BGer 2G_1/2019 | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 29.07.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
BGer 2G_1/2019 vom 25.05.2020 |
2G_1/2019 |
Urteil vom 25. Mai 2020 |
II. öffentlich-rechtliche Abteilung | |
Besetzung
| |
Bundesrichter Seiler, Präsident,
| |
Bundesrichter Zünd, Bundesrichterin Aubry Girardin, Bundesrichter Donzallaz, Stadelmann,
| |
Gerichtsschreiberin Mayhall-Mannhart.
|
Verfahrensbeteiligte | |
Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht, Dreiergericht,
| |
Gesuchsteller,
| |
gegen
| |
A.________, vertreten durch Advokat Dr. Stefan Suter,
| |
Gesuchsgegner,
| |
Migrationsamt des Kantons Basel-Stadt,
| |
Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Basel-Stadt.
| |
Gegenstand
| |
Erlöschen der Niederlassungsbewilligung/Wegweisung,
| |
Erläuterungsgesuch l Berichtigungsgesuch
| |
gegen BGE 145 II 322.
|
Erwägungen: | |
1. A.________ (Jahrgang 1978) ist mazedonischer Staatsangehöriger. Er ist im Jahr 1991 im Familiennachzug in die Schweiz eingereist und verfügt seit Juni 2001 über eine Niederlassungsbewilligung. Am 22. Februar 1999 ehelichte er die Schweizerin B.________; aus dieser Ehe gingen drei Kinder hervor (Jahrgang 2002, 2005 und 2007). Seit dem 31. Oktober 2012 leben die Ehefrau und die Kinder von A.________ in St. Louis, Frankreich.
| |
Mit Verfügung vom 4. Mai 2016 stellte das Migrationsamt Basel-Stadt fest, die Niederlassungsbewilligung von A.________ sei erloschen, eventualiter die Niederlassungsbewilligung werde widerrufen, wies ihn aus der Schweiz weg und setzte eine Ausreisefrist an. Mit Entscheid vom 18. Mai 2017 wies das Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Basel-Stadt den von A.________ gegen die Verfügung vom 4. Mai 2016 erhobenen Rekurs und sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ab. Mit Urteil vom 9. Januar 2018 hob das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt in teilweiser Gutheissung des Rekurses von A.________ die Dispositivziffern 2 und 3 des Entscheids des kantonalen Justiz- und Sicherheitsdepartements auf, gewährte ihm für das verwaltungsinterne Rekursverfahren die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung, richtete dem Rechtsvertreter eine Entschädigung aus und wies den Rekurs im Übrigen ab. Des Weiteren wurde A.________ auch für das Rekursverfahren vor dem kantonalen Appellationsgericht die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung gewährt.
| |
Mit BGE 145 II 322hiess das Bundesgericht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 9. Februar 2018 von A.________ gut und hob das angefochtene Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 9. Januar 2018 auf. Das Bundesgericht erkannte, dass für das bundesgerichtliche Verfahren keine Gerichtskosten erhoben würden, der Kanton Basel-Stadt A.________ für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteient schädigung von Fr. 2'500.-- auszurichten habe und die Sache zur Neuverteilung der Kosten- und Entschädigungsfolgen des vorinstanzlichen Verfahrens an die Vorinstanz zurückgewiesen werde.
| |
Mit Erläuterungsgesuch vom 5. August 2019 betreffend BGE 145 II 322 vom 17. Mai 2019 gelangt das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt an das Bundesgericht und beantragt, Ziff. 4 des Dispositivs dieses Urteils sei dahingehend zu erläutern, dass die Sache nicht nur zur Neuverlegung der Kosten- und Entschädigungsfolgen des vorinstanzlichen Verfahrens, sondern auch zur Ergänzung der Sachverhaltsfeststellungen und Prüfung der Voraussetzungen des Widerrufs der Niederlassungsbewilligung des Beschwerdeführers an die Vorinstanz zurückgewiesen werde. Das kantonale Justiz- und Sicherheitsdepartement schliesst sich diesem Antrag an. A.________ beantragt, auf das Erläuterungsgesuch sei nicht einzutreten, eventualiter sei es abzuweisen.
