BGer 8C_114/2020 | |||
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BGer 8C_114/2020 vom 03.06.2020 |
8C_114/2020 |
Urteil vom 3. Juni 2020 |
I. sozialrechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichter Maillard, Präsident,
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Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Wirthlin, Bundesrichterin Viscione, Bundesrichter Abrecht,
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Gerichtsschreiberin Riedi Hunold.
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Verfahrensbeteiligte | |
Sympany Versicherungen AG, Peter Merian-Weg 4, 4052 Basel,
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Beschwerdeführerin,
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gegen
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A.________,
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vertreten durch Advokat Nicolai Fullin,
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Beschwerdegegner,
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Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern.
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Gegenstand
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Unfallversicherung (Übergangsentschädigung),
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Beschwerde gegen den Entscheid des Kantons-
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gerichts Basel-Landschaft vom 10. Oktober 2019
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(725 18 155 / 245).
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Sachverhalt: | |
A. Für A.________, geboren 1959, erliess die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva) am 17. Mai 2000 eine Nichteignungsverfügung bezüglich der Exposition von Getreidemehlstaub. A.________ war seit dem 1. November 2000 bei der B.________ AG als Küchenmitarbeiter angestellt und in dieser Eigenschaft bei der Sympany Versicherungen AG (nachfolgend: Sympany) obligatorisch gegen die Folgen von Unfällen und Berufskrankheiten versichert. Am 6. Oktober 2009 erlitt er nach Genuss von Reis mit Nüssen eine anaphylaktischen Reaktion. In der Folge fanden verschiedene medizinische Abklärungen statt und der Zustand verbesserte sich. A.________ nahm vom 1. September 2011 bis 28. Februar 2012 an einem Arbeitstraining der Invalidenversicherung teil. Am 12. Januar 2012 fand eine Besprechung der Suva mit einer Mitarbeiterin des Personaldienstes der B.________ AG und einer Vertreterin der Sympany statt; dabei wurde eine weitergehende Nichteignungsverfügung in Aussicht gestellt. Am 17. Januar 2012 erstattete die Arbeitgeberin der Sympany eine Schadensmeldung, gemäss welcher A.________ seit ca. Anfang November 2011 an einer Lebensmittelallergie leide. Die B.________ AG hatte das Arbeitsverhältnis bereits im Dezember 2011 per 29. Februar 2012 gekündigt. In der Folge bezog A.________ vom 1. März 2012 bis 2. Oktober 2013 Arbeitslosenentschädigung. Am 24. Mai 2012 erliess die Suva mit sofortiger Wirkung eine Nichteignungsverfügung für Arbeiten mit Exposition zu Getreidemehlstaub und Staub von Nüssen. Am 20. August 2013 ersuchte A.________ die Suva um Ausrichtung einer Übergangsentschädigung nach Art. 86 der Verordnung vom 19. Dezember 1983 über die Verhütung von Unfällen und Berufskrankheiten (Verordnung über die Unfallverhütung; VUV; SR 832.30). Mit Schreiben vom 4. Dezember 2015 wies die Suva ihn darauf hin, dass ein Anspruch auf Übergangsleistungen zuständigkeitshalber bei der Sympany geltend zu machen sei. Die Sympany wies das entsprechende Gesuch mit Verfügung vom 10. Februar 2017 mit der Begründung ab, dieses sei zu spät eingereicht worden. Die dagegen erhobene Einsprache wies die Sympany mit Einspracheentscheid vom 23. März 2018 mangels Zuständigkeit ab, da A.________ im Zeitpunkt der Nichteignungsverfügung vom 24. Mai 2012 arbeitslos und daher bei der Suva versichert gewesen sei.
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B. Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Kantonsgericht Basel-Landschaft mit Entscheid vom 10. Oktober 2019 gut, hob den Einspracheentscheid vom 23. März 2018 auf und wies die Sache an die Sympany zurück, damit diese nach weiteren Abklärungen über den Anspruch von A.________ auf eine Übergangsentschädigung neu entscheide.
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C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt die Sympany, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei der Einspracheentscheid vom 23. März 2018 zu bestätigen. Zudem sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen und es sei die Suva am Verfahren zu beteiligen.
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A.________ lässt auf Abweisung der Beschwerde schliessen. Die Suva schliesst sich inhaltlich der Vorinstanz an, ohne einen Antrag zu stellen. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung.
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D. Mit Verfügung vom 18. März 2020 erteilte das Bundesgericht der Beschwerde die aufschiebende Wirkung.
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Erwägungen: |
1. | |
1.1. Das BGG unterscheidet in Art. 90 bis 93 zwischen End-, Teil- sowie Vor- und Zwischenentscheiden und schafft damit eine für alle Verfahren einheitliche Terminologie. Ein Endentscheid ist ein Entscheid, der das Verfahren prozessual abschliesst (Art. 90 BGG), sei dies mit einem materiellen Entscheid oder Nichteintreten, z.B. mangels Zuständigkeit. Der Teilentscheid ist eine Variante des Endentscheids. Mit ihm wird über eines oder einige von mehreren Rechtsbegehren (objektive und subjektive Klagehäufung) abschliessend befunden. Es handelt sich dabei nicht um verschiedene materiellrechtliche Teilfragen eines Rechtsbegehrens, sondern um verschiedene Rechtsbegehren. Vor- und Zwischenentscheide sind alle Entscheide, die das Verfahren nicht abschliessen und daher weder End- noch Teilentscheid sind; sie können formell- und materiellrechtlicher Natur sein. Voraussetzung für die selbstständige Anfechtbarkeit materiellrechtlicher Zwischenentscheide ist gemäss Art. 93 Abs. 1 BGG zunächst, dass sie selbstständig eröffnet worden sind. Erforderlich ist sodann alternativ, dass der angefochtene Entscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (lit. a) oder dass die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit. b; Urteil 8C_402/2019 vom 14. Januar 2020 E. 2.1, zur Publikation vorgesehen; BGE 138 V 106 E. 1.1 S. 109).
