BGer 9C_396/2019 | |||
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BGer 9C_396/2019 vom 02.03.2020 |
9C_396/2019, 9C_397/2019 |
Urteil vom 2. März 2020 |
II. sozialrechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichter Parrino, Präsident,
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Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Moser-Szeless,
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Gerichtsschreiberin Nünlist.
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Verfahrensbeteiligte | |
9C_396/2019
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A.________,
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vertreten durch Rechtsanwalt Viktor Estermann,
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Beschwerdeführerin,
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gegen
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IV-Stelle Luzern,
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Landenbergstrasse 35, 6005 Luzern,
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Beschwerdegegnerin,
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und
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9C_397/2019
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IV-Stelle Luzern,
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Landenbergstrasse 35, 6005 Luzern,
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Beschwerdeführerin,
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gegen
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A.________,
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vertreten durch Rechtsanwalt Viktor Estermann,
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Beschwerdegegnerin.
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Gegenstand
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Invalidenversicherung,
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Beschwerden gegen den Entscheid
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des Kantonsgerichts Luzern
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vom 1. Mai 2019 (5V 18 174).
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Sachverhalt: |
A. | |
A.a. Die 1963 geborene A.________ meldete sich im Januar 2002 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Nach Abklärungen sprach ihr die IV-Stelle Luzern mit Verfügung vom 19. Mai 2006 eine halbe Invalidenrente ab 1. Februar 2002 zu. Als medizinische Grundlagen für die Beurteilung der Rentenfrage dienten insbesondere drei von der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (Suva) eingeholte Gutachten in den Fachbereichen Neurologie, Rheumatologie und Psychiatrie (Gutachten von Dr. med. B.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 26. November 2004). Zwei in den Jahren 2009 und 2011 eingeleitete revisionsweise Überprüfungen der Invalidenrente zeigten keine Veränderungen.
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A.b. Im Rahmen einer 2014 eingeleiteten Rentenrevision tätigte die IV-Stelle erneut Abklärungen, insbesondere erstattete das Zentrum für Medizinische Begutachtung (ZMB) am 19. Mai 2015 ein polydisziplinäres Gutachten. Nach durchgeführtem Vorbescheidverfahren stellte die IV-Stelle die bisherige halbe Invalidenrente mit Verfügung vom 19. April 2018 in Anwendung der Schlussbestimmungen der Änderung des IVG vom 18. März 2011 (6. IV-Revision, erstes Massnahmepaket; nachfolgend: Schlussbestimmungen) ein. Der Versicherten wurden in der Folge berufliche Massnahmen gewährt. Sodann verfügte die IV-Stelle die Weiterausrichtung der bisherigen Invalidenrente für die Dauer der Massnahmen, längstens bis am 31. Mai 2020.
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B. Die gegen die Verfügung vom 19. April 2018erhobene Beschwerde hiess das Kantonsgericht Luzern mit Entscheid vom 1. Mai 2019 in dem Sinne gut, dass es die Verfügung aufhob und die Sache an die IV-Stelle zurückwies, damit diese, nach weiteren Abklärungen gemäss den Erwägungen, neu verfüge. Bis zum Erlass einer neuen Verfügung habe die Versicherte weiterhin Anspruch auf eine halbe Rente der Invalidenversicherung (Dispositiv-Ziffer 1).
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C. A.________ lässt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragen, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben, soweit die Sache zu weiteren Abklärungen und zur anschliessenden Neubeurteilung an die IV-Stelle zurückgewiesen werde. Es sei ihr weiterhin eine halbe Invalidenrente auszurichten und von Wiedereingliederungsmassnahmen sei abzusehen.
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Auch die IV-Stelle führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und stellt folgende Rechtsbegehren:
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"1. Die Ziffern 1, 2 und 3 des Rechtsspruches des Urteils des Kantonsgerichts Luzern vom 01.05.2019 seien aufzuheben.
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2. Es sei die Richtigkeit der angefochtenen Verfügung der IV-Stelle Luzern vom 19.04.2018 zu bestätigen.
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3. Der Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zu erteilen."
