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Informationen zum Dokument  BGer 2C_686/2020  Materielle Begründung
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BGer 2C_686/2020 vom 03.09.2020
 
 
2C_686/2020
 
 
Urteil vom 3. September 2020
 
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Aubry Girardin, als Einzelrichterin,
 
Gerichtsschreiber Hugi Yar.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
Regierungsrat des Kantons Zürich,
 
Gegenstand
 
Epidemiengesetz, Verordnung [des Regierungsrats des Kantons Zürich] über Massnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Epidemie vom 24. August 2020,
 
Beschwerde gegen die Verfügung des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 3. Abteilung, vom 26. August 2020 (AN.2020.00011).
 
 
Erwägungen:
 
 
1.
 
1.1. Am 24. August 2020 beschloss der Regierungsrat des Kantons Zürich, eine Verordnung über Massnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie zu erlassen (Dispositiv Ziff. I). Die Verordnung trete - so der Beschluss - am 27. August 2020 in Kraft und gelte bis zum 30. September 2020 (Dispositiv Ziff. II). Gegen die Verordnung und Dispositiv II könne innert zehn Tagen, von der Veröffentlichung an gerechnet, beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich Beschwerde erhoben werden (Dispositiv Ziff. III). Dem Lauf der Beschwerdefrist und der Einreichung einer Beschwerde werde die aufschiebende Wirkung entzogen (Dispositiv Ziff. IV).
 
1.2. Verschiedene Personen gelangten hiergegen an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich; sie ersuchten dieses unter anderem darum, superprovisorisch der Verordnung des Regierungsrats die Anwendung zu versagen. Der zuständige Abteilungspräsident am Verwaltungsgericht wies den entsprechenden Antrag am 26. August 2020 ab. Er begründete seinen Entscheid damit, dass ohne Anwendung der verschiedenen angeordneten Massnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung der COVID-19-Pandemie insofern ein schwerer Nachteil entstehe, "als das Risiko von Neuinfektionen und damit auch das Risiko von schweren Krankheitsverläufen und Todesfällen wieder anstiege". Die angeordneten Massnahmen seien nach dem derzeitigen Wissensstand geeignet, die Covid-19-Epidemie wirksam zu bekämpfen und namentlich Neuansteckungen zu verhindern. Der damit verbundene Eingriff in die persönliche Freiheit wiege nicht besonders schwer: Einerseits gelte die mit der angefochtenen Verordnung angeordnete Pflicht, eine Gesichtsmaske zu tragen, nur in Innenräumen von Einkaufsläden, Einkaufszentren und Märkten und sei damit örtlich stark begrenzt. Andererseits würden die Massnahmen nur bis am 30. September 2020 gelten und seien damit auch zeitlich limitiert. Die verschiedenen Massnahmen traten am 27. August 2020 in Kraft.
 
1.3. A.________, eine der Beschwerdeführerinnen vor dem Verwaltungsgericht, gelangte gegen die Verfügung vom 26. August 2020 am 31. August 2020 an das Bundesgericht. Sie beantragt,
 
- Ziffer 1 der Verfügung des Verwaltungsgerichts aufzuheben (Abweisung des Gesuchs um superprovisorische Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung sowie um Anordnung superprovisorischer Massnahmen). Es sei superprovisorisch festzustellen, dass Dispositiv-Ziffer 4 des Regierungsratsbeschlusses vom 24. August 2020 in Sachen Verordnung über Massnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie in dem Punkt aufzuheben sei, als einer Beschwerde keine aufschiebende Wirkung zukomme.
 
- Es sei festzustellen, dass eine formell und inhaltlich genügende Beschwerde spätestens am 26. August 2020 beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich eingegangen sei, sodass die Verordnung gesamthaft per sofort ihre Geltung verliere und erst nach der rechtskräftigen Behandlung der Beschwerde wieder in Kraft treten könne.
 
1.4. Das Bundesgericht hat weder Akten noch Vernehmlassungen eingeholt.
 
2. Die Beschwerde richtet sich gegen eine superprovisorische Zwischenverfügung über eine vorsorgliche Massnahme.
 
2.1. Gegen diese ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nur zulässig, wenn der angefochtene Entscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (vgl. Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG). Dessen Vorliegen hat die Beschwerdeführerin darzutun. Ist nämlich die Zulässigkeit eines Rechtsmittels - wie hier - zweifelhaft, beschlägt die der Beschwerde führenden Partei obliegende Begründungspflicht gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG grundsätzlich auch die Eintretensvoraussetzungen; die für deren Vorliegen massgeblichen Aspekte müssen in diesem Fall von der Beschwerde führenden Person detailliert aufgezeigt werden (vgl. BGE 138 III 46 E. 1.2 S. 47; 136 IV 92 E. 4.2 S. 96; 134 II 137 E. 1.3.3 S. 141; 133 II 249 E. 1.1 S. 251, 353 E. 1 S. 356, 400 E. 2 S. 404). Die Beschwerdeführerin legt nicht dar, inwiefern ihr durch den angefochtenen Zwischenentscheid ein nicht wiedergutzumachender Nachteil rechtlicher Natur drohen würde, nachdem das Verwaltungsgericht in der Sache selber entscheiden oder nach Anhörung des Regierungsrats allenfalls erneut über das Gesuch um vorsorgliche Massnahmen befinden wird (vgl. BGE 139 III 86 E. 1.1.1 S. 88).
 
