BGer 9D_2/2019 | |||
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BGer 9D_2/2019 vom 06.05.2020 |
9D_2/2019 |
Urteil vom 6. Mai 2020 |
II. sozialrechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichter Parrino, Präsident,
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Bundesrichterinnen Glanzmann, Moser-Szeless,
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Gerichtsschreiberin Stanger.
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Verfahrensbeteiligte | |
Ausgleichskasse des Kantons Zürich,
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Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
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Beschwerdeführerin,
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gegen
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A.________,
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Beschwerdegegner.
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Gegenstand
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Alters- und Hinterlassenenversicherung,
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Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich
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vom 23. August 2019 (AB.2018.00023).
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Sachverhalt: | |
A. Der 1978 geborene A.________ führte bis Ende November 2015 das Einzelunternehmen B.________ und war als Selbständigerwerbender der Ausgleichskasse des Kantons Zürich angeschlossen. Diese setzte mit Nachtragsverfügung vom 10. Februar 2016 die vom Beitragspflichtigen zu entrichtenden persönlichen AHV/IV/EO-Beiträge für das Jahr 2012 (bis 31. August 2012) gestützt auf ein Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit von Fr. 1'362'051.-, unter Aufrechnung der persönlichen Beiträge von Fr. 146'311.-, auf Fr. 147'183.20 fest. Am 9. April 2016 stellte der Beitragspflichtige ein Herabsetzungsgesuch. Mit Verfügung vom 5. Oktober 2017 und E inspracheentscheid vom 22. Januar 2018 wies die Ausgleichskasse das Gesuch ab.
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B. Die vom Beitragspflichtigen dagegen erhobene Beschwerde hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 23. August 2019 gut. Es hob den angefochtenen Einspracheentscheid auf und stellte fest, dass der Beitragspflichtige Anspruch auf Herabsetzung der persönlichen Beiträge für das Jahr 2012 auf den Mindestbeitrag habe.
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C. Die Ausgleichskasse führt subsidiäre Verfassungsbeschwerde mit den Rechtsbegehren, der Entscheid vom 23. August 2019 sei aufzuheben und der Einspracheentscheid vom 22. Januar 2018 zu bestätigen; eventualiter sei die Sache an die Ausgleichskasse zur Neubeurteilung zurückzuweisen. Weiter sei festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Herabsetzung der Beiträge für 2012 auf den Mindestbeitrag nicht erfüllt seien.
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A.________ lässt auf Abweisung der Beschwerde schliessen. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.
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Erwägungen: | |
1. Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein Rechtsmittel zulässig ist (BGE 138 V 318 E. 6 S. 320 mit Hinweis). Gestützt auf Art. 42 Abs. 1 BGG ist die beschwerdeführende Partei indes gehalten, die Erfüllung der Eintretensvoraussetzungen darzutun, wenn diese nicht offensichtlich gegeben sind (vgl. BGE 141 IV 289 E. 1.3 S. 292 mit weiteren Hinweisen).
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2. Das Bundesgericht beurteilt Verfassungsbeschwerden gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen, soweit keine Beschwerde nach den Artikeln 72-89 zulässig ist (Art. 113 BGG).
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Streitgegenstand bildet die Herabsetzung der persönlichen AHV/IV/EO-Beiträge aus selbständiger Erwerbstätigkeit für das Jahr 2012. Nach Art. 83 lit. m BGG ist gegen Entscheide über die Stundung oder den Erlass von Abgaben die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht unzulässig. Dies gilt rechtsprechungsgemäss auch für Entscheide über die Herabsetzung von AHV/IV/EO-Beiträgen gemäss Art. 11 Abs. 1 AHVG, da es sich hierbei um einen teilweisen Erlass handelt (Urteile 9C_781/2018 vom 19. November 2018, 9C_443/2011 vom 1. Juli 2011 und 9C_690/2007 vom 26. November 2007 E. 1.1, in: SVR 2008 AHV Nr. 12 S. 38). Das subsidiäre Rechtsmittel der Verfassungsbeschwerde steht demzufolge grundsätzlich offen.
