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Informationen zum Dokument  BGer 8C_503/2020  Materielle Begründung
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BGer 8C_503/2020 vom 22.09.2020
 
 
8C_503/2020
 
 
Urteil vom 22. September 2020
 
 
I. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Maillard, Präsident,
 
Bundesrichterin Viscione, Bundesrichter Abrecht,
 
Gerichtsschreiber Hochuli.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Simon Schneider,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Kanton Bern,
 
handelnd durch die Finanzdirektion,
 
Münsterplatz 12, 3011 Bern,
 
Beschwerdegegner.
 
Gegenstand
 
Öffentliches Personalrecht,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern
 
vom 19. Juni 2020 (100.2019.203U).
 
 
Sachverhalt:
 
A. A.________, geboren 1967, ist Fürsprecher und arbeitete vom 1. Juli 2000 bis 29. Februar 2012 bei der IV-Stelle Bern. Seit 1. März 2012 ist er im Amt B.________ für die Sicherheitsdirektion des Kantons Bern tätig. Vom 1. April 2011 bis 31. Dezember 2013 war er zudem bei der Berner Fachhochschule angestellt Am 27. November 2014 teilte ihm das Personalamt des Kantons Bern (nachfolgend: PA) mit, er werde im nächsten Jahr 15 Jahre für den Kanton Bern tätig sein, so dass voraussichtlich im Juni 2015 eine Treueprämie fällig werde. Mit der Gehaltsabrechnung für den Monat Juni 2015 wurde ihm eine Treueprämie für 15 Dienstjahre von Fr. 6960.- ausbezahlt. Mit Schreiben vom 19. Oktober 2017 forderte das PA diese Treueprämie wegen fehlerhafter Berechnung der Dienstzeit zurück. Weil A.________ damit auch nach Gewährung des rechtlichen Gehörs nicht einverstanden war, bestätigte das PA die Rückforderung der Treueprämie mit Verfügung vom 1. März 2018. Die hiegegen erhobene Beschwerde des A.________ wies die Finanzdirektion des Kantons Bern ab (Entscheid vom 13. Mai 2019).
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B. Dagegen liess A.________ beantragen, der Entscheid vom 13. Mai 2019 sei aufzuheben und auf die Rückforderung der ihm im Juni 2015 ausgerichteten Treueprämie von Fr. 6960.- sei zu verzichten. Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern wies die Beschwerde ab (Entscheid vom 19. Juni 2020).
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C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und subsidiärer Verfassungsbeschwerde beantragt A.________ die Aufhebung des angefochtenen Gerichtsentscheides und erneuert sein vorinstanzliches Rechtsbegehren. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Das Bundesgericht hat die vorinstanzlichen Akten eingeholt. Es wurde kein Schriftenwechsel durchgeführt.
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Erwägungen:
 
 
1.
 
1.1. Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die (weiteren) Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen und mit freier Kognition (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 144 V 97 E. 1 S. 99; 144 II 184 E. 1 S. 186).
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1.2. Gemäss Art. 85 Abs. 1 lit. b BGG ist auf dem Gebiet der öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnisse die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unzulässig, wenn der Streitwert weniger als Fr. 15'000.- beträgt, was vorliegend unbestrittenermassen der Fall ist. Daher steht dem Beschwerdeführer einzig die subsidiäre Verfassungsbeschwerde gemäss Art. 113 ff. BGG offen (Urteile 8D_1/2020 vom 13. Mai 2020 E. 1.1 und 8D_7/2018 vom 27. Juni 2019 E. 2.1 mit Hinweisen).
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1.3. Soweit er Verfassungsrügen erhebt, kann auf sein Rechtsmittel angesichts der Erfüllung der übrigen Sachurteilsvoraussetzungen als subsidiäre Verfassungsbeschwerde nach Art. 113 ff. BGG eingetreten werden (Urteil 8C_701/2019 vom 16. Januar 2020 E. 1.4).
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2. Das Bundesgericht kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz berichtigen oder ergänzen, wenn sie auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 116 BGG beruht (Art. 118 Abs. 2 BGG). Nach Art. 116 BGG kann im Rahmen der subsidiären Verfassungsbeschwerde nur die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten gerügt werden (vgl. zum Begriff BGE 131 I 366 E. 2.2 S. 367 und 137 I 77 E. 1.3.1 S. 79); dabei handelt es sich in erster Linie, aber nicht ausschliesslich, um Grundrechte (Giovanni Biaggini, Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 3. Aufl. 2018, N. 9 ff. zu Art. 116 BGG). In dieser Hinsicht gilt eine qualifizierte Rügepflicht. Das Bundesgericht prüft eine solche Rüge nur insofern, als sie in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 117 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG). Der Beschwerdeführer muss klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darlegen, inwiefern verfassungsmässige Rechte verletzt worden sein sollen (BGE 142 V 577 E. 3.2 S. 579, 142 III 364 E. 2.4 S. 368; Urteil 8D_7/2018 vom 27. Juni 2019 E. 2.2 mit Hinweisen).
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3.
 
3.1. Der Grundsatz von Treu und Glauben (Art. 5 Abs. 3 und Art. 9 BV) verleiht Rechtsuchenden unter gewissen Umständen Anspruch auf Schutz ihres Vertrauens auf die Richtigkeit behördlichen Handelns (BGE 146 I 105 E. 5.1.1 S. 110). Streitig ist einzig, ob die Vorinstanz diesen Anspruch durch Bestätigung der am 1. März 2018 verfügten Rückforderung der Treueprämie verletzte.
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3.2. Die für die Beurteilung der Beschwerde massgebenden Rechtsgrundlagen sind im angefochtenen Entscheid zutreffend dargelegt worden. Darauf wird verwiesen (Art. 109 Abs. 3 BGG).
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4.
 
4.1. Das kantonale Gericht hat nach umfassender Darstellung der Rechtslage zur Kritik des Beschwerdeführers an der Rückforderungspraxis des Kantons Bern Stellung genommen. Sodann hat es sich einlässlich mit den Voraussetzungen der Rückforderung von zu Unrecht erbrachten finanziellen Leistungen befasst. Nach bundesrechtskonformer Würdigung der Beweislage hat es schliesslich mit ausführlicher und überzeugender Begründung, worauf verwiesen wird (Art. 109 Abs. 3 BGG), zutreffend erkannt, dass der Beschwerdeführer als Fürsprecher den Fehler des PA bei der Berechnung der für die Treueprämie massgebenden Dienstzeit unter Berücksichtigung der ihm nach seinen Verhältnissen zumutbaren Aufmerksamkeit hätte erkennen können. Da auch keine grosse Härte nach Massgabe des betreibungsrechtlichen Existenzminimums geltend gemacht werde oder ersichtlich sei, lägen die Voraussetzungen für einen ausnahmsweisen Verzicht auf die Rückforderung im Sinne von Art. 64 Abs. 3 des Personalgesetzes des Kantons Bern vom 16. September 2004 (nachfolgend: PG/BE; BSG 153.01) nicht vor. Auch der Vertrauensschutz im Sinne von Art. 5 Abs. 3 und Art. 9 BV stehe der Rückforderung nicht entgegen. Der rechtskundige Beschwerdeführer hätte mit einem Blick in die nicht komplizierten Bestimmungen der Personalgesetzgebung und des EG-IVG/BE (Einführungsgesetz vom 23. Juni 1993 zum Bundesgesetz über die Invalidenversicherung; BSG 841.21) des Kantons Bern ohne Weiteres erkennen können, dass das PA bei der Berechnung der massgebenden Dienstzeit für die Treueprämie die gut elfeinhalb Dienstjahre bei der IV-Stelle nicht hätte anrechnen dürfen.
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4.2. Was der Beschwerdeführer gegen den angefochtenen Entscheid vorbringt, ist offensichtlich unbegründet. Er stellt nicht in Frage, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter - ausgenommen Mitglieder des Regierungsrats - des Kantons Bern nach den einschlägigen kantonalen Rechtsgrundlagen gemäss angefochtenem Entscheid frühestens mit Vollendung von zehn Dienstjahren einen Anspruch auf Ausrichtung einer Treueprämie erwerben. Er bestreitet auch nicht, dass ihm die Treueprämie im Juni 2015 zu Unrecht ausgerichtet wurde. Der Beