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Informationen zum Dokument  BGer 5A_416/2020  Materielle Begründung
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BGer 5A_416/2020 vom 03.06.2020
 
 
5A_416/2020
 
 
Urteil vom 3. Juni 2020
 
 
II. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Herrmann, Präsident,
 
Bundesrichter von Werdt, Bovey,
 
Gerichtsschreiber Möckli.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
Handelsgericht des Kantons St. Gallen, Regierungsgebäude, Klosterhof 1, 9001 St. Gallen,
 
Beschwerdegegner.
 
Gegenstand
 
unentgeltliche Rechtspflege (Aberkennungsklage betreffend Schuldbriefforderungen),
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Handelsgerichts des Kantons St. Gallen vom 15. April 2020 (ZV.2019.109-HGP (HG.2019.104-HGK)).
 
 
Sachverhalt:
 
Die A.________ sowie B.B.________ (Verwaltungsrätin und Alleinaktionärin) und C.B.________ schlossen am 11. März 2014 mit der D.________ AG eine "Sicherungsvereinbarung" als Deckung für alle gegenwärtigen und zukünftigen aus geschäftlicher Beziehung sich ergebenden Ansprüche; hierzu wurden der D.________ AG ein Namen -Papierschuldbrief über Fr. 750'000.-- und ein Inhaber-Schuldbrief über Fr. 2'250'000.--, beide lastend auf dem Grundstück Stockwerkeinheit Nr. xxx, E.________strasse yyy, U.________, sicherun gsübereignet.
1
Am 23. November 2018 leitete die D.________ AG gegen die A.________ für den Betrag von Fr. 3'000'000.-- nebst Zinsen beim Betreibungsamt St. Margrethen die Betreibung Nr. zzz auf Grundpfandverwertung ein.
2
Mit Entscheid vom 28. März 2019 erteilte das Kreisgericht Rheintal vollumfänglich die provisorische Rechtsöffnung.
3
Am 3. Mai 2019 reichte die A.________ beim Kreisgericht Rheintal eine Aberkennungsklage ein und stellte gleichzeitig ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege. Am 24. Mai 2019 zog sie die Klage mangels sachlicher Zuständigkeit unter Vorbehalt der Wiedereinbringung zurück und machte sie am 19. Juni 2019 beim Handelsgericht des Kantons St. Gallen anhängig.
4
Mit Verfügung vom 24. Juni 2019 forderte das Handelsgericht die A.________ zur Leistung eines Kostenvorschusses von Fr. 100'000.-- auf, worauf diese auf das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege hinwies. In der Folge wurde sie zur Einreichung umfassender Belege über die eigenen finanziellen Verhältnisse und diejenigen der Alleinaktionärin aufgefordert.
5
Mit Entscheid vom 15. April 2020 wies das Handelsgericht das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ab.
6
Dagegen hat die A.________ am 22. Mai 2020 beim Bundesgericht eine Beschwerde eingereicht mit dem Begehren, ihrem Gesuch sei stattzugeben.
7
 
Erwägungen:
 