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Mit Vernehmlassungen vom 26. und 29. August 2019 beantragen die Parteien jeweils die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf eingetreten werde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.
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Erwägungen: | |
1. Da den beiden Beschwerden der gleiche Sachverhalt zugrunde liegt und die Rechtsmittel sich gegen den nämlichen Entscheid des Kantonsgerichts Luzern richten, rechtfertigt es sich, die beiden Verfahren 9C_396/2019 und 9C_397/2019 zu vereinigen und in einem Urteil zu erledigen (Art. 24 BZP [SR 273] i.V.m. Art. 71 BGG).
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2. | |
2.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist zulässig gegen Endentscheide, welche das Verfahren abschliessen (Art. 90 BGG), und gegen Teilentscheide im Sinne von Art. 91 BGG. Zwischenentscheide sind - abgesehen von Entscheiden über die Zuständigkeit und über Ausstandsbegehren (Art. 92 BGG) - nur dann (ausnahmsweise) anfechtbar, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können, oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 lit. a und b BGG).
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Rückweisungsentscheide sind ausnahmsweise unter dem Titel von Art. 90 BGG anfechtbar. Dies trifft dann zu, wenn der erstinstanzlichen Verwaltungsbehörde kein Entscheidungsspielraum mehr verbleibt, sondern die Rückweisung allein der (rechnerischen) Umsetzung des oberinstanzlich Angeordneten dient (vgl. BGE 140 V 282 E. 4.2 S. 285 mit Hinweis auf Urteil 9C_684/2007 vom 27. Dezember 2007 E. 1.1, publiziert in: SVR 2008 IV Nr. 39 S. 131; vgl. auch Urteile 9C_73/2017 vom 14. März 2018 E. 1; 9C_597/2017 vom 4. Dezember 2017 E. 1; 8C_793/2016 vom 15. September 2017 E. 1).
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2.2. Das kantonale Gericht hat die Verfügung der IV-Stelle vom 19. April 2018 aufgehoben und die Sache an diese zurückgewiesen, damit sie, nach weiteren Abklärungen gemäss den Erwägungen, neu verfüge. Gleichzeitig hat es die IV-Stelle zur Weiterausrichtung der bisherigen halben Invalidenrente angehalten (Dispositiv-Ziffer 1). Den vorinstanzlichen Erwägungen ist zu entnehmen, dass vor der grundsätzlich zulässigen Rentenaufhebung gestützt auf Art. 17 Abs. 1 ATSG die "tatsächliche Wiedereingliederungsfähigkeit" der Versicherten zu prüfen sei (E. 10). Damit hat das kantonale Gericht unter (impliziter) Verneinung einer zumutbaren Selbsteingliederung die Prüfung und allfällige Durchführung von Eingliederungsmassnahmen als eine Voraussetzung für die Rentenaufhebung qualifiziert (vgl. SVR 2015 IV Nr. 19 S. 56, 8C_446/2014 E. 4.2.4; Urteil 8C_582/2017 vom 22. März 2018 E. 6.4). Diese Voraussetzung hat es im vorliegend massgeblichen Zeitpunkt des Verfügungserlasses am 19. April 2018 (vgl. hierzu BGE 130 V 445 E. 1.2 S. 446; 129 V 167 E. 1 S. 169) als nicht erfüllt erachtet und daher auch die verfügte Renteneinstellung für unzulässig befunden. Entgegen der Ansicht der Versicherten handelt es sich beim vorliegenden Rückweisungsentscheid somit nicht um einen Zwischenentscheid. Vielmehr liegt ein Endentscheid gemäss Art. 90 BGG vor (vgl. in diesem Sinne auch JOHANNA DORMANN, Aufschiebende Wirkung des Rechtsmittels in sozialversicherungsrechtlichen Verfahren, SZS 2019 S. 257). Auf die Beschwerden ist einzutreten.
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3. | |
3.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1 S. 389). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG).