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1.2. Angefochten ist ein kantonaler Rückweisungsentscheid, mithin ein Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 Abs. 1 BGG. Die Vorinstanz hob den Einspracheentscheid der Sympany vom 23. März 2018 auf und wies die Sache zu weiteren Abklärungen und neuem Entscheid an die Versicherung zurück. Dabei stellte sie für die Sympany verbindlich fest, dass sie für die Prüfung und Ausrichtung einer allfälligen Übergangsentschädigung zuständig sei. Könnte die Sympany diesen Entscheid nicht vor Bundesgericht anfechten, so hätte dies zur Folge, dass sie gezwungen wäre, bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen eine ihres Erachtens rechtswidrige Auszahlung einer Übergangsentschädigung vorzunehmen. Diese Vorgabe könnte sie in der Folge nicht selber anfechten. Da die Gegenpartei in der Regel kein Interesse haben wird, gegen die zu ihren Gunsten auszurichtende Entschädigung vorzugehen, könnte der kantonale Zwischenentscheid nicht mehr korrigiert werden und würde zu einem nicht wieder gutzumachenden Nachteil für die Sympany führen (BGE 138 V 106 E. 1.2 S. 109 f.; 133 V 477 E. 5.2 S. 483 ff.). Auf die Beschwerde ist daher einzutreten.
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2. | |
2.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen).
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2.2. Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so kann jede unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden und das Bundesgericht ist nicht an den vorinstanzlichen Entscheid gebunden (Art. 97 Abs. 2 i.V.m. Art. 105 Abs. 3 BGG). Bildet einzig die Frage der Versicherungsdeckung Gegenstand des angefochtenen Entscheids, handelt es sich nicht um eine Streitigkeit über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen und die Ausnahmebestimmungen von Art. 97 Abs. 2 i.V.m. Art. 105 Abs. 3 BGG kommen nicht zur Anwendung (BGE 135 V 412 E. 1.2.2 S. 414). Das Bundesgericht kann somit die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen nur im Rahmen von Art. 105 Abs. 1 und 2 (in Verbindung mit Art. 97 Abs. 1) BGG überprüfen und legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG), wie etwa der Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes nach Art. 61 lit. c ATSG, und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG).
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3. Streitig ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie für die Prüfung eines allfälligen Anspruchs des Versicherten auf Übergangsentschädigung gemäss Art. 86 ff. VUV infolge Nichteignungsverfügung der Suva vom 24. Mai 2012 die Sympany für zuständig erklärte.
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4. | |
4.1. Nach Art. 84 Abs. 2 UVG können die Durchführungsorgane Versicherte, die hinsichtlich Berufsunfällen oder Berufskrankheiten durch bestimmte Arbeiten besonders gefährdet sind, von diesen Arbeiten ausschliessen. Der Bundesrat ordnet die Entschädigung für Versicherte, die durch den Ausschluss von ihrer bisherigen Arbeit im Fortkommen erheblich beeinträchtigt sind und keinen Anspruch auf andere Versicherungsleistungen haben. Von dieser Befugnis hat der Bundesrat in den Artikeln 83 ff. VUV Gebrauch gemacht.
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4.2. Gemäss Art. 78 Abs. 1 VUV kann die Suva durch Verfügung einen Arbeitnehmer, der den Vorschriften über die arbeitsmedizinische Vorsorge untersteht, von der gefährdeten Arbeit ausschliessen (Nichteignung) oder seine Beschäftigung bei dieser Arbeit unter bestimmten Bedingungen zulassen (bedingte Eignung). Der Arbeitgeber erhält eine Kopie der Verfügung. Ist der Arbeitnehmer imstande, die Arbeit ohne Bedingungen zu verrichten (Eignung), so teilt es die Suva dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber mit. Nach Abs. 2 kann die Nichteignung nur dann verfügt werden, wenn der Arbeitnehmer bei der weiteren Ausübung seiner bisherigen Tätigkeit einer erheblichen Gefährdung ausgesetzt ist. Sie kann befristet oder dauernd sein. Die Verfügung muss auf die Beratungs- und Entschädigungsmöglichkeiten verwesen.
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4.3. Gestützt auf Art. 86 Abs. 1 VUV erhält der Arbeitnehmer, der von einer Arbeit befristet oder dauernd ausgeschlossen oder nur als bedingt geeignet erklärt worden ist, vom Versicherer eine Übergangsentschdigung, wenn er durch die Verfügung trotz persönlicher Beratung, trotz Bezuges von Übergangstaggeld und trotz des ihm zumutbaren Einsatzes, den ökonomischen Nachteil auf dem Arbeitsmarkt wettzumachen, in seinem wirtschaftlichen Fortkommen erheblich beeinträchtigt bleibt (lit. a), in einem Zeitraum von zwei Jahren unmittelbar vor Erlass der Verfügung oder vor einem medizinisch notwendigen und tatsächlich vollzogenen Wechsel der Beschäftigung bei einem der Versicherung unterstellten Arbeitgeber mindestens 300 Tage lang die gefährdende Arbeit ausgeübt hat (lit. b) und innert zweier Jahre, nachdem die Verfügung in Rechtskraft erwachsen oder ein Anspruch auf Übergangstaggeld erloschen ist, beim Versicherer jenes Arbeitgebers, bei dem er zur Zeit des Erlasses der Verfügung gearbeitet hat, ein entsprechendes Gesuch stellt (lit. c). Die Übergangsentschädigung wird nur gewährt, wenn die Voraussetzungen von Art. 86 Abs. 1 lit. a-c VUV kumulativ erfüllt sind (BGE 130 V 433 E. 2.2 S. 436).
