BGer 9C_79/2020 | |||
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BGer 9C_79/2020 vom 20.08.2020 |
9C_79/2020, 9C_83/2020 |
Urteil vom 20. August 2020 |
II. sozialrechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichter Parrino, Präsident,
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Bundesrichter Meyer, Stadelmann,
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Gerichtsschreiberin N. Möckli.
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Verfahrensbeteiligte | |
9C_79/2020
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Versicherung X.________,
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Beschwerdeführerin,
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und
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9C_83/2020
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A.________,
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vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Heinrich Hempel,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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Ausgleichskasse des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
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Beschwerdegegnerin.
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Gegenstand
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Alters- und Hinterlassenenversicherung
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(Beitragspflicht; Beitragsstatut),
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Beschwerden gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 4. Dezember 2019 (AB.2019.00049, AB.2019.00050).
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Sachverhalt: | |
A. Der 1952 geborene A.________ war Leiter der Heilkostenkontrolle bei der Versicherung X.________. Per 31. Juli 2015 liess er sich frühpensionieren. Danach wollte er für die Versicherung X.________ und weitere Versicherungen Dienstleistungen als Spezialist auf diesem Gebiet erbringen (vgl. Vereinbarung vom 13. April 2015 und Rahmenvertrag vom 22. Juli 2015 zwischen der Versicherung X.________ und A.________). Zu diesem Zweck ersuchte er am 6. Juli 2015 (Eingang) bei der Ausgleichskasse des Kantons Zürich um Anschluss und Registrierung als Selbstständigerwerbender. Dies lehnte die Ausgleichskasse in der Folge ab (Verfügung vom 9. Mai 2016, Einspracheentscheid vom 16. Dezember 2016). Dagegen erhoben die Versicherung X.________ und A.________ Beschwerde. Zudem gründete der Versicherte die B.________ GmbH und bot seine Dienstleistungen seit Februar 2017 durch diese an. Mit Entscheid vom 5. Oktober 2018 hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich die Beschwerden in dem Sinne gut, als dass es den Einspracheentscheid aufhob und die Sache an die Ausgleichskasse zurückwies, damit diese gemäss den Erwägungen verfahre und einen genügend begründeten Einspracheentscheid erlasse. Daraufhin lehnte die Verwaltung die Anerkennung des Versicherten als Selbstständigerwerbender mit dem Einspracheentscheid vom 4. Juli 2019 erneut ab.
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B. Der Versicherte und die Versicherung X.________ erhoben dagegen (separat) Beschwerde. Nachdem das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich die beiden Beschwerdeverfahren vereinigt hatte, wies es die Beschwerden mit Entscheid vom 4. Dezember 2019 ab.
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C. | |
C.a. Die Versicherung X.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und beantragen, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei die Zusammenarbeit mit A.________ von August 2015 bis Ende Januar 2017 als selbstständige Tätigkeit zu qualifizieren; dessen Gesuch von Juni 2015 um Anschluss und Registrierung als Selbstständigerwerbender sei gutzuheissen (Verfahren 9C_79/2020).
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C.b. Auch A.________ gelangt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht. Er beantragt die Aufhebung des kantonalen Entscheids sowie des Einspracheentscheids vom 4. Juli 2019. Sein Gesuch um Anschluss und Registrierung als Selbstständigerwerbender sei gutzuheissen. Eventualiter sei die Sache zur Neuentscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen (Verfahren 9C_83/2020).
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Erwägungen: | |
1. Da den beiden Beschwerden derselbe Sachverhalt zugrunde liegt, sich die gleichen Rechtsfragen stellen und die Rechtsmittel den nämlichen vorinstanzlichen Entscheid betreffen, ist es - auch um sich widersprechende Entscheide zu verhindern - geboten, die Verfahren 9C_79/2020 und 9C_83/2020 zu vereinigen und in einem einzigen Urteil zu erledigen (vgl. Urteil 1C_550/2012 vom 9. Dezember 2014 E. 3.3).
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2. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG).
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3. | |
3.1. Der Versicherte rügt in formeller Hinsicht eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, weil die Vorinstanz seinen Antrag nicht behandelt habe, das Gesuch und die Beschwerde vor dem Sozialversicherungsgericht mündlich zu vertreten. Zudem sei auch Art. 6 Ziff. 1 EMRK verletzt, nachdem das kantonale Gericht keine mündliche und öffentliche Verhandlung durchgeführt habe.