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3.2. Eine Sachverhaltsfeststellung ist nicht schon dann offensichtlich unrichtig, wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig unzutreffend ist. Eine offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung weist damit die Tragweite von Willkür auf. Es liegt noch keine offensichtliche Unrichtigkeit vor, nur weil eine andere Lösung ebenfalls in Betracht fällt, selbst wenn diese als die plausiblere erscheint. Eine Sachverhaltsfeststellung ist etwa dann offensichtlich unrichtig, wenn das kantonale Gericht den Sinn und die Tragweite eines Beweismittels offensichtlich falsch eingeschätzt, ohne sachlichen Grund ein wichtiges und für den Ausgang des Verfahrens entscheidendes Beweismittel nicht beachtet oder aus den abgenommenen Beweisen unhaltbare Schlüsse gezogen hat. Solche Mängel sind in der Beschwerde aufgrund des strengen Rügeprinzips (vgl. Art. 106 Abs. 2 BGG) klar und detailliert aufzuzeigen (BGE 144 V 50 E. 4.2 S. 53 mit Hinweisen; Urteil 9C_752/2018 vom 12. April 2019 E. 1.2).
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4. | |
4.1. Die Vorinstanz hat eine Rentenaufhebung gestützt auf die Schlussbestimmungen und auf Art. 53 Abs. 2 ATSG (Wiedererwägung) für unzulässig erachtet. Sie hat dem ZMB-Gutachten vom 19. Mai 2015 Beweiskraft zuerkannt, einen aus psychiatrischer Sicht verbesserten Gesundheitszustand im Vergleich zum Zeitpunkt der Rentenzusprache mit Verfügung vom 19. Mai 2006 festgestellt und einen Revisionsgrund im Sinne von Art. 17 Abs. 1 ATSG bejaht. Ausgehend von einer Arbeitsfähigkeit von 90 % in angestammter und 100 % in leidensangepasster Tätigkeit hat sie einen fortdauernden Rentenanspruch im Grundsatz verneint. Vor der Rentenaufhebung sei jedoch die tatsächliche Wiedereingliederungsfähigkeit der Versicherten zu prüfen. Hierzu hat das kantonale Gericht die Sache unter Aufhebung der angefochtenen Verfügung an die IV-Stelle zurückgewiesen. Anschliessend sei neu über die Rentenaufhebung zu entscheiden. Bis zum Erlass einer neuen Verfügung habe die Versicherte Anspruch auf die bisherige halbe Rente.
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4.2. Streitig und damit zu prüfen ist, ob ein Revisionsgrund nach Art. 17 Abs. 1 ATSG vorliegt, wobei die Versicherte auch die fehlende Beweiskraft des ZMB-Gutachtens vom 19. Mai 2015 rügt. Sodann stellt sich die Frage, ob der Versicherten eine Selbsteingliederung zuzumuten sei.
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5. | |
5.1. Nach ständiger Rechtsprechung ist eine medizinisch attestierte Verbesserung der Arbeitsfähigkeit grundsätzlich auf dem Weg der Selbsteingliederung verwertbar. Aus einer medizinisch attestierten Verbesserung der Arbeitsfähigkeit kann unmittelbar auf eine Verbesserung der Erwerbsfähigkeit geschlossen und damit ein entsprechender Einkommensvergleich (mit dem Ergebnis eines tieferen Invaliditätsgrades) vorgenommen werden. Es können im Einzelfall jedoch Erfordernisse des Arbeitsmarktes der Anrechnung einer medizinisch vorhandenen Leistungsfähigkeit und medizinisch möglichen Leistungsentfaltung entgegenstehen, wenn aus den Akten einwandfrei hervorgeht, dass die Verwertung eines bestimmten Leistungspotentials ohne vorgängige Durchführung befähigender Massnahmen allein vermittels Eigenanstrengung der versicherten Person nicht möglich ist. Die Verwaltung muss sich vor der Herabsetzung oder Aufhebung einer Invalidenrente vergewissern, ob sich ein medizinisch-theoretisch wiedergewonnenes Leistungsvermögen ohne Weiteres in einem entsprechend tieferen Invaliditätsgrad niederschlägt oder ob dafür - ausnahmsweise - im Einzelfall eine erwerbsbezogene Abklärung (der Eignung, Belastungsfähigkeit usw.) und/oder die Durchführung von Eingliederungsmassnahmen im Rechtssinne vorausgesetzt ist. Insbesondere wenn bisher schon eine erhebliche Restarbeitsfähigkeit bestand, zieht der anspruchserhebliche Zugewinn an Leistungsfähigkeit jedoch kaum zusätzlichen Eingliederungsbedarf nach sich (Urteil 9C_768/2009 vom 10. September 2010 E. 4.1, SZS 2012 S. 360 f.; SVR 2011 IV Nr. 30 S. 86, 9C_163/2009 E. 4.1 und 4.2.2). Diese Rechtsprechung findet Anwendung sowohl bei einer revisions- als auch bei der wiedererwägungsweisen Herabsetzung oder Aufhebung der Invalidenrente, jedoch nur bei versicherten Personen, welche das 55. Altersjahr zurückgelegt oder die Rente seit mehr als 15 Jahren bezogen haben (SVR 2011 IV Nr. 73 S. 220, 9C_228/2010 E. 3.3-3.5; Urteil 9C_920/2013 vom 20. Mai 2014 E. 4.4).