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5. | |
5.1. Die Vorinstanz führte im Wesentlichen aus, mit dem Begriff Arbeitnehmer in Art. 86 VUV knüpfe die Entschädigung an ein konkretes Arbeitsverhältnis an, weshalb als Versicherer einzig der obligatorische Unfallversicherer jenes Arbeitgebers in Frage kommen könne, von dessen Arbeit eine versicherte Person ausgeschlossen worden sei. Weiter ergebe sich auch aus dem Sinn und Zweck sowohl der Nichteignungsverfügung als auch der Übergangsleistung, dass diese direkt im Zusammenhang mit der ausgeübten Tätigkeit stünden. Gedeckt sei stets ein Risiko, das aus einer konkreten versicherten beruflichen Tätigkeit resultiere und für welches der Unfallversicherer jenes Arbeitgebers einzustehen habe, von dessen Arbeit eine versicherte Person ausgeschlossen worden sei. Art. 86 Abs. 1 lit. c VUV bestimme die Frist, innert welcher das Gesuch um Übergangsentschädigung einzureichen sei. Aus dieser Bestimmung lasse sich indes keine (zusätzliche) Regelung der Zuständigkeit des Versicherers ableiten. Mit Blick auf den Wortlaut der französisch- und italienischsprachigen Fassungen der Norm sei die Formulierung vielmehr in dem Sinne zu verstehen, dass für die Übergangsentschädigung jener Versicherer zuständig bleibe, bei dem die versicherte Person zur Zeit des Entscheids über die Nichteignung versichert gewesen sei. Daher ändere an der Zuständigkeit des Unfallversicherers des Arbeitgebers auch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zeitnah vor dem Erlass der Nichteignungsverfügung nichts. Die gegenteilige Auffassung der Sympany hätte zur Folge, dass arbeitslose Versicherte vom Anspruch auf Übergangsentschädigung ausgeschlossen wären, da sie nicht (mehr) in einem Arbeitsverhältnis stünden. Dies wäre aber wiederum mit dem Zweck der Übergangsentschädigung, den Betroffenen die Suche einer anderen Stelle resp. den Erwerb neuer beruflicher Kenntnisse und Fertigkeiten zu erleichtern, nicht vereinbar. Der klare Wortlaut, der normspezifische Zweck, die Materialien und die Systematik führten zum Ergebnis, dass das Gesuch um Übergangsentschädigung im Sinne von Art. 86 Abs. 1 lit. c VUV beim Versicherer jenes Arbeitgebers zu stellen sei, von dessen Arbeit eine versicherte Person ausgeschlossen worden sei.
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5.2. Die Sympany macht insbesondere geltend, zum Zeitpunkt des Erlasses der Nichteignungsverfügung sei der Beschwerdegegner arbeitslos und nicht mehr bei ihr gemäss UVG versichert gewesen. Entgegen der Vorinstanz sei kein Grund ersichtlich, weshalb der Wortlaut von Art. 86 Abs. 1 lit. c VUV den wahren Sinn der Norm nicht wiedergeben sollte. Konkret stehe die Nichteignungsverfügung vor allem im Zusammenhang mit den künftigen Tätigkeiten des Versicherten, weil er infolge Nichteignungsverfügung bei der Stellensuche eingeschränkt sei. Dieser sei trotz Stellensuche und Leistungen der Arbeitslosenversicherung in seinem wirtschaftlichen Fortkommen erheblich beeinträchtigt geblieben, weil er keine neue Stelle gefunden habe. Deshalb beanspruche er auch eine Übergangsentschädigung nach Art. 86 ff. VUV. Dafür könne nur die Suva zuständig sein, da sie trotz des Wegfalls der Gefährdung am bisherigen Arbeitsplatz während der Arbeitslosigkeit eine Nichteignungsverfügung ohne Rückwirkung gegenüber der Sympany verfügt habe. Die in der Beschwerde vertretene Auffassung habe entgegen der Vorinstanz nicht zur Folge, dass arbeitslose Versicherte vom Anspruch auf Übergangsentschädigung ausgeschlossen seien, weil in solchen Fällen der Unfallversicherer der Arbeitslosen, d.h. die Suva, als Arbeitgeber im Sinne von Art. 86 Abs. 1 lit. c VUV gelte. Es könne nicht entscheidend sein, wie lange die gefährdete Arbeit zurückliege. Ausschlaggebend sei einzig, ob eine Person zum Zeitpunkt des Erlasses der Nichteignungsverfügung noch beim Unfallversicherer versichert gewesen sei, von dem sie Leistungen beanspruche. Vorliegend sei dies nicht der Fall gewesen, weshalb sie nicht leistungspflichtig sei.
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5.3. Der Versicherte vertritt den Standpunkt, Art. 86 Abs. 1 lit. c VUV betreffe nur die Zuständigkeit zur Anmeldung des Gesuchs um Überentschädigung, nicht aber die Frage, wer diese zu leisten habe. Zudem könne die Sympany aus dem Urteil 8C_154/2010 vom 16. August 2010 nichts zu ihren Gunsten ableiten, da sich dieses Urteil auf die Voraussetzungen der Übergangsentschädigung beziehe, nicht aber auf die Zuständigkeit. Es bleibe bei der vorinstanzlichen Beurteilung, wonach jener Unfallversicherer leistungspflichtig sei, bei dem die versicherte Person beim Auftreten der Berufskrankheit versichert gewesen sei.
