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Informationen zum Dokument  BGer 2C_29/2020  Materielle Begründung
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BGer 2C_29/2020 vom 03.04.2020
 
 
2C_29/2020 / 2C_79/2020
 
 
Urteil vom 3. April 2020
 
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Seiler, Präsident,
 
Bundesrichterin Aubry Girardin,
 
Bundesrichter Donzallaz,
 
Gerichtsschreiber Kocher.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
2C_29/2020
 
A.________,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
Eidgenössische Steuerverwaltung,
 
Beschwerdegegnerin.
 
2C_79/2020
 
Eidgenössische Steuerverwaltung,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
A.________,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Mehrwertsteuer, Steuerperioden 2011 bis 2015,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I, vom 5. Dezember 2019
 
(A-2859/2019).
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
A.________ (nachfolgend: die Steuerpflichtige) unterhielt seit dem 1. April 2011 in selbständiger Erwerbstätigkeit eine Take-away-Filiale. Am 4. Oktober 2011 meldete sie sich bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) an, wobei sie um Abrechnung nach der Methode der Saldosteuersätze ersuchte. Ihr Geschäftsmodell beschrieb sie als "Take-away ohne Konsumationsmöglichkeit". Die ESTV trug die Steuerpflichtige am 14. Oktober 2011 rückwirkend auf den 1. April 2011 in das Register der Mehrwertsteuerpflichtigen ein und bewilligte ihr die Abrechnung nach Saldosteuersätzen. Für "Take-away ohne Konsumationsmöglichkeit" gab die ESTV einen Saldosteuersatz von 0,6 Prozent bekannt, den die Steuerpflichtige in der Folge auch anwendete.
1
 
B.
 
Am 14. Februar 2013 schloss die Steuerpflichtige mit der damaligen B.________ GmbH & Co KG, U.________ (DE), Zweigniederlassung V.________/LU, ein als Agenturvertrag bezeichnetes Rechtsgeschäft. Soweit hier interessierend, sah der Vertrag vor, dass die Steuerpflichtige bevollmächtigt sei, "das gesamte B.________-Sortiment im Namen und für Rechnung von B.________ zu veräussern" (§ 4 Abs. 1). Die Steuerpflichtige und ihr Personal waren gehalten, "den einheitlichen B.________-Marktauftritt zu gewährleisten". Weiter vereinbarten die Parteien, dass der Tagesumsatz mit B.________-Produkten spätestens am folgenden Banköffnungstag auf ein Bankkonto der B.________ GmbH & Co. KG zu überweisen sei (§ 6 Abs. 1). Der Steuerpflichtigen standen 33,0 Prozent des Nettoumsatzes aus dem verkauften Sortiment zu (nebst Mehrwertsteuer zum Normalsatz von damals 8,0 Prozent; § 7 Abs. 1). Im Gegenzug schuldete sie der B.________ GmbH & Co. KG eine Entschädigung von 17,0 Prozent (nebst Mehrwertsteuer zum Normalsatz) des Nettoumsatzes aus dem verkauften Sortiment. Die B.________ GmbH & Co. KG verrechnete Anspruch und Gegenanspruch und überwies den Saldo an die Steuerpflichtige.
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C.
 
Am 13. Juni 2017 kündigte die ESTV bei der Steuerpflichtigen eine mehrwertsteuerliche Kontrolle an, die sie am 7. August 2017 vornahm. Kontrollperiode bildeten die Steuerperioden 2011 bis und mit 2015. Anlässlich der Kontrolle stellte die ESTV fest, dass die Steuerpflichtige als Agentin der B.________ GmbH & Co. KG (später: B.________ AG, W.________/LU) gehandelt habe, weshalb der Saldosteuersatz für "Provisionen, soweit nicht anderswo genannt" von 6,1 Prozent anwendbar gewesen wäre. Umsatzbasis bilde der ausbezahlte Anteil am Nettoumsatz aus dem verkauften B.________-Sortiment, die sog. "Provision". In der Folge erstellte die ESTV am 12. Dezember 2017 eine Einschätzungsmitteilung. Daraus ergab sich eine Steuerforderung zugunsten der ESTV von Fr. 94'862.--, wobei Fr. 9'464.-- auf die Steuerperiode 2011 entfielen. Die Steuerpflichtige bestritt die Einschätzungsmitteilung. Sie machte hauptsächlich geltend, sie betreibe ein "Take-away ohne Konsumationsmöglichkeit" und habe mit einem Saldosteuersatz von 0,6 Prozent abzurechnen, was ihr im übrigen von der ESTV bewilligt worden sei. Mit Verfügung vom 10. August 2018 bestätigte die ESTV die Steuernachforderung in Höhe von Fr. 94'862.--, wogegen die Steuerpflichtige Einsprache erhob. Die ESTV wies die Einsprache, soweit hier interessierend, mit Einspracheentscheid vom 7. Mai 2019 ab.
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D.
 