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Die Zumutbarkeit einer Selbsteingliederung wurde namentlich dann angenommen, wenn die versicherte Person trotz Rentenbezuges regelmässig gearbeitet hatte und daher auch keine arbeitsmarktliche Desintegration bestand (Urteile 9C_315/2011 vom 30. Mai 2011 E. 3.3 i.f.; 8C_586/2014 vom 22. Dezember 2014 E. 8.2; 9C_661/2014 vom 17. September 2015 E. 3.4).
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5.2. Im Zeitpunkt der Rentenaufhebung mit Verfügung vom 19. April 2018 war die Versicherte rund 55 Jahre und drei Monate alt und bezog seit über 16 Jahren eine Invalidenrente. Sie ging jedoch auch als Rentenbezügerin ununterbrochen einer Tätigkeit bei ihrem ursprünglichen Arbeitgeber nach, ab 1. Januar 2001 in einem Pensum von 80 % und ab 1. Mai 2003 zu 50 %. Eine arbeitsmarktliche Desintegration liegt somit nicht vor. Mit Blick hierauf ist auf genügend persönliche Ressourcen für eine Selbsteingliederung zu schliessen, dies sowohl in der bisher ausgeübten als auch in einer leidensangepassten Tätigkeit. Hinsichtlich der fehlenden arbeitsmarktlichen Desintegration ist die vorliegende Konstellation sehr wohl mit derjenigen im Urteil 8C_597/2014 vom 6. Oktober 2015 vergleichbar. Es liegt ein Ausnahmefall von der grundsätzlich anzunehmenden Unzumutbarkeit einer Selbsteingliederung nach über 15-jährigem Rentenbezug vor (vgl. in diesem Sinne auch die Urteile 9C_304/2019 vom 27. August 2019 E. 3.3; 9C_508/2016 vom 21. November 2016 E. 6.2).
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Hinzu kommt: Die IV-Stelle sprach der Versicherten im Nachgang an die Renteneinstellung gestützt auf die Schlussbestimmungen bereits berufliche Massnahmen zu, dies in Form von Beratung und Begleitung, (einem Beitrag an den Arbeitgeber sowie) persönlichem Support am Arbeitsplatz und einem Jobcoaching zwecks langsamer Steigerung des Arbeitspensums. Daher besteht kein Raum für weitere Eingliederungsmassnahmen. Mit der Rückweisung der Sache an die IV-Stelle zwecks Prüfung von Eingliederungsmassnahmen und der damit verbundenen Verpflichtung der Verwaltung zur Weiterausrichtung der bisherigen Invalidenrente hat das kantonale Gericht Bundesrecht verletzt. Die Beschwerde der IV-Stelle ist begründet.
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6. Zu prüfen bleibt, ob die Vorinstanz zu Recht auf einen Revisionsgrund im Sinne von Art. 17 Abs. 1 ATSG geschlossen hat.