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6. |
6.1. | |
6.1.1. Bis Ende 1995 blieben arbeitslose Personen, soweit sie bereits vor ihrer Arbeitslosigkeit nach UVG versichert waren, weiterhin ohne Prämienzahlung für Nichtberufsunfälle versichert. Zuständig war der Versicherer, bei dem sie vor ihrer Arbeitslosigkeit versichert waren. Diese Fortdauer der bisherigen Versicherung stützte sich auf Art. 7 Abs. 1 lit. b der Verordnung vom 20. Dezember 1982 über die Unfallversicherung (UVV; SR 832.202) in der bis 30. Juni 2005 geltenden Fassung, aufgrund welcher das Taggeld der Arbeitslosenversicherung als Lohn im Sinne von Art. 3 Abs. 5 UVG galt und so die Versicherung trotz Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht beendet worden war. Das versicherte Risiko wurde somit de facto durch die Prämien für Nichtberufsunfälle jener Branchen finanziert, in welchen die arbeitslose Person während ihrer Erwerbstätigkeit versichert war. Arbeitslose Personen, die vor ihrer Arbeitslosigkeit in keinem Arbeitsverhältnis standen (z.B. Personen nach Abschluss ihrer Ausbildung), waren dagegen nicht nach UVG versichert. Am 1. Januar 1996 ist das Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und Insolvenzentschädigung (AVIG; SR 837.0) mit Art. 22a Abs. 4 ergänzt worden, der die auf der Arbeitslosenentschädigung zu erhebenden Beiträge für die Sozialversicherungen regelt. Seither sind arbeitslose Personen ausschliesslich über die Suva versichert und müssen Prämien bezahlen. Gestützt darauf erliess der Bundesrat die bis 31. Dezember 2016 in Kraft gewesene Verordnung vom 24. Januar 1996 über die Unfallversicherung von arbeitslosen Personen (UVAL, SR 837.171; Botschaft vom 30. Mai 2008 zur Änderung des Bundesgesetzes über die Unfallversicherung, BBl 2008 5417 Ziff. 2.1.3.5; vgl. auch AGNES LEU, Die Unfallversicherung für arbeitslose Personen, in: SZS 2008 S. 261 sowie SYLVIA LÄUBLI ZIEGLER, Basler Kommentar, Unfallversicherungsgesetz, 2019, N. 28 zu Art. 66 UVG, GÄCHTER/GERBER, Basler Kommentar, Unfallversicherungsgesetz, 2019, N. 99 zu Art. 92 UVG und FRÉSARD/MOSER-SZELESS, L'assurance-accidents obligatoire, in: Soziale Sicherheit, Band XIV, 3. Aufl. 2016, S. 1111 Rz. 799). Damit wurden alle arbeitslosen Personen, welche die Anspruchsvoraussetzungen nach Art. 8 AVIG erfüllten oder Entschädigungen nach Art. 29 AVIG bezogen, obligatorisch bei der Suva versichert (LÄUBLI ZIEGLER, a.a.O., N. 28 zu Art. 66 UVG; HANS-JAKOB MOSIMANN, Kommentar zum schweizerischen Sozialversicherungsrecht, Unfallversicherungsgesetz, 2018, N. 19 zu Art. 66 UVG). Dabei handelt es sich um eine Versicherung gegen Nichtberufsunfälle (BGE 133 V 161 E. 2.2.1 S. 164, bestätigt mit BGE 143 V 341 E. 3.2.1 S. 343; THOMAS NUSSBAUMER, Arbeitslosenversicherung, in: Soziale Sicherheit, Band XIV, 3. Aufl. 2016, S. 2374 Rz. 358; LÄUBLI ZIEGLER, a.a.O., N. 28 zu Art. 66 UVG; KIESER/SCHEIWILLER, Kommentar zum schweizerischen Sozialversicherungsrecht, Unfallversicherungsgesetz, 2018, N. 8 zu Art. 91 UVG; GÄCHTER/GERBER, a.a.O., N. 43 zu Art. 91 UVG). Aus Gründen der Praktikabilität erfolgte diese zu einem einheitlichen Prämiensatz bei der Suva (NUSSBAUMER, a.a.O., S. 2374 Rz. 358). Sie beginnt mit dem Tag, an dem die arbeitslose Person erstmals die Anspruchsvoraussetzungen nach Art. 8 AVIG erfüllt oder Entschädigungen nach Art. 29 AVIG bezieht (Art. 3 Abs. 1 aUVAL resp. Art. 3 Abs. 1 UVG in der seit 1. Januar 2017 geltenden Fassung; BGE 143 V 341 E. 3.2.1 S. 343 mit Hinweisen) und endet mit dem 30. resp. 31. Tag nach dem Tag, an dem die arbeitslose Person letztmals die Anspruchsvoraussetzungen nach Art. 8 AVIG erfüllt oder Entschädigungen nach Art. 29 AVIG bezogen hat (Art. 3 Abs. 2 aUVAL resp. Art. 3 Abs. 2 UVG in der seit 1. Januar 2017 in Kraft stehenden Fassung). Erleidet die versicherte Person bei Ausübung eines unselbstständigen Zwischenverdienstes oder eines Eignungseinsatzes an einem Arbeitstag einen Berufs- und Nichtberufsunfall, ist die Versicherung des Einsatzbetriebes zuständig (Art. 6 Abs. 1 und 2 aUVAL bzw. Art. 130 Abs. 1 und 2 UVV in der seit 1. Januar 2017 geltenden Fassung; BGE 133 V 161 E. 5 S. 166). Lediglich bei Unfällen während eines Zwischenverdienstes in selbstständiger Stellung bleibt die Suva leistungspflichtig (Art. 6 Abs. 3 aUVAL resp. Art. 130 Abs. 3 UVV in der seit 1. Januar 2017 geltenden Fassung). Seit 1. Januar 2017 bilden Art. 1a Abs. 1 lit. b und Art. 66 Abs. 3bis UVG die gesetzliche Grundlage für die Versicherung von arbeitslosen Personen bei der Suva.