Das von der Steuerpflichtigen angerufene Bundesverwaltungsgericht hiess die Beschwerde der Steuerpflichtigen im Umfang von Fr. 9'464.-- gut; im Übrigen wies es sie ab (Entscheid A-2859/2019 vom 5. Dezember 2019). Das Bundesverwaltungsgericht erwog, entgegen der Auffassung der ESTV sei die Steuerperiode 2011 am 1. Januar 2017 verjährt, da vor der Ankündigung der Kontrolle (13. Juni 2017) keine verjährungsunterbrechenden Schritte der ESTV ersichtlich seien. In der Sache selbst habe die Tätigkeit der Steuerpflichtigen nicht im Betrieb einer Take-away-Filiale, sondern im Verkauf der gelieferten Lebensmittel im Namen und für Rechnung der B.________ GmbH & Co. KG bestanden. Die ESTV habe auch die Bemessungsgrundlage ("Provision") und den massgebenden Saldosteuersatz zutreffend festgelegt. Die Steuerpflichtige habe selber zu verantworten, dass sie in der Unterstellungserklärung vom 4. Oktober 2011 unzutreffende Angaben gemacht habe. Sodann habe sie am 19. August 2019 um den (rückwirkenden) Übergang zur effektiven Abrechnungsmethode ersucht, was das Gesetz aber nicht vorsehe.
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E.
 
Mit Eingabe vom 10. Januar 2020 erhebt die Steuerpflichtige beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Verfahren 2C_29/2020). Sie beantragt in ihrer kurz gefassten Darstellung die Aufhebung des angefochtenen Entscheids und ersucht um die Erteilung des Rechts zur unentgeltlichen Rechtspflege (Prozessführung und anwaltliche Verbeiständung). Die Anträge lässt sie weitgehend unbegründet. Vom Bundesgericht hierzu eingeladen, reicht sie am 27. Januar 2020 (Poststempel) innert Frist eine ergänzte Beschwerdeschrift nach. Die Vorinstanz sieht von einer Vernehmlassung ab. Die ESTV schliesst auf Abweisung der Beschwerde.
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F.
 
Die ESTV unterbreitet dem Bundesgericht ihrerseits mit Rechtsschrift vom 22. Januar 2020 eine Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Verfahren 2C_79/2020). Sie beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben, soweit die Beschwerde der Steuerpflichtigen gutgeheissen worden war, und der Einspracheentscheid vom 7. Mai 2019 sei zu bestätigen. Die Vorinstanz sieht von einer Vernehmlassung ab. Die Steuerpflichtige ersucht innerhalb der Frist lediglich um die Erteilung des Rechts zur unentgeltlichen Rechtspflege (Prozessführung und anwaltliche Verbeiständung). Ausführungen zur Sache macht sie keine.
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Erwägungen:
 
