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Informationen zum Dokument  BGer 6B_1464/2019  Materielle Begründung
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BGer 6B_1464/2019 vom 17.07.2020
 
 
6B_1464/2019
 
 
Urteil vom 17. Juli 2020
 
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Denys, Präsident,
 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
 
Bundesrichter Muschietti,
 
Gerichtsschreiber Weber.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Versuchte vorsätzliche Tötung, sexuelle Nötigung, Vergewaltigung,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts
 
des Kantons Aargau, Strafgericht, 1. Kammer,
 
vom 28. November 2019 (SST.2018.314).
 
 
Sachverhalt:
 
A. Die Staatsanwaltschaft wirft A.________ mit Anklageschrift vom 27. November 2017 zusammengefasst vor, er habe am 12. November 2015 seine auf dem Fahrersitz eines Personenwagens sitzende Ehefrau mit dem Tod bedroht und zum Anhalten aufgefordert. Anschliessend habe er ihr auf einem Garagenvorplatz im Fahrzeug mit einem Schweizer Taschenmesser 38 Stich- und Schnittverletzungen zugefügt, verteilt auf Kopf, Hals, rechtsseitigen Oberkörper im Brust- sowie Bauchbereich, Arme und rechten Oberschenkel/Knie. Zudem habe er sie mindestens dreimal in den rechten Unterarm gebissen. Durch Ziehen an ihrem Halstuch habe er verhindert, dass sie aus dem Fahrzeug habe fliehen können. Erst durch physisches Eingreifen eines Passanten habe A.________ von einer Tötung abgehalten werden können.
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Überdies habe A.________ seiner im Bett liegenden Ehefrau Mitte September 2015 ein Küchenmesser an den Hals gehalten, nachdem sie nach einem Streit keinen Geschlechtsverkehr mit ihm gewollt habe. Sie habe geschrien, worauf er ihr zweimal in den linken Oberarm gestochen, und sie geweint habe. Der Aufforderung, ihn oral zu befriedigen, sei sie nach der Drohung, ihr ansonsten den Hals abzuschneiden, nachgekommen. Nachdem er das Messer in der Küche weggeräumt habe, habe sich A.________ ins Bett gelegt und sei mit seinem Penis vaginal in die weinende sowie infolge der Nachwirkung der Todesdrohung zum Widerstand unfähige Ehefrau eingedrungen.
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B. Das Bezirksgericht Aarau verurteilte A.________ am 20. Juni 2018 wegen versuchter vorsätzlicher Tötung, qualifizierter sexueller Nötigung und qualifizierter Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von 12 Jahren. Zudem ordnete es eine ambulante psychotherapeutische Massnahme an.
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Auf Berufung von A.________ und Anschlussberufung der Staatsanwaltschaft sprach ihn das Obergericht des Kantons Aargau am 28. November 2019 ebenso der versuchten vorsätzlichen Tötung, der qualifizierten sexuellen Nötigung sowie der qualifizierten Vergewaltigung schuldig und ordnete eine ambulante psychotherapeutische Massnahme an. Es belegte ihn indessen mit einer Freiheitsstrafe von 15 Jahren.
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C. A.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, die Freiheitsstrafe sei zu reduzieren und er ersucht um unentgeltliche Rechtspflege.
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Erwägungen:
 
1. Der Beschwerdeführer ist durch das vorinstanzliche Urteil beschwert und damit zur Beschwerde berechtigt (Art. 81 Abs. 1 lit. a und b Ziff. 1 BGG). In der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG). Die Begründung muss sich mit dem angefochtenen Entscheid auseinandersetzen (BGE 140 III 115 E. 2). Der Beschwerdeführer wendet sich mit einer Laienbeschwerde gegen das Urteil. Im vorinstanzlichen Verfahren wurde er amtlich verteidigt. Angesichts der Fallgestaltung und aufgrund einer bei Laienbeschwerden üblichen wohlwollenden Betrachtungsweise (Urteil 6B_1066/2019 vom 4. Dezember 2019 E. 2.2) ist auf die Beschwerde einzutreten. Soweit indes eine Rechtsverletzung nicht geradezu offensichtlich erscheint, ist das Bundesgericht nicht gehalten, wie ein erstinstanzliches Gericht, alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu prüfen, wenn diese vor Bundesgericht nicht vorgetragen werden (BGE 143 V 19 E. 2.3 S. 24).
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2.
 