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6.1.2. Im Rahmen der 1. UVG-Revision wurde auch der Grundsatz betont, dass es sich bei der Nichtberufsunfallversicherung für arbeitslose Personen um einen selbstständigen Versicherungszweig handelt, für den die Suva eine gesonderte Rechnung zu führen hat (Art. 89 Abs. 2bis UVG, in Kraft seit 1. Januar 2017; KIESER/SCHEIWILLER, a.a.O., N. 14 f. zu Art. 89 UVG mit Hinweisen auf die Materialien). Begründet wurde dies mit den höheren Kosten im Vergleich zur Nichtberufsunfallversicherung der Erwerbstätigen sowie weiteren Besonderheiten der Nichtberufsunfallversicherung für arbeitslose Personen (KIESER/SCHEIWILLER, a.a.O., N. 15 zu Art. 89 UVG).
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6.1.3. Es würde nun Sinn und Zweck einer Nichteignungsverfügung (vgl. dazu hinten E. 7.1.6) widersprechen, wenn die Suva, deren Zuständigkeit sich ausschliesslich aus der gesetzlichen Regelung der Versicherungsdeckung für Nichtberufsunfälle von arbeitslosen Personen ergibt, die Übergangsentschädigung bezahlen müsste, bloss weil kurz zuvor das Arbeitsverhältnis zwischen der versicherten Person und ihrem Arbeitgeber aufgelöst worden war. Arbeitslosigkeit birgt kein versichertes Risiko, das zu einer Nichteignungsverfügung führen könnte.
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6.2. Der Versicherte war im Zeitpunkt des Erlasses der Nichteignungsverfügung als Arbeitsloser bei der Suva gegen Nichtberufsunfälle versichert, wobei auf den vorliegenden Fall aufgrund der Übergangsbestimmungen die aUVAL zur Anwendung gelangt (vgl. Abs. 1 der Übergangsbestimmungen zur Änderung des UVG vom 25. September 2015, AS 2016 4387; BGE 143 V 341 E. 3.1 S. 343). Von daher lässt sich die vorliegende Konstellation nicht unter der Bestimmung von Art. 86 Abs. 1 lit. c VUV subsumieren, da der Versicherte bei der Suva bloss gegen die Folgen von Nichtberufsunfällen, jedoch nicht in Zusammenhang mit einer beruflichen Tätigkeit versichert war. Folglich ist die Suva in ihrer Funktion als Versicherer von arbeitslosen Personen für Nichtberufsunfälle nicht leistungspflichtig für die Folgen von Berufskrankheiten oder für Leistungen im Rahmen der Prävention von Berufsunfällen und Berufskrankheiten.
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7. Zu prüfen bleibt, ob die Sympany in ihrer Eigenschaft als Unfallversicherer des letzten Arbeitgebers vor Erlass der Nichteignungsverfügung zuständig ist für die allfällige Ausrichtung einer Übergangsentschädigung.
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7.1. | |
7.1.1. Ausgangspunkt jeder Auslegung bildet der Wortlaut der Bestimmung. Ist der Text nicht ganz klar und sind verschiedene Interpretationen möglich, so muss nach seiner wahren Tragweite gesucht werden unter Berücksichtigung aller Auslegungselemente. Abzustellen ist dabei namentlich auf die Entstehungsgeschichte der Norm und ihren Zweck, auf die dem Text zu Grunde liegenden Wertungen sowie auf die Bedeutung, die der Norm im Kontext mit anderen Bestimmungen zukommt. Die Gesetzesmaterialien sind zwar nicht unmittelbar entscheidend, dienen aber als Hilfsmittel, um den Sinn der Norm zu erkennen. Das Bundesgericht hat sich bei der Auslegung von Erlassen stets von einem Methodenpluralismus leiten lassen und nur dann allein auf das grammatikalische Element abgestellt, wenn sich daraus zweifelsfrei die sachlich richtige Lösung ergab (BGE 145 V 2 E. 4.1 S. 6; 142 V 442 E. 5.1 S. 445, je mit Hinweisen).
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7.1.2. Gemäss Art. 86 Abs. 1 lit. c VUV ist das Gesuch um Übergangsentschädigung beim Versicherer jenes Arbeitgebers zu stellen, bei dem der Versicherte zur Zeit des Erlasses der Verfügung gearbeitet hat ("il présente à l'assureur de l'employeur qui l'occupait au moment où la décision a été prise, une demande à cet effet..."; "presenti all'assicuratore del datore di lavoro che l'occupava al momento in cui è stata presa la decisione una domanda corrispondente...").
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7.1.3. Die Zuständigkeit der Suva zum Erlass der Nichteignungsverfügung ergibt sich nicht aufgrund eines Arbeitsverhältnisses, sondern aus ihrer Funktion als Durchführungsorgan im Rahmen der Prävention von Berufsunfällen und Berufskrankheiten (Art. 85 Abs. 1 UVG; Art. 78 Abs. 1 VUV). Die Suva erlässt zwar die Nichteignungsverfügung; sie ist aber in ihrer Funktion als Durchführungsorgan der Prävention nicht leistungspflichtig für allenfalls geschuldete Übergangstaggelder resp. Übergangsentschädigungen. Diese Zuständigkeit kann alle Unfallversicherer gemäss Art. 68 UVG treffen (FRÉSARD/MOSER-SZELESS, a.a.O., S. 1098 Rz. 744).
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7.1.4. Im Zusammenhang mit Art. 84 Abs. 2 UVG kann der Botschaft vom 18. August 1976 zum Bundesgesetz über die Unfallversicherung Folgendes entnommen werden (BBl 1976 III 216 Ziff. 406.12) :
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"Die Entschädigung an Versicherte, die durch den Ausschluss von der bisherigen Arbeit in ihrem Fortkommen erheblich beeinträchtigt werden und keinen Anspruch auf andere Versicherungsleistungen haben, wird vom Bundesrat in analoger Weise zu ordnen sein, wie dies in den Artikeln 18-21 der Verordnung vom 23. Dezember 1960 über die Verhütung von Berufskrankheiten geschehen ist."
