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Informationen zum Dokument  BGer 5A_567/2020  Materielle Begründung
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BGer 5A_567/2020 vom 18.09.2020
 
 
5A_567/2020
 
 
Urteil vom 18. September 2020
 
 
II. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter von Werdt, präsidierendes Mitglied,
 
Bundesrichter Bovey,
 
nebenamtlicher Bundesrichter Th. Geiser,
 
Gerichtsschreiberin Gutzwiller.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Stephan Bernard,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) U.________.
 
Gegenstand
 
Fürsorgerische Unterbringung,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Luzern, 2. Abteilung, vom 18. Juni 2020
 
(3H 20 28 / 3U 20 34).
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
A.a. Am 2. Juni 2016 sowie mehrmals schon vor diesem Datum drohte A.________ seiner ältesten, damals 16-jährigen Tochter, sie oder jemanden aus der Familie umzubringen, wenn sie ins gemischtgeschlechtliche Klassenlager mitfahren sollte. Er drohte ebenfalls seinen Familienmitgliedern, sie zu töten, wenn sie nicht regelmässig beteten.
1
A.b. Im Rahmen des wegen dieser Drohungen eingeleiteten Strafverfahrens begründete A.________ seine Drohungen damit, dass er al-Mahdi (der endzeitliche bzw. zwölfte Prophet) sei. Er habe von Allah und dem Erzengel Gabriel den richtigen Code zur Interpretation des Korans sowie den Auftrag erhalten, den richtigen Islam zu verkünden. Ausser Allah gehe es niemanden an, wie er mit seiner Familie umgehe. Der im Strafverfahren eingesetzte forensisch-psychiatrische Gutachter diagnostizierte eine wahnhafte Störung im Sinn eines religiösen Wahns (ICD-10 F22.0), der im Tatzeitpunkt eine vollständige Aufhebung der Einsichts- und damit der Schuldfähigkeit bewirkt habe. Mit Urteil vom 20. April 2017 stellte das Bezirksgericht Hochdorf fest, dass A.________ in Schuldunfähigkeit mehrfach Nötigung nach Art. 181 StGB und versuchte Nötigungen begangen habe, und ordnete in Anwendung von Art. 19 Abs. 3 StGB eine stationäre therapeutische Massnahme gemäss Art. 59 Abs. 1 StGB an.
2
A.c. In der Folge wurde A.________ in der Klinik für Forensische Psychiatrie V.________ stationär behandelt und im Dezember 2019 zur Weiterführung der stationären Massnahme nach Art. 59 StGB ins Pflegezentrum B.________ verlegt, wo er wöchentlich von Mitarbeitern des Zentrums für Ambulante Forensische Therapie der Klinik C.________ ärztlich und pflegerisch betreut wurde.
3
A.d. Im Rahmen der jährlichen Überprüfung der Massnahme nach Art. 62d Abs. 1 StGB äusserte A.________ bei seiner Anhörung den Wunsch, in den Sudan ausreisen zu können oder in ein offenes Wohnheim versetzt zu werden, und beantragte die bedingte Entlassung aus dem Massnahmenvollzug. Der Vollzugs- und Bewährungsdienst des Kantons Luzern (VBD) lehnte dieses Begehren ab. Demgegenüber war seiner dagegen erhobenen Beschwerde beim Kantonsgericht Luzern insoweit Erfolg beschieden, als dieses mit Urteil vom 14. Februar 2020 die Aufhebung der stationären Massnahme und die Entlassung von A.________ zuhanden der zuständigen zivilrechtlichen Behörde binnen zweier Monate verfügte.
4
 
B.
 