|
2. | |
2.1. Gemäss Art. 129 Abs. 1 BGG nimmt das Bundesgericht die Erläuterung oder Berichtigung vor, wenn das Dispositiv eines bundesgerichtlichen Entscheids unklar, unvollständig oder zweideutig ist, seine Bestimmungen untereinander oder mit der Begründung im Widerspruch stehen oder es Redaktions- oder Rechnungsfehler enthält. Ob ein Erläuterungs- oder Berichtigungsgesuch auch von einer Vorinstanz gestellt werden kann, die das zu erläuternde Urteil zu vollziehen hätte, hat das Bundesgericht bisher offengelassen (vgl. etwa Urteile 2G_1/2016 vom 20. Juli 2016; 4G_1/2009 vom 5. Mai 2009 E. 1.1). Angesichts dessen, dass das Bundesgericht Erläuterungsgesuche von Vorinstanzen als Anzeige entgegen nehmen und eine Erläuterung auch von Amtes wegen vornehmen kann (Art. 129 Abs. 1 BGG), muss die Frage letztlich vorliegend nicht entschieden werden (vgl. Urteile 2G_1/2016 vom 20. Juli 2016; 4G_1/2013 vom 17. Juli 2013 E. 1; ELISABETH ESCHER, Basler Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz, 3. Aufl.2018, N. 6 zu Art. 129 BGG). Die Gesuchstellerin beruft sich auf eine Unklarheit im Dispositiv von BGE 145 II 322, weshalb dieser Erläuterungsgrund im Sinne von Art. 129 Abs. 1 BGG nachfolgend zu prüfen ist.
| |
2.2. Die Vorinstanz moniert, sie habe im Urteil, welches im Verfahren 2C_124/2018 angefochten war, die Voraussetzungen für einen Widerruf der Niederlassungsbewilligung mit der Begründung nicht geprüft, da eine von Gesetzes wegen erloschene Niederlassungsbewilligung nicht noch zusätzlich widerrufen werden müsse. Mit BGE 145 II 322 habe das Bundesgericht verneint, dass die Niederlassungsbewilligung erloschen sei, jedoch den Widerruf der Niederlassungsbewilligung nicht geprüft. Damit sei die Frage des Widerrufs der Niederlassungsbewilligung unbeantwortet, wenn die Sache nicht auch zur Ergänzung der Sachverhaltsfeststellungen und Prüfung der Voraussetzungen des Widerrufs der Niederlassungsbewilligung an die Vorinstanz zurückgewiesen werde. Aus diesen Gründen sei Dispositivziffer 4 vonBGE 145 II 322 unvollständig und dahingehend zu erläutern, dass die Sache nicht nur zur Neubeurteilung der Kosten- und Entschädigungsfolgen, sondern auch zur Ergänzung der Sachverhaltsfeststellungen und Prüfung der Voraussetzungen des Widerrufs der Niederlassungsbewilligung an die Vorinstanz zurückgewiesen werde.