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In der parlamentarischen Beratung gab dieser Vorschlag keinen Anlass zu Diskussionen (Urteil 8C_547/2014 vom 15. Oktober 2014 E. 4.2). Die Formulierung von Art. 86 Abs. 1 VUV baut somit auf derjenigen von Art. 18 der bis 31. Dezember 1983 in Kraft gewesenen Verordnung vom 23. Dezember 1960 über die Verhütung von Berufskrankheiten (AS 1960 1660) auf, die wie folgt lautete:
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"Ein Versicherter, der gestützt auf die Artikel 12, Absatz 2 von der ihn gefährdeten Arbeit ausgeschlossen wird und der keinen Anspruch auf Krankengeld- oder Rentenleistungen hat, erhält eine Übergangsentschädigung, sofern er
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a. innert zwei Jahren nach Rechtskraft des Nichteignungsentscheides ein entsprechendes Gesuch stellt;
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b. in einem Zeitraum von zwei Jahren unmittelbar vor Erlass des Nichteignungsentscheides mindestens 300 Tage lang in einem der Versicherung unterstellten Betrieb die Tätigkeit ausgeübt hat, von der er ausgeschlossen wird;
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c. die Vorschriften über die Eignungsuntersuchungen befolgt, insbesondere die ihn gefährdende Tätigkeit innert der festgesetzten Frist aufgegeben hat;
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d. durch den Ausschluss in seinem wirtschaftlichen Fortkommen erheblich beeinträchtigt ist."
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Die Bestimmung enthielt keine Angaben betreffend den für die Übergangsentschädigung zuständigen Versicherer, da vor Inkrafttreten des UVG am 1. Januar 1984 ausschliesslich die Suva Durchführungsorgan der obligatorischen Unfallversicherung war (LÄUBLI ZIEGLER, a.a.O., N. 3 zu Art. 66 UVG; MOSIMANN, a.a.O., N. 1 zu Art. 66 UVG).
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7.1.5. Bei den Übergangsentschädigungen handelt es sich nicht um Versicherungsleistungen im engeren Sinne, sondern um Leistungen, die im Zusammenhang mit der Verhütung von Berufsunfällen und Berufskrankheiten erbracht werden. Mit ihnen soll die versicherte Person einen teilweisen finanziellen Ausgleich von wirtschaftlichen Nachteilen erhalten, die sie im Voraus zur Verhütung einer Schädigung in Kauf nehmen muss. Sie sollen die berufliche Neuorientierung (Suchen einer anderen Stelle, Erwerb neuer beruflicher Kenntnisse und Fertigkeiten) erleichtern (BGE 138 V 41 E. 4.2 S. 44 mit Hinweisen). Durch die Übergangsentschädigung soll der wirtschaftliche Schaden, den der Arbeitnehmer durch den mit der Nichteignungsverfügung verbundenen Eingriff in die persönliche Freiheit erleidet, ausgeglichen werden (Urteil 8C_154/2010 vom 16. August 2010 E. 7.1 mit Hinweisen). Sie setzt weder Arbeitsunfähigkeit noch Invalidität voraus (BGE 138 V 41 E. 4.2 S. 44). Sie soll einen gewissen Ausgleich für die durch das Verbot erlittenen Nachteile schaffen, etwa weil die betroffene Person nunmehr schlechter entlöhnt wird oder während einer gewissen Zeit gar keine Arbeit findet. Die Übergangsentschädigung dient der Vermeidung einer Erkrankung, unabhängig davon, ob eine solche vorliegt bzw. mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen ist oder nicht. Aufgrund des mit ihr verfolgten Zwecks nähert sich die Übergangsentschädigung als Versicherungsleistung der Unfallversicherung derjenigen der Arbeitslosenversicherung an (ADRIAN VON KAENEL, Kommentar zum schweizerischen Sozialversicherungsrecht, Unfallversicherungsgesetz, 2018, N. 9 zu Art. 84 UVG; FRÉSARD/MOSER-SZELESS, a.a.O., S. 1099 Rz. 747 ff.).
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In Bezug auf den Arbeitnehmer hat die Nichteignungsverfügung einen doppelten Zweck. Sie zielt einerseits darauf ab, ihn direkt vor dem Risiko eines Berufsunfalls oder einer Berufskrankheit zu bewahren. Andererseits schützt sie ihn im Verhältnis zum Arbeitgeber. Indem sie auch diesen verpflichtet, bewahrt sie den Arbeitnehmer vor einem Konflikt zwischen seiner Gesundheit und seiner vertraglichen Arbeitspflicht (Art. 321 OR; Urteil 8C_154/2010 vom 16. August 2010 E. 7.1; RKUV 2006 Nr. U 589 S. 401, U 41/05 E. 5.1.4). Durch eine Nichteignungsverfügung soll ein gefährdeter Arbeitnehmer möglichst rasch von der risikobehafteten Tätigkeit ausgeschlossen und so ein gesundheitlicher Schaden des Arbeitnehmers abgewendet werden (Urteil 8C_154/2010 vom 16. August 2010 E. 7.1 mit Hinweisen; vgl. auch Botschaft BBl 1976 III S. 181 Ziff. 362).
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Schliesslich ist auch darauf hinzuweisen, dass die Nichteignung zwar ihre Wirkungen in der Zukunft entfaltet, dass aber die massgeblichen Bestimmungen hinsichtlich Vollzug (Art. 80 Abs. 4 VUV) und den damit verbundenen geldwerten Leistungen (Art. 83 f. und Art. 87 VUV) rückwärts auf das Arbeitsverhältnis der gefährdenden Tätigkeit gerichtet sind und primär den bisherigen Arbeitgeber und dessen Unfallversicherer in die Pflicht nehmen.
