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Informationen zum Dokument  BGer 6B_217/2020  Materielle Begründung
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BGer 6B_217/2020 vom 31.08.2020
 
 
6B_217/2020
 
 
Urteil vom 31. August 2020
 
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
 
als präsidierendes Mitglied,
 
Bundesrichterin van de Graaf,
 
Bundesrichterin Koch,
 
Gerichtsschreiberin Schär.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Pablo Bünger,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich,
 
Beschwerdegegnerin 1
 
B.B.________,
 
Beschwerdegegnerin 2.
 
Gegenstand
 
Fahrlässige schwere Körperverletzung, Unterlassung der Nothilfe; willkürliche Beweiswürdigung,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Strafkammer, vom 14. November 2019 (SB190321-O/U/cwo).
 
 
Sachverhalt:
 
A. Gemäss Anklageschrift vom 13. Juli 2018 begab sich B.B.________ am 17., am 20. sowie am 23. Dezember 2014 aufgrund von starken Verspannungen in der Schulter für eine osteopathische Behandlung in die Praxis D.________ in U.________, wo sie von A.________ behandelt wurde. A.________ wird vorgeworfen, er habe anlässlich der Behandlung vom 23. Dezember 2014 unter Einsatz seines Körpergewichts schnelle und kräftige Manipulationen und Drehbewegungen im Nacken-, Schulter- und Kopfbereich der auf dem Rücken liegenden B.B.________ vorgenommen. Dabei sei es zur "Embolisation eines Thrombus" gekommen, der sich zuvor aufgrund einer beidseitigen Dissektion der Arteria vertebralis gebildet habe. Dies habe bei B.B.________ zu einem ischämischen Schlaganfall, d.h. zu einer Unterversorgung von Teilen des Gehirns mit sauerstoffreichem Blut, geführt, wobei die entsprechenden Symptome (starker Drehschwindel, Übelkeit, Sensibilitätsstörungen im Gesicht, Sprechstörungen) unmittelbar nach Durchführung des abrupten Halswendemanövers eingetreten seien. B.B.________ sei durch den Hirninfarkt in Lebensgefahr geraten, und es sei nur dem Zufall zu verdanken, dass keine lebenswichtigen Hirnstammareale betroffen gewesen seien. Aufgrund des geschilderten Sachverhalts habe sich A.________ der fahrlässigen schweren Körperverletzung schuldig gemacht. A.________ habe es im Weiteren unterlassen, ärztliche Hilfe beizuziehen. Aufgrund dessen habe er sich auch der Unterlassung der Nothilfe schuldig gemacht.
1
Das Bezirksgericht Hinwil sprach A.________ am 14. März 2019 der fahrlässigen schweren Körperverletzung und der Unterlassung der Nothil fe schuldig und bestrafte ihn mit einer bedingten Freiheitsstrafe von 14 Monaten. Die Zivilklage von B.B.________ wurde auf den Zivilweg verwiesen. A.________ wurde verpflichtet, B.B.________ für die anwaltliche Vertretung eine Entschädigung von Fr. 5'000.-- zu bezahlen.
2
B. A.________ erhob Berufung gegen das Urteil des Bezirksgerichts. Das Obergericht Zürich bestätigte mit Urteil vom 14. November 2019 den erstinstanzlichen Schuldspruch sowie die ausgefällte Strafe. Es bestätigte zudem die Verpflichtung von A.________, B.B.________ eine Entschädigung von Fr. 5'000.-- für ihre anwaltlichen Aufwendungen zu bezahlen.
3
C. A.________ führt Beschwerde in Strafsachen und beantragt, er sei von den Vorwürfen der fahrlässigen schweren Körperverletzung sowie der Unterlassung der Nothilfe freizusprechen. Weiter sei die Verpflichtung zur Leistung einer Entschädigung von Fr. 5'000.-- an B.B.________ aufzuheben. Die Verfahrenskosten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens seien auf die Staatskasse zu nehmen und es sei von einer Rückzahlungspflicht der Kosten für die amtliche Verteidigung abzusehen. Eventualiter sei das Urteil des Obergerichts vom 14. November 2019 zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
4
 
Erwägungen:
 
1. Ein wesentlicher Teil der Beschwerde beschränkt sich darauf, den Verfahrensgang und die vorinstanzlichen Erwägungen wiederzugeben, ohne dabei Kritik am vorinstanzlichen Urteil zu üben. Darauf ist nicht einzugehen. Dies betrifft die Seiten 7-21 der Beschwerde.
5
2. Der Beschwerdeführer macht geltend, obwohl ein Fall von notwendiger Verteidigung im Sinne von Art. 130 StPO vorliege, sei er erst ab dem 3. Februar 2016 anwaltlich vertreten gewesen. Bei den früheren Befragungen durch die Polizei sei keine Verteidigung anwesend gewesen. Entsprechend seien die Einvernahmen vom 13. Juni 2015 und vom 23. November 2015 ungültig im Sinne von Art. 131 Abs. 3 StPO.
6
Verfahrensrechtliche Einwendungen, die im kantonalen Verfahren hätten geltend gemacht werden können, können nach dem Grundsatz der materiellen Ausschöpfung des kantonalen Instanzenzugs vor Bundesgericht nicht mehr vorgebracht werden (BGE 135 I 91 E. 2.1 S. 93; Urteil 6B_539/2019 vom 10. Dezember 2019 E. 1.). Es verstösst gegen Treu und Glauben, verfahrensrechtliche Mängel erst in einem späteren Verfahrensstadium oder sogar erst in einem nachfolgenden Verfahren geltend zu machen, wenn der Einwand schon vorher hätte festgestellt und gerügt werden können (BGE 143 V 66 E. 4.3 S. 69 f.; Urteile 6B_1186/2019 vom 9. April 2020 E. 1.4; 6B_49/2019 vom 2. August 2019 E. 4.2, nicht publiziert in BGE 145 IV 329; je mit Hinweisen).
7
Die Frage der notwendigen Verteidigung bildet nicht Gegenstand des vorinstanzlichen Urteils. Der Beschwerdeführer zeigt weder auf, seine Kritik bereits im kantonalen Verfahren vorgebracht zu haben, noch legt er dar, weshalb dies nicht möglich gewesen sein soll. Somit wurde der kantonale Instanzenzug nicht ausgeschöpft und auf die Rüge kann nicht eingetreten werden. Die Vorinstanz durfte die polizeilichen Einvernahmen ohne Weiteres in die Beweiswürdigung einfliessen lassen. Damit erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Beschwerdeführers auf den Seiten 21-24 der Beschwerde, wo er ebenfalls Ausführungen zur behaupteten Unverwertbarkeit seiner Einvernahmen macht.
8
 
3.
 