2.1. Der Beschwerdeführer bringt sinngemäss vor, er bestreite den vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt vom 12. November 2015 im Grundsatz zwar nicht, diese Tat sei indessen statt als versuchte vorsätzliche Tötung als schwere Körperverletzung, eventualiter als versuchter Totschlag zu qualifizieren. Eine tödliche Verletzung habe er nicht in Kauf genommen und die Vorinstanz habe den Umstand einer belastenden Beziehung sowie heftigen Gemütsbewegung nicht gewürdigt.
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2.2. Den vorinstanzlichen Erwägungen zum Schuldspruch der versuchten vorsätzlichen Tötung ist im Wesentlichen zu entnehmen, der Beschwerdeführer habe ausser Kontrolle und aufgrund des Verletzungsbildes wahllos mit dem Schweizer Taschenmesser, das eine Klingenlänge von 6,7 cm sowie Klingenbreite von 1,2 cm aufweise, auf seine damalige Ehefrau eingestochen. Sie habe laut Gutachten 38 Stich- und Schnittverletzungen, verteilt auf Kopf, Hals, Rumpf sowie Extremitäten und drei Bissverletzungen am rechten Arm aufgewiesen. Drei Stichverletzungen seien an der Leber mit freiem Blut in der Bauchhöhle sowie Luft in der rechten Brusthöhle festgestellt worden. Aufgrund eines relevanten Blutverlusts habe sich das Opfer in einem lebensgefährlichen Zustand befunden und wäre ohne sofortige notärztliche Versorgung der Verletzungen an der Leber sowie Entfernung der Luft in der Brusthöhle verstorben. Das Opfer habe nicht entkommen können und sei dem Beschwerdeführer wehrlos ausgeliefert gewesen (vgl. angefochtenes Urteil, E. 2.5 S. 7 f.). Der Beschwerdeführer habe hauptsächlich gegen Brust und Bauch rechts gestochen. Er habe dreimal die Leber getroffen und nur knapp die arteria carotis interna verfehlt. Die Sorgfaltspflichtverletzung wiege schwer. Bei den unzähligen, wahllos verteilten sowie unkontrolliert ausgeführten Messerstichen insbesondere in Brust und Bauch sei das Risiko der Tatbestandsverwirklichung, d.h. des Eintritts des Todes, als hoch einzustufen. Es seien keine Umstände ersichtlich, wieso er dieses Risiko nicht habe erkennen oder voraussehen können. Der Beschwerdeführer habe in der dynamischen Auseinandersetzung nicht darauf vertrauen können, dass die Todesgefahr sich nicht verwirklichen oder abgewendet werden könne. Der glimpfliche Ausgang sei einzig dem physischen Einschreiten von Passanten und der schnellen notärztlichen Versorgung zuzuschreiben. Der Beschwerdeführer hätte weiter eingestochen. Von einer fehlenden Tötungsabsicht könne keine Rede sein, was er überdies durch seine Äusserung, er werde das Opfer umbringen, auch verbal zum Ausdruck gebracht habe. Es liege direkter Vorsatz vor (vgl. angefochtenes Urteil, E. 2.5 S. 7 und E. 2.7 S. 11).
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Die Vorinstanz erwägt weiter, der Beschwerdeführer habe sich durch seine Ehefrau gekränkt, beleidigt, in der Ehre sowie im Stolz verletzt, provoziert und als Mann winzig gefühlt, weil sie sich nicht nach seinem Wunsch verhalten habe. Er habe mithin nicht über ihr Leben bestimmen können. Keiner der Gründe wie Kommunikation mit anderen Männern, Ferien alleine planen, das Vorlesen von sogenannten Todesnachrichten, das Verweigern des Heimfahrens oder der aufgrund des Verhaltens des Beschwerdeführers gefasste Entschluss, ihn zu verlassen, rechtfertigten die Tat oder liessen sie bei Beurteilung nach ethischen Gesichtspunkten in einem milderen Licht erscheinen. Sowohl eine heftige Gemütsbewegung als auch eine grosse seelische Belastung fielen ausser Betracht, da jedenfalls die Entschuldbarkeit nicht gegeben sei. Auch wenn der Beschwerdeführer aufgrund dieser Gründe wütend sowie subjektiv gekränkt gewesen sei und sich verzweifelt gefühlt habe, liege deren Ursache und Zunahme gerade in seinem kontrollierenden sowie eifersüchtigen Verhalten. Überdies hätten die Streitpunkte seit längerem bestanden. Es könne offenbleiben, ob der Beschwerdeführer ein traditionell sowie nach Sittenrecht lebender oder ein offener Mensch sei, wie er behaupte. Denn es wäre nicht eine Kultur, sondern eine Tat sowie ihr Täter zu beurteilen. Die Verwerflichkeit sei nach der ethischen Qualität des Beweggrundes und nicht nach der Herkunft des Täters zu beurteilen. Der Beweggrund liege in der Eifersucht und vor allem im gekränkten Ego des Beschwerdeführers (vgl. angefochtenes Urteil, E. 2.8 S. 12 f.).