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7.1.6. Aus dem Wortlaut (E. 7.1.2) ergibt sich zumindest für jene Fälle, bei welchen die versicherte Person im Zeitpunkt des Erlasses der Nichteignungsverfügung nicht mehr in einem Anstellungsverhältnis steht, keine Lösung für die Zuständigkeitsfrage. Es ergeben sich aber auch keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Personen deshalb keinen Anspruch auf eine Übergangsentschädigung haben sollten. Vielmehr sprechen Sinn und Zweck der Übergangsentschädigung (Ausgleich des wirtschaftlichen Schadens infolge Verbots der Ausübung der bisherigen Tätigkeit; E. 7.1.5) dafür, dass gerade diesen Personen, denen es nicht gelingt, ausserhalb ihres bisherigen Berufs im Erwerbsleben wieder Fuss zu fassen, eine solche zustehen soll. Aus Sinn und Zweck der Nichteignung ergibt sich auch, dass diese direkt mit der bislang ausgeübten Tätigkeit im Zusammenhang steht. Anknüpfungspunkt ist somit stets die konkret ausgeübte, zum Erlass der Nichteignung führende Arbeit und das damit verbundene Anstellungsverhältnis.
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7.1.7. Eine entsprechende Auslegung ist auch in der Empfehlung Nr. 12/85 der Ad-Hoc-Kommission Schaden UVG vorgesehen, wonach als versichertes Risiko gemäss Art. 78 VUV die erhebliche Gefährdung anzusehen ist und für die Übergangsentschädigung daher derjenige Versicherer leistungspflichtig ist, bei dem die versicherte Person zur Zeit der erheblichen Gefährdung versichert war.
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7.2. | |
7.2.1. Aus den Akten geht hervor, dass die Nichteignungsverfügung der Suva vom 24. Mai 2012 im Zusammenhang mit der letzten Tätigkeit des Versicherten als Küchengehilfe in der B.________ AG steht. Die Suva hielt darin fest, im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit des Versicherten seien gesundheitliche Beschwerden aufgetreten. Diese erforderten eine medizinische Abklärung und Beurteilung. Bei der Wiederaufnahme der früheren Tätigkeit sei die Gesundheit des Versicherten erheblich gefährdet. Dieser werde für Arbeiten mit Expositionen zu Getreidemehlstaub und Staub von Nüssen mit sofortiger Wirkung als nicht geeignet erklärt. Für das Einhalten dieser Massnahme seien der Versicherte und sein Arbeitgeber verantwortlich. Er dürfe entsprechende Arbeiten auch in anderen Betrieben nicht ausüben. Die Arbeitgeberin des Versicherten und die Sympany als deren Unfallversicherer waren bereits anlässlich der Besprechung vom 12. Januar 2012 von der Suva darauf hingewiesen worden, dass im Zusammenhang mit den Allergien des Beschwerdegegners der Erlass einer Nichteignungsverfügung vorgesehen sei, wobei in Aussicht gestellt wurde, dass der Einsatz des Versicherten in einer Küche nicht mehr möglich sein würde. Auch wenn die Nichteignungsverfügung vom 24. Mai 2012 erst nach Auflösung des Arbeitsverhältnisses erging, ändert dies nichts am Umstand, dass die Verfügung im Zusammenhang mit der zuletzt ausgeübten Tätigkeit des Versicherten bei der B.________ AG stand.
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7.2.2. Wie dargelegt führt nur eine konkret ausgeübte Tätigkeit zum Erlass einer Nichteignungsverfügung. In diesem Zusammenhang ist auch auf die Voraussetzung gemäss Art. 86 Abs. 1 lit. b VUV hinzuweisen, wonach die versicherte Person die gefährdende Arbeit mindestens 300 Tage lang ausgeübt haben muss. Infolge des Zusammenhangs zwischen der hier konkret ausgeübten Tätigkeit (Küchendienst in der B.________ AG) und der Nichteignung für Arbeiten in Zusammenhang mit bestimmten Lebensmitteln ist deshalb der dannzumal zuständig gewesene Unfallversicherer, hier die Sympany, (bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen) leistungspflichtig. Sie hatte denn auch in ihrem Schreiben an den Vertreter des Versicherten vom 3. Januar 2017 ihre Zuständigkeit mit Verweis auf die Besprechung mit der Suva vom 12. Januar 2012 anerkannt. Sie verneinte aber einen Anspruch mit der Begründung, dass das Gesuch um eine Übergangsentschädigung vom 11. Dezember 2015 nicht innert der Frist von Art. 86 lit. c VUV gestellt worden sei, woran sie in der Folge in ihrer Verfügung vom 10. Februar 2017 festhielt. Erst im Einspracheentscheid vom 23. März 2018 stellte sich die Sympany auf den Standpunkt, nicht zuständig zu sein, weil der Versicherte im Zeitpunkt des Erlasses der Nichteignungsverfügung vom 24. Mai 2012 bei der Arbeitslosenkasse gemeldet und somit bei der Suva versichert gewesen sei.
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7.2.3. Im vorliegenden Fall rechtfertigt es sich daher, die Sympany als Versicherer des letzten Arbeitgebers des Beschwerdegegners als zuständig für eine (allfällig geschuldete) Übergangsentschädigung gemäss Art. 86 Abs. 1 VUV zu erklären. Für diese Auslegung spricht auch, dass es die Konstellation geben kann, in der die versicherte Person nach Aufgabe eines Arbeitsverhältnisses keine Ansprüche auf Leistungen der Arbeitslosenversicherung hat und daher weder bei der Suva noch bei einem Arbeitgeber nach UVG obligatorisch gegen die Folgen von Berufsunfällen und Berufskrankheiten versichert ist. Würde der Argumentation der Sympany gefolgt, hätte dies zur Folge, dass der versicherten Person überhaupt keine Übergangsentschädigung zustehen würde, was nicht der Wille des Gesetzgebers gewesen sein kann. Auch zeigt der hier zu beurteilende Fall auf, dass der Anknüpfungspunkt des Unfallversicherers der letzten schädigenden Tätigkeit folgerichtig ist, da es andernfalls im Belieben des Arbeitgebers stehen würde, mit einer schnellen Auflösung des Arbeitsverhältnisses die Leistungspflicht seines Unfallversicherers zu verhindern. Dies würde ein eigentlich rechtsmissbräuchliches Verhalten legitimieren.
