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Informationen zum Dokument  BGer 2C_645/2020  Materielle Begründung
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BGer 2C_645/2020 vom 28.08.2020
 
 
2C_645/2020
 
 
Urteil vom 28. August 2020
 
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Seiler, Präsident,
 
Bundesrichter Zünd,
 
Bundesrichterin Aubry Girardin,
 
Gerichtsschreiber Brunner.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführerin,
 
vertreten durch Advokat Thomas Hentz,
 
gegen
 
Eidgenössische Steuerverwaltung, Dienst für Informationsaustausch in Steuersachen SE I,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Amtshilfe DBA (CH-FI),
 
Beschwerde gegen das Urteil
 
des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I,
 
vom 28. Juli 2020 (A-5146/2018).
 
 
Erwägungen:
 
 
1.
 
1.1. Am 18. April 2016 ersuchte die finnische Steuerverwaltung (Finnish Tax Administration; FTA) die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) gestützt auf Art. 28 des Abkommens vom 16. Dezember 1991 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Finnland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (DBA CH-FI; SR 0.672.934.51) um die amtshilfeweise Übermittlung verschiedener näher umschriebener Informationen zur Besteuerung von B.________. Das Ersuchen betrifft den Zeitraum vom 1. Januar 2012 bis 31. Dezember 2017 und steht im Zusammenhang mit Beteiligungsrechten, die B.________ seit dem 29. August 2012 an der in U.________ (BL) domizilierten A.________ hält. Abgeklärt werden soll, ob die A.________ als "controlled foreign company" (CFC) qualifiziert, was nach der finnischen Steuergesetzgebung unter Umständen dazu führen könnte, dass die nicht ausgeschütteten Gewinne der Gesellschaft direkt bei B.________ als Einkommen besteuert würden; laut FTA besteht überdies die Möglichkeit, dass die A.________ bisher nicht deklarierte Dividenden an ihre Aktionäre ausbezahlt hat.
 
1.2. Mit Schlussverfügung vom 7. August 2018 erklärte die ESTV, der FTA die ersuchte Amtshilfe zu leisten. Das Bundesverwaltungsgericht wies die von der A.________ dagegen erhobene Beschwerde mit Urteil vom 28. Juli 2020 ab. Dieses Urteil ficht die A.________ mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 14. August 2020 beim Bundesgericht an.
 
 
2.
 
Gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der internationalen Amtshilfe in Steuersachen ist die Beschwerde nur zulässig, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder wenn es sich aus anderen Gründen um einen besonders bedeutenden Fall im Sinne von Art. 84 Abs. 2 BGG handelt (Art. 84a BGG). Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder aus anderen Gründen ein besonders bedeutender Fall vorliegt, so ist in der Beschwerdeschrift in gedrängter Form darzulegen, warum die jeweilige Voraussetzung erfüllt ist (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 139 II 404 E. 1.3 S. 410).
 
 
3.
 
Die Beschwerdeführerin macht einerseits geltend, vorliegend stelle sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (vgl. E. 3.1 hiernach). Anderseits ist sie der Auffassung, es liege auch sonst ein besonders bedeutender Fall vor (vgl. dazu E. 3.2 hiernach).
 
3.1. Als Grundsatzfrage möchte die Beschwerdeführerin beantwortet haben, "wie mit ausländischer CFC-Besteuerung zu verfahren ist, konkret ob ausländischer CFC-Besteuerung durch Gutheissung eines Amtshilfeersuchens gestützt auf ein Doppelbesteuerungsabkommen zur Durchsetzung verholfen werden darf". Das Bundesgericht habe diese Frage bisher nicht beurteilt. Eine höchstrichterliche Klärung sei angezeigt, zumal die Vereinbarkeit von CFC-Regelungen mit Doppelbesteuerungsabkommen äusserst umstritten sei.
 
3.1.1. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt u.a. dann vor, wenn es sich um eine erstmals zu beurteilende Rechtsfrage handelt, deren Entscheid für die Praxis wegleitend sein kann und die aufgrund ihres Gewichts nach einer höchstrichterlichen Klärung ruft (vgl. dazu näher BGE 139 II 404 E. 1.3 S. 410; 139 II 340 E. 4 S. 342 f., je m.w.H.).
 