3.1. Der Beschwerdeführer beanstandet bezogen auf den Vorwurf der fahrlässigen schweren Körperverletzung die vorinstanzliche Beweiswürdigung in mehrfacher Hinsicht und rügt diese als willkürlich.
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3.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung der Vorinstanz kann vor Bundesgericht nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig, d.h. willkürlich im Sinne von Art. 9 BV ist und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 143 IV 500 E. 1.1 S. 503, 241 E. 2.3.1 S. 244; je mit Hinweisen). Willkür im Sinne von Art. 9 BV liegt vor, wenn die vorinstanzliche Beweiswürdigung schlechterdings unhaltbar ist, d.h. wenn die Behörde in ihrem Entscheid von Tatsachen ausgeht, die mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch stehen oder auf einem offenkundigen Fehler beruhen. Dass eine andere Lösung ebenfalls möglich erscheint, genügt für die Annahme von Willkür nicht (BGE 143 IV 241 E. 2.3.1 S. 244 mit Hinweisen). Die Willkürrüge muss in der Beschwerde explizit vorgebracht und substanziiert begründet werden (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 145 I 26 E. 1.3 S. 30 mit Hinweis). Auf ungenügend begründete Rügen oder rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (vgl. Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 145 I 26 E. 1.3 S. 30 mit Hinweisen).
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3.3. Der Beschwerdeführer macht geltend, die Aussagen der Beschwerdegegnerin 2 bezüglich der von ihm an ihrer Halswirbelsäule vorgenommenen Manipulationen würden zahlreiche Widersprüche aufweisen. Dies untermauert er mit einer Vielzahl von Zitaten aus den Einvernahmen. Weiter führt der Beschwerdeführer aus, die Beschwerdegegnerin 2 habe am 21. Dezember 2015 umfassende Akteneinsicht erhalten. Dadurch seien ihre Aussagen beeinflusst und verfälscht worden. Diese Umstände seien bei der Beweiswürdigung nicht berücksichtigt worden. Aufgrund dessen sei die Beweiswürdigung bundesrechtswidrig, insbesondere sei auch der Untersuchungsgrundsatz (Art. 6 StPO) verletzt.
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3.3.1. Die Vorinstanz gibt sämtliche Aussagen der Beschwerdegegnerin 2 bezüglich der vom Beschwerdeführer vorgenommenen Manipulationen an ihrer Halswirbelsäule wieder. Sie erwägt, es sei zutreffend, dass die Schilderungen der Beschwerdegegnerin 2 betreffend die konkreten Manipulationen des Beschwerdeführers mit gewissen Widersprüchlichkeiten (z.B. zweimaliges Knacksen, Hand an der Hüfte statt an der Schulter usw.) behaftet seien. Es liege auf der Hand, dass Aussagen im Laufe der Zeit bei multipler Wiedergabe variieren würden. Eine durchgehende Konstanz, gerade über einen längeren Zeitraum hinweg, sei daher kaum zu erwarten. Den Schilderungen der Beschwerdegegnerin 2 sei zudem nicht abträglich, dass sie die Geschehnisse später im Verfahren etwas ausführlicher und detaillierter geschildert habe als noch in den polizeilichen Einvernahmen vom 26. und vom 27. Dezember 2014. Ein solches Aussageverhalten sei nicht aussergewöhnlich und spreche nicht ohne Weiteres dafür, dass ihre Aussagen nicht glaubhaft wären. Zudem habe die polizeiliche Befragung auf der Intensivstation des Spitals kurz nach dem Vorfall stattgefunden, zu einem Zeitpunkt also, zu dem die Beschwerdegegnerin 2 gesundheitlich stark angeschlagen gewesen sei. Im Hinblick auf die staatsanwaltschaftliche Einvernahme vom 4. März 2016 habe die Beschwerdegegnerin 2 während rund dreizehn Monaten die Gelegenheit gehabt, sich die Geschehnisse nochmals in Ruhe zu überlegen und sich auf die Einvernahme vorzubereiten. Das wäre an sich eine Ausgangslage, in welcher Vorwürfe aggraviert und zugespitzt "zurechgelegt" werden könnten, wenn es darum ginge, jemanden bewusst zu diskreditieren. Solche Tendenzen seien in den Aussagen der Beschwerdegegnerin 2 aber nicht ersichtlich. Die Abweichungen in den Aussagen würden ohnehin nur das Randgeschehen betreffen. Im Kerngeschehen seien die Aussagen konstant und gleichlautend. In praktisch allen Einvernahmen habe die Beschwerdegegnerin 2 angegeben, dass sie auf dem Rücken gelegen sei und dass die Schulter nach rechts und der Kopf nach links gezogen worden seien, dass es eine kräftige, schnelle und ruckartige Bewegung gewesen sei, dass es zwei Bewegungen gewesen seien, wobei es bei der ersten Bewegung geknackst habe und nach der zweiten Bewegung ein Drehschwindel aufgetreten sei. Die Vorinstanz gelangt gestützt auf diese Erwägungen zum Schluss, die Schilderungen zum Kerngeschehen enthielten keine Widersprüche.
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3.3.2. Die vorinstanzlichen Erwägungen lassen keinerlei Willkür erkennen. Die Vorinstanz befasst sich mit sämtlichen Vorbringen des Beschwerdeführers. Insbesondere erwähnt sie auch die Ungereimtheiten in den Aussagen der Beschwerdegegnerin 2. Sie gelangt zum Schluss, diese beträfen Nebensächlichkeiten und Details, nicht jedoch das Kerngeschehen, welches die Beschwerdegegnerin 2 bei allen Einvernahmen gleichbleibend geschildert habe. Die scheinbaren Widersprüche löst die Vorinstanz mit sachlichen Erklärungen schlüssig auf. Mit der Feststellung der gleichbleibenden Aussagen zum Kerngeschehen setzt sich der Beschwerdeführer nicht substanziiert auseinander. Vielmehr zeigt er nochmals detailliert die behaupteten Widersprüche in den Aussagen der Beschwerdegegnerin 2 auf, die von der Vorinstanz nicht in Abrede gestellt werden. Damit bringt der Beschwerdeführer nichts vor, was die vorinstanzliche Beweiswürdigung als willkürlich erscheinen lassen würde. Vielmehr beschränkt er sich darauf, seine eigene Sicht der Dinge darzulegen und hinsichtlich der Würdigung der Aussagen der Beschwerdegegnerin 2 wie in einem appellatorischen Verfahren frei zu plädieren. Er verkennt insofern, dass das Bundesgericht keine Appellationsinstanz ist, welche eine freie Prüfung in tatsächlicher Hinsicht vornimmt oder die vorinstanzliche Beweiswürdigung mit freier Kognition überprüft.
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Soweit der Beschwerdeführer sinngemäss geltend macht, die Aussagen der Beschwerdegegnerin 2 seien dadurch verfälscht worden, dass ihr das Akteneinsichtsrecht gewährt worden sei, kann ihm nicht gefolgt werden. Zunächst ist fraglich, ob der Beschwerdeführer seine Kritik überhaupt erstmals vor Bundesgericht vorbringen kann. Abgesehen davon kann den vorinstanzlichen Erwägungen ohne Weiteres entnommen werden, dass die Aussagen der Beschwerdegegnerin 2 sowohl vor als auch nach Gewährung der Akteneinsicht (gemäss dem Beschwerdeführer am 21. Dezember 2015) hinsichtlich des Kerngeschehens konstant waren. Der Umstand, dass die Beschwerdegegnerin 2 an der Einvernahme vom 4. März 2016 auf die polizeilichen Einvernahmen verweist und sich nicht mehr an die exakte zeitliche Abfolge der Geschehnisse zu erinnern vermochte, lässt die vorinstanzliche Beweiswürdigung nicht als willkürlich erscheinen. Auch die in diesem Zusammenhang geltend gemachte Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes erweist sich als unbegründet.