2.2. Das Bundesgericht soll sich regelmässig nur einmal mit einem Fall befassen müssen und diesen insgesamt beurteilen können (BGE 133 III 629 E. 2.1 S. 631 mit Hinweisen). Nur wenn prozessökonomische Gründe eine frühere Befassung zwingend gebieten und mit der Öffnung des Rechtswegs kein verfahrensrechtlicher Leerlauf verbunden ist, rechtfertigt es sich, allenfalls ein Zwischenverfahren einzuleiten (vgl. BGE 133 III 629 E. 2.1 S. 630 f.; Urteil 2C_215/2012 vom 17. März 2012 E. 1.2.2). Eine solche Notwendigkeit tut die Beschwerdeführerin nicht dar: Angefochten ist lediglich eine superprovisorische Verfügung, d.h. eine solche die ohne Anhörung des Regierungsrats ergangen ist. Die blosse Verlängerung oder Verteuerung des Verfahrens bildet praxisgemäss keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil rechtlicher Natur (BGE 137 III 522 E. 1.3 S. 525; 136 II 165 E. 1.2.1 S. 170; Urteil 2C_215/2012 vom 17. März 2012 E. 1.2.2). Die - allenfalls vorübergehende örtlich und zeitlich beschränkte - Pflicht zum Tragen einer Maske bildet keinen nicht wiedergutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG.
 
 
3.
 
3.1. Auch in der Sache ist die Beschwerde ungenügend begründet (Art. 106 Abs. 2 BGG) : Entscheidet eine Behörde über vorsorgliche Massnahmen, namentlich über die Gewährung oder den Entzug der aufschiebenden Wirkung, tut sie dies aufgrund einer summarischen Prüfung der auf dem Spiele stehenden Interessen, ohne sich vertieft mit den sich stellenden Sach- und Rechtsfragen auseinanderzusetzen. Erst recht auferlegt sich das Bundesgericht bei der Überprüfung der von der Vorinstanz vorgenommenen Interessenabwägung Zurückhaltung. Es hebt einen Entscheid über vorsorgliche Massnahmen nur auf, wenn die beanstandete Interessenabwägung einer vernünftigen Grundlage entbehrt und nicht nachvollziehbar erscheint, d.h. der Entscheid letztlich unhaltbar bzw. willkürlich ist (vgl. die Urteile 2C_478/ 2015 vom 3. Juni 2015 E. 2.1 und 2C_81/2012 vom 27. Januar 2012 E. 2.2).
 
3.2. Das Bundesgerichtsgesetz trägt diesem Umstand namentlich dadurch Rechnung, dass Art. 98 BGG die bei der Anfechtung von Entscheiden über vorsorgliche Massnahmen möglichen Beschwerdegründe auf die Rüge der Verletzung verfassungsmässiger Rechte beschränkt. Die Beschwerde führende Partei hat unter Berücksichtigung der mit Entscheiden über vorsorgliche Massnahmen verbundenen Besonderheiten gezielt und in Auseinandersetzung mit den für das Ergebnis des angefochtenen Entscheids massgeblichen Erwägungen in gedrängter Form plausibel darzulegen, welche verfassungsmässigen Rechte und inwiefern diese durch die angefochtene Zwischenverfügung verletzt worden sein sollen (Art. 106 Abs. 2 BGG; "qualifizierte Begründungspflicht").
 
3.3. Die Beschwerdeführerin argumentiert appellatorisch in der Sache und legt nicht dar, inwiefern die superprovisorische Verfügung als solche verfassungsmässige Rechte verletzen würde; ihren - eher auf den Rechtsstreit in der Hauptsache bezogenen - Vorbringen lässt sich nicht entnehmen, inwiefern die angefochtene Zwischenverfügung und die dort vorgenommene Interessenabwägung inhaltlich verfassungswidrig wären (vgl. das Urteil 2C_478/2015 vom 3. Juni 2015 E. 2.2); dies ist auch nicht ersichtlich. Sie zeigt - entgegen ihrer Begründungspflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG) - nicht auf, inwiefern der angefochtene Entscheid im Rahmen der beschränkten Prüfungskognition vor der Vorinstanz und im bundesgerichtlichen Verfahren (vgl. vorstehende E. 3.1) willkürlich bzw. offensichtlich unhaltbar wäre.
 
 
4.
 
4.1. Zusammengefasst ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin entgegen ihrer Mitwirkungspflicht nicht aufgezeigt hat, inwiefern ihr durch den Zwischenentscheid ein nicht wiedergutzumachender Nachteil droht (vgl. vorstehende E. 2); in der Sache hat sie es unterlassen, darzulegen, inwiefern der angefochtene superprovisorische Entscheid verfassungsmässige Rechte - und insbesondere das Willkürverbot - verletzen würde (vgl. vorstehende E. 3).
 
4.2. Die Beschwerde enthält in keinerlei Hinsicht eine hinreichende, der Verfahrenskonstellation angepasste Begründung (vgl. das Urteil 2C_478/2015 vom 3. Juni 2015 E. 2.3). Es ist deshalb darauf mit Entscheid der Instruktionsrichterin im Verfahren nach Art. 108 BGG nicht einzutreten. Ergänzend kann noch darauf hingewiesen werden, dass der Beschwerdeantrag 2 unzulässig gewesen wäre: Die Gültigkeit der beim Verwaltungsgericht eingereichten Beschwerde ist durch dieses zu beurteilen; erst dessen Entscheid darüber könnte gegebenenfalls vom Bundesgericht überprüft werden.
 
 
5.
 
5.1. Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten. Mit dem vorliegenden Prozessentscheid wird das Gesuch um Erlass einer superprovisorischen Anordnung im bundesgerichtlichen Verfahren gegenstandslos.
 
5.2. Die unterliegende Beschwerdeführerin hat die Kosten für das bundesgerichtliche Verfahren zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Es sind keine Parteientschädigungen geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).
 
 
 Demnach erkennt die Einzelrichterin:
 
1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 3. Abteilung, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 3. September 2020
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Einzelrichterin: Aubry Girardin
 
Der Gerichtsschreiber: Hugi Yar
 
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