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Informationen zum Dokument  BGer 9C_826/2019  Materielle Begründung
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BGer 9C_826/2019 vom 22.06.2020
 
 
9C_826/2019
 
 
Urteil vom 22. Juni 2020
 
 
II. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Parrino, Präsident,
 
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Glanzmann,
 
Gerichtsschreiber Williner.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
vertreten durch Advokatin Sabine Bürgisser,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, Bahnhofplatz 16, 4410 Liestal,
 
Beschwerdegegner.
 
Gegenstand
 
Alters- und Hinterlassenenversicherung,
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 31. Oktober 2019 (710 17 346).
 
 
Sachverhalt:
 
A. A.________ bezieht seit 2007 eine Hilflosenentschädigung für eine Hilflosigkeit leichten Grades (Verfügung vom 3. Dezember 2012). Aufgrund einer neu ermittelten mittleren Hilflosigkeit erhöhte die Ausgleichskasse Basel-Landschaft die Entschädigung rückwirkend ab Mai 2016 (Verfügung vom 21. November 2016). Eine dagegen erhobene Einsprache hiess diese insofern gut, als sie die höhere Hilflosenentschädigung bereits ab April 2016 gewährte (Einspracheentscheid vom 7. September 2017). Dagegen erhob A.________ Beschwerde beim Kantonsgericht Basel-Landschaft. Nachdem dieses verschiedene Gesuche (betreffend Sistierung, Vergleichsverhandlungen, Beiladungen und unentgeltliche Rechtspflege) behandelt hatte, drohte es am 7. Februar 2019 eine reformatio in peius an und gewährte A.________ eine Frist zur Stellungnahme sowie zum Beschwerderückzug. Am 27. Mai 2019 erklärte dieser, er halte an der Beschwerde fest. In der Folge teilte das Kantonsgericht am 7. August 2019 mit, es werde eine Parteiverhandlung durchgeführt und Dr. med. B.________ als Auskunftsperson geladen; der Beschwerdeführer werde vom persönlichen Erscheinen dispensiert. Mit Vorladung vom 17. September 2019 teilte das Gericht zudem seine Zusammensetzung mit, worauf A.________ um Ablehnung der Präsidentin C.________, des Vizepräsidenten D.________ und des Gerichtsschreibers E.________ wegen Befangenheit bzw. Anscheins einer solchen ersuchte.
1
B. Mit Beschluss vom 31. Oktober 2019 wies das Kantonsgericht das Ausstandsbegehren ab.
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C. A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und beantragt, es sei der Beschluss vom 31. Oktober 2019 aufzuheben und die im Hauptverfahren anstehende Verhandlung mit ordnungsgemäss besetztem Gericht durchzuführen, wobei C.________, D.________ und E.________ auszuschliessen seien. Die ordentlichen und ausserordentlichen Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens seien - eventualiter gemäss BeHiG - dem Staat aufzuerlegen. Subeventualiter sei dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren die unentgeltliche Verbeiständung durch lic. iur. Sabine Bürgisser zu bewilligen.
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Erwägungen:
 
1. Beim angefochtenen Beschluss vom 31. Oktober 2019 handelt es sich um einen selbständig eröffneten Zwischenentscheid einer letzten kantonalen Instanz im Sinne von Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG über ein Ausstandsbegehren (Art. 92 Abs. 1 BGG) im Rahmen einer Streitigkeit (Anspruch auf Hilflosenentschädigung), die der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unterliegt (Art. 82 lit. a BGG und Art. 62 Abs. 1 ATSG). Die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen sind ebenfalls erfüllt und geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist somit zulässig, und es ist darauf einzutreten (BGE 133 III 645 E. 2.2 S. 647 f.; Urteil 9C_594/2019 vom 25. März 2020 E. 1).
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2.
 