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7.2.4. Schliesslich kann die Sympany - wie die Vorinstanz zutreffend festhält - entgegen ihrer Auffassung aus dem Urteil 8C_154/2010 vom 16. August 2010 nichts zu ihrem Gunsten ableiten. In jenem Fall war die Nichteignungsverfügung rund sieben Jahre nach Auflösung des Arbeitsverhältnisses, das zu einer Berufskrankheit geführt hatte, rückwirkend auf den Zeitpunkt der Auflösung des Arbeitsverhältnisses erlassen worden. Das Bundesgericht liess im erwähnten Urteil die Frage offen, ob beim Zweck der Nichteignungsverfügung eine solche beinahe sieben Jahre rückwirkend erlassen werden könne, oder ob eine rückwirkende Nichteignungsverfügung nicht praktisch wirkungslos und unsinnig sei (Urteil 8C_154/2010 vom 16. August 2010 E. 7.1). Ein Anspruch auf Übergangsentschädigung wurde in jenem Fall bereits mangels Beeinträchtigung der Versicherten in ihrem wirtschaftlichen Fortkommen gemäss Art. 86 Abs. 1 lit. a VUV verneint. Nur ergänzend und in einem Satz wurde darauf hingewiesen, dass die Versicherte zum Zeitpunkt des Erlasses der Nichteignungsverfügung nicht mehr bei der Beschwerdegegnerin nach UVG versichert gewesen sei (Urteil 8C_154/2010 vom 16. August 2010 E. 7.2). Es erfolgte denn auch keine eingehende Auseinandersetzung mit der Voraussetzung gemäss Art. 86 Abs. 1 lit. c VUV. Jedenfalls lässt sich für die vorliegend strittige Frage aus jenem Urteil nichts ableiten. Im hier zu beurteilenden Fall wurde die Nichteignungsverfügung nicht rückwirkend und nur rund drei Monate nach Auflösung des letzten Arbeitsverhältnisses erlassen, bei welchem der Versicherte der gesundheitsgefährdenden Tätigkeit ausgesetzt gewesen war. Die Abklärungen, die zum Erlass der Nichteignungsverfügung führten, waren - wie bereits erwähnt - noch während des Arbeitsverhältnisses eingeleitet worden. Im Gegensatz zum Sachverhalt gemäss Urteil 8C_154/2010 macht vorliegend eine nur kurze Zeit nach Auflösung des letzten Arbeitsverhältnisses erlassene Nichteignungsverfügung bei einem Versicherten, der nach längerer Zeit der Arbeitslosigkeit keine neue Arbeit fand, durchaus Sinn.
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7.2.5. Die Frage der Zuständigkeit in Fällen, in denen die versicherte Person im Zeitpunkt des Erlasses der Nichteignungsverfügung bei einem anderen Arbeitgeber als jenem, bei dem sie die gefährdende Tätigkeit zuletzt ausübte, beschäftigt ist oder war, kann hier offen gelassen werden. Ebenfalls braucht nicht entschieden zu werden, ob sich eine analoge Anwendung der Bestimmung von Art. 77 Abs. 1 UVG rechtfertigt. Auffallend ist jedoch, dass die vorgenommene Auslegung des Art. 86 Abs. 1 lit. c VUV mit dem Anknüpfungspunkt des letzten Arbeitsverhältnisses, das die versicherte Person der sie gefährdenden Stoffe aussetzte, im Ergebnis Art. 77 Abs. 1 Satz 2 UVG entspricht, wonach bei Berufskrankheiten der Sozialversicherungsträger zu Leistungen verpflichtet ist, bei dem die Versicherung bestanden hat, als der Arbeitnehmer zuletzt durch schädigende Stoffe oder bestimmte Arbeiten oder durch berufliche Tätigkeiten gefährdet war. Bei Berufskrankheiten, die in mehreren, bei verschiedenen Unfallversicherern angeschlossenen Betrieben verursacht wurden (Art. 77 Abs. 3 lit. d UVG), ist gemäss Art. 102 Abs. 1 UVV der Versicherte des Betriebes leistungspflichtig, bei dem der Arbeitnehmer zur Zeit der letzten Gefährdung beschäftigt war.
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7.3. Nach dem Gesagten verletzte die Vorinstanz kein Bundesrecht, indem sie die Sympany als zuständig nach Art. 86 Abs. 1 VUV erklärte.
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8. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat die Sympany die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Gemäss Art. 65 Abs. 5 BGG kann in Ausnahmefällen über den Höchstbetrag nach Art. 65 Abs. 4 lit. a BGG hinausgegangen werden, jedoch höchstens bis zum Betrag von Fr. 10'000.-. Angesichts des grossen verursachten Aufwands sind unter Anwendung von Art. 65 Abs. 5 BGG Gerichtskosten in der Höhe von Fr. 3000.- gerechtfertigt.
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Überdies hat die Sympany dem Versicherten eine Parteientschädigung zu entrichten (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).
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1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
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2. Die Gerichtskosten von Fr. 3000.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
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3. Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2800.- zu entschädigen.
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4. Dieses Urteil wird den Parteien, der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (Suva), dem Kantonsgericht Basel-Landschaft und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
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Luzern, 3. Juni 2020
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Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Maillard
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Die Gerichtsschreiberin: Riedi Hunold
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