1. Angefochten ist ein Entscheid der einzigen kantonalen Instanz (Art. 75 Abs. 2 lit. a BGG) über die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege. Dabei handelt es sich um einen Zwischenentscheid, der einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 Bst. a BGG; BGE 129 I 281 E. 1.1 S. 283 f.), so dass die Beschwerde grundsätzlich offen steht. Bei Zwischenentscheiden folgt der Rechtsweg jenem der Hauptsache (BGE 137 III 380 E. 1.1 S. 382). Bei dieser handelt es sich um eine Zivilsache mit Fr. 30'000.-- übersteigendem Streitwert (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Die Beschwerde in Zivilsachen steht somit offen.
8
2. Die Beschwerde hat ein Begehren in der Sache und eine Begründung zu enthalten (Art. 42 Abs. 1 BGG), in welcher in gedrängter Form dargelegt wird, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG), was eine sachbezogene Auseinandersetzung mit dessen Begründung erfordert (BGE 140 III 115 E. 2 S. 116; 142 III 364 E. 2.4 S. 368).
9
3. Vorliegend ist fraglich, ob die Beschwerde nicht bereits an einem hinreichenden reformatorischen Rechtsbegehren scheitert. Allerdings ist die Beschwerdeführerin nicht anwaltlich vertreten und aus ihrer Begründung geht an sich hervor, was sie verlangt, nämlich die Erteilung der unentgeltlichen Rechtspflege für den vor dem Handelsgericht St. Gallen hängigen Aberkennungsprozess.
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4. Soweit beiläufig eine Gehörsrüge erhoben wird mit der Begründung, das Gericht hätte von sich aus weitere Abklärungen treffen müssen, geht diese fehl: Der Beschwerdeführerin oblag es, die Prozessarmut von sich aus nachzuweisen (BGE 125 IV 161 E. 4a S. 164 f.; Urteile 1B_501/2019 vom 29. Oktober 2019 E. 6; 1B_90/2019 vom 20. Februar 2020 E. 3), und im Übrigen traf sie vor dem Hintergrund, dass sie zweimal zur Einreichung näher bezeichneter Unterlagen aufgefordert wurde, eine umfassende Mitwirkungsobliegenheit (Urteile 4D_35/2019 vom 5. September 2019 E. 3.1; 4A_326/2019 vom 4. Februar 2020 E. 3.3; 2C_297/2020 vom 8. Mai 2020 E. 3.3.2 und 3.3.3).
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5. Juristische Personen haben grundsätzlich keinen Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, denn sie sind nicht arm oder bedürftig, sondern bloss zahlungsunfähig oder überschuldet und haben in diesem Fall die gebotenen gesellschafts- und konkursrechtlichen Konsequenzen zu ziehen (BGE 119 Ia 337 E. 4b S. 339; 131 II 306 E. 5.2.1; 141 I 328 E. 3.1 S. 330). Eine Ausnahme ist allenfalls zu machen, wenn das einzige Aktivum im Streit liegt und neben der Gesellschaft auch die wirtschaftlich Beteiligten mittellos sind, wobei darunter alle am Ausgang des Rechtsstreites wirtschaftlich Interessierten wie Gesellschafter und Organe zu verstehen sind (BGE 131 II 306 E. 5.2.2 S. 327; 141 I 328 E. 3.1 S. 331), und wenn die Führung des betreffenden Prozesses die weitere Existenz der Gesellschaft sichert (BGE 141 I 328 E. 3.3 S. 332).
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Im angefochtenen Entscheid wird erwogen, dass diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Der Aberkennungsprozess betreffe die Rückforderung von Darlehen bzw. Schuldbriefforderungen und nicht das Grundstück, welches die Beschwerdeführerin als ihr letztes Aktivum bezeichne. Damit setzt sie sich nicht auseinander, weshalb ihre Beschwerde unbegründet bleibt. Ferner äussert sie sich auch nicht dazu, inwiefern die Führung des Aberkennungsprozesses ihre weitere Existenz sichern würde.
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6. Mit einer entscheidtragenden Alternativbegründung hat das Handelsgericht befunden, ohnehin sei auch die finanzielle Situation der Beschwerdeführerin und der Alleinaktionärin ungenügend dargetan, weshalb das Gesuch ebenfalls aus diesen Gründen abzuweisen wäre. Namentlich bemängelte es das Fehlen aktueller definitiver Steuerveranlagungen und in verschiedener Hinsicht das Unterlassen von Angaben über Einkommens- und Vermögensbestandteile im Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege. Insbesondere hielt es auch fest, dass B.B.________ in der Steuererklärung 2016 nebst Einkünften ein Wertschriftenvermögen von Fr. 919'952.-- deklariert habe und dass in der letzten definitiven Veranlagung dem Ehepaar B.________ ein steuerbares Vermögen von Fr. 6,5 Mio. und Liegenschaftserträge von Fr. 410'000.-- angerechnet worden seien, wobei sich ein grosser Teil des Vermögens in Deutschland befunden habe. Zwar stamme diese Veranlagung aus dem Jahr 2010 und mache somit für die Gegenwart nur bedingte Aussagen; indes liege keine Erklärung vor, was seither mit dem Vermögen geschehen sei, und die Tatsache, dass weder eine neuere Steuerveranlagung noch eine Bestätigung des Steueramtes, dass keine solche vorliege, eingereicht worden sei, erwecke Misstrauen. Insgesamt seien die Angaben unvollständig und wenig transparent.
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Wie es sich damit verhält, kann vor dem Hintergrund, dass bereits die Grundvoraussetzungen für die nur ganz ausnahmsweise statthafte Erteilung der unentgeltlichen Rechtspflege für eine juristische Person nicht nachgewiesen sind, offen bleiben. Immerhin sei festgehalten, dass die Beschwerdeführerin auch in ihrer Beschwerde keine nachvollziehbaren und plausiblen Erklärungen in Bezug auf die Vermögenssituation bzw. den Verbleib der seinerzeit hohen Vermögenswerte abgibt und dass insofern eine erhöhte Darlegungs- und Offenbarungspflicht in Bezug auf die eigene finanzielle Situation und diejenige aller wirtschaftlich Interessierten bestünde, als es nicht um den grundsätzlich gegebenen Anspruch einer natürlichen Person auf unentgeltliche Rechtspflege, sondern um eine juristische Person geht, der ein solcher Anspruch nur ganz ausnahmsweise zusteht (dazu E. 4).
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7. Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde als offensichtlich unbegründet und ist deshalb im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 1 lit. a BGG abzuweisen, soweit überhaupt auf sie einzutreten ist.
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8. Die Gerichtskosten sind der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
17
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin und dem Handelsgericht des Kantons St. Gallen schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 3. Juni 2020
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Herrmann
 
Der Gerichtsschreiber: Möckli
 
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