VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 6B_206/2020  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 26.05.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 6B_206/2020 vom 04.05.2020
 
 
6B_206/2020
 
 
Urteil vom 4. Mai 2020
 
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Denys, Präsident,
 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
 
Bundesrichterin Koch,
 
Gerichtsschreiberin Unseld.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Franco Fähndrich,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Nidwalden,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Vorsätzliche grobe Verkehrsregelverletzung; Beweiswürdigung,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Nidwalden, Strafabteilung, vom 17. September 2019 (SA 18 22).
 
 
Erwägungen:
 
1. Das auf den Beschwerdeführer eingelöste Motorrad wurde anlässlich einer Geschwindigkeitsmessung vom 30. Juli 2017 um 12:14 Uhr auf einem mit einer Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h signalisierten Strassenabschnitt in Stansstad (NW) mit einer Geschwindigkeit von 103 km/h (nach Abzug der Toleranz von 6 km/h) erfasst.
 
Der Beschwerdeführer bestreitet, sein Motorrad zum Tatzeitpunkt gelenkt zu haben. Er gab an, er wisse nicht, wer sein Motorrad am 30. Juli 2017 gefahren sei.
 
Das Kantonsgericht Nidwalden sprach den Beschwerdeführer am 9. August 2018 in Anwendung des Grundsatzes "in dubio pro reo" vom Vorwurf der groben Verkehrsregelverletzung frei. Das Obergericht des Kantons Nidwalden erklärte den Beschwerdeführer auf Berufung der Staatsanwaltschaft mit Urteil vom 17. September 2019 der vorsätzlichen groben Verkehrsregelverletzung durch Überschreiten der signalisierten Höchstgeschwindigkeit schuldig und verurteilte ihn zu einer bedingten Geldstrafe von 14 Tagessätzen zu Fr. 85.-- sowie einer Busse von Fr. 500.--.
 
Der Beschwerdeführer beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, er sei von Schuld und Strafe freizusprechen.
 
2. Die Feststellung des Sachverhalts kann vor Bundesgericht nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; vgl. auch Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG). Offensichtlich unrichtig ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist (Art. 9 BV; BGE 143 IV 500 E. 1.1 S. 503, 241 E. 2.3.1 S. 244). Willkür liegt nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn die vorinstanzliche Beweiswürdigung schlechterdings unhaltbar ist, d.h. wenn die Behörde in ihrem Entscheid von Tatsachen ausgeht, die mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch stehen oder auf einem offenkundigen Fehler beruhen. Dass eine andere Lösung ebenfalls möglich erscheint, genügt nicht (BGE 143 IV 241 E. 2.3.1 S. 244; 141 IV 369 E. 6.3 S. 375; je mit Hinweisen). Die Willkürrüge muss in der Beschwerde anhand des angefochtenen Entscheids explizit vorgebracht und substanziiert begründet werden (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 143 IV 500 E. 1.1 S. 503). Auf eine rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 145 I 26 E. 1.3 S. 30; 145 IV 154 E. 1.1 S. 156; 143 IV 347 E. 4.4 S. 354 f.; je mit Hinweisen).
 
Dem Grundsatz "in dubio pro reo" kommt in seiner Funktion als Beweiswürdigungsregel im Verfahren vor dem Bundesgericht keine über das Willkürverbot von Art. 9 BV hinausgehende Bedeutung zu (BGE 145 IV 154 E. 1.1 S. 156; 144 IV 345 E. 2.2.3.3 S. 352; 143 IV 500 E. 1.1 S. 503).
 