B.a. Mit Schreiben vom 30. März 2020 beantragte der VBD der Kindes- und Erwachsenenbehörde U.________ (KESB) sinngemäss eine fürsorgerische Unterbringung von A.________. Am 6. April 2020 verfügte der VBD gestützt auf das kantonsgerichtliche Urteil die Aufhebung der stationären Massnahme nach Art. 59 StGB per 4. Mai 2020.
5
B.b. Am 28. April 2020 ordnete die KESB sodann die fürsorgerische Unterbringung von A.________ im Pflegezentrum B.________ an. Eine gegen diesen Entscheid von A.________ erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde wies das Kantonsgericht mit Urteil vom 18. Juni 2020 ab.
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C.
 
C.a. Gegen dieses Urteil gelangt A.________ mit Beschwerde in Zivilsachen vom 9. Juli 2020 an das Bundesgericht und verlangt die Aufhebung der fürsorgerischen Unterbringung.
7
C.b. Sowohl die KESB als auch das Kantonsgericht haben mit Hinweis auf ihre Entscheide auf Vernehmlassungen verzichtet.
8
C.c. Das Bundesgericht hat die kantonalen Akten eingeholt.
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Erwägungen:
 
 
1.
 
1.1. Die Beschwerde richtet sich gegen den Endentscheid (Art. 90 BGG) einer letzten kantonalen Instanz, die als oberes Gericht über ein Rechtsmittel entschieden hat (Art. 75 BGG). Der angefochtene Entscheid bestätigt die fürsorgerische Unterbringung des Beschwerdeführers. Dies ist ein öffentlich-rechtlicher Entscheid in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Zivilrecht (Art. 72 Abs. 2 Bst. b Ziff. 6 BGG). Der Beschwerdeführer ist zur Beschwerde berechtigt (Art. 76 Abs. 1 BGG) und die Beschwerdefrist ist eingehalten (Art. 100 Abs. 1 BGG). Auf die Beschwerde ist grundsätzlich einzutreten.
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1.2. Zulässig sind rechtliche Vorbringen im Sinn von Art. 95 f. BGG. Insbesondere kann die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich der Bundesverfassung und Völkerrecht vorgebracht werden (Art. 95 Bst. a und b BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG) und prüft mit freier Kognition, ob der angefochtene Entscheid Recht verletzt. Es befasst sich aber nur mit formell ausreichend begründeten Einwänden (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 140 III 115 E. 2, 86 E. 2). Die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten - wozu auch die in der EMRK enthaltenen Garantien zählen (BGE 125 III 209 E. 2 mit Hinweisen) - prüft das Bundesgericht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; Rügeprinzip). Es prüft nur klar und detailliert erhobene und soweit möglich belegte Rügen (BGE 142 III 364 E. 2.4).
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Sodann ist das Bundesgericht an den festgestellten Sachverhalt grundsätzlich gebunden (Art. 105 Abs. 1 BGG). Diesbezüglich kann die rechtsuchende Partei nur vorbringen, die vorinstanzlichen Feststellungen seien offensichtlich unrichtig, das heisst willkürlich, oder würden auf einer anderen Bundesrechtsverletzung im Sinn von Art. 95 BGG (z.B. Verletzung von Art. 29 Abs. 2 BV oder Art. 8 ZGB) beruhen. In der Beschwerde ist überdies darzutun, inwiefern die Behebung der gerügten Mängel für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (vgl. Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 137 III 226 E. 4.2 mit Hinweis). Auch in diesem Zusammenhang gilt das Rügeprinzip nach Art. 106 Abs. 2 BGG (BGE 141 IV 249 E. 1.3.1).
12
 
2.
 