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Die Würdigung der Aussagen des Beschwerdeführers ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Seine Aussagen lassen sich problemlos mit den Aussagen der Beschwerdegegnerin 2 in Einklang bringen. Auch er schilderte die von der Beschwerdegegnerin 2 erwähnten Drehbewegungen an der Halswirbelsäule. So sagte dieser unter anderem aus: "[...] dann habe ich den Nacken mobilisiert und das war in Flexion = Kinn in Richtung des Brustbeins, dann auf den Kopf seitlich mit dem Ohr in Richtung Schulter. Und dann noch eine Rotation auf die andere Seite (links und rechts). In dieser Bewegung gehe ich an die Grenze. Von der Patientin verlange ich dabei einen gewissen Gegendruck". Die Vorinstanz weist weiter auf Ungereimtheiten in den Aussagen des Beschwerdeführers hin und zeigt anschaulich auf, dass dieser bestrebt war, das Geschehene zu bagatellisieren und zu beschönigen. Auch diese, mit Aussagen des Beschwerdeführers unterlegten Erwägungen der Vorinstanz sind nicht zu beanstanden. Damit ist hinreichend dargelegt, weshalb die Vorinstanz die Aussagen der Beschwerdegegnerin 2 trotz den genannten Widersprüchen als glaubhaft erachtet, während auf die Aussagen des Beschwerdeführers nicht abgestellt werden könne.
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3.4. Dem Beschwerdeführer wird vorgeworfen, bei der Behandlung vom 23. Dezember 2014 keine Zwischenanamnese vorgenommen zu haben. Er bestreitet dies und beanstandet auch in diesem Zusammenhang die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung.
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3.4.1. Unter Verweis auf die erstinstanzlichen Erwägungen führt die Vorinstanz aus, der Beschwerdeführer habe behauptet, die Beschwerdegegnerin 2 habe ihn anlässlich der Sitzung vom 23. Dezember 2014 nicht über eine Verschlechterung ihres Zustandes informiert. Diese Behauptung treffe nicht zu, was sich bereits dem undatierten Schreiben des Beschwerdeführers an die Patientenstelle entnehmen lasse. Darin habe er ausgeführt, die Beschwerdegegnerin 2 habe am 23. Dezember 2014 geschildert, sie habe Kopfschmerzen, ein Gefühl von Müdigkeit und sie habe Mühe bekundet, den Kopf aufrecht zu halten. Weiter erwägt die Vorinstanz, die Beschwerdegegnerin 2 habe ausgeführt, der Beschwerdeführer habe überhaupt keine Tests mit ihr durchgeführt, sondern nur gefragt, wie es ihr gehe und ihren Bauch abgetastet. Es gebe keine Hinweise auf eine Falschaussage oder einen Erinnerungsfehler seitens der Beschwerdegegnerin 2. Hingegen erschienen die Aussagen des Beschwerdeführers kategorisch und lehrbuchmässig, namentlich der Hinweis auf den "De Kleyn-Nieuwenhuyse-Nystagmus-Test". Mit seinen Aussagen beweise der Beschwerdeführer lediglich, dass er wisse, dass ein solcher und andere Tests angebracht gewesen wären. Dass er den Test in der konkreten Situation durchgeführt habe, sei aus seinen Aussagen nicht erkennbar. Ob er - wie er beteuere - "immer" eine ausführliche Zwischenanamnese durchführe, sei unbekannt, und selbst wenn dies so wäre, könne daraus nicht geschlossen werden, dass er eine solche auch im vorliegenden Fall vorgenommen habe. Der Beschwerdeführer habe ferner auch keine Patientenakte oder eine Krankengeschichte vorgelegt, wo die Befunde eingetragen worden wären. Dass keine ausführliche Anamnese und keine Tests gemacht worden seien, gehe schliesslich auch aus dem zeitlichen Ablauf der Geschehnisse hervor. Die Beschwerdegegnerin 2 habe um 12.00 Uhr mittags einen Termin gehabt, wobei ihr der Beschwerdeführer gesagt habe, er habe nur eine halbe Stunde Zeit. Er habe sie um 12.15 Uhr ins Behandlungszimmer geholt. Der erste Anruf des Beschwerdeführers an den Ehemann der Beschwerdegegnerin 2 sei um 12.40 Uhr erfolgt. Damit habe die Konsultation vom Beginn der Behandlung bis zum Anruf rund 25 Minuten gedauert. In dieser Zeit habe der Beschwerdeführer die Beschwerdegegnerin 2 nach ihrem Befinden gefragt. Daraufhin habe er sie behandelt und nachdem die gravierenden Symptome des Hirnschlags sichtbar geworden seien, habe er noch einige Zeit abgewartet, bis er den Ehemann der Beschwerdegegnerin 2 angerufen habe. Der Beschwerdeführer könne somit die für eine Zwischenanamnese erforderliche Zeit gar nicht aufgewendet haben. Dass er die behaupteten Tests ausgeführt habe, könne aufgrund der Aussagen der Beschwerdegegnerin 2 und der soeben genannten Umstände ausgeschlossen werden. Der Beschwerdeführer habe auch anlässlich der Berufungsverhandlung nicht konkret anzugeben vermocht, was Inhalt der Zwischenanamnese gewesen sein soll und wie der von ihm erwähnte "Safety-Test" vonstatten gegangen sein soll. Stattdessen habe er ausweichend geantwortet, indem er ausgeführt habe, was er bei einer Anamnese jeweils frage und indem er angegeben habe, welchen Test er bei der Beschwerdegegnerin 2 am 17. Dezember 2014 angeblich durchgeführt habe.
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3.4.2. Der Beschwerdeführer versucht auch hier, die Aussagen der Beschwerdegegnerin 2 in Zweifel zu ziehen. Er verliert sich in weitschweifigen Darstellungen, wobei er im Grunde lediglich ausführt, wie die Aussagen seiner Ansicht nach zu würdigen wären. Dies genügt den Anforderungen an eine Willkürrüge nicht. Zudem verkennt er, dass die Aussagen der Beschwerdegegnerin 2 lediglich einen Faktor bei der Beweiswürdigung darstellen. Daneben stellt die Vorinstanz insbesondere auf das Schreiben des Beschwerdeführers an die Patientenstelle und seine eigenen Aussagen ab. Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, die Vorinstanz habe übersehen, dass er im Schreiben an die Patientenstelle die durchgeführten Tests eingehend beschrieben habe. Zutreffend ist zwar, dass der Beschwerdeführer im genannten Schreiben verschiedene Tests erwähnt. Dass er diese jedoch bei der Behandlung der Beschwerdegegnerin 2 tatsächlich durchgeführt hat, lässt sich damit allein nicht erstellen. Weiter behauptet der Beschwerdeführer, bei der Befragung vom 13. April 2018 (Fragen 25 und 26) habe er die vorgenommenen Tests detailliert beschrieben. Aus der genannten Aktenstelle ergibt sich aber, wie bereits die Vorinstanz festgestellt hat, dass der Beschwerdeführer nicht die Behandlung im konkreten Fall beschreibt, sondern lediglich ausführt, wie solche Tests im Allgemeinen durchgeführt werden. Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, es sei nicht berücksichtigt worden, dass aus der eingereichten Patientendokumentation hervorgehe, welche Behandlung vorgenommen worden sei und wie sich die Symptome der Beschwerdegegnerin 2 im Laufe der Behandlungen entwickelt hätten. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers handelt es sich dabei nicht um eine eigentliche Zwischenanamnese. Die Vorinstanz führt zudem zutreffend aus, dass sich auch aus der Patientendokumentation nicht ergibt, dass der Beschwerdeführer die erforderlichen Tests tatsächlich durchgeführt hat. Damit kann der Beschwerdeführer aus den genannten Unterlagen nichts für sich ableiten. Schliesslich beanstandet der Beschwerdeführer die Erwägungen der Vorinstanz zur zeitlichen Abfolge, indem er geltend macht, es sei denkbar, dass für eine Zwischenanamnese 15 Minuten und damit genügend Zeit verblieben sei. Auch dies genügt nicht, um Willkür darzutun. Willkür liegt, wie bereits ausgeführt (vgl. E. 3.2), nicht bereits dann vor, wenn eine andere Sicht ebenfalls vertretbar oder sogar zutreffender erscheint, sondern nur, wenn sich die vorinstanzliche Beurteilung als offensichtlich unhaltbar erweist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt bzw. in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Vielmehr scheinen die vorinstanzlichen Annahmen plausibel und es muss davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer keine Zwischenanamnese vorgenommen hatte. Eine andere Frage ist, ob er hierzu verpflichtet war, worauf nachfolgend noch einzugehen sein wird.
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4.
 