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6.1. | |
6.1.1. Im angefochtenen Entscheid wurden die massgeblichen Rechtsgrundlagen zutreffend dargelegt. Es betrifft dies insbesondere die Bestimmungen und Grundsätze zur Rentenrevision (Art. 17 Abs. 1 ATSG; vgl. ferner Art. 86ter -88 bis IVV; BGE 141 V 9 E. 2.3 S. 10 f. mit Hinweisen). Dasselbe gilt in Bezug auf die Erwägungen zur ärztlichen Aufgabe bei der Invaliditätsbemessung (BGE 125 V 256 E. 4 mit Hinweisen; siehe zudem BGE 140 V 193 E. 3.2 S. 195 f.) sowie zum Beweiswert und zur Beweiswürdigung ärztlicher Berichte und Gutachten (BGE 125 V 351 E. 3a, 3b/bb mit Hinweisen; vgl. auch BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232 mit Hinweis). Darauf wird verwiesen.
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6.1.2. Bei den gerichtlichen Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit resp. deren Veränderung in einem bestimmten Zeitraum handelt es sich grundsätzlich um eine Tatfrage (BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 397 ff.). Gleiches gilt für die konkrete Beweiswürdigung. Dagegen sind frei überprüfbare Rechtsfragen (Urteil 9C_194/2017 vom 29. Januar 2018 E. 3.2) die unvollständige Feststellung rechtserheblicher Tatsachen sowie die Missachtung des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 43 Abs. 1, Art. 61 lit. c ATSG) und der Anforderungen an den Beweiswert ärztlicher Berichte und Gutachten (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232). Gleiches gilt für die Frage, ob mit dem veränderten Gesundheitszustand ein Revisionsgrund nach Art. 17 Abs. 1 ATSG vorliegt.
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6.2. Wie die Versicherte selbst darlegt (Beschwerdeschrift S. 5 f. Ziff. 7), hatte Dr. med. B.________ in seinem Gutachten vom 26. November 2004 gestützt auf die Diagnosen einer leichten depressiven Episode und einer posttraumatischen Belastungsstörung in angestammter sowie in leidensangepasster Tätigkeit eine um 30-40 % eingeschränkte Leistungsfähigkeit bezogen auf ein volles Arbeitspensum attestiert (Psychiatrisches Gutachten S. 26, 29). Damit waren die psychischen Beschwerden zumindest mit ursächlich für die Rentenzusprache vom 19. Mai 2006. Entsprechendes ist auch aus den Stellungnahmen des Regionalen Ärztlichen Dienstes (RAD) vom 8. Juni 2005 und 27. Februar 2006 (Protokoll per 4. April 2019, S. 4 ff.) zu folgern. Nicht entscheidend ist, ob die Invalidenrente hauptsächlich aufgrund der Psyche gesprochen wurde.
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6.3. Zur Beurteilung des Gesundheitszustands im Zeitpunkt der Rentenaufhebung vom 19. April 2018 und der Frage nach einem Revisionsgrund im Sinne von Art. 17 Abs. 1 ATSG ist die Vorinstanz dem ZMB-Gutachten vom 19. Mai 2015 gefolgt.
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6.3.1. Entgegen der Ansicht der Versicherten ist ein Widerspruch zwischen dem rheumatologischen Teilgutachten und dem Gesamtgutachten nicht ersichtlich. So äusserten sich die Experten erst im Rahmen der Konsenskonferenz vom 20. März 2015 zur Arbeitsfähigkeit (Gutachten S. 34 ff.). Eine unterschiedliche Arbeitsfähigkeitsschätzung im Vergleich zu 2004 alleine lässt sodann auch bei im Wesentlichen unverändertem rheumatologischem Gesundheitszustand nicht auf ein widersprüchliches ZMB-Gutachten schliessen. So liegt der Expertise eine eingehende rheumatologische Befunderhebung zugrunde (Gutachten S. 17 f.) und die Gutachter begründeten ihre Einschätzung (Gutachten S. 40 ff.).