2.1. Die Vorinstanz ist von den in Art. 426 ZGB festgehaltenen Voraussetzungen für eine fürsorgerische Unterbringung ausgegangen und hat in ihrem Urteil im Wesentlichen festgestellt, dass der Beschwerdeführer an einer psychischen Erkrankung leide, auf Grund derer eine Selbst- und eine Fremdgefährdung bestehen, denen nur mit einer medizinischen Behandlung und Betreuung begegnet werden könne, und dass das Pflegezentrum B.________ im konkreten Fall eine für diese Behandlung und Betreuung geeignete Anstalt sei.
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Der Beschwerdeführer anerkennt in seiner Beschwerde, dass er an einem chronifizierten religiösen Wahn leidet und insoweit ein Schwächezustand gegeben ist. Er bestreitet aber, dass ein Gefährdungszustand vorliegt, dem nur durch eine stationäre Behandlung bzw. Betreuung begegnet werden kann. Soweit einer Gefährdung nur so begegnet werden könne, sei die Massnahme unverhältnismässig, weil sie mangels Therapierbarkeit der Erkrankung auf einen dauernden Freiheitsentzug hinauslaufe.
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2.2. Der Beschwerdeführer hält richtig fest, dass allein wegen Fremdgefährdung eine fürsorgerische Unterbringung nicht angeordnet werden kann (BGE 145 III 441). Das hat aber die Vorinstanz nicht verkannt. Sie hält dies vielmehr ausdrücklich im angefochtenen Entscheid fest (E. 3.3.1 S. 8, zweiter Absatz). Bezogen auf den konkreten Fall zitiert die Vorinstanz den gerichtlichen Gutachter dahingehend, dass bei einem unbehandelten Fortschreiten der Krankheit ein "sozialer Rückzug, Desorganisation, Verwahrlosung und ein permanentes Verharren im Wahnsystem" drohten; "zudem würde das Deliktrückfallrisiko im Hinblick auf Gewaltstraftaten steigen" (E. 3.3.2 S. 10). Die Vorinstanz schloss daraus, dass dem Beschwerdeführer ohne Massnahme ein Rückfall in einen psychischen Zustand drohe, in dem er sich selbst sowie eventuell auch Dritte in gravierender Weise gefährden könnte. Namentlich sei zu befürchten, dass er sich krankheitsbedingt nur noch mit dem Koran beschäftige und bete, jedoch jegliche Nahrungsaufnahme und Wasserzufuhr unterlasse. Damit würde er für sich selbst ein lebensbedrohendes Risiko schaffen. Die Vorinstanz erwähnt in diesem Zusammenhang als mögliche Folge auch die Gefahr von Gewaltdelikten (E. 3.3.2 S. 10 f.). Sie macht folglich sehr wohl eine Selbstgefährdung aus. Zwar erwähnt sie auch die Gefährdung Dritter. Sie stützt aber die Einweisung jedenfalls nicht ausschliesslich auf diese Gefahr. Soweit die Vorinstanz eine Selbstgefährdung feststellt, ist dies sehr wohl eine ausreichende Gefährdung für eine fürsorgerische Unterbringung, sofern die weiteren Voraussetzungen auch gegeben sind. Dass Welche Gefahren bei einem Unterbleiben der Massnahme drohen, ist eine Sachverhaltsfrage, bei der das Bundesgericht an die Feststellungen der Vorinstanz gebunden ist (Art. 105 Abs. 1 BGG). Demgegenüber ist Rechtsfrage, ob diese Gefahren ausreichen, um eine fürsorgerische Unterbringung zu rechtfertigen. Es liegt auf der Hand, dass nicht jede fürsorgerische Unterbringung in gleichem Masse in die Freiheit der betroffenen Person eingreift. Von daher lässt sich die Frage nicht ausschliesslich auf Grund der Gefahren beurteilen. Vielmehr sind diese Gefahren gegen den Eingriff in das Freiheitsrecht des Betroffenen, welchen die Massnahme bedeutet, abzuwägen. Das wiederum ist eine Frage der Verhältnismässigkeit, auf die zurückzukommen ist.