I. Formelles
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1. 
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1.1. Die beiden Beschwerden richten sich gegen den nämlichen Entscheid A-2859/2019 vom 5. Dezember 2019; sie betreffen die gleichen Parteien und den gleichen Sachverhalt. Es rechtfertigt sich, die zwei Verfahren zu vereinigen (Art. 71 BGG in Verbindung mit Art. 24 BZP; BGE 142 II 293 E. 1.2 S. 296).
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1.2. Die Voraussetzungen der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten liegen vor (Art. 82 lit. a, Art. 83 e contrario, Art. 86 Abs. 1 lit. a, Art. 90 und Art. 100 Abs. 1 BGG). Die Legitimation der Steuerpflichtigen geht aus Art. 89 Abs. 1 BGG hervor. Jene der ESTV ergibt sich aus Art. 89 Abs. 2 lit. a BGG in Verbindung mit Art. 141 der Mehrwertsteuerverordnung vom 27. November 2009 (MWSTV 2009; SR 641.201). Auf die Beschwerden ist einzutreten.
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1.3. Das Bundesgericht prüft das Bundesrecht von Amtes wegen (Art. 106 Abs. 1 BGG; BGE 145 V 326 E. 1 S. 328) und mit uneingeschränkter (voller) Kognition (Art. 95 lit. a BGG; BGE 145 I 239 E. 2 S. 241). Unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) prüft das Bundesgericht nur die geltend gemachten Rügen, sofern eine Rechtsverletzung nicht geradezu offensichtlich ist (BGE 145 II 153 E. 2.1 S. 156; 145 V 304 E. 1.1 S. 305 f.).
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1.4. Im Unterschied zum Bundesgesetzesrecht geht das Bundesgericht der Verletzung verfassungsmässiger Individualrechte (einschliesslich der Grundrechte) von vornherein nur nach, falls und soweit eine solche Rüge in der Beschwerde überhaupt vorgebracht und ausreichend begründet worden ist (qualifizierte Rüge- und Begründungsobliegenheit gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG). In der Beschwerde ist daher klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen, dass und inwiefern verfassungsmässige Individualrechte verletzt worden sein sollen (BGE 145 V 304 E. 1.1 S. 305 f.). Auf bloss allgemein gehaltene, appellatorische Kritik am vorinstanzlichen Entscheid geht das Bundesgericht nicht ein (BGE 145 I 121 E. 2.1 S. 133).
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1.5. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen können von Amtes wegen oder auf Rüge hin berichtigt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 105 Abs. 2 und Art. 97 Abs. 1 BGG). "Offensichtlich unrichtig" ist mit "willkürlich" gleichzusetzen (zum Ganzen: BGE 145 V 326 E. 1 S. 328). Tatfrage ist auch die Beweiswürdigung (BGE 144 V 111 E. 3 S. 112). Die Anfechtung der vorinstanzlichen Feststellungen unterliegt der qualifizierten Rüge- und Begründungsobliegenheit (BGE 144 V 50 E. 4.1 S. 52 f.; vorne E. 1.4). Wird die Beschwerde diesen Anforderungen nicht gerecht, bleibt es beim vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 S. 18).
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1.6. Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen im bundesgerichtlichen Verfahren nur vorgebracht werden, falls und soweit erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (unechte Noven; Art. 99 Abs. 1 BGG; BGE 145 I 227 E. 5.1 S. 232; 145 III 436 E. 3 S. 438). Art. 99 Abs. 1 BGG zielt auf Tatsachen und Beweismittel ab, die im vorinstanzlichen Verfahren - obwohl sie bereits vorhanden und der Partei bekannt waren - nicht vorgebracht und auch von den Unterinstanzen nicht festgestellt worden sind, nun aber durch das angefochtene Urteil rechtserheblich werden (Urteil 2C_50/2017 vom 22. August 2018 E. 3.2). Der vorinstanzliche Verfahrensausgang allein bildet aber noch keinen hinreichenden Anlass für die Zulässigkeit von unechten Noven, die bereits zuvor ohne Weiteres hätten vorgebracht werden können (BGE 143 V 19 E. 1.2 S. 22 f.). Das Novenrecht vor Bundesgericht kann insbesondere nicht dazu dienen, ein prozessuales Verhalten, das im vorinstanzlichen Verfahren versäumt wurde, nachzuholen oder die verletzte Mitwirkungspflicht zu heilen (Urteil 2C_1115/2014 vom 29. August 2016 E. 1.4.1, nicht publ. in: BGE 142 II 488).
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II. Beschwerde im Verfahren 2C_29/2020
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2.
 
2.1. Die Steuerpflichtige bringt vor, die ESTV habe ihr den Saldosteuersatz für "Take-away ohne Konsumationsmöglichkeit" mit einem Steuersatz von 0,6 Prozent bewilligt. Darauf sei die ESTV zu behaften. In Wahrheit liege ohnehin kein Agentur-, sondern ein Franchisevertrag vor. Das Entgelt ergebe sich aus der Verrechnung von Anspruch ("Provision") und Gegenanspruch; steuerbar sei lediglich der Saldo, was die Vorinstanz verkannt habe. Einen Saldosteuersatz für "Provisionen, soweit nicht anderswo genannt", sehe die Verordnung nicht vor. Die Steuerforderung gefährde ihre Existenz.
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2.2.
 