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2.3. Wer vorsätzlich einen Menschen tötet, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft (Art. 111 StGB). Ein Versuch liegt vor, wenn der Täter sämtliche subjektiven Tatbestandsmerkmale erfüllt und seine Tatentschlossenheit manifestiert hat, ohne dass alle objektiven Tatbestandsmerkmale verwirklicht sind (Art. 22 Abs. 1 StGB; BGE 140 IV 150 E. 3.4 S. 152; 137 IV 113 E. 1.4.2 S. 115; 131 IV 100 E. 7.2.1 S. 103; je mit Hinweisen).
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2.4. Für das Bundesgericht verbindlich und gutachterlich steht fest, dass der Beschwerdeführer dem Opfer ausser Kontrolle 38 Stich- und Schnittverletzungen zufügte, davon drei an der Leber und eine am Hals, nahe der arteria carotis interna. Aufgrund seines relevanten Blutverlusts befand sich das Opfer in einem lebensgefährlichen Zustand und wäre ohne sofortige notärztliche Versorgung verstorben. Die Vorinstanz begründet überzeugend, dass das Risiko des Todeseintritts bei den unzähligen, wahllos verteilten sowie unkontrolliert ausgeführten Messerstichen insbesondere in Brust und Bauch als hoch einzustufen ist und der Beschwerdeführer nicht darauf vertrauen konnte, dass sich dieses nicht verwirklichen werde. Weiter stellt sie mehrfach fest und der Beschwerdeführer beanstandet nicht, dass er gar weiter auf das Opfer eingestochen hätte, wenn er nicht von Passanten davon abgehalten worden wäre. Davon unbesehen, dass sich der Beschwerdeführer mit diesen und den bereits wiedergegebenen vorinstanzlichen Erwägungen zum Schuldspruch wegen versuchter vorsätzlicher Tötung (vgl. E. 2.2 hiervor) nicht auseinandersetzt, erweist sich seine Rüge als unbegründet. Unter den genannten Umständen kann entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht ernsthaft vorgebracht werden, dass seine Tat bloss als schwere Körperverletzung im Sinne von Art. 122 StGB zu qualifizieren sei. Ebenso wenig bestand für die Vorinstanz begründeter Anlass, den Beschwerdeführer wegen des privilegierten Tatbestands des Totschlags nach Art. 113 StGB zu bestrafen. Seine Behauptungen einer belastenden Beziehung und einer heftigen Gemütsbewegung belegt er nicht und diese wären ohnehin nicht geeignet, eine Rechtsverletzung darzutun. Denn selbst wenn sich der Beschwerdeführer in einem solchen Zustand befunden hätte, könnte er sich nicht darauf berufen. Ein entsprechender Zustand müsste entschuldbar sein. Schon die erste Instanz legte dar, weshalb sich der Beschwerdeführer die Beziehungsprobleme selbst zuzuschreiben hatte (vgl. kant. Akten, act. 031). Da auch die Vorinstanz nachvollziehbar erkennt, der Beschwerdeführer habe seine Gefühlslage durch sein kontrollierendes und eifersüchtiges Verhalten selbst verursacht (vgl. E. 2.2 hiervor sowie E. 3.2 hiernach) und ferner auch er vor Bundesgericht vorbringt, er habe die Ablehnung durch seine Ehefrau provoziert, wäre sein Zustand nicht entschuldbar (vgl. zur Entschuldbarkeit beim Totschlag BGE 119 IV 202 E. 2a und b S. 203 ff.).
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Somit verstösst die vorinstanzliche rechtliche Würdigung der Tat des Beschwerdeführers vom 12. November 2015 als versuchte vorsätzliche Tötung nicht gegen Bundesrecht.
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3.
 