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Zu Recht hält der Beschwerdeführer fest, dass eine möglicherweise fehlende medikamentöse Compliance des Betroffenen alleine nicht ausreicht (Urteile 5A_288/2011 vom 19. Mai 2011 E. 5.3; 5A_197/2008 vom 2. Juni 2008 E. 2.1; 5A_312/2007 vom 10. Juli 2007 E. 2.3). Demgegenüber kann die festgehaltene Gefahr einer Vernachlässigung der Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme sehr wohl eine Selbstgefährdung darstellen, welche eine Massnahme rechtfertigt. Das gilt auch für die Gefahr einer Verwahrlosung, wobei allerdings vorliegend diese in keiner Weise konkretisiert wird, so dass auch nicht ihre Bedeutung beurteilt werden kann. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers hat die Vorinstanz aber mit der Gefahr einer Nahrungs- und Flüssigkeitsverweigerung eine ausreichende Selbstgefährdung festgestellt.
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2.3. Wie die Vorinstanz richtig festhält, dient die fürsorgerische Unterbringung der Behandlung und Betreuung der betroffenen Person, wobei diese Begriffe weit zu fassen sind (OLIVIER GUILLOD, in: FamKomm Erwachsenenschutz, 2013, N. 48 zu Art. 426 ZGB). Zweck der Massnahme ist es, wenn immer möglich, der betroffenen Person zur Wiedererlangung der Selbständigkeit und Eigenverantwortung zu verhelfen sowie ein menschenwürdiges Dasein zu ermöglichen (THOMAS GEISER/ MARIO ETZENSBERGER, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, 6. Aufl. 2018, N. 14 vor Art. 426-439 ZGB). Von daher sollte die fürsorgerische Unterbringung keine Dauermassnahme sein, sondern vielmehr immer nur für eine beschränkte Zeit bestehen. Entsprechend verpflichtet das Gesetz die Behörde, die Angemessenheit der Massnahme periodisch zu überprüfen (Art. 431 ZGB). Es liegt aber in der Natur der Sache, dass es Fälle gibt, in denen der Schwächezustand und die Hilfsbedürftigkeit nicht beseitigt werden können und sich mit der Zeit unter Umständen sogar verstärken. Auch in diesen Fällen bezweckt die fürsorgerische Unterbringung der betroffenen Person, ihre Fähigkeiten möglichst zu erhalten und zu fördern. Entsprechend bleibt die Pflicht regelmässig zu prüfen, ob eine Abschwächung oder Veränderung der Massnahme möglich ist. Unter Umständen muss aber die fürsorgerische Unterbringung auf Dauer aufrecht erhalten bleiben. Kann mit keiner medizinischen Behandlung eine Verbesserung des Schwächezustandes bewirkt werden, setzt die fürsorgerische Unterbringung voraus, dass durch diese wenigstens die Lebensqualität der betroffenen Person erheblich verbessert wird (GUILLOD, a.a.O., N. 54 zu Art. 426 ZGB). Die Unheilbarkeit eines Leidens steht einer fürsorgerischen Unterbringung folglich nicht in jedem Fall entgegen.
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Die Vorinstanz hat in für das Bundesgericht verbindlicher Weise (Art. 105 Abs. 1 BGG) gestützt auf die verschiedenen medizinischen Gutachten und Berichte festgehalten, dass nach dem derzeitigen Stand der medizinischen Wissenschaft eine Behandlung des diagnostizierten Wahns im Sinne einer Heilung nicht möglich ist. Sie hat aber auch festgehalten, dass ohne die medikamentöse und therapeutische Behandlung mit sehr grosser Wahrscheinlichkeit ein umgehender Rückfall in einen psychischen Zustand droht, in dem der Beschwerdeführer sich selbst sowie eventuell auch Drittpersonen in gravierender Weise gefährden könnte. Es sei insbesondere zu befürchten, dass er jegliche Nahrungs- und Wasseraufnahme unterlasse und damit für sich selberein lebensgefährliches Risiko schaffe. Es geht folglich um einen Schutz vor einer erheblichen Selbstgefährdung. Das ist grundsätzlich ein für eine fürsorgerische Unterbringung zulässiger Zweck.
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Dem widerspricht der Beschwerdeführer nicht ernstlich. Dass keine eigentliche Behandlungsmöglichkeit im Sinn einer Heilbehandlung besteht, ist unbestritten. Indem er behauptet, inzwischen von den Medikamenten abhängig zu sein, gibt der Beschwerdeführer auch zu, dass die regelmässige Einnahme der Medikamente notwendig ist, um Rückfälle, eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes und eine erhebliche Selbstgefährdung zu verhindern. Insofern sind die Voraussetzungen für eine fürsorgerische Unterbringung unbestritten.
19
 