2.2.1. Die Vorinstanz hatte das als Agenturvertrag bezeichnete Rechtsgeschäft, da kein weitergehender Parteiwille festgestellt ist, einer normativen bzw. objektiven Vertragsauslegung zu unterziehen (BGE 144 III 93 E. 5.2.3 S. 98 f.; 144 V 84 E. 6.2.1 S. 89). Sie konnte und musste sich dabei zwangsläufig auf den Wortlaut zu stützen. Gemäss § 4 Abs. 1 des Vertrags war die Steuerpflichtige ermächtigt, das gesamte B.________-Sortiment im Namen und auf Rechnung der B.________ GmbH & Co. KG zu verkaufen (Sachverhalt, lit. B). Die Vorinstanz sieht die vertragsgemässe Abwicklung des Rechtsgeschäfts darin bestätigt, dass die Parteien namentlich § 7 Abs. 1 des Vertrags nachgelebt hätten, was sich darin äussere, dass die B.________ GmbH & Co. KG jeweils ihren Anspruch mit dem Gegenanspruch verrechnet und die Nettogrösse an die Steuerpflichtige überwiesen habe (Sachverhalt, lit. D).
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2.2.2. Wenn die Vorinstanz vor diesem Hintergrund annimmt, dass die Leistung der Steuerpflichtigen im Verkauf der gelieferten Lebensmittel im Namen und für Rechnung der B.________ GmbH & Co. KG bestanden habe (Sachverhalt, lit. D), beruht dies auf verfassungsrechtlich haltbarer Beweiswürdigung. Die Steuerpflichtige macht zwar geltend, sie habe auch eigene Produkte verkaufen dürfen, was aber nicht geeignet sein kann, die vorinstanzliche Beweiswürdigung als willkürlich erscheinen zu lassen.
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2.2.3. Bundesrechtlich spricht einiges für das Vorliegen eines Agenturvertrags im Sinne von Art. 418a ff. OR. Agent ist, wer die Verpflichtung übernimmt, dauernd für einen oder mehrere Auftraggeber Geschäfte zu vermitteln oder in ihrem Namen und für ihre Rechnung abzuschliessen, ohne zu den Auftraggebern in einem Arbeitsverhältnis zu stehen (Art. 418a Abs. 1 OR). Auf den Vermittlungsagenten sind die Vorschriften über den Mäklervertrag, auf den Abschlussagenten diejenigen über die Kommission ergänzend anwendbar (Art. 418b Abs. 1 OR). Während der Agent einer Treuepflicht unterliegt, verfügt der Auftraggeber über Weisungsbefugnisse; es besteht ein Subordinationsverhältnis (BGE 136 III 518 E. 4.4 S. 519).
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2.2.4. Entscheidend ist aber letztlich, dass eine Leistung mehrwertsteuerrechtlich von derjenigen Person als erbracht gilt, die nach aussen als Leistungserbringerin auftritt (Art. 20 Abs. 1 MWSTG 2009; Urteil 2C_927/2019 vom 10. Februar 2020 E. 2.2.3). Aufgrund des klaren Vertragsgehalts ging die Abrede im vorliegenden Fall dahin, dass die Steuerpflichtige bevollmächtigt (und verpflichtet) sei, "das gesamte B.________-Sortiment im Namen und für Rechnung von B.________ zu veräussern" (§ 4 Abs. 1). Die Steuerpflichtige und ihr Personal waren gehalten, während des Betriebes "den einheitlichen B.________-Marktauftritt zu gewährleisten" (Sachverhalt, lit. B). Vor diesem Hintergrund wirkte die Steuerpflichtige mehrwertsteuerrechtlich als direkte Stellvertreterin (Art. 20 Abs. 2 MWSTG 2009; Urteil 2C_767/2018 vom 8. Mai 2019 E. 2.1.1). Die von der Steuerpflichtigen als Agentin erbrachten Leistungen sind nicht derselben, sondern dem Auftraggeber zuzuordnen. Die Steuerpflichtige hat nur, aber immerhin die empfangene Provision zu versteuern (hinten E. 2.4.2).
20
 
2.3.
 
2.3.1. Die Steuerpflichtige wendet ein, ihr sei ein Saldosteuersatz von 0,6 Prozent zugesichert worden, weshalb es nicht angehe, die Nachbelastungen anhand des Steuersatzes von 6,1 Prozent vorzunehmen. Dazu ist folgendes zu sagen: Wer nach der Methode der Saldosteuersätze abrechnet (Art. 37 des Bundesgesetzes vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer [MWSTG 2009; SR 641.20]), hat den von der ESTV bewilligten Saldosteuersatz anzuwenden (Art. 84 Abs. 1 MWSTV 2009). Wie hinsichtlich der Frage, ob die Eintragung vorzunehmen sei, herrscht hier eine behördliche 
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2.3.2. Der behördlichen Untersuchungspflicht steht die 
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2.3.3. Die Steuerpflichtige bringt nicht vor, sie habe die ESTV über den Agenturvertrag vom 14. Februar 2013 in Kenntnis gesetzt. Die ESTV scheint vielmehr erst aufgrund der mehrwertsteuerlichen Kontrolle vom 7. August 2017 auf die geänderten Sachumstände aufmerksam geworden zu sein (Sachverhalt, lit. C). Die Steuerpflichtige hatte zwar gemäss Art. 84 Abs. 1 MWSTV 2009 den ihr bewilligten Saldosteuersatz anzuwenden (vorne E. 2.3.1), vor allem aber war sie mit Blick auf Art. 71 Abs. 1 MWSTG 2009 gehalten, die Abrechnungspraxis an die geänderten Sachumstände (Verkauf von Fremdprodukten statt von Eigenprodukten) anzupassen. Es musste auch ihr als Laiin klar sein, dass es mehrwertsteuerrechtlich bedeutsam ist, ob jemand Leistungen in eigenem Namen und auf eigene Rechnung oder aber in fremdem Namen und auf fremde Rechnung erbringt. Im Fall von Zweifeln hätte sie in Anwendung von Art. 69 MWSTG 2009 eine Anfrage an die ESTV richten können und müssen. Dieser Mitwirkungspflicht ist die Steuerpflichtige nicht nachgekommen, was unsorgfältig war und weshalb es zu kurz greift, die ESTV auf den Saldosteuersatz von 0,6 Prozent zu behaften. Ein Vertrauensschutz in die ursprüngliche Zuweisung des Saldosteuersatzes kann unter den gegebenen Vorzeichen nicht bestehen (BGE 143 V 341 E. 5.2.1 S. 346; 141 I 161 E. 3.1 S. 164 f.).
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2.3.4. Was die Höhe des Saldosteuersatzes angeht, trifft es zu, dass das Geschäftsmodell "Take-away als Agentin" auf generell-abstrakter Ebene keine eigenständige Regelung erfahren hat. Ein Blick in die Verordnung der ESTV vom 6. Dezember 2010 über die Höhe der Saldosteuersätze nach Branchen und Tätigkeiten (SR 641.202.62) macht klar, dass zwar zahlreiche Branchen und Tätigkeiten geregelt werden, ohne dass eine lückenlose Vollständigkeit aber möglich oder angestrebt wäre. Die ESTV wird in Zweifels- und Grenzfällen sowie bei Fehlen einer eigenen Kategorie von Amtes wegen prüfen müssen, welche Analogie angezeigt ist. Auch der Franchisevertrag, welchen die Steuerpflichtige für anwendbar hält, hat in der Verordnung keine eigenständige Regelung erfahren. Die ESTV dürfte sich beim Saldosteuersatz von 6,1 Prozent unter anderem an der Rubrik "Postagentur: Vergütung durch die Schweizerische Post" orientiert haben. Die Analogie zur Postagentur ist naheliegend und bundesrechtlich nicht zu beanstanden. Die streitbetroffene Tätigkeit lässt sich ohne weiteres unter die Rubrik "Dienstleistungen, sofern zum Normalsatz steuerbar und soweit nicht anderswo genannt" subsumieren, was zum Saldosteuersatz von 6,1 Prozent führt.
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2.4.
 
2.4.1. Zur Bemessung des Entgelts scheint die Steuerpflichtige die für die Saldosteuersatzmethode herrschenden Regeln (Art. 37 MWSTG 2009) mit jenen zur effektiven Methode (Art. 36 MWSTG 2009) zu vermengen. Bei Anwendung der Saldosteuersatzmethode wird die Steuerforderung durch Multiplikation des Totals aller in einer Abrechnungsperiode erzielten 
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2.4.2. Wie die bundesrechtlich einwandfreie vorinstanzliche Auslegung des Vertrags verdeutlicht, sieht der Vertrag zwei Zahlungsströme vor, nämlich die von der B.________ GmbH & Co. KG an die Steuerpflichtige zu entrichtende "Provision" und die von der Steuerpflichtigen zu tragende Infrastrukturbeteiligung. Selbst wenn es vertragsgemäss zur Verrechnung kommt, hat dies nicht zur Folge, dass das Entgelt auf den Netto-Betrag beschränkt wäre, wie er sich im Rahmen der Verrechnung ergibt. Die durchschnittliche Kostenstruktur ist im Saldosteuersatz eingearbeitet. Folglich müsste es zu einer unzulässigen doppelten Berücksichtigung der vorsteuerbelasteten Aufwände führen, wenn die tatsächlichen Kosten berücksichtigt würden. Die Margenbesteuerung, wie die Steuerpflichtige sie sich vorzustellen scheint, ist den Fällen von Art. 24a MWSTG 2009 vorbehalten.
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2.5. Die Beschwerde der Steuerpflichtigen erweist sich damit als unbegründet; sie ist abzuweisen.
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III. Beschwerde im Verfahren 2C_79/2020
28
3. 
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3.1. Das Recht, eine Steuerforderung festzusetzen, verjährt gemäss Art. 42 Abs. 1 MWSTG fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie entstanden ist. Der Lauf der Verjährungsfrist wird durch eine auf Festsetzung oder Korrektur der Steuerforderung gerichtete empfangsbedürftige schriftliche Erklärung, Verfügung, einen Einspracheentscheid oder ein Urteil unterbrochen (Art. 42 Abs. 2 MWSTG). Wird die Verjährung durch die ESTV oder eine Rechtsmittelinstanz unterbrochen, so beginnt die Verjährung neu zu laufen. Sie beträgt neu zwei Jahre (Art. 42 Abs. 3 MWSTG).
30
 
3.2.
 
3.2.1. Die Vorinstanz erwog, die Steuerperiode 2011 sei am 1. Januar 2017 verjährt, da vor der Ankündigung der Kontrolle (13. Juni 2017) keine verjährungsunterbrechenden Schritte der ESTV ersichtlich seien (Sachverhalt, lit. D).
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3.2.2. Die ESTV macht in ihrer Beschwerde geltend, das Verfahren habe sich aufgrund anhaltend unkooperativen Verhaltens der Steuerpflichtigen in die Länge gezogen. Sie verweist insbesondere auf ein Schriftstück, das sie am 16. Dezember 2016 mit eingeschriebener Briefpost an die Steuerpflichtige gerichtet habe. Darin sei die Steuerpflichtige darauf aufmerksam gemacht worden, dass die Verjährung hinsichtlich der Steuerperiode 2011 aufgrund der noch laufenden Prüfung unterbrochen werde. Das Schriftstück sei der Steuerpflichtigen von der Schweizerischen Post am 19. Dezember 2016 zugestellt, aber nicht abgeholt worden, weshalb es am 26. Dezember 2016 als zugestellt zu gelten habe. Die Frage der Verjährung sei erstmals vom Bundesverwaltungsgericht aufgenommen und von der Steuerpflichtigen zuvor nicht aufgegriffen worden. Es wäre Sache des Bundesverwaltungsgerichts gewesen, so die ESTV, Beweis zu führen. Jedenfalls lasse sich "aus dem Nichtvorliegen eines verjährungsunterbrechenden Dokuments in den amtlichen Akten nicht ohne Weiteres schliessen, dass besagte Steuerperiode verjährt wäre".
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3.2.3. Wie den vorinstanzlichen Akten zu entnehmen ist, die sachverhaltsergänzend herangezogen werden können (Art. 105 Abs. 2 BGG; vorne E. 1.5), erliess die Vorinstanz am 20. August 2019 eine prozessleitende Verfügung, worin die ESTV ersucht wurde, bis zum 20. September 2019 eine Vernehmlassung in drei Exemplaren "unter 
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3.2.4. Dass die Vorinstanz die Frage der Verjährung aufgriff, liegt auf der Hand. Nach ständiger Rechtssprechung ist die Verjährung zu Gunsten der Privaten von Amtes wegen zu berücksichtigen (BGE 73 I 125 E. 1; 101 Ib 348; Urteil 2C_112/2010 vom 30. September 2010 E. 2.1). Hier ging es unter anderem um die Steuerperiode 2011, die fünf Jahre nach Ablauf des Jahres 2011 verjährt wäre, falls die ESTV den Lauf der Verjährungsfrist nicht rechtzeitig unterbrochen hätte (Art. 42 Abs. 1 und 2 MWSTG; vorne E. 3.1). Für die ESTV musste klar sein, dass sich die Verjährungsfrage stellte, so dass sie entsprechende verjährungsunterbrechende Handlungen aktenmässig festzuhalten hatte. Mangels solcher Hinweise in den Akten, welche die ESTV einzureichen gehabt hätte, musste die Vorinstanz bundesrechtskonform zum Schluss gelangen, die Verjährung sei eingetreten. Im bundesgerichtlichen Verfahren bringt die ESTV nicht vor, das fragliche Schriftstück vom 16. Dezember 2016 habe in den dem Bundesverwaltungsgericht eingereichten Akten gelegen. Sie scheint aber davon auszugehen, dass es mit dem Novenrecht vereinbar sei, wenn sie das Dokument erst, aber immerhin im bundesgerichtlichen Verfahren vorlege. Dem ist nicht beizustimmen. Weder lässt sich sagen, erst der angefochtene Entscheid werfe die Frage nach der Verjährung auf, noch kann Art. 99 Abs. 1 BGG dazu dienen, ein prozessuales Verhalten, das im vorinstanzlichen Verfahren versäumt wurde, nachzuholen oder die verletzte Mitwirkungspflicht zu heilen (vorne E. 1.6).
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3.3. Die ESTV hat damit selber zu verantworten, dass die Vorinstanz zum Schluss kam, die Steuerperiode 2011 sei verjährt. Die vorinstanzliche Rechtsauslegung und Rechtsanwendung erfolgte bundesrechtskonform. Entsprechend ist die Beschwerde der ESTV unbegründet und abzuweisen.
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III. Kosten und Entschädigung
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4. 
37
4.1. Nach dem Unterliegerprinzip sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens der unterliegenden Partei aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Auch der Eidgenossenschaft, die in ihrem amtlichen Wirkungskreis tätig wird und Vermögensinteressen wahrnimmt, können Kosten auferlegt werden (Art. 66 Abs. 4 BGG).
38
 