3.1.2. Der Beschwerdeführerin beizupflichten ist, dass die Frage der Vereinbarkeit von CFC-Vorschriften mit Abkommensrecht in der Doktrin kontrovers diskutiert wird (vgl. dazu u.a. TONI AMONN, Zur DBA-Konformität von CFC-Regelungen - Überlegungen aus schweizerischer Sicht, in: Internationales Steuerrecht in der Schweiz, Festschrift Walter Ryser, 2005, S. 7; SARAH DAHINDEN, Die Abschirmwirkung ausländischer Gesellschaften im schweizerischen Gewinnsteuerrecht, 2003, S. 237 f.; LANG MICHAEL, CFC-Regelungen und Doppelbesteuerungsabkommen, IStR 21/2002, S. 717 ff.; YVES NOËL, Interaction entre règlementations sur les sociétés étrangères contrôlées et les conventions de double imposition, RDAF 2000, S. 135 ff.;) und vom Bundesgericht bis anhin nicht beantwortet ist. Der Frage könnte daher an sich grundsätzliche Bedeutung zukommen. Allerdings hat die Vorinstanz vorliegend offen gelassen, ob es mit Art. 7 Abs. 1 DBA CH-FI zu vereinbaren wäre, wenn die FTA aufgrund der finnischen Gesetzgebung Unternehmensgewinne der Beschwerdeführerin B.________ als Einkommen zurechnen würde (vgl. E. 7.5.3 und E. 7.5.4 des angefochtenen Entscheids). Stattdessen stellte sie fest, dass die Beschwerdeführerin gegenüber der Steuerverwaltung des Kantons Basel-Landschaft mit Schreiben vom 1. Dezember 2014 erklärt habe, in der Schweiz keinerlei Kunden zu haben, keine Geschäftstätigkeit auszuüben und auch künftig keine solche aufnehmen zu wollen; im selben Schreiben habe die Gesellschaft ausgeführt, dass sie abgesehen von administrativen Tätigkeiten sämtliche Leistungen ausserhalb der Schweiz erbringe, wobei ein Grossteil der Geschäftstätigkeit in Finnland erfolge, wo auch das einzige damalige operativ tätige Verwaltungsratsmitglied - B.________ - wohne und arbeite. Daraus schloss die Vorinstanz, dass die Frage einer Betriebsstätte im Raum stehe und jedenfalls nicht klar gesagt werden könne, dass die finnische CFC-Regelung Art. 7 Abs. 1 DBA CH-FI widerspreche, zumal Art. 7 Abs. 1 DBA CH-FI ausdrücklich einen Vorbehalt zugunsten von Betriebsstätten enthalte.
 
3.1.3. Ausgehend von vorstehenden Feststellungen (Art. 105 Abs. 1 BGG) braucht die Vereinbarkeit der von der Beschwerdeführerin beanstandeten finnischen CFC-Regelungen mit Art. 7 Abs. 1 DBA CH-FI im vorliegenden Fall tatsächlich nicht geklärt zu werden. Abkommenswidrig ist das Amtshilfeersuchen - wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat - jedenfalls auf Grundlage der vorstehenden Feststellungen nicht, zumal Art. 7 Abs. 1 DBA CH-FI die aus der (allfälligen) finnischen Betriebsstätte resultierenden Gewinne dem finnischen Fiskus zuweist und eine allfällige finnische CFC-Besteuerung somit nicht in die abkommensrechtlichen Verteilungsgrundsätze eingreift. Weil die Beantwortung der von der Beschwerdeführerin aufgeworfenen Rechtsfrage damit für die Entscheidung des konkreten Falls nicht von entscheidender Bedeutung ist, kann die Beschwerdeführerin daraus mit Blick auf das Eintreten nichts für sich ableiten. Es entspricht nicht der Funktion des Bundesgerichts, sich abstrakt zu Rechtsfragen zu äussern, die für die Lösung des konkreten Einzelfalls nicht von Bedeutung sind (BGE 142 II 161 E. 3 S. 173; Urteil 2C_537/2019 vom 13. Juli 2020 E. 1.2, je m.w.H.).
 