3.
 
3.1. Der Beschwerdeführer rügt, die fürsorgerische Unterbringung sei nicht verhältnismässig. Für das gesamte Erwachsenenschutzrecht gilt der Grundsatz der Verhältnismässigkeit. Die Betreuung sei auch schon früher ohne eine permanente fürsorgerische Unterbringung möglich gewesen. Verschlechtere sich der Zustand plötzlich wieder, könne mit einer vorübergehenden Unterbringung der Zustand wieder stabilisiert werden. In Tat und Wahrheit gehe es nicht darum, ihn vor einer Selbstgefährdung zu schützen, sondern die strafrechtliche Massnahme fortzuführen. Wie bereits ausgeführt (vorn E. 2.2), dient die fürsorgerische Unterbringung in der Tat dem Schutz der betroffenen Person und nicht der Fortführung einer strafrechtlichen Massnahme (BGE 145 III 441). Die Verhältnismässigkeit ist folglich hier ausschliesslich an der mutmasslichen Selbstgefährdung zu messen.
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Jede behördliche Massnahme und damit auch eine fürsorgerische Unterbringung muss erforderlich und geeignet sein, den mit ihr verfolgten Zweck zu erfüllen (Art. 389 Abs. 2 ZGB). Zudem darf die Massnahme nur soweit in die Freiheit der betroffenen Person eingreifen, wie dies tatsächlich notwendig ist. Eine fürsorgerische Unterbringung ist nur zulässig, wenn das angestrebte Ziel mit der angeordneten Massnahme der betroffenen Person genügenden Schutz bietet und wenn die Massnahme unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse der betroffenen Person insgesamt angemessen und zumutbar erscheint (Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches [Erwachsenenschutz, Personenrecht und Kindesrecht], BBl 2006 7062 Ziff. 2.2.11; GUILLOD, a.a.O., N. 64 zu Art. 426 ZGB).
21
Stehen mehrere Arten der Betreuung und Hilfe zur Verfügung, ist jene zu wählen, welche am wenigsten in die Rechte der betroffenen Person eingreift (YVO BIDERBOST/HELMUT HENKEL, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, 6. Aufl. 2018, N. 12 zu Art. 389 ZGB). Bezüglich einer medizinisch zu behandelnden Person bedeutet dies, dass eine fürsorgerische Unterbringung nur zulässig ist, wenn feststeht, dass die notwendige medizinische Versorgung nicht auch ambulant erfolgen kann. Entsprechend hat das Gericht auszuführen, aus welchen tatsächlichen Gründen eine ambulante Behandlung oder die erforderliche Betreuung ausserhalb einer Einrichtung seiner Ansicht nach nicht in Frage kommt (z.B. fehlende Krankheits- und Behandlungseinsicht, Unmöglichkeit der Betreuung durch Familienangehörige). Schliesslich sind gegebenenfalls die Tatsachen darzulegen, aufgrund derer das Gericht die vorgeschlagene Einrichtung als geeignet erachtet (Rechtsfrage; BGE 143 III 189 E. 3.3 mit Hinweisen; 140 III 105 E. 2.4 mit Hinweisen; Urteil 5A_257/2015 vom 23. April 2015 E. 2).
22
Die Vorinstanz hält im angefochtenen Entscheid gestützt auf die Ausführungen im medizinischen Gutachten und der behandelnden Ärzte in der Klinik V.________ fest, dass die medikamentöse Behandlung des Beschwerdeführers im Rahmen der stationären Massnahme zwar zu einer partiellen, aber keineswegs vollständigen Remission des psychotischen Krankheitsbildes geführt habe. Die chronische wahnhafte Symptomatik sei deutlich eingedämmt, bestehe jedoch als Kernwahn fort. Um die erreichte fragile Remission der Symptomatik zu erhalten und zu festigen, sei eine Weiterführung der medikamentösen antipsychotischen Behandlung erforderlich. Zudem seien eine Psychoedukation des Beschwerdeführers hinsichtlich seines Umgangs mit der krankheitswertigen