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3. | |
3.1. Gemäss Art. 115 BGG ist zur Verfassungsbeschwerde berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a) und wer ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat (lit. b).
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Der Begriff des rechtlich geschützten Interesses im Sinne von Art. 115 Abs. 1 lit. b BGG ist eng an die in Art. 116 BGG vorgesehenen Beschwerdegründe gebunden. Demnach muss der beschwerdeführenden Partei ein verfassungsmässiges Recht zustehen, dessen Verletzung sie rügt (Urteil 8C_247/2017 vom 18. September 2017 E. 3.1.2). Solche Rechte werden grundsätzlich nur Privatpersonen zugestanden, nicht dagegen dem Gemeinwesen als Inhaber hoheitlicher Gewalt (BGE 125 I 173 E. 1b S. 174 f.). Ebenso verhält es sich für juristische Personen des öffentlichen Rechts, die in Wahrnehmung ihrer öffentlichen Aufgaben auftreten. Indes ist ihre Beschwerdebefugnis dann zu bejahen, wenn sie privatrechtlich handeln oder von einer staatlichen Massnahme gleich oder ähnlich wie Private betroffen sind. Vorbehalten sind sodann die speziellen verfassungsmässigen Rechte, die dem Gemeinwesen als solchem zustehen, namentlich die Gemeindeautonomie (HANSJÖRG SEILER, in: Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2015, N. 11 ff. zu Art. 115 BGG; GIOVANNI BIAGGINI, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 3. Aufl. 2018, N. 1 zu Art. 115 BGG; JEAN-MAURICE FRÉSARD, in: Commentaire de la LTF, 2. Aufl. 2014, N. 12 ff. zu Art. 115 BGG; BGE 140 I 285 E. 1.2 S. 290 mit Hinweisen).
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3.2. Die beschwerdeführende Ausgleichskasse, welche als selbständige öffentliche Anstalt konstituiert ist (vgl. Art. 61 Abs. 1 AHVG), begründet ihre Beschwerdelegitimation lediglich mit einem pauschalen Verweis auf BGE 88 I 107. Dem ist entgegenzuhalten, dass sich der vorliegende Fall wesentlich vom angerufenen - unter der Herrschaft des OG ergangenen - Leiturteil unterscheidet: Dort ging es um die Verweigerung der definitiven Rechtsöffnung für in Betreibung gesetzte Beitragsforderungen. Das Bundesgericht bejahte die Legitimation einer Ausgleichskasse zur staatsrechtlichen Beschwerde nach Art. 88 OG mit der Begründung, im Vollstreckungsverfahren trete diese dem Schuldner in gleicher Weise gegenüber wie ein privater Betreibungsgläubiger und werde demgemäss durch die Verweigerung der definitiven Rechtsöffnung nicht anders betroffen als ein Privater (BGE 88 I 107 S. 109). Demgegenüber geht es im vorliegenden Fall um ein Gesuch um Herabsetzung von persönlichen Beiträgen, welches die Ausgleichskasse - mit Verfügung vom 5. Oktober 2017 und Einspracheentscheid vom 22. Januar 2018 - abgewiesen hatte. Im Rahmen des hiegegen vom Beitragspflichtigen geführten kantonalen Beschwerdeverfahren nahm die Ausgleichskasse als erstinstanzlich verfügende Behörde teil.
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Die Beschwerdeführerin zeigt weder auf, inwiefern sie im Sinne des in Erwägung 3.1 Dargelegten ausnahmsweise zur Verfassungsbeschwerde legitimiert sein sollte, noch ist eine solche Beschwerdebefugnis offensichtlich gegeben (vgl. E. 1). Damit ist auf die Verfassungsbeschwerde der Ausgleichskasse nicht einzutreten.
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4. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: | |
1. Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten.
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2. Die Gerichtskosten von Fr. 5000.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
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3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
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Luzern, 6. Mai 2020
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Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Parrino
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Die Gerichtsschreiberin: Stanger
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