3. Die Vorinstanz legt im angefochtenen Entscheid ausführlich dar, weshalb sie von der Täterschaft des Beschwerdeführers ausgeht. Sie stellt hierfür auf dessen Haltereigenschaft und das Radarfoto ab, das Ähnlichkeiten mit den Gesichtszügen des Beschwerdeführers aufweise, auch wenn diese durch den Fahrtwind geglättet würden. Die Vorinstanz begründet zudem, weshalb eine Täterschaft der Kinder des Beschwerdeführers ausgeschlossen werden kann und das von diesem geltend gemachte Alibi nicht zu überzeugen vermag. Dass die Tochter des Beschwerdeführers das Motorrad einer Drittperson ausgeliehen haben könnte, erachtet die Vorinstanz nicht als glaubhaft. Die Argumentation des Beschwerdeführers, jemand könnte den Motorradschlüssel vorübergehend aus seiner Wohnung entwendet haben oder er habe diesen möglicherweise aus Versehen am Fahrzeug stecken lassen, wertet die Vorinstanz als Schutzbehauptungen.
 
4. Was der Beschwerdeführer gegen die vorinstanzliche Beweiswürdigung vorträgt, erschöpft sich in einer unzulässigen appellatorischen Kritik am angefochtenen Entscheid. Der Beschwerdeführer legt dar, wie die Beweise seines Erachtens zu würdigen gewesen wären. Dass die vorinstanzliche Würdigung offensichtlich falsch und folglich geradezu willkürlich wäre, vermag er damit jedoch nicht aufzuzeigen. Nicht schlechterdings unhaltbar ist insbesondere, wenn die Vorinstanz anhand des Vergleichsfotos in den Akten zur Überzeugung gelangt, das Radarfoto schliesse eine Täterschaft des Beschwerdeführers nicht aus. Nicht zu beanstanden ist zudem, wenn die Vorinstanz die Vermutung des Beschwerdeführers, jemand habe sich in seiner Wohnung des Motorradschlüssels behändigt, das Motorrad danach aus der Tiefgarage entwendet und nach der Spritzfahrt unbemerkt wieder zurückgestellt, als Schutzbehauptung wertet. Hätte der Beschwerdeführer versehentlich den Schlüssel am Fahrzeug stecken lassen, hätte er dies spätestens bei der nächsten Fahrt mit dem Motorrad bemerken müssen.
 
5. Die beschuldigte Person kann vor Bundesgericht grundsätzlich nicht rügen, gewisse Beweise seien zu Unrecht nicht abgenommen worden, wenn sie es unterliess, im vorinstanzlichen Verfahren frist- und formgerecht entsprechende Anträge zu stellen (BGE 131 I 476 E. 2.1 S. 477; 125 I 127 E. 6c/bb S. 134; Urteile 6B_120/2019 vom 17. September 2019 E. 2.2.2; 6B_1068/2017 vom 28. Juni 2018 E. 2.6.1; 6B_811/2017 vom 23. März 2018 E. 1.5). Der Beschwerdeführer behauptet in seiner Beschwerde nicht, er habe vor der Vorinstanz die Befragung seiner Tochter beantragt. Er kann der Vorinstanz daher nicht zum Vorwurf machen, dass sie seine Tochter nicht dazu befragte, ob sie allenfalls das Motorrad einer Drittperson auslieh. Im Übrigen machte der Beschwerdeführer im kantonalen Verfahren nicht geltend, seine Tochter habe das Motorrad einer Drittperson ausgeliehen. Er gab vielmehr an, er denke nicht, dass sie dies tat, weil er sie kenne. Selber habe er sie jedoch nie dazu befragt. Seine Tochter sei seines Wissens zur Tatzeit zudem gar nicht in der Schweiz gewesen (angefochtenes Urteil S. 15 f.). Die Vorinstanz durfte daher willkürfrei auf eine Befragung der Tochter des Beschwerdeführers verzichten.
 
6. Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
 
Das Gesuch des Beschwerdeführers um aufschiebende Wirkung wird mit dem Entscheid in der Sache gegenstandslos.
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Nidwalden, Strafabteilung, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 4. Mai 2020
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Denys
 
Die Gerichtsschreiberin: Unseld
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).