Symptomatik wie auch eine deutliche Strukturierung des Alltages notwendig. Damit stellt sie rechtsgenüglich fest, welche Gefahren bestehen, wenn die Behandlung unterbleibt. Es ist aber dem angefochtenen Urteil in keiner Weise zu entnehmen, ob ambulante Massnahmen zur Sicherstellung der Behandlung als Alternativen erwogen worden sind. Ebenfalls zu prüfen wäre gewesen, ob offenere Institutionen für die Betreuung in Frage kommen. Mit Blick auf die ausserordentliche Schwere der angeordneten Massnahme - eine fürsorgerische Unterbringung auf Dauer, auf Grund der derzeitigen medizinischen Erkenntnisse ohne jede Besserungsaussicht trotz Behandlung - wären aber entsprechende Abklärungen nötig gewesen, die auch im angefochtenen Entscheid ihren Niederschlag hätten finden müssen. Der angefochtene Entscheid hält somit vor Bundesrecht nicht stand.
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3.2. Die im angefochtenen Entscheid ausführlich dargelegte Gefahr einer Selbstgefährdung lässt allerdings eine blosse Aufhebung der angeordneten fürsorgerischen Unterbringung nicht zu. Vielmehr zeigen die Feststellungen der Vorinstanz, dass Vorkehren zum Schutz des Beschwerdeführers notwendig sind. Solche sind zu prüfen und im Lichte der Verhältnismässigkeit abzuwägen. Dafür ist die Sache zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen (Art. 107 Abs. 2 BGG). Mit diesem Rückweisungsentscheid befindet sich das Verfahren wieder im zweitinstanzlichen Instruktionsstadium. Nachdem die KESB einer allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung entzogen, die Vorinstanz diese nicht wiederhergestellt und der Beschwerdeführer im bundesgerichtlichen Verfahren nicht um aufschiebende Wirkung ersucht hat, ist die von der KESB angeordnete fürsorgerische Unterbringung weiterhin vollstreckbar.
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4. Die Rückweisung der Sache zu neuem Entscheid gilt für die Frage der Auferlegung der Gerichtskosten wie auch der Parteientschädigung als vollständiges Obsiegen im Sinn von Art. 66 Abs. 1 sowie Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG, unabhängig davon, ob sie beantragt und ob das entsprechende Begehren im Haupt- oder im Eventualantrag gestellt wird (BGE 141 V 281 E. 11.1). Dem Kanton sind keine Gerichtskosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 4 BGG), doch hat er den anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer für seinen Aufwand im Verfahren vor Bundesgericht zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).
25
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird gutgeheissen. Das Urteil des Kantonsgerichts Luzern vom 18. Juni 2020 wird aufgehoben. Die Sache wird an das Kantonsgericht zurückgewiesen, damit es nach erfolgter Prüfung, ob ambulante Massnahmen oder eine offenere Institution in Betracht fallen, über die fürsorgerische Unterbringung neu entscheide.
 
2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
3. Der Kanton Luzern hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen.
 
4. Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) U.________, dem Kantonsgericht Luzern, 2. Abteilung, Berufsbeistand D.________, dem E.________ und dem Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Luzern schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 18. September 2020
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Das präsidierende Mitglied: von Werdt
 
Die Gerichtsschreiberin: Gutzwiller
 
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