4.1. Der Beschwerdeführer beanstandet die rechtliche Würdigung der Tat als fahrlässige schwere Körperverletzung.
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4.2. Fahrlässig handelt, wer die Folge seines Verhaltens aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit nicht bedenkt oder darauf nicht Rücksicht nimmt (Art. 12 Abs. 3 StGB). Ein Schuldspruch wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung nach Art. 125 StGB setzt voraus, dass der Täter den Erfolg durch Verletzung einer Sorgfaltspflicht verursacht hat. Sorgfaltswidrig ist die Handlungsweise, wenn der Täter zum Zeitpunkt der Tat aufgrund der Umstände sowie seiner Kenntnisse und Fähigkeiten die damit bewirkte Gefährdung der Rechtsgüter des Opfers hätte erkennen können und müssen und wenn er zugleich die Grenzen des erlaubten Risikos überschritten hat.
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Grundvoraussetzung für die Fahrlässigkeitshaftung bildet die Vorhersehbarkeit des Erfolgs. Die zum Erfolg führenden Geschehensabläufe müssen für den konkreten Täter mindestens in ihren wesentlichen Zügen voraussehbar sein. Für die Beantwortung dieser Frage gilt der Massstab der Adäquanz. Danach muss das Verhalten geeignet sein, nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und den Erfahrungen des Lebens einen Erfolg wie den eingetretenen herbeizuführen oder mindestens zu begünstigen (BGE 142 IV 237 E. 1.5.2 S. 244; 135 IV 56 E. 2.1 S. 64 mit Hinweisen). Die Adäquanz ist nur zu verneinen, wenn ganz aussergewöhnliche Umstände, wie das Mitverschulden des Opfers bzw. eines Dritten oder Material- oder Konstruktionsfehler, als Mitursache hinzutreten, mit denen schlechthin nicht gerechnet werden musste und die derart schwer wiegen, dass sie als wahrscheinlichste und unmittelbarste Ursache des Erfolgs erscheinen und so alle anderen mitverursachenden Faktoren - namentlich das Verhalten des Beschuldigten - in den Hintergrund drängen (BGE 135 IV 56 E. 2.1 S. 64 f. mit Hinweisen). Erforderlich ist zudem, dass der Eintritt des Erfolgs vermeidbar war. Dabei wird ein hypothetischer Kausalverlauf untersucht und geprüft, ob der Erfolg bei pflichtgemässem Verhalten des Täters ausgeblieben wäre. Für die Zurechnung des Erfolgs genügt, wenn das Verhalten des Täters mindestens mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit die Ursache des Erfolgs bildete (BGE 135 IV 56 E. 2.1 S. 65 mit Hinweisen).
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Die pflichtwidrige Unvorsichtigkeit kann auch in einem Übernahmeverschulden begründet sein (siehe BGE 135 IV 56 E. 4.3.2 S. 70 f.; 106 IV 312 E. 6c S. 312 f.). Ein solches liegt vor, wenn der Beschuldigte eine Aufgabe übernommen hat, welcher er aufgrund seiner persönlichen Verhältnisse, etwa seiner Ausbildung, erkennbar nicht gewachsen ist. Die Sorgfaltswidrigkeit besteht in diesem Fall nicht darin, dass der Beschuldigte sich im Rahmen einer Tätigkeit pflichtwidrig unvorsichtig verhält. Sie liegt vielmehr schon darin, dass er die Tätigkeit überhaupt ausführt, obwohl er ihr, wie er hätte erkennen können, nicht gewachsen ist (Urteil 6B_1341/2015 vom 25. Februar 2016 E. 4.3.3).
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4.3. Der Beschwerdeführer macht geltend, im Rahmen der Beurteilung des Übernahmeverschuldens stelle die Vorinstanz auf das manualmedizinische Gutachten von Dr. med. E.________ vom 23. Oktober 2017 ab. Der Gutachter stütze sich bei seinen Feststellungen auf den Umstand, dass der Beschwerdeführer dreimal die interkantonale Prüfung in Osteopathie nicht bestanden habe und deshalb definitiv von dieser Prüfung ausgeschlossen worden sei. Abgesehen davon, dass im Kanton Zürich das Bestehen einer solchen Prüfung zum Zeitpunkt des Zwischenfalls nicht Voraussetzung für die Ausübung des Berufs des Osteopathen gewesen sei, stelle sich die Frage, inwieweit die Vorinstanz überhaupt auf die diesbezüglichen Ausführungen des Sachverständigen im Rahmen ihrer Beweiswürdigung habe abstellen dürfen. Der Beschwerdeführer beanstandet, dass der Gutachter keine eigenen Erhebungen gemacht habe. Er stütze sich einzig auf die Verfügungen der interkanonalen Prüfungskommission in Osteopathie und die darin aufgeführten Standardbegründungen. Zudem moniert der Beschwerdeführer, dass das Gutachten juristische Wertungen enthalte, die nicht von einem Gutachter vorgenommen werden könnten.