3.1.4. Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass sich aus der - in diesem Punkt sehr kurz gehaltenen - Beschwerde (a.a.O., Rz. 21) nicht schlüssig ergibt, inwiefern der vorliegende Fall grundsätzliche Fragen im Zusammenhang mit dem schweizerischen "ordre public" aufwerfen könnte.
 
3.2. Die Beschwerdeführerin macht mit Blick auf das Vorliegen eines besonders bedeutenden Falls geltend, vorliegend werde das Verbot der Beweisausforschung verletzt; weiter verstosse das finnische Amtshilfeersuchen gegen Treu und Glauben; und schliesslich liege eine Gehörsverletzung vor, weil die Schlussverfügung inkorrekt eröffnet worden sei.
 
3.2.1. Gemäss Art. 84 Abs. 2 BGG liegt ein besonders bedeutender Fall insbesondere vor, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden sind oder das Verfahren im Ausland schwere Mängel aufweist. Die Berufung auf die Verletzung elementarer Verfahrensgrundsätze wie das rechtliche Gehör öffnet praxisgemäss nur dann den Rechtsweg an das Bundesgericht, wenn objektiv gesehen ernsthafte Anhaltspunkte für eine entsprechende Rechtsverletzung bestehen (vgl. statt vieler Urteil 2C_765/2019 vom 8. April 2020 E. 1.2).
 
3.2.2. Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten formellen Rügen hat die Vorinstanz bereits umfassend behandelt. Bezüglich des Vorwurfs der Beweisausforschung hielt sie insbesondere fest, die FTA lege nachvollziehbar dar, dass es für die steuerliche Würdigung der finanziellen Situation von B.________ relevant sei, Einblick in interne Dokumente der Beschwerdeführerin betreffend ihre finanzielle Situation und betreffend finanzielle Transaktionen während des streitgegenständlichen Zeitraums zu erhalten; insofern seien die einverlangten Informationen - soweit die schweizerischen Behörden diesen Aspekt überhaupt überprüfen könnten - voraussichtlich erheblich (vgl. E. 5.3 des angefochtenen Entscheids). Bezüglich des Vorwurfs der Treuwidrigkeit ging die Vorinstanz davon aus, dass vorliegend keinerlei Anhaltspunkte auf illegal erworbene und/oder verwendete Bankdaten bestünden (vgl. E. 6.3 des angefochtenen Entscheids). Und was die Rüge der mangelhaften Eröffnung anbelangt, hielt sie fest, dass die Beschwerdeführerin Drittinteressen vertrete; auf die Rüge sei daher rechtsprechungsgemäss (BGE 139 II 404 E. 11.1 mit Hinweisen) nicht weiter einzugehen (vgl. E. 2.4 des angefochtenen Entscheids).
 
3.2.3. Mit dieser auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung abgestützten Argumentation der Vorinstanz setzt sich die Beschwerdeführerin in ihrer Eingabe an das Bundesgericht nicht hinreichend subtanziiert (vgl. E. 2 hiervor) auseinander. Es fehlt mithin an ernsthaften Anhaltspunkten für eine Verletzung elementarer Verfahrensgrundsätze. Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass auch die von der Vorinstanz ohne Gewährung des rechtlichen Gehörs vorgenommene "Motivsubstitution" (Hinweis auf eine mögliche finnische Betriebsstätte; vgl. E. 3.1.2 hiervor) die für die Annahme eines besonders bedeutenden Falls erforderliche Schwere nicht erreicht, hat die Vorinstanz doch insoweit auf Vorbringen abgestellt, welche von der Beschwerdeführerin selbst ausgegangen sind und ihr insoweit bekannt sein mussten.
 
3.3. Damit ist vorliegend weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung noch ein besonders bedeutender Fall dargetan. Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten. Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens sind der Beschwerdeführerin zu überbinden (vgl. Art. 65 f. BGG).
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 28. August 2020
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Seiler
 
Der Gerichtsschreiber: Brunner
 
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