4.2.
 
4.2.1. Vorliegend obsiegen die Steuerpflichtige und die ESTV je teilweise. Die Kosten sind entsprechend zu verlegen.
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4.2.2. Die Steuerpflichtige hat im bundesgerichtlichen Verfahren ein Gesuch um Erteilung des Rechts zur unentgeltlichen Rechtspflege und Rechtsverbeiständung gestellt (Art. 29 Abs. 3 BV bzw. Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). Im Verfahren 2C_29/2020, in welchem sie unterliegt, erweist sich die Beschwerde als aussichtslos, so dass das Gesuch abzuweisen ist. Praxisgemäss werden die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens aber herabgesetzt, wenn erst zusammen mit dem Endentscheid über das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege entschieden wird. Im Verfahren 2C_79/2020 obsiegt die Steuerpflichtige, so dass das Gesuch gegenstandslos ist.
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4.3. Die Steuerpflichtige war im bundesgerichtlichen Verfahren nicht anwaltlich vertreten. Ihr ist keine Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 68 Abs.1 BGG), ebenso wenig wie der Eidgenossenschaft, die in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegt (Art. 68 Abs. 3 BGG).
41
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Verfahren 2C_29/2020 und 2C_79/2020 werden vereinigt.
 
2. 
 
2.1. Die Beschwerde der Steuerpflichtigen (Verfahren 2C_29/2020) wird abgewiesen.
 
2.2. Die Beschwerde der Eidgenössischen Steuerverwaltung (Verfahren 2C_79/2020) wird abgewiesen.
 
3. 
 
3.1. Das Gesuch der Steuerpflichtigen um Erteilung des Rechts zur unentgeltlichen Rechtspflege (Prozessführung und anwaltliche Vertretung) wird abgewiesen, soweit es nicht gegenstandslos ist.
 
3.2. Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens werden im Umfang von Fr. 1'000.-- der Steuerpflichtigen und im Umfang von Fr. 1'000.-- der Eidgenössischen Steuerverwaltung auferlegt.
 
4. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 3. April 2020
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Seiler
 
Der Gerichtsschreiber: Kocher
 
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