3.1. Der Beschwerdeführer wendet sich sodann gegen die Strafzumessung. Er trägt vor, die Vorinstanz habe zutreffend beschrieben, was ihn bewegt habe, aber seine psychische Qual und die kulturell bedingten inneren Konflikte, nachdem er in der Türkei in einem patriarchalischen Milieu aufgewachsen und dadurch geprägt worden sei, nicht genügend berücksichtigt.
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3.2. Die Vorinstanz erwägt zur Strafzumessung, die Verletzungen des Opfers seien deutlich über die blosse Erfüllung des Tatbestands hinaus gegangen, wofür bereits ein einzelner Messerstich in die Leber, Brust oder Bauch genügen würde. Die Tatausführung sei grausam, übertrieben sowie überschiessend gewesen. Das Opfer habe während einer gewissen Zeit Schmerzen ausstehen müssen, was insbesondere aufgrund der Vielzahl an Verletzungen zumindest leicht über die blosse Erfüllung des Tatbestands hinausgegangen sei. Der Beschwerdeführer habe aus Wut oder Zorn sowie subjektiv empfundener Verzweiflung und Beleidigung gehandelt, da er nicht über das Leben des Opfers habe bestimmen können. Ursächlich sowie verstärkend für die bestehenden Probleme sei gerade das kontrollierende sowie eifersüchtige Verhalten des Beschwerdeführers gewesen. Er habe aus rein egoistischen und nichtig erscheinenden Beweggründen gehandelt. Statt die Entscheidungen des Opfers zu akzeptieren, habe er seinen Willen darüber gestellt, was straferhöhend zu berücksichtigen sei. Das Vorgehen sei nicht geplant gewesen, sondern der Beschwerdeführer sei aufgrund der angestauten, subjektiv empfundenen Kränkungen ausgerastet, was sich neutral auswirke, da er die Ursachen selbst geschaffen habe. Die Streitigkeiten hätten angedauert und das Opfer habe seit längerem Trennungsabsichten geäussert. Statt sich damit abzufinden habe sich der Beschwerdeführer für die Anwendung von Gewalt entschieden.
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Die Tathandlung sei insgesamt näher bei Mord als bei Totschlag anzusiedeln, sodass bei uneingeschränkter Schuldfähigkeit von einem schweren Tatverschulden auszugehen sei.
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Gemäss psychiatrischem Gutachten vom 20. September 2016 leide der Beschwerdeführer unter einer mittelgradigen depressiven Episode sowie einer wahnhaften Störung, die beide auf dem Boden der speziellen Migrationssituation und der mittlerweile auch in der dritten Ehe aufgetauchten, ehelichen Schwierigkeiten samt Existenzängsten entstanden seien. Laut Gutachten habe eine leichte Verminderung der Schuldfähigkeit vorgelegen. Damit vermindere sich das schwere zu einem mittelschweren bis schweren Verschulden, wofür eine hypothetische Freiheitsstrafe von 14 Jahren angemessen erscheine.
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Dass es bei einem Versuch geblieben sei, sei im Umfang von 2 Jahren strafmildernd zu berücksichtigen. Der Beschwerdeführer hätte die Tathandlung weitergeführt und damit den Erfolgseintritt der vorsätzlichen Tötung nicht aktiv verhindert. Der glimpfliche Ausgang sei einzig nach anfänglich vergeblichen verbalen Aufforderungen dem physischen Einschreiten von Passanten und der schnellen notärztlichen Versorgung zuzuschreiben. Die Einsatzstrafe für die versuchte vorsätzliche Tötung sei somit auf 12 Jahre festzusetzen (vgl. angefochtenes Urteil, E. 4.3.1 S. 19 ff.).
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Im breiten Spektrum der von den Tatbeständen der qualifizierten Vergewaltigung und der qualifizierten sexuellen Nötigung erfassten Sachverhalte wiege das Verschulden bezüglich dieser Taten insgesamt je nicht mehr leicht bis mittelschwer. Eine Einschränkung der Schuldfähigkeit liege diesbezüglich nicht vor. Die sexuelle Nötigung sei in einem engen Zusammenhang mit der Vergewaltigung gestanden, was den Gesamtschuldbeitrag geringer erscheinen lasse (vgl. angefochtenes Urteil, E. 4.3.2 S. 23). Es rechtfertige sich, die Einsatzstrafe von 12 Jahren Freiheitsstrafe aufgrund dieser Delikte um drei Jahre auf 15 Jahre zu erhöhen (vgl. angefochtenes Urteil, E. 4.3.3 S. 23).
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3.3. Das Gericht misst die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu. Es berücksichtigt das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse sowie die Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters (Art. 47 Abs. 1 StGB). Das Verschulden wird nach der Schwere der Verletzung oder Gefährdung des betroffenen Rechtsguts, nach der Verwerflichkeit des Handelns, den Beweggründen und Zielen des Täters sowie danach bestimmt, wie weit der Täter nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war, die Gefährdung oder Verletzung zu vermeiden (Art. 47 Abs. 2 StGB).