|
2.3. | |
2.3.1. Im Verfahren 2C_124/2018 hatte das erstinstanzliche Migrationsamt mit Verfügung vom 4. Mai 2016 festgestellt, die Niederlassungsbewilligung des Beschwerdeführers sei erloschen, eventualiter sei sie zu widerrufen. Dieses Dispositiv gibt die prozessuale Rechtslage deswegen zutreffend wieder, weil die
| |
2.3.2. In Konstellationen, in denen eine Bewilligung widerrufen wird, es sich aber in der Folge herausstellt, dass sie erloschen ist, kann sich die Rechtsmittelinstanz darauf beschränken, das Erlöschen festzustellen (Urteil 2C_789/2018 vom 30. Januar 2019 E. 2.1, unter Verweis auf die Urteile 2C_732/2017 vom 19. September 2017 E. 1.3; 2C_831/2010 vom 27. Mai 2011 E. 5.1), was die Vorinstanz in ihrem Urteil vom 9. Januar 2018, welches im Verfahren 2C_124/2018 vor Bundesgericht angefochten war, getan hat. Diesfalls beschränkt eine Vorinstanz jedoch den Streitgegenstand, der sich im Verfahren der nachträglichen Verwaltungsverfahrensrechtspflege nach den Beschwerdeanträgen und der angefochtenen Verfügung bestimmt, welche den äusseren Rahmen des Streitgegenstandes begrenzt (BGE 131 V 164 E. 2.1 S. 165; 136 II 457 E. 3.2 S. 461 f.; Urteile 2C_918/2015, 2C_919/2015 vom 20. Juli 2016 E. 4.3.3; 2C_875/2016 E. 1.2.1), auf das Erlöschen der Niederlassungsbewilligung, und fällt einen Teilentscheid im Sinne von Art. 91 lit. a BGG (vgl. dazu BGE 133 V 477 E. 4.1.2 S. 480 f.).
| |
2.3.3. Im vorliegenden Einzelfall hat die Vorinstanz somit mit dem im Verfahren 2C_124/2018 angefochtenen Urteil vom 9. Januar 2018 nur in Bezug auf das Erlöschen einen Entscheid gefällt, und nur dies war Gegenstand des bundesgerichtlichen Verfahrens 2C_124/2018. Im Dispositiv von BGE 145 II 322 wurde das in jenem Verfahren angefochtene Urteil der Vorinstanz vom 9. Januar 2018 mangels Erlöschensgründe aufgehoben und die Sache ausdrücklich nur zur Neuverlegung der Kosten- und Entschädigungsfolgen des vorinstanzlichen Verfahrens an die Vorinstanz zurückgewiesen. Angesichts dessen, dass sich das bundesgerichtliche Verfahren 2C_124/2018 auf das Erlöschen der Niederlassungsbewilligung beschränkt, der für einen Widerruf der Niederlassungsbewilligung rechtserhebliche Sachverhalt im angefochtenen vorinstanzlichen Urteil vom 9. Januar 2018 jedoch gar nicht erhoben worden war, konnte das Bundesgericht im Verfahren 2C_124/2018 die Beschwerde auch nicht mit der Eventualbegründung abweisen, die Niederlassungsbewiligung des Beschwerdeführers sei aus zureichenden Gründen zu widerrufen.
| |
2.4. Entgegen der Darstellung der Gesuchstellerin ist weder ein Widerspruch zwischen Begründung und Dispositiv von BGE 145 II 322 noch eine Unklarheit im Dispositivvon BGE 145 II 322 ersichtlich. Es ist klar, dass das Appellationsgericht über denjenigen Teil, der nicht Gegenstand des bundesgerichtlichen Verfahrens bildete (oben, E. 2.3.3), noch zu entscheiden haben wird. Die Vorbringen der Gesuchstellerin erschöpfen sich vielmehr in einer Kritik an der Urteilsbegründung. Damit ist das Erläuterungsgesuch vom 5. August 2019 abzuweisen.
| |
3. Auf die Erhebung von Gerichtskosten ist praxisgemäss zu verzichten (Art. 66 Abs. 1 BGG).
|
Das Bundesgericht erkennt: | |
1. Das Erläuterungsgesuch vom 5. August 2019 wird abgewiesen.
| |
2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
| |
3. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt.
| |
Lausanne, 25. Mai 2020
| |
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
| |
des Schweizerischen Bundesgerichts
| |
Der Präsident: Seiler
| |
Die Gerichtsschreiberin: Mayhall-Mannhart
| |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |