oktober 2019 |
I. öffentlich-rechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichter Fonjallaz, präsidierendes Mitglied,
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Bundesrichter Kneubühler, Muschietti,
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Gerichtsschreiber Uebersax.
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Verfahrensbeteiligte | |
A.________,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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B.________,
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Beschwerdegegner,
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Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland, Zweigstelle Flughafen, Prime Center 1, 7. Stock, Postfach, 8058 Zürich,
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Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, Postfach, 8090 Zürich.
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Gegenstand
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Ermächtigung zur Eröffnung einer Strafuntersuchung,
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Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts
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des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 2. Juli 2019
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(TB190063-O/U/HON).
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Sachverhalt: | |
A. Am 17. Januar 2019 erstattete Bezirksrichter B.________ beim Statthalteramt Bezirk Bülach Anzeige gegen A.________ wegen einer möglichen Verletzung des Anwaltsmonopols. Bei einer Einvernahme am 7. März 2019 erhob umgekehrt A.________ gegen B.________ Strafanzeige wegen falscher Anschuldigung. Am 7. Mai 2019 leitete die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland ein Verfahren über die Ermächtigung zur Strafverfolgung von B.________ ein und ersuchte das Obergericht des Kantons Zürich über die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, über die Ermächtigung zur Durchführung einer Strafuntersuchung zu entscheiden. Selbst beantragte die Staatsanwaltschaft, von einer solchen Ermächtigung abzusehen. Am 2. Juli 2019 beschloss die III. Strafkammer des Obergerichts, die Ermächtigung zur Strafverfolgung nicht zu erteilen, und auferlegte A.________ eine Gerichtsgebühr von Fr. 900.--. Im Wesentlichen hielt es dazu fest, es liege kein strafrechtlich relevantes Verhalten und damit auch kein entsprechender Anfangsverdacht auf Seiten des von A.________ angezeigten B.________ vor.
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B. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 29. Juli 2019 an das Bundesgericht beantragt A.________, den Beschluss des Obergerichts aufzuheben und die Staatsanwaltschaft zur Strafverfolgung gegen B.________ zu ermächtigen; zumindest sei der obergerichtliche Beschluss insoweit aufzuheben, als A.________ damit Kosten auferlegt worden seien. In prozessualer Hinsicht ersuchte A.________ um Erteilung der aufschiebenden Wirkung und beantragt er die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege im bundesgerichtlichen Verfahren.
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Die Oberstaatsanwaltschaft und das Obergericht des Kantons Zürich verzichteten ausdrücklich auf eine Stellungnahme. B.________ und die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland reichten innert der Vernehmlassungsfrist keine Eingabe beim Bundesgericht ein.
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C. Mit Verfügung vom 5. September 2019 erteilte das präsidierende Mitglied der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts der Beschwerde die aufschiebende Wirkung.
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Erwägungen: |
Erwägung 1 | |
1.1. Nach Art. 7 Abs. 2 lit. b StPO in Verbindung mit § 148 des Zürcher Gesetzes über die Gerichts- und Behördenorganisation im Zivil- und Strafprozess vom 10. Mai 2010 (GOG [LS 211.1]) entscheidet das Obergericht über die Eröffnung oder Nichtanhandnahme einer Strafuntersuchung gegen Beamte im Sinn von Art. 110 Abs. 3 StGB wegen im Amt begangener Vergehen oder Verbrechen. Mit dem angefochtenen Entscheid hat es das Obergericht abgelehnt, die Staatsanwaltschaft zur Strafverfolgung der angezeigten Personen zu ermächtigen. Damit fehlt es an einer Prozessvoraussetzung für die Durchführung des Strafverfahrens, womit das Verfahren abgeschlossen ist. Angefochten ist demnach ein Endentscheid (Art. 90 BGG) einer letzten kantonalen Instanz (Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG), gegen den nach der Rechtsprechung die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig ist (BGE 137 IV 269 E. 1.3.1).