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3.2. | |
3.2.1. Die Durchführung einer öffentlichen Verhandlung gemäss Art. 6 Ziff. 1 EMRK setzt im Sozialversicherungsprozess einen - im erstinstanzlichen Verfahren zu stellenden - Parteiantrag voraus, aus dem klar und unmissverständlich hervorgehen muss, dass eine konventionskonforme Verhandlung mit Publikums- und Presseanwesenheit durchgeführt werden soll. Wird lediglich eine persönliche Anhörung oder Befragung, ein Parteiverhör, eine Zeugeneinvernahme oder die Durchführung eines Augenscheins verlangt, darf das Gericht daraus schliessen, dass es der antragstellenden Person um die Abnahme bestimmter Beweismittel und nicht um die Durchführung einer Verhandlung mit Publikums- und Presseanwesenheit geht (BGE 134 I 331 E. 2.3.2 S. 334 f.; 122 V 47 E. 3a S. 55; Urteil 9C_88/2016 vom 12. Mai 2016 E. 1 mit Hinweisen).
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3.2.2. Der Versicherte beantragte im vorinstanzlichen Verfahren, ihm sei Gelegenheit zu geben, sein Gesuch und seine Beschwerde mündlich zu vertreten. Er hat somit nicht ausdrücklich eine öffentliche Verhandlung im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK beantragt. Auch aus der Begründung ergibt sich ein solcher Antrag nicht in hinreichend klarer Weise. Der Versicherte legte lediglich dar, dass er die Möglichkeit haben wollte, seine Ausführungen im Rahmen einer mündlichen Verhandlung zu ergänzen. Dies weist darauf, dass das Rechtsbegehren lediglich als Antrag auf Anhörung oder Befragung zu werten ist. Dafür spricht auch, dass sich der Versicherte auf Art. 61 lit. e ATSG berief, der besagt, dass die Parteien zur Verhandlung vorgeladen werden können, wenn es die Umstände rechtfertigen. Dies deutet darauf, dass der Versicherte weitere Behauptungen und Beweise (Parteibefragung, Beweisaussage) einbringen wollte, sofern dies zur Untermauerung seines Standpunkts noch notwendig sein sollte. Es liegt damit aber kein rechtzeitiger, ausdrücklicher Antrag des Versicherten auf eine öffentliche Verhandlung vor. Die Vorinstanz hat daher kein Bundesrecht verletzt, indem sie von der Durchführung einer solchen abgesehen hat.
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3.3. Das kantonale Gericht hat sich indes mit diesem Antrag im ausgefällten Entscheid nicht befasst und damit den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt (BGE 121 III 331 E. 3b S. 334; 117 Ia 262 E. 4b S. 268 f.; Urteil 6B_1005/2019 vom 25. Juni 2020 E. 2.1). Von einer Rückweisung der Angelegenheiten ist aber abzusehen, könnte einem neu gestellten solchen Rechtsbegehren des Versicherten - ein rechtzeitiger Antrag auf eine öffentliche Verhandlung liegt nicht vor - im Rahmen der Rückweisung doch nicht stattgegeben werden. Dies widerspräche einem einfachen und raschen Verfahrensablauf (Art. 61 lit. a ATSG; BGE 122 V 47 E. 3b/bb S. 56). Nachdem das Bundesgericht die Auslegung des Antrags frei überprüfen kann (SVR 2015 BVG Nr. 55 S. 234, 9C_671/2014 E. 2.1), würde die Rückweisung zu einem formalistischen Leerlauf führen. Aus diesem Grund ist die Verletzung des Anspruch s auf rechtliches Gehör als geheilt zu qualifizieren.