2.1. Streitig ist, ob Vizepräsident D.________ und Gerichtsschreiber E.________, die im hängigen kantonalen Beschwerdeverfahren betreffend den Anspruch des Beschwerdeführers auf Hilflosenentschädigung mitgewirkt haben, infolge Befangenheit respektive Anscheins einer solchen in den Ausstand zu treten haben. Soweit das Ausstandsbegehren die Präsidentin C.________ betrifft, ist dieses angesichts deren Pensionierung per Ende März 2020 gegenstandslos geworden. Auf die diesbezüglichen Vorbringen in der Beschwerde wird im Rahmen der subeventualiter beantragten unentgeltlichen Rechtspflege zurückzukommen sein (vgl. nachfolgend E. 4.3).
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2.2. Das Bundesgericht prüft die Verletzung von Bundesrecht oder Völkerrecht (Art. 95 lit. a und b BGG) grundsätzlich frei. Die Regelung des Ausstands von Gerichtspersonen im Verfahren vor dem kantonalen Versicherungsgericht ist eine Frage des kantonalen Rechts. Dessen Auslegung und Anwendung prüft das Bundesgericht von hier nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen lediglich unter dem eingeschränkten Gesichtswinkel des Willkürverbots (Art. 9 BV; BGE 131 I 467 E. 3.1 S. 473 f.). Dagegen prüft es grundsätzlich frei, ob willkürfrei ausgelegtes kantonales Prozessrecht im Ergebnis zu einer Verletzung von Bundes- oder Völkerrecht führt, insbesondere mit der Garantie eines unabhängigen und unparteiischen Gerichts gemäss Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK, der insoweit nicht weitergeht, vereinbar ist (Urteile 8C_629/2008 vom 3. Dezember 2008 und 9C_836/2008 vom 30. Oktober 2008 E. 2.2 und 3.1 sowie 8C_555/2007 vom 31. Juli 2008 E. 4.1, in: SVR 2009 UV Nr. 2 S. 5 und Nr. 8 S. 30).
6
 
3.
 
3.1. Die gegen den Vizepräsidenten und den Gerichtsschreiber vorgebrachten Rügen beschränken sich im Wesentlichen auf den Hinweis, diese erweckten aufgrund ihrer Mitwirkung am Verfahren und insbesondere am Beschluss vom 7. Februar 2019 betreffend die Androhung eines seine Rechtsstellung verschlechternden Verfahrensausgangs den Anschein der Befangenheit. In Bezug auf diesen Beschluss macht der Beschwerdeführer geltend, der ganze Spruchkörper habe sich darin derart klar und eindeutig über diverse Rechts- und Sachverhaltsfragen geäussert, dass es absolut unwahrscheinlich erscheine, dass nun der überwiegend identisch zusammengesetzte Spruchkörper einer anderen Bewertung der Sach- und Rechtslage aufgrund weiterer Abklärungen noch zugänglich wäre.
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3.2. Die Vorinstanz hat die Rechtsprechung zur Frage der Unvoreingenommenheit von Gerichtspersonen infolge Vorbefassung richtig wiedergegeben. Darauf wird verwiesen. Zu ergänzen ist, dass es im Hinblick auf den Endentscheid grundsätzlich keinen Anschein von Befangenheit erweckt, wenn ein kantonales Versicherungsgericht mit summarischer Begründung gestützt auf eine vorläufige Würdigung der Beweise und unter Gewährung des rechtlichen Gehörs der Beschwerde führenden Person eröffnet, dass es eine Schlechterstellung in Betracht zieht (Urteil 9C_821/2013 vom 29. Januar 2014 E. 6.1.2 mit Hinweisen). Die gerichtliche Auseinandersetzung mit dem Fall - wobei der instruierenden Richterperson bei der Ausgestaltung verfahrensleitender Verfügungen und ihrer Begründung ein erheblicher Gestaltungsspielraum zusteht - liegt denn auch im Interesse der Partei, muss diese ihren Entscheid, die Beschwerde zurückzuziehen oder aufrechtzuerhalten, doch im Wissen um die ausschlaggebenden Gesichtspunkte treffen können (Urteil 8C_970/2010 vom 12. Januar 2011 E. 4.3 mit Hinweisen).
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3.3. Wie die Vorinstanz richtig erwogen hat, geht aus der Formulierung des Beschlusses vom 7. Februar 2019 hervor, dass es sich um eine vorläufige Beurteilung der Sach- und Rechtslage handelt. Auch steht ausser Frage, dass dem Beschwerdeführer die Gelegenheit eingeräumt wurde, sich zu den dargelegten Gesichtspunkten zu äussern. Was in der Beschwerde diesbezüglich vorgebracht wird, verfängt nicht. So räumt der Beschwerdeführer ein, das kantonale Gericht habe zumindest teilweise Formulierungen gewählt, welche auf Ergebnisoffenheit hindeuten würden. Die Einwände, mit welchen er diese Ergebnisoffenheit dennoch in Zweifel zieht, beschränken sich auf die Darlegung seiner persönlichen Sicht, wie die Vorinstanz die medizinischen Akten, welche seiner Auffassung nach allesamt "bereits eine deutliche Sprache sprechen" vorläufig hätte würdigen müssen. Seine Vorbringen beschlagen damit einzig die kontroverse Würdigung der Beweise in der konkreten Verfahrenslage. Damit lässt sich - soweit überhaupt rechtsgenüglich gerügt - weder eine Verletzung des Willkürverbots noch ein Ausstandsgrund im Sinne von Art. 30 Abs. 1 BV begründen. Dies gilt auch für die übrigen Vorbringen in der Beschwerde, soweit diese überhaupt sachbezogen sind.
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4.
 