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1.2. Der Beschwerdeführer, der am kantonalen Verfahren als Partei beteiligt war und dessen Strafanzeige nicht mehr weiterbehandelt werden kann, ist als möglicher Geschädigter, der allenfalls Zivilansprüche geltend machen könnte (Art. 115, Art. 118 und Art. 122 Abs. 1 i.V.m. Art. 104 Abs. 1 lit. b StPO), zur Beschwerdeerhebung befugt (Art. 89 Abs. 1 BGG).
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1.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (vgl. Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG).
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1.4. Mit der Beschwerde kann von hier nicht interessierenden weiteren Möglichkeiten nur die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Verletzung von kantonalem Recht beurteilt das Bundesgericht lediglich soweit, als damit ein Verstoss gegen Bundesrecht, insbesondere gegen das Willkürverbot nach Art. 9 BV, einhergeht.
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1.5. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an, behandelt aber grundsätzlich nur in der Beschwerdeschrift behauptete und ausreichend in Auseinandersetzung mit den vorinstanzlichen Erwägungen begründete Rechtsverletzungen, wobei angebliche Grundrechtsverletzungen besonders substanziiert werden müssen (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG und Art. 106 BGG; BGE 138 I 171 E. 1.4 S. 176; 135 III 127 E. 1.6 S. 130; 133 II 249 E. 1.4 S. 254 f.).
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Erwägung 2 | |
2.1. Das Ermächtigungserfordernis dient insbesondere dem Zweck, Behördenmitglieder und Beamte vor mutwilliger Strafverfolgung zu schützen und damit das reibungslose Funktionieren staatlicher Organe sicherzustellen. Ein Strafverfahren soll erst durchgeführt werden können, wenn die zuständige Behörde vorher ihre Zustimmung erteilt hat. Der förmliche Entscheid über die Eröffnung oder die Nichtanhandnahme obliegt kraft ausdrücklicher bundesrechtlicher Regelung der Staatsanwaltschaft (Art. 309 und 310 StPO; BGE 137 IV 269 E. 2.3 S. 277; Urteil des Bundesgerichts 1C_57/2018 vom 19. November 2018 E. 2.1).
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2.2. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung dürfen im Ermächtigungsverfahren grundsätzlich nur strafrechtliche und keine politischen Gesichtspunkte berücksichtigt werden (BGE 137 IV 269 E. 2.4 S. 278 f.). Über die Ermächtigung zur Strafverfolgung darf insbesondere nicht nach Opportunität entschieden werden. Das schliesst aber nicht aus, für die Erteilung der Ermächtigung genügende minimale Hinweise auf strafrechtliches Verhalten zu verlangen. Durch das Ermächtigungserfordernis sollen Behördenmitglieder und Beamte namentlich vor mutwilliger Strafverfolgung geschützt und es soll damit das reibungslose Funktionieren staatlicher Organe sichergestellt werden. Dass eine Behörde einen unliebsamen Entscheid gefällt hat oder nicht wunschgemäss im Sinne eines Gesuchstellers aktiv wird, begründet noch keine Pflicht, die Ermächtigung zur Strafverfolgung zu erteilen. Vielmehr darf dafür vorausgesetzt werden, dass eine Kompetenzüberschreitung oder ein gemessen an den Amtspflichten missbräuchliches Verhalten oder ein sonstiges Verhalten, das strafrechtliche Konsequenzen zu zeitigen vermag, in minimaler Weise glaubhaft erscheint, mithin genügende Anhaltspunkte für eine strafbare Handlung vorliegen (vgl. das Urteil des Bundesgerichts 1C_57/2018 vom 19. November 2018 E. 2.2 mit Hinweisen).