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4. Der Versicherte rügt eine weitere Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, weil die Vorinstanz von ihm vorgebrachte Sachverhaltselemente nicht berücksichtigt und auch keine Beweise erhoben habe. Dem kantonalen Entscheid lässt sich entnehmen, welche Überlegungen ihm zugrunde liegen. Dem Beschwerdeführer war somit eine sachgerechte Anfechtung des vorinstanzlichen Entscheids möglich, weshalb insoweit kein Verstoss des Gehörsanspruchs vorliegt (vgl. BGE 142 III 433 E. 4.3.2 S. 436 mit Hinweisen). Ein solcher ist auch nicht darin zu erblicken, dass das kantonale Gericht auf die Abnahme gewisser Beweise verzichtet hat. Denn ist die Vorinstanz zum Schluss gekommen, ein bestimmter Sachverhalt sei überwiegend wahrscheinlich erstellt und daran könnten weitere Beweismassnahmen nichts mehr ändern, so liegt im Verzicht auf die Abnahme weiterer Beweise keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (BGE 144 II 427 E. 3.1.3 S. 435).
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5. | |
5.1. Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen Bestimmungen zur unselbstständigen (vgl. Art. 5 Abs. 1 und 2 sowie Art. 13 AHVG) und selbstständigen Erwerbstätigkeit (Art. 8 und 9 Abs. 1 AHVG; ferner Art. 6 ff. AHVV) sowie die Rechtsprechung betreffend deren Abgrenzung (BGE 144 V 111 E. 4.2 S. 112 f. mit Hinweisen; 123 V 161 E. 4a S. 167; 122 V 169 E. 3c S. 172 f.; 119 V 161 E. 3b S. 163 f.; Urteil 9C_132/2011 vom 26. April 2011 E. 3.2, in: SVR 2011 AHV Nr. 17 S. 62) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.
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Ebenfalls korrekt sind die vorinstanzlichen Ausführungen zur Rechtsprechung beieiner versicherten Person, welche nach dem Schritt in die Selbstständigkeit weiterhin in bedeutendem Umfang für den ehemaligen Arbeitgeber tätig ist. In einem solchen Fall sind an die Anerkennung des Status als Selbstständigerwerbender in Bezug auf diese Tätigkeit insofern erhöhte Anforderungen zu stellen, als die hiefür sprechenden Merkmale diejenigen unselbstständiger Erwerbstätigkeit klar überwiegen müssen. Dabei kommt dem Gesichtspunkt der arbeitsorganisatorischen (Un-) Abhängigkeit vorrangige Bedeutung gegenüber dem Unternehmensrisiko zu. Das bedeutet: Wenn und soweit sich an Art und Inhalt der Tätigkeit nichts Wesentliches im Vergleich zu früher geändert hat und es sich dabei um Arbeiten handelt, die aus Sicht des Betriebes oder der Branche typischerweise durch Arbeitnehmer ausgeführt werden, spricht eine natürliche Vermutung für deren unselbstständigen Charakter. Umgekehrt heisst, (auch) für den früheren Arbeitgeber tätig zu sein, für sich allein genommen nicht Unselbstständigkeit (Urteile 9C_1029/2012 vom 27. März 2013 E. 2.2 in fine; H 83/04 vom 23. Juni 2005 E. 3.2; H 55/04 vom 5. November 2004 E. 5.1; H 396/00 vom 20. Januar 2003 E. 3; H 30/01 vom 17. Mai 2002 E. 5a).
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5.2. Die beitragsrechtliche Qualifikation ist eine vom Bundesgericht frei überprüfbare Rechtsfrage. Die Sachverhaltselemente, die der Schlussfolgerung zugrunde liegen, beschlagen dagegen Tatfragen, welche das Bundesgericht lediglich unter eingeschränktem Blickwinkel beurteilt. Die konkrete wie auch die antizipierte Beweiswürdigung betreffen ebenfalls Tatfragen (BGE 144 V 111 E. 3 S. 112 mit Hinweisen).
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Ob die Vorinstanz im konkreten Fall den für die Beurteilung des Beitragsstatuts massgebenden Kriterien das ihnen gebührende Gewicht beigemessen und insofern deren Bedeutung richtig erkannt hat, stellt ebenfalls eine frei überprüfbare Rechtsfrage dar. Davon miterfasst sind die Frage, ob ein im Zusammenhang mit der streitigen Tätigkeit stehender Umstand für die Beurteilung der Statusfrage von Relevanz ist, sowie dessen Wertung als Indiz für oder gegen unselbstständige bzw. selbstständige Erwerbstätigkeit (BGE 144 V 111 E. 3 S. 112 mit Hinweisen).
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6. In materieller Hinsicht ist streitig und zu prüfen, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzt hat, indem sie die vom Versicherten von August 2015 bis Januar 2017 für die Versicherung X.________ verrichtete Arbeit als unselbstständige Erwerbstätigkeit qualifizierte. Dabei ist ins besondere umstritten, ob der Versicherte nach seiner Pensionierung im Wesentlichen noch die gleiche Tätigkeit bei der bisherigen Arbeitgeberin Versicherung X.________ ausgeübt sowie ob und inwiefern in arbeitsorganisatorischer Hinsicht ein Abhängigkeitsverhältnis bestanden hat.
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6.1. | |
6.1.1. Die Vorinstanz zeigte auf, welche Arbeiten der Versicherte vor und nach seiner Pensionierung verrichtet hat und stellte fest, dass sich bezüglich Inhalt der Tätigkeit im Wesentlichen nichts geändert habe. Der Versicherte und die Versicherung X.________ bestreiten dies.
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Der Versicherte war vor seiner Pensionierung Leiter der Heilkostenkontrollstelle bei der Versicherung X.________ und hat gemäss sei nem Schreiben vom 1. November 2015 sämtliche damit zusammenhängende Tätigkeiten verrichtet (Durchführung der Heilkostenkontrolle, fachliche Führung einer Mitarbeiterin der Heilkostenkontrolle, Ansprechperson bezüglich auswärtiger Leistungen [Kontrolle DRG Codierung], Weiterentwicklung der Heilkostenkontrolle [Organisation, Abläufe], Teilnehmer der Versicherung X.________ in der Benutzergruppe Sumex [Weiterentwicklung Sumex], Verantwortlicher gegenüber der IT in Bezug auf die Bedürfnisse der Heilkostenkontrolle [Programme Sumex, Claims, Exel-Tabellen etc.], Erstellen von Schulungsunterlagen bei Releasen von Sumex/Claims, Ansprechperson bei IT-Problemen in den Programmen der Versicherung X.________ und Stellvertretung für die Schadenmeldungen Personal). Nach der Vereinbarung vom 13. April 2015 konnte der Versicherte nach seiner Pensionierung für Tätigkeiten aus folgenden Gebieten beigezogen werden: Begutachtungen von einzelnen stationären oder ambulanten Rechnungen für die Ausscheidung an andere Mandatsträger, die Weiterentwicklung der Rechnungskontrolle und des Workflows in Sumex, Einbindung von TMS in Sumex, Erarbeitung von Grundlagen für Vertragsverhandlungen, Unterstützung in spezifischen Fragen im Bereich der Heilkostenkontrolle, Erarbeitung von Grundlagen in einzelnen spezifischen Fragestellungen in der Heilkostenkontrolle und Freigabe von Rechnungen in Sumex nach fachlicher Prüfung. Aus der Gegenüberstellung zeigt sich, dass der Versicherte nicht mehr als Leiter der Heilkostenkontrollstelle eingesetzt war. Er sollte jedoch für verschiedene andere Aufgaben, die auch zu seinem Aufgabenspektrum vor der Pensionierung gehörten, weiter beigezogen werden. In diesem Bereich fand - wie auch die Versicherung X.________ einräumte - eine Weiterführung der bisherigen Zusammenarbeit unter Berücksichtigung der geänderten Verhältnisse, namentlich dem Wunsch des Versicherten, nur noch in einem kleineren Pensum weiterzuarbeiten, statt. Umfangmässig und in zeitlicher Hinsicht hat sich die Tätigkeit des Versicherten für die Versicherung X.________ zwar reduziert und es fand eine Fokussierung auf sehr anspruchsvolle Aufgaben statt, es handelt sich aber entgegen der Ansicht des Versicherten und der Versicherung X.________ gleichwohl der Art und dem Inhalt nach nicht um eine neue Tätigkeit, sondern die Arbeiten, welche der Versicherte nach der Pensionierung verrichtete, gehörten zu den von ihm vor seiner Berentung wahrgenommenen Aufgaben. Die arbeitsorganisato rische Einglie derung des Versicherten ist nicht an dieser Stelle, sondern in einem nächsten Schritt - nachdem das anzuwendende Beweismass bestimmt ist - zu prüfen. Die vorinstanzlichen Feststellungen zur Art und zum Inhalt der Tätigkeit des Versicherten verletzen somit kein Bundesrecht.
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6.1.2. Das kantonale Gericht stellte weiter fest, die Versicherung X.________ hätte die vom Versicherten nach dessen Pensionierung ausgeführten Arbeiten durch einen Arbeitnehmer ausführen lassen, wenn sie einen solchen mit entsprechenden fachlichen Kenntnissen hätte einstellen können. Damit bejaht die Vorinstanz, dass es sich bei den vom Versicherten erledigten Arbeiten aus Sicht des Betriebs oder Branche um eine Tätigkeit handelt, die typischerweise durch Arbeit nehmer ausgeführt werden. Der Versicherte macht dagegen geltend, die Kodierung gewisser Leistungen sei äusserst anspruchsvoll und nur mit Spezialwissen unter Bezug von - häufig externen - Experten möglich. Er belegt diese Behauptung des häufigen Beizugs von externen Spezialisten jedoch nicht. Er legt zudem auch nicht dar, dass er diese Tatsache mit den angerufenen Zeugen - allesamt Arbeit nehmer der Versicherung X.________ - hat beweisen wollen. Hinzu kommt, dass die Versicherung X.________ nicht vorgebracht hat, die dem Versicherten übertragenen Arbeiten würden aus betrieblicher Sicht, regelmässig an externe Fachkräfte vergeben. Es ist somit nicht ersichtlich, dass die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung, wonach solche Arbeiten typischerweise durch Arbeitnehmer ausgeführt werden, auf einer ungenügenden Abklärung des Sachverhalts beruht oder willkürlich ist.
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6.1.3. Die Vorinstanz ging alsdann davon aus, für die Anerkennung als selbstständige Erwerbstätigkeit müssten die Merkmale für eine solche gegenüber denjenigen einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit klar überwiegen. Die Versicherung X.________ ist hingegen der Ansicht, diese erhöhten Beweisanforderungen seien rechtsverletzend. Es sei unzutreffend und nicht gerechtfertigt aus dem Umstand, dass sich an der weitergeführten Tätigkeit nichts Wesentliches verändert habe, zu schliessen, es handle sich um eine unselbstständige Tätigkeit, die typischerweise durch Arbeitnehmer ausgeführt werde. Mit dieser Argumentation verkennt die Versicherung X.________, dass sich die erhöhten Anforderungen an den Beweis für eine selbstständige Tätig keit nicht einzig aus der Gleichartigkeit hinsichtlich Art und Inhalt der beim bisherigen Arbeitgeber weitergeführten Tätigkeit herleitet, sondern auch darauf basiert, dass die zur Diskussion stehende Beschäftigung aus Sicht des Betriebs oder Branche typischerweise durch Arbeitnehmer erledigt wird. Nachdem mit der Vorinstanz festzuhalten ist, dass keine wesentliche Veränderung hinsichtlich der weitergeführten und in casu typischerweise von Arbeitnehmern ausgeführten Tätigkeit vorliegt, hat das kantonale Gericht für die Anerkennung des Versicherten als Selbstständigerwerbender zu Recht erhöhte beweismässige Anforderungen gestellt.
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6.2. | |
6.2.1. Die Versicherung X.________ und der Versicherte betonen, dass dieser nach der Pensionierung kein Arbeitsverhältnis mehr habe eingehen wollen. Das zivilrechtliche Verhältnis vermag allenfalls einen gewissen Anhaltspunkt für die AHV-rechtliche Qualifikation bieten. Nach der Rechtsprechung beurteilt sich die Frage, ob im Einzelfall selbstständige oder unselbstständige Erwerbstätigkeit vorliegt, aber nicht aufgrund der Rechtsnatur des Vertragsverhältnisses zwischen den Parteien. Entscheidend sind vielmehr die wirtschaftlichen Gegebenheiten (BGE 144 V 111 E. 4.2 S. 112).
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6.2.2. Das kantonale Gericht hielt fest, der arbeitsorganisatorischen Abhängigkeit komme gegenüber dem Unternehmerrisiko Vorrang zu. Dies ist nicht zu beanstanden, insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass der Versicherte keine grösseren Investitionen tätigte: Er hat für die Erwerbstätigkeit keine (zusätzlichen) Räumlichkeiten gemietet, sondern arbeitete von zu Hause aus, von wo aus er auch vor seiner Pensionierung bisweilen tätig war. Zudem hätte die Versiche rung X.________ dem Versicherten auch einen Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt. Die Schulungen und Besprechungen führte er in den Räumlichkeiten der Versicherung X.________ durch. Ferner stellte ihm die Versicherung X.________ auch die Nutzung des Programms Sumex, welches dem Versicherten die Rechnungskontrolle erleichterte, zur Verfügung. Einige Monate nach der Pensionierung hat der Versicherte dann zwar einen Laptop, Bildschirm und eine Tastatur gekauft, wie er jedoch selbst einräumt, waren seine Auslagen nicht hoch. Insgesamt fehlt es somit an einem spezifischen Unternehmerrisiko, was an sich gegen eine selbstständige Erwerbstätigkeit des Versicherten hinsichtlich seiner Tätigkeit nach der Pensionierung spricht. Bei typischen Dienstleistungstätigkeiten sind jedoch häufig weder besondere Investitionen zu tätigen noch Angestelltenlöhne zu bezahlen. Das Unternehmerrisiko als Unterscheidungsmerkmal hat daher gegenüber demjenigen der betriebswirtschaftlich-arbeitsorganisatorischen Abhängigkeit vom Auftrag- oder Arbeitgeber in den Hintergrund zu treten. Vielmehr kommt der Frage, ob eine arbeitsorganisatorische betriebliche Integration besteht, entscheidende Bedeutung zu (BGE 144 V 111 E. 6.2.2 S. 115 f. mit diversen Hinweisen).
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6.2.3. Der Versicherte und die Versicherung X.________ bringen wei ter vor, die Vorinstanz habe die wirtschaftliche Unabhängigkeit ausser Acht gelassen. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass bei einer pensionierten Person, die nur noch in einem kleineren Pensum teilzeitlich erwerbstätig sein will, die noch erzielten Einkünfte regelmässig neben Einkommen aus Rente treten und für die Bestreitung der Lebenshaltungskosten von untergeordneter Bedeutung sind. Beim Wegfall dieser Erwerbstätigkeit tritt daher im Regelfall keine dem Stellenverlust eines Arbeitnehmenden vergleichbare Situation ein. Es bleibt somit dabei, dass die arbeitsorganisatorische (Un-) Abhängigkeit entscheidend ist.
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6.2.4. | |
6.2.4.1. Wie die Vorinstanz festhielt, benutzte der Versicherte das Büro bei sich zu Hause. Dies spreche dagegen, dass der Versicherte nach seiner Pensionierung noch in den Arbeitsbetrieb der Versiche rung X.________ eingegliedert gewesen sei. Andererseits habe die Rechnungskontrolle mit Blick auf die technischen Möglichkeiten ortsungebunden an einem Heimarbeitsplatz erfolgen können. Die Rechnungen habe der Versicherte elektronisch erhalten, mit den Programmen der Versicherung X.________ bearbeitet und sein Ergebnis an diese wieder elektronisch zurückgeschickt. Die Versicherung X.________ hätte ihm aber auch einen Büroarbeitsplatz zur Verfügung gestellt. Die Schulungen und Besprechungen hätten zudem in den Räumlichkeiten der Versicherung X.________ stattgefunden. Es liege eine vergleichbare Situation vor wie bei mit Bewilligung einer Arbeitgeberin verrichteten Heimarbeit. Die Versicherung X.________ habe dem Versicherten keine Weisungen erteilt, was jedoch bei einer Arbeit, die spezielle Fachkenntnisse erfordere, auch nicht zu erwarten sei. Der Versicherte habe zwar Mitarbeiter oder Dritte beiziehen können, die Versicherung X.________ hätte dies aber ablehnen können. Ein Beizug von Dritten sei ferner auch nicht belegt. Dass der Versicherte für eine weitere Versicherung tätig gewesen sei, spreche nicht gegen ein Unterordnungsverhältnis zwischen der Versicherung X.________ und dem Versicherten, zumal die andere Tätigkeit von der Ausgleichskasse (auch) als unselbstständige qualifiziert worden sei. Das kantonale Gericht kam zum Schluss, die Merkmale für eine selbstständige Tätigkeit überwiegten nicht klar.
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6.2.4.2. Aufgrund der Vorbringen der Parteien kann ergänzt werden, dass der Versicherte einzelfallweise selbst darüber entscheiden konnte, ob er einen Auftrag annahm und er dann in zeitlicher Hinsicht frei war, seine Arbeit einzuteilen, sofern die Tätigkeit dies zuliess. Hinsichtlich der angenommenen Aufgaben musste er sich natürlich für Schulungen, Besprechungen und Beratungen zur Verfügung halten. Im Übrigen sind die Rügen der Versicherung X.________ und des Ver sicherten an den vom kantonalen Gericht festgestellten Tatsachen unbegründet, wird damit doch keine willkürliche Sachverhaltsfeststellung aufgezeigt. Der Versicherte und die Versicherung X.________ beanstanden ferner, dass die Verwaltung und die Vorinstanz keine weiteren Abklärungen vorgenommen haben, wobei aber nicht ersicht lich ist, inwiefern und bezüglich welcher Umstände zusätzliche Ermittlungen notwendig gewesen wären. Vielmehr ist aufgrund der Angaben des Versicherten und der Versicherung X.________ sowie der eingereichten Unterlagen der Sachverhalt hinreichend erstellt.
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6.2.4.3. Es ist unbestritten, dass die Versicherung X.________ dem Versicherten nicht vorschrieb, wie er seine Arbeiten auszuführen hat te. Daraus kann betreffend die Abgrenzung selbstständige/unselbstständige Erwerbstätigkeit aber nichts Relevantes abgeleitet werden, hängt dies doch im Wesentlichen auch damit zusammen, dass sich der Versicherte nach seiner Pensionierung auf sehr anspruchsvolle Arbeiten fokussierte, die Spezialwissen voraussetzten. Es zeigen sich grosse Freiheiten des Versicherten bezüglich Arbeitszeit, Arbeitsort und Arbeitsvolumen. Zudem konnte er auch für weitere Unternehmen tätig sein. Diese Merkmale sprechen gegen eine organisatorische Abhängigkeit des Versicherten von der Versicherung X.________ und für eine selbstständige Erwerbstätigkeit. Andererseits stellte ihm die Versicherung X.________ unentgeltlich einen Arbeitsplatz sowie für Schreibarbeiten ihr Sekretariat zur Verfügung und er nutzte bei dem von ihm bevorzugten Arbeitsort zu Hause Programme der Versicherung X.________. Aus der Vereinbarung vom 13. April 2015 ergibt sich zudem, dass der Versicherte die ihm übertragenen Arbeiten grundsätzlich persönlich auszuführen hatte und ein Beizug von Dritten, wozu es gemäss den verbindlichen vorinstanzlichen Feststellungen nicht kam, nur mit Zustimmung der Versicherung X.________ möglich gewesen wäre. Diese Sachverhaltselemente sprechen für eine gewisse organisatorische Eingliederung des Versicherten. Unter diesen Umständen verstösst die vorinstanzliche Schlussfolgerung nicht gegen Bundesrecht, die arbeitsorganisatorischen Merkmale für eine selbstständige Erwerbstätigkeit überwögen nicht und die vom Versicherten ausgeübte Erwerbstätigkeit sei als unselbstständige einzustufen.
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6.3. Entgegen dem Versicherten verletzt die Qualifikation der hier interessierenden Erwerbseinkünfte, die auf einer korrekten Anwendung von Gesetz und Rechtsprechung beruht, die Wirtschaftsfreiheit nicht (Urteil 9C_324/2009 vom 2. Juli 2009 E. 4.3). Dadurch wird der Versicherte an der Ausübung der Erwerbstätigkeit, wie er sie mit der Versicherung X.________ vereinbart hat, nicht gehindert, und es steht ihm auch frei, anderen Erwerbstätigkeiten nachzugehen und hierfür ein Gesuch um Registrierung und Anerkennung als Selbstständigerwerbender zu stellen.
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7. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Beschwerden unbegründet sind. Die unterliegenden Beschwerdeführer haben die Kosten je hälftig zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: | |
1. Die Verfahren 9C_79/2020 und 9C_83/2020 werden vereinigt.
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2. Die Beschwerden werden abgewiesen.
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3. Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden den Beschwerdeführern je zur Hälfte auferlegt.
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4. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
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Luzern, 20. August 2020
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Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Parrino
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Die Gerichtsschreiberin: Möckli
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