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Es liegt im Ermessen des Sachgerichts, in welchem Umfang es die verschiedenen Strafzumessungsfaktoren berücksichtigt. Das Bundesgericht greift in die Strafzumessung nur ein, wenn die Vorinstanz den gesetzlichen Strafrahmen über- oder unterschritten hat, wenn sie von rechtlich nicht massgebenden Kriterien ausgegangen ist oder wesentliche Gesichtspunkte ausser Acht gelassen bzw. in Überschreitung oder Missbrauch ihres Ermessens falsch gewichtet hat (BGE 144 IV 313 E. 1.2 S. 319; 136 IV 55 E. 5.6 S. 61; je mit Hinweisen).
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Weiss der ausländische Täter, dass seine Tat auch in seinem Heimatland grundsätzlich strafbar ist, kommt eine Strafminderung wegen eines Kulturkonfliktes von vornherein nicht in Frage (BGE 117 IV 7 E. 3a S. 9). Die Rechtsprechung zeigt sich sodann zurückhaltend bei der Zulassung ausländischer Sitten und Gebräuche als Strafminderungsgrund (Urteile 6S.125/2003 vom 13. August 2003 E. 2; 6S.315/1999 vom 23. Juni 1999 E. 3c).
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3.4. Bei der vorinstanzlichen Würdigung und Gewichtung der täterbezogenen Strafzumessungsfaktoren ist keine Ermessensverletzung ersichtlich. Die Vorinstanz berücksichtigt die vom Beschwerdeführer geltend gemachte persönliche Situation und seine ehelichen Konflikte. Sie war nicht verpflichtet aufgrund dieser sein Tatverschulden tiefer zu bewerten. Weder aus der Berufungsbegründung (kant. Akten, act. 119 ff.) noch aus den Plädoyernotizen der Verteidigung (kant. Akten, act. 165 ff.) ergibt sich im Übrigen, dass der vor Vorinstanz anwaltlich vertretene Beschwerdeführer bereits vor dieser einen Kulturkonflikt geltend machte. In Bezug auf einen solchen Konflikt kann infolge Vorbringens erst vor Bundesgericht resp. mangels Ausschöpfung des kantonalen Instanzenzugs nicht eingetreten werden (vgl. Art. 80 Abs. 1 BGG). Inwiefern die Voraussetzungen für eine Strafminderung wegen eines Kulturkonfliktes vorliegend erfüllt sein sollten, ist auch weder rechtsgenüglich dargetan noch ersichtlich.
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Die weitere Strafzumessung kritisiert der Beschwerdeführer nicht. Die Vorinstanz begründet indessen auch diese noch innerhalb ihres Ermessens. Zwar ist insbesondere die hypothetische Freiheitsstrafe von 14 Jahren - nach Berücksichtigung der leicht verminderten Schuldfähigkeit - hoch bemessen. Angesichts der von der Vorinstanz mit hinreichenden Gründen als mittelschwer bis schwer bewerteten objektiven Tatschwere, welche der hypothetischen Einsatzstrafe entspricht, und des für eine vorsätzliche Tötung gesetzlichen Strafrahmens von fünf bis 20 Jahren Freiheitsstrafe, sind 14 Jahre Freiheitsstrafe aber noch vertretbar. Auch die anschliessende Reduktion um 2 Jahre infolge Versuchs resp. ausgebliebenem Taterfolg ist im Rahmen einer Ermessensüberprüfung nicht zu beanstanden. Schliesslich ist nicht ersichtlich, weshalb die Straferhöhung um 3 Jahre auf insgesamt 15 Jahre Freiheitsstrafe für die weiteren Delikte der qualifizierten sexuellen Nötigung und der qualifizierten Vergewaltigung Bundesrecht verletzt. Demzufolge erweist sich auch die beschwerdeführerische Rüge zur Strafzumessung als unbegründet.
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4. Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Die Gerichtskosten sind ausgangsgemäss dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist in Anwendung von Art. 64 BGG wegen Aussichtslosigkeit abzuweisen. Der finanziellen Lage des Beschwerdeführers ist mit reduzierten Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG).
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 Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.
 
2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
 
3. Die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Strafgericht, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 17. Juli 2020
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Denys
 
Der Gerichtsschreiber: Weber
 
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