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Informationen zum Dokument  BGer 6B_1172/2019  Materielle Begründung
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BGer 6B_1172/2019 vom 20.11.2019
 
 
6B_1172/2019
 
 
Urteil vom 20. November 2019
 
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Denys, Präsident,
 
Gerichtsschreiberin Arquint Hill.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Rechtzeitigkeit der Berufungserklärung; Nichteintreten,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt, Dreiergericht, vom 11. September 2019 (SB.2019.65).
 
 
Der Präsident zieht in Erwägung:
 
1. Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Einzelgerichts in Strafsachen Basel-Stadt vom 12. Februar 2019 der falschen Anschuldigung, der groben Verkehrsregelverletzung, der Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der Fahrunfähigkeit, der Entwendung eines Motorfahrzeugs zum Gebrauch und weiteren Delikten schuldig erklärt und kostenfällig zu 180 Tagen Freiheitsstrafe (unbedingt) sowie zu einer Busse von Fr. 500.-- (Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage) verurteilt. Die vom Strafgericht Basel-Stadt am 16. Juli 2015 ausgesprochene Freiheitsstrafe von 10 Monaten wurde für nicht vollziehbar erklärt. Der Beschwerdeführer wurde aber verwarnt und die Probezeit um ein Jahr verlängert. Das Urteilsdispositiv wurde dem Beschwerdeführer nach Eröffnung des Urteils am 12. Februar 2019 ausgehändigt. Der Beschwerdeführer meldete noch in der Verhandlung sowie zudem mit Schreiben vom 22. Februar 2019 beim Strafgericht Berufung an. Die schriftliche Urteilsbegründung konnte ihm am 6. Mai 2019 zugestellt werden. Die Frist von 20 Tagen zum Einreichen der Berufungserklärung begann folglich am 7. Mai 2019 und endete unter Berücksichtigung von Art. 90 Abs. 2 StPO am 27. Mai 2019. Nachdem innert Frist keine Berufungserklärung eingegangen war, wurde eine solche vom Beschwerdeführer am 29. Mai 2019 und damit verspätet der Schweizerischen Post übergeben. Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt hielt die vom Beschwerdeführer im Hinblick auf eine Wiederherstellung vorgetragenen Gründe nicht geeignet, um die Verspätung zu entschuldigen, und trat mit Entscheid vom 11. September 2019 auf die Berufung nicht ein.
 
Der Beschwerdeführer wendet sich an das Bundesgericht.
 
2. Im Verfahren vor Bundesgericht kann es nur um die Frage gehen, ob die Vorinstanz Wiederherstellungsgründe unzulässig verneinte und auf die Berufung wegen Verspätung zu Unrecht nicht eintrat. Soweit sich der Beschwerdeführer mit der materiellen Seite der Angelegenheit befasst, kann sich das Bundesgericht dazu nicht äussern, weil sie nicht Verfahrensgegenstand war bzw. ist.
 
3. Gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Beschwerdebegründung in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt, wobei für die Anfechtung des Sachverhalts qualifizierte Begründungsanforderungen gelten (vgl. Art. 97 Abs. 1 und Art. 106 Abs. 2 BGG).
 
Hat eine Partei eine Frist versäumt und würde ihr daraus ein erheblicher und unersetzlicher Rechtsverlust erwachsen, so kann sie die Wiederherstellung der Frist verlangen; dabei hat sie glaubhaft zu machen, dass sie an der Säumnis kein Verschulden trifft (Art. 94 Abs. 1 StPO). Allgemein wird vorausgesetzt, dass es in der konkreten Situation unmöglich war, die Frist zu wahren oder jemanden damit zu betrauen (Urteil 6B_125/2011 vom 7. Juli 2011 E. 1 mit Hinweisen). Tatfrage ist dabei, wie sich die die Wiederherstellung begehrende Partei verhalten hat, während Rechtsfrage ist, wie das tatsächlich festgestellte Verhalten rechtlich zu qualifizieren ist (Urteil 6B_562/2017 vom 2. Oktober 2017 mit Hinweisen).
 
4. Wie die Vorinstanz erwägt, hat der Beschwerdeführer die Verspätung eingeräumt; er habe sich in seiner undatierten, der Post am 25. Juni 2019 übergebenen Eingabe "für die verspätete Abgabe des Berufungserklärung Brief" entschuldigt. Die Verspätung habe er damit begründet, dass er auf den Brief von B.________ (der angeblich fehlbaren Person) gewartet und das Abschicken der Berufungserklärung immer wieder verschoben habe, weil er alles zusammen habe versenden wollen. Er sei am "Zügeln" gewesen, habe nach Montenegro zu seinem im Spital im Sterben liegenden Vater fliegen müssen und sei zudem am Arbeiten gewesen. Er hätte "momentan so viel um die Ohren" gehabt, dass er das richtige Datum vergessen habe. Die Vorinstanz gelangt zum Schluss, dass diese ins Feld geführten Gründe keine Handhabe für eine Fristwiederherstellung nach Art. 94 StPO bieten (Beschluss, S. 4).
 
5. Was daran gegen das Recht im Sinne von Art. 95 BGG verstossen könnte, sagt der Beschwerdeführer nicht. Er setzt sich mit den Erwägungen im angefochtenen Entscheid nicht auseinander. Stattdessen bringt er vor, der Vorinstanz mitgeteilt zu haben, dass sein Vater im Spital im Sterben liege und er bei ihm gewesen sei. Als er zurückgekommen sei, habe er sofort reagiert und den Brief aufgegeben. Er habe dann noch einmal nach Serbien gehen müssen, da sein Vater gestorben sei. Die Reaktion der Vorinstanz erachte er nicht als "ok"; sie zeige keinen Respekt für seinen Vater. Diese Ausführungen genügen den gesetzlichen Begründungsanforderungen nicht (Art. 42 Abs. 2 BGG). Inwiefern die Vorinstanz die Voraussetzungen zur Wiederherstellung zu Unrecht verneint haben und auf die Berufung zu Unrecht nicht eingetreten sein soll, ergibt sich aus der Beschwerde nicht im Ansatz. Dies ist auch nicht ersichtlich, zumal aus den Ausführungen des Beschwerdeführers weder im bundesgerichtlichen noch im kantonalen Beschwerdeverfahren hervorgeht, inwiefern es ihm unverschuldet nicht möglich gewesen sein soll, rechtzeitig die Berufungserklärung einzureichen oder eine Drittperson mit der Vornahme der Prozesshandlung zu betrauen.
 
6. Auf die Beschwerde ist mangels einer tauglichen Begründung im Verfahren nach Art. 108 BGG nicht einzutreten. Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
 
 
Demnach erkennt der Präsident:
 
1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, Dreiergericht, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 20. November 2019
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Denys
 
Die Gerichtsschreiberin: Arquint Hill
 
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