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Erwägung 3 | |
3.1. Der Beschwerdeführer behauptet, der angefochtene Entscheid verletze sowohl kantonales als auch Bundesrecht und beruhe auf einem unrichtig festgestellten Sachverhalt. Weder legt er dar, inwiefern kantonales Recht willkürlich angewendet worden sein sollte, noch führt er aus, weshalb die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz nicht nur falsch, sondern offensichtlich unrichtig sein sollten. Insofern erweist sich die Beschwerdebegründung von vornherein als ungenügend.
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3.2. Aber auch soweit der Beschwerdeführer einen Verstoss gegen Bundesrecht behauptet, finden sich in seiner Beschwerdeschrift keine Ausführungen dazu, inwiefern das Obergericht das hier massgebliche Bundesrecht verletzt haben sollte. Hauptsächlich befasst sich der Beschwerdeführer ohnehin mit seinem eigenen Fall, d.h. mit der Frage, ob zu Recht ein Strafverfahren gegen ihn läuft. Der von ihm gegenüber dem Beschwerdegegner erhobene Vorwurf der falschen Anschudigung mag damit zwar im Zusammenhang stehen. Weshalb es aber deswegen Bundesrecht verletzen sollte, die Ermächtigung zur Strafverfolgung gegenüber dem Beschwerdegegner nicht zu erteilen, legt der Beschwerdeführer nicht dar. Dafür genügt es nicht, zu behaupten, der Entscheid des Obergerichts sei stossend oder willkürlich. Und es reicht auch nicht aus, zu erläutern, weshalb der Beschwerdeführer selbst nach eigener Auffassung nicht straffällig geworden sein sollte. Das würde höchstens allenfalls dann genügen, wenn das Fehlen einer Straftat offensichtlich bzw. der Tatbestand der falschen Anschuldigung offenkundig erfüllt wären. Dies trifft hier jedoch nicht zu, da selbst nach der eigenen Darstellung des Beschwerdeführers die Rechtslage nicht eindeutig ist und er vom Bundesgericht eine entsprechende Klärung erwartet. Das Obergericht hat den Tatverdacht gegenüber dem Beschwerdeführer im Übrigen nicht nur bejaht, sondern gestützt darauf gefolgert, der Beschwerdegegner sei sogar zur Anzeige gegen den Beschwerdeführer verpflichtet gewesen. Es befasste sich dabei mit der spezifischen Rechtslage zur Gewährung der Ermächtigung zur Strafverfolgung. Damit hätte sich der Beschwerdeführer auseinandersetzen müssen. Er hätte insbesondere konkret darlegen müssen, weshalb das Obergericht bei der Auswahl und Beurteilung der einschlägigen Kriterien für die Erteilung bzw. Nichtgewährung der Ermächtigung zur Strafverfolgung Bundesrecht verletzt haben sollte. Damit erweist sich die Beschwerde in der Hauptsache als unzulässig.
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3.3. Analoges gilt für die Frage der Gerichtsgebühr. Der Beschwerdeführer nennt weder das insoweit einschlägige kantonale Recht noch führt er aus, weshalb das Obergericht dieses in Verletzung von Bundesrecht angewendet haben sollte. Auch insofern ist die Beschwerde mithin nicht ausreichend begründet.
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4. Demnach ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. Da sich die Anträge des Beschwerdeführers gemessen an seiner Beschwerdeschrift als von vornherein aussichtslos erweisen, ist sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abzuweisen (vgl. Art. 64 BGG). Damit sind ihm die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens aufzuerlegen, wobei seinen angespannten finanziellen Verhältnissen bei der Festsetzung der Gerichtsgebühr Rechnung getragen werden kann (vgl. Art. 66 Abs. 1, Art. 65 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: | |
1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
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2. Das Gesuch um Erteilung der unentgeltlichen Rechtspflege wird abgewiesen.
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3. Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
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4. Dieses Urteil wird den Parteien, der Staatsanwaltschaft Winterthur/ Unterland, der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 29. Oktober 2019
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Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Das präsidierende Mitglied: Fonjallaz
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Der Gerichtsschreiber: Uebersax
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