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4.3.1. Zur Frage der Sorgfaltspflichtverletzung erwägt die Vorinstanz, die Beschwerdegegnerin 2 habe über Kopfschmerzen, Schwindel und Probleme, den Kopf aufrecht zu halten, geklagt. Diese Symptome hätten auf eine Durchblutungsstörung hingewiesen, die durch einen Thrombus hervorgerufen worden sein könnte. Zwar habe der Beschwerdeführer anerkannt, dass ihm das Risiko eines Schlaganfalls bei einer osteopathischen Behandlung bekannt gewesen sei. Weiter habe er behauptet, die Symptome ernst genommen zu haben. Daran müsse jedoch gezweifelt werden. Aufgrund der geschilderten Symptomatik hätte eine weitere Behandlung unterbleiben müssen und es wären medizinische Abklärungen vorzunehmen gewesen. Dass der Beschwerdeführer diese Konsequenzen nicht gezogen habe, sei darauf zurückzuführen, dass ihm offenbar das erforderliche Fachwissen gefehlt habe. Im Gutachten von Dr. med. E.________ werde ihm denn auch die Fähigkeit abgesprochen, die Symptome richtig zu deuten sowie eine Dissektion und die Gefahr eines Schlaganfalls richtig zu erkennen. Der Gutachter stütze sich dabei auf die Prüfungsunterlagen der Interkantonalen Prüfungskommission in Osteopathie. Der Beschwerdeführer habe, obwohl er über ein Diplom in Osteopathie der "The International Academy of Osteopathy" in Gent (Belgien) verfügt habe, die interkantonale Prüfung in Osteopathie dreimal nicht bestanden und sei deshalb definitiv von dieser Prüfung ausgeschlossen worden. Gemäss den Prüfungsunterlagen seien beim Beschwerdeführer grosse Lücken bei der Anamnese, beim klinischen Test und bei der medizinischen und osteopathischen Synthese sowie in der Darstellung der therapeutischen Vorgehensweise festgestellt worden. Dass der Beschwerdeführer einzig aufgrund sprachlicher Defizite an der interkantonalen Osteopathieprüfung dreimal und damit definitiv gescheitert sei, erscheine ausgeschlossen. Es müsse davon ausgegangen werden, dass die fachlichen Fähigkeiten des Beschwerdeführers für eine selbständige osteopathische Behandlungsfähigkeit, insbesondere für Halswirbelsäulenbehandlungen, den Anforderungen der interkantonalen Prüfungskommission und somit den geltenden Diagnostik- und Behandlungsrichtlinien nicht entsprächen. Der Beschwerdeführer habe daher nicht erkannt, dass seine Handlungsweise bei der bestehenden Symptomatik zu einer möglichen respektive zunehmenden Dissektion und einem nachfolgenden Hirninfarkt führen könnte. Eine solche Beurteilung hätte eine höhere fachliche Qualifikation bedingt. Daraus ergebe sich, dass der Beschwerdeführer die Behandlung der Beschwerdegegnerin 2 im Halswirbelsäulenbereich nicht hätte übernehmen bzw. durchführen dürfen. Er hätte die Beschwerdegegnerin 2 nach den gebotenen Abklärungen vielmehr umgehend einem Facharzt zuweisen müssen. Es habe ihm bewusst sein müssen, dass ihm in derart heiklen Fällen das erforderliche Fachwissen fehle. Ihn treffe daher ein Übernahmeverschulden.
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4.3.2. Das Gericht würdigt Gutachten grundsätzlich frei (Art. 10 Abs. 2 StPO). In Fachfragen darf es davon indessen nicht ohne triftige Gründe abweichen, und Abweichungen müssen begründet werden. Auf der anderen Seite kann das Abstellen auf eine nicht schlüssige Expertise bzw. der Verzicht auf die gebotenen zusätzlichen Beweiserhebungen gegen das Verbot willkürlicher Beweiswürdigung (Art. 9 BV) verstossen (BGE 142 IV 49 E. 2.1.3 S. 53; 141 IV 369 E. 6.1 S. 372 f.; Urteil 6B_648/2020 vom 15. Juli 2020 E. 4.3.4).
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4.3.3. Vorliegend wurde ein manualmedizinisches Gutachten erstellt, worin unter anderem die Fachkompetenz des Beschwerdeführers beurteilt wurde. Das Gutachten wurde von Dr. med. E.________ am 23. Oktober 2017 erstattet. Der Beschwerdeführer hat bisher im Verfahren die an den Gutachter gestellten Fragen nicht beanstandet. Es ist fraglich, ob er seine Kritik erstmals vor Bundesgericht vorbringen kann. Einige Fragen des Fragenkatalogs erweisen sich durchaus als problematisch, wurde der Gutachter doch um die Beurteilung von Fragen gebeten, die eine juristische Würdigung erfordern würden. Es wurde somit nicht klar zwischen Sach- und Rechtsfragen differenziert. Bezüglich der fachlichen Anforderungen und den Anforderungen an die Ausbildung eines Osteopathen durfte der Gutachter aber ohne Weiteres eine Beurteilung vornehmen, welche die Vorinstanz in ihre Würdigung einfliessen lassen durfte. Soweit der Beschwerdeführer ferner beanstandet, dass nur ein Aktengutachten erstellt worden sei, ist einzuwenden, dass der Beschwerdeführer nicht aufzeigt, welche weiteren Unterlagen hätten beigezogen werden müssen oder welche weiteren Erhebungen und Abklärungen der Gutachter hätte tätigen müssen.
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Im Weiteren ist die rechtliche Würdigung der Vorinstanz nicht zu beanstanden. Zwar ist der Beschwerdeführer im Besitz eines belgischen Osteopathie-Zertifikats. Allerdings lässt sich dem vorinstanzlichen Urteil nichts zur in diesem Zusammenhang erfolgten Ausbildung und den gestellten Anforderungen entnehmen. Das Diplom ändert zudem nichts daran, dass von der Interkantonalen Prüfungskommission in Osteopathie anlässlich der drei Prüfungen beim Beschwerdeführer gravierende Mängel in der Fachkompetenz (grosse Lücken bei der Anamnese, beim klinischen Test und bei der medizinischen und osteopathischen Synthese sowie in der Darstellung der therapeutischen Vorgehensweise) festgestellt wurden. Nicht entscheidend ist dabei, ob die Prüfungskommission eine Standardbegründung verwendet