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6.3.2. Hinsichtlich der nach Gutachtenserstattung aufgetretenen Epicondylitis humeri radialis respektive lateralis hielt Dr. med. C.________ vom RAD am 17. Januar 2018 fest, es handle sich um ein grundsätzlich gut behandelbares Leiden, das keine dauerhafte Einschränkung der Arbeitsfähigkeit erwarten lasse (Protokoll per 4. April 2019, S. 16 f.). Diese Ansicht schien auch der Hausarzt der Versicherten zu teilen, indem er der Diagnose keine Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit zugestand und von einem seit Jahren stationären Verlauf ausging (Stellungnahmen vom 21. März 2016, 12. Mai 2017 und 9. Januar 2018). Dem Bericht des Spitals D.________ vom 10. Mai 2016 ist schliesslich zu entnehmen, dass im Dezember 2015 und April 2016 jeweils eine maximal zweiwöchige entzündungshemmende Radiotherapie durchgeführt worden sei. Die zweite Therapieserie sei komplikationslos erfolgt und von der Versicherten gut vertragen worden. Bei Bestrahlungsende habe sie über eine reaktive Schmerzzunahme berichtet. Die Fachärzte erwarteten jedoch, dass die Beschwerden in den nächsten Wochen abklingen und insgesamt weniger würden. In diesem Zusammenhang sind keine weiteren medizinischen Unterlagen aktenkundig. Insgesamt lässt die Aktenlage damit den Schluss auf eine dauerhafte Einschränkung nicht zu.
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6.3.3. Dass die Vorinstanz dem ZMB-Gutachten vom 19. Mai 2015 folgte, ist nach dem Gesagten weder offensichtlich unrichtig noch stellt die Beweiswürdigung das Ergebnis einer Rechtsverletzung dar. Damit bleibt sie für das Bundesgericht verbindlich (E. 3, 6.1.2).
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6.4. Mit der gestützt auf das beweiswertige ZMB-Gutachten (E. 6.3) durch das kantonale Gericht festgestellten Verbesserung des für die Rentenzusprache mit ursächlichen (E. 6.2) psychischen Gesundheitszustandes (vorinstanzliche Erwägung 7.4) liegt ein Revisionsgrund im Sinne von Art. 17 Abs. 1 ATSG vor. Weiterungen - insbesondere zur Veränderung des somatischen Gesundheitszustandes - erübrigen sich.
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Die Ausführungen des kantonalen Gerichts zum rentenausschliessenden Invaliditätsgrad (vorinstanzliche Erwägung 8) bleiben zu Recht unbestritten. Die Verneinung eines fortdauernden Rentenanspruchs gestützt auf den Rückkommenstitel des Revisionsgrundes nach Art. 17 Abs. 1 ATSG ist somit bundesrechskonform. Die Beschwerde der Versicherten ist unbegründet.
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7. Das Dargelegte führt zur Abweisung der Beschwerde der Versicherten und Gutheissung der Beschwerde der IV-Stelle. Damit bleibt es insoweit beim vorinstanzlichen Entscheid, als die bisherige halbe Invalidenrente der Versicherten aufzuheben ist. Anzupassen ist der Entscheid jedoch, soweit die Sache zur Abklärung der Eingliederungsfähigkeit an die IV-Stelle zurückgewiesen und diese für die Dauer der Abklärungen zur Weiterausrichtung der bisherigen Invalidenrente verpflichtet wird.
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8. M it dem Urteil in der Sache wird das Gesuch um Gewährung der aufschiebenden Wirkung gegenstandslos.
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9. Dem Ausgang der Verfahren entsprechend hat die unterliegende Versicherte die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: | |
1. Die Verfahren 9C_396/2019 und 9C_397/2019 werden vereinigt.
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2. Die Beschwerde im Verfahren 9C_396/2019 wird abgewiesen.
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3. Die Beschwerde im Verfahren 9C_397/2019 wird gutgeheissen. Der angefochtene Entscheid des Kantonsgerichts Luzern vom 1. Mai 2019 wird aufgehoben und die Verfügung der IV-Stelle Luzern vom 19. April 2018 wird bestätigt.
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4. Die Gerichtskosten von insgesamt Fr. 800.- werden der Versicherten auferlegt.
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5. Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens an das Kantonsgericht Luzern zurückgewiesen.
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6. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Luzern, 3. Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
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Luzern, 2. März 2020
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Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Parrino
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Die Gerichtsschreiberin: Nünlist
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