4.1. Da die Beschwerde offensichtlich unbegründet ist, wird sie im Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG mit summarischer Begründung und unter Hinweis auf den kantonalen Gerichtsentscheid (Art. 109 Abs. 3 BGG) erledigt.
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4.2. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Insofern er eventualiter gestützt auf das Bundesgesetz vom 13. Dezember 2002 über die Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen (Behindertengleichstellungsgesetz, BehiG; SR 151.3) eine Auferlegung der Kosten auf den Staat beantragt, ist weder ersichtlich noch in der Beschwerde dargetan, inwiefern hier eine Streitigkeit nach Art. 7 oder 8 BehiG vorliegen soll. Im Übrigen sähe Art. 10 Abs. 3 BehiG ohnehin vor, dass sich die Gerichtskosten für Verfahren vor dem Bundesgericht nach dem BGG richten.
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4.3. Mit Blick auf die subeventualiter beantragte Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ist darauf hinzuweisen, dass an der offensichtlichen Unbegründetheit der Beschwerde nichts änderte, wenn die gegen C.________ vorgebrachten Ausstandsgründe beachtlich wären. So enthält der angefochtene Entscheid, auf den verwiesen wird (Art. 109 Abs. 3 BGG), auch eine ausführliche Auseinandersetzung mit diesen Einwänden. Was dagegen in der 64 Seiten umfassenden, die Grenze der Weitschweifigkeit (Art. 42 Abs. 6 BGG) tangierenden Beschwerde vorgebracht wird, beschränkt sich - soweit überhaupt sachbezogen - auf unzulässige appellatorischer Kritik. Eine Verletzung des Willkürverbots oder ein Ausstandsgrund im Sinne von Art. 30 Abs. 1 BV - soweit solche überhaupt rechtsgenüglich gerügt wären - liesse sich damit ebenfalls nicht begründen. Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wird somit infolge Aussichtslosigkeit der Beschwerde abgewiesen (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). Indes wird umständehalber auf die Erhebung von Gerichtskosten verzichtet (Art. 66 Abs. 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
 
3. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
4. Dieses Urteil wird den Parteien, der Ausgleichskasse Basel-Landschaft, der IV-Stelle Basel-Stadt und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 22. Juni 2020
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Parrino
 
Der Gerichtsschreiber: Williner
 
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