hat. Der Beschwerdeführer erzielte dreimal die Note 3 und war damit klar ungenügend. Dass einzig sprachliche Defizite zum Nichtbestehen der Prüfung geführt haben sollen, wie dies der Beschwerdeführer behauptet, ist nicht plausibel. Es ist aufgrund dessen fraglich und der Beschwerdeführer hätte sich auch selbst die Frage stellen müssen, ob er - unabhängig davon, ob die interkantonale Prüfung für die Berufsausübung vorausgesetzt wird - über die erforderlichen Fähigkeiten zur Vornahme von Behandlungen an der Halswirbelsäule verfügt. Jedenfalls konnte er den Ernst der Lage offensichtlich nicht korrekt einschätzen und so auch nicht erkennen, dass eine Behandlung hätte unterbleiben müssen bzw. der Beizug eines Mediziners erforderlich gewesen wäre. Unter den genannten Umständen sind die vorinstanzlichen Erwägungen zum Übernahmeverschulden weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht zu beanstanden und die Vorinstanz bejaht das Übernahmeverschulden zu Recht.
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4.4. Der Beschwerdeführer macht geltend, die Beschwerdegegnerin 2 sei innert kurzer Zeit dreimal bei ihm in Behandlung gewesen. Insofern müsse nicht erneut ein 15-minütiges Eintrittsgespräch stattfinden. Eine Zwischenanamnese könne bei einer Folgebehandlung kürzer ausfallen. Zudem habe nichts auf eine Dissektion hingedeutet. Es könne ihm somit nicht vorgeworfen werden, im Rahmen seiner Behandlung ein unerlaubtes Risiko für den sich nachfolgend ereigneten Schlaganfall infolge der Embolie eines Thrombus geschaffen zu haben. Eine Kausalität könne auch nach der Risikoerhöhungstheorie nicht angenommen werden. Im Übrigen sei auf die gutachterliche Feststellung zu verweisen, wonach nicht ausgeschlossen werden könne, dass es auch ohne die osteopathische Behandlung zur Thromboembolie hätte kommen können.
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4.4.1. Die Vorinstanz erwägt, der Eintritt des tatbestandsmässigen Erfolgs sei im Sinne der Adäquanz voraussehbar gewesen. Dass das sorgfaltswidrige Handeln des Beschwerdeführers nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und den Erfahrungen des Lebens geeignet gewesen sei, den Hirninfarkt der Beschwerdegegnerin 2 mitherbeizuführen, könne nicht ernsthaft in Frage stehen. Weiter erwägt die Vorinstanz, an der Kausalität zwischen der Behandlung durch den Beschwerdeführer und dem eingetretenen Schlaganfall bestünden keine Zweifel. Laut dem manualmedizinischen Gutachten von Dr. med. E.________ könne mit grosser Wahrscheinlichkeit gesagt werden, dass die Thromboembolie durch die Manipulation des Beschwerdeführers hervorgerufen worden sei und so den Hirninfarkt verursacht habe. Dass der Gutachter von grosser Wahrscheinlichkeit spreche, sei seiner wissenschaftlichen Genauigkeit geschuldet. Vorliegend gehe es um die rechtliche Würdigung sämtlicher Umstände und diese würden ein klares Bild zeigen. Der Schlaganfall sei unmittelbar nach dem abrupten Halswendemanöver aufgetreten. Er sei offensichtlich eine Folge dieser Manipulation gewesen. Gemäss dem Gutachten könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Thromboembolie auch ohne eine osteopathische Behandlung entstanden wäre. Es genüge aber, dass eine korrekte Untersuchung und die gebotenen Vorsichtsmassnahmen des Beschwerdeführers den Schlaganfall aller Wahrscheinlichkeit nach verhindert hätten. Im Schlaganfall habe sich die Gefahr verwirklicht, welche der Beschwerdeführer durch die Übernahme der Behandlung trotz Fehlens einer entsprechenden Ausbildung geschaffen beziehungsweise begünstigt habe. Damit sei der Erfolg vermeidbar gewesen.
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4.4.2. Auch die vorinstanzlichen Erwägungen zur Vorhersehbarkeit bzw. Adäquanz und zur Vermeidbarkeit sind zutreffend. Der Beschwerdeführer setzt bei seiner Kritik voraus, dass kein Übernahmeverschulden vorliegt und er zudem eine Zwischenanamnese vorgenommen hat. Wie bereits ausgeführt, ist dies nicht zutreffend. Es kann im Grunde auf die zutreffenden vorinstanzlichen Erwägungen verwiesen werden. Es ist nicht willkürlich, davon auszugehen, dass die Thromboembolie durch die Manipulation des Beschwerdeführers an der Halswirbelsäule der Beschwerdegegnerin 2 hervorgerufen wurde. Der Eintritt des tatbestandsmässigen Erfolgs war im Sinne der Adäquanz vorhersehbar. Aufgrund der von der Beschwerdegegnerin 2 geschilderten Verschlechterung der Symptome wäre eine Zwischenanamnese entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers angezeigt gewesen und der Erfolg wäre höchstwahrscheinlich auch vermeidbar gewesen, wenn gestützt auf eine Zwischenanamnese weitere Abklärungen und eine korrekte Behandlung eingeleitet worden wären. Im Erfolg hat sich die Gefahr verwirklicht, welche der Beschwerdeführer entweder durch sein eigenes sorgfaltswidriges Verhalten oder durch die Übernahme der Therapie trotz mangelhaftem Fachwissen geschaffen bzw. begünstigt hat.
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5.
 
5.1. Bezogen auf den Vorwurf der Unterlassung der Nothilfe moniert der Beschwerdeführer, die Vorinstanz verfalle in Willkür, wenn sie annehme, er habe absolute Gewissheit gehabt, dass die Beschwerdegegnerin 2 einen Schlaganfall erlitten habe. Weiter beanstandet er die Aussagewürdigung der Vorinstanz. Schliesslich führt er aus, es hätte berücksichtigt werden müssen, dass die Beschwerdegegnerin 2 ihm verboten habe, die Ambulanz zu rufen.
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5.2. Die Vorinstanz erwägt, sowohl die Beschwerdegegnerin 2 als auch der Zeuge C.B.________ (der Ehemann der Beschwerdegegnerin 2) hätten klar und unmissverständlich ausgesagt, dass sie den Beschwerdeführer aufgefordert hätten, die Ambulanz zu rufen. Die entsprechenden Aussagen seien denn auch vom Zeugen F.________ bestätigt worden. Übereinstimmend hätten alle vorgenannten Personen die gleiche Reaktion des Beschwerdeführers geschildert, wonach er der Aufforderung, eine Ambulanz zu rufen, keine Folge geleistet habe. Die Beschwerdegegnerin 2 habe mehrfach ausgeführt, sie habe den Beschwerdeführer gebeten, wenigstens einen Arzt zu rufen. Erst als die Beschwerdegegnerin 2 realisiert habe, dass der Beschwerdeführer offenbar nicht in der Lage war, rechtzeitig zu handeln, habe sie ihn gebeten, ihren Mann anzurufen. Die Schilderung des Sachverhalts durch die Beschwerdegegnerin 2 im Zusammenhang mit der Frage, wer ärztliche Hilfe angefordert hat, erscheine plausibel und nachvollziehbar. Im Gegensatz hierzu habe der Beschwerdeführer zunächst angegeben, er habe der Beschwerdegegnerin 2 gesagt, dass man am besten ins Spital gehe. Das habe sie nicht gewollt. Er habe ihr dann vorgeschlagen, sie selbst zu fahren, was sie ebenfalls abgelehnt habe. Ebenso habe sie keine Ambulanz gewollt. Sie habe ihn dann gefragt, ob er ihren Ehemann anrufen könne. Auf Nachfrage, wer dann den Krankenwagen bestellt habe, habe der Beschwerdeführer erklärt, es sei der Ehemann der Beschwerdegegnerin 2 gewesen. Dies habe er bei mehreren Einvernahmen wiederholt. Die Vorinstanz ist der Auffassung, die Aussagen des Beschwerdeführers seien lebensfremd und nicht plausibel. Weshalb die Beschwerdegegnerin 2 dem Beschwerdeführer in ihrem höchst bedrohlichen gesundheitlichen Zustand die Alarmierung der Ambulanz hätte verbieten sollen, sei nicht nachvollziehbar. Der Beschwerdeführer habe angegeben, es sei ihm sofort klar gewesen, dass die Beschwerdegegnerin 2 Anzeichen eines Schlaganfalls gezeigt habe. Plausible Gründe, weshalb ihm die Beschwerdegegnerin 2 in dieser Situation verbieten sollte, eine Ambulanz zu rufen, habe der Beschwerdeführer nicht namhaft machen können.
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5.3. Auch hier ist nicht ersichtlich, weshalb die Vorinstanz nicht auf die Aussagen der Beschwerdegegnerin 2 hätte abstellen dürfen. Die Vorinstanz befasst sich eingehend mit dem Aussageverhalten der Beschwerdegegnerin 2 und zeigt auf, dass diese den komplexen Handlungsablauf nachvollziehbar geschildert habe, wobei zu berücksichtigen sei, dass sie sich während des Vorfalls in einem lebensbedrohlichen Zustand befunden habe. Der Beschwerdeführer bringt nichts vor, das die vorinstanzliche Beweiswürdigung als willkürlich erscheinen lassen würde. So führt er im Wesentlichen aus, es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Beschwerdegegnerin 2 mit ihrem Ehemann habe sprechen wollen, wenn sie doch eigentlich eine Ambulanz habe rufen wollen. Dieser Einwand ist in Anbetracht des lebensbedrohlichen Zustands der Beschwerdegegnerin 2 geradezu absurd. In Bezug auf die Frage, ob die Beschwerdegegnerin 2 dem Beschwerdeführer verboten habe, die Ambulanz zu rufen, führt der Beschwerdeführer weiter aus, der Sachverhalt hätte anders erstellt werden müssen. Er verweist dazu auf Rz. 58 und Rz. 65 der Beschwerde. Allerdings wird dort nicht gesagt, inwiefern der Sachverhalt anders hätte festgestellt werden müssen. Es ist nicht weiter darauf einzugehen, zumal die vorinstanzlichen Erwägungen auch in diesem Punkt schlüssig sind. Die Ausführungen sodann, wonach er nicht sicher gewesen sei, ob die Beschwerdegegnerin 2 einen Schlaganfall erlitten habe, stellen reine Behauptungen dar. Der Beschwerdeführer brachte diesen Einwand erstmals vor Vorinstanz vor, nachdem er zuvor stets ausgesagt hatte, die Symptome richtig gedeutet zu haben. Die Vorinstanz wertet diese Behauptung zu Recht als Schutzbehauptung. Auch die weiteren Ausführungen des Beschwerdeführers überzeugen nicht. So leuchtet nicht ein, inwiefern relevant sein soll, von welchem Telefon aus der Beschwerdeführer den Ehemann der Beschwerdegegnerin 2 angerufen haben soll.
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6.
 
6.1. Der Beschwerdeführer beanstandet auch die rechtliche Würdigung der Vorinstanz hinsichtlich des Tatbestands der Unterlassung der Nothilfe. Er macht insbesondere geltend, es müsse ihm eine gewisse Zeit zugestanden werden, um den Ernst der Lage zu erfassen und zu reagieren. Er sei nicht untätig geblieben. Im Nachhinein könne die Situation immer anders beurteilt werden.
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6.2. Das Strafgesetzbuch regelt den Tatbestand der Unterlassung der Nothilfe in Art. 128 StGB. Danach macht sich gemäss Abs. 1 strafbar, wer einen Menschen, den er verletzt hat, oder einem Menschen, der unmittelbar in Lebensgefahr schwebt, nicht hilft, obwohl es ihm den Umständen nach zugemutet werden könnte. Für den objektiven Tatbestand genügt es, dass der Täter der bedürftigen Person nicht hilft. Ob die Hilfe erfolgreich gewesen wäre, ist belanglos (BGE 121 IV 18 E. 2a S. 20 mit Hinweisen zur Unterlassung der Nothilfe bei Lebensgefahr; Urteil 6B_267/2008 vom 9. Juli 2008 E. 4.3 mit Hinweisen). Die Hilfeleistungspflicht entfällt, wenn offensichtlich kein Bedürfnis dafür besteht. Hilfe muss mithin als geboten oder doch zumindest als sinnvoll erscheinen (Urteil 6B_162/2011 vom 8. August 2011 E. 6.2 mit Hinweisen). Der subjektive Tatbestand erfordert Vorsatz. Dies schliesst insbesondere die Kenntnis der eigenen Verpflichtung und das Wissen um die unmittelbare Lebensgefahr ein (Urteile 6B_143/2020 vom 1. April 2020 E. 4.1; 6B_1089/2017 vom 16. Mai 2018 E. 1.1; 6B_71/2012 vom 21. Juni 2012 E. 4.2).
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6.3. Die Vorinstanz erwägt, der Beschwerdeführer habe den bei der Beschwerdegegnerin 2 eingetretenen Schlaganfall verursacht, er habe diese mithin verletzt. Damit sei er zur Hilfeleistung verpflichtet gewesen. Die Beschwerdegegnerin 2 habe sich zudem in Lebensgefahr befunden. Diesbezüglich könne auf die Ausführungen im Gutachten zur körperlichen Untersuchung des Instituts für Rechtsmedizin (IRM) vom 5. März 2015 verwiesen werden. Daraus erhelle klar, dass die Beschwerdegegnerin 2 ohne eine rasche medizinische Behandlung Gefahr gelaufen wäre, in einigen Stunden zu sterben. Dass es geboten und ihm zumutbar gewesen wäre, einen Arzt zu rufen, bestreite der Beschwerdeführer nicht. Hierzu sei die Beschwerdegegnerin 2 angesichts ihres Zustandes nicht in der Lage gewesen. Sie sei somit hilfsbedürftig im Sinne von Art. 128 StGB gewesen. In Bezug auf den subjektiven Tatbestand erwägt die Vorinstanz, der Beschwerdeführer habe gemäss eigenen Angaben den eingetretenen Schlaganfall und damit auch die Notlage der Beschwerdegegnerin 2 erkannt. Es sei ihm klar gewesen, dass die Beschwerdegegnerin 2 dringend auf ärztliche Hilfe angewiesen gewesen sei. Dennoch habe es der Beschwerdeführer unterlassen, beim Auftreten der ersten eindeutigen Symptome unverzüglich ärztliche Hilfe beizuziehen. Zögerlich habe er sich entschieden, stattdessen den Ehemann der Beschwerdegegnerin 2 zu informieren. Aufgrund des festgestellten Wissens um den Schlaganfall, die Notlage der Beschwerdegegnerin 2 und die eigene Verpflichtung, sei der Vorsatz zu bejahen.
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6.4. Den vorinstanzlichen Erwägungen ist nichts beizufügen. Die Beschwerdegegnerin 2 befand sich in einem lebensbedrohlichen Zustand, was der Beschwerdeführer unter anderem aufgrund der eingetretenen Gesichtslähmung und der Sprachschwierigkeiten erkannt hatte. Wie die Vorinstanz zu Recht ausführt, wäre er verpflichtet gewesen, eine Ambulanz zu rufen. Die Beschwerdegegnerin 2 forderte ihn sogar explizit auf, die Ambulanz zu rufen. Diese Pflicht hätte selbst dann bestanden, wenn die Behauptung des Beschwerdeführers zutreffen würde, wonach die Beschwerdegegnerin 2 ihm verboten habe, eine Ambulanz zu rufen. Die Beschwerdegegnerin 2 dürfte jedenfalls kaum in der Lage gewesen sein, die Situation selbst richtig einzuschätzen. Dass aufgrund der Ernsthaftigkeit der Lage, in der sich die Beschwerdegegnerin 2 befand, unverzügliches Handeln geboten war, muss beim Beschwerdeführer umso mehr als bekannt vorausgesetzt werden, als er im Gesundheitsbereich tätig ist und über die Gefahr eines Hirnschlags Bescheid wusste. Die Vorinstanz verurteilte den Beschwerdeführer zu Recht wegen Unterlassung der Nothilfe.
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7. Die übrigen Anträge (betreffend Parteikostenentschädigung, Kostenverteilung und Verpflichtung zur Rückzahlung des Verteidigerhonorars) begründet der Beschwerdeführer nicht. Darauf ist nicht einzutreten.
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8. Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Verfahrens (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdegegnerin 2 ist keine Entschädigung zuzusprechen, da sie im bundesgerichtlichen Verfahren nicht zur Vernehmlassung eingeladen wurde und ihr somit keine Umtriebe entstanden sind.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 31. August 2020
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Das präsidierende Mitglied :  Die Gerichtsschreiberin:
 
Jacquemoud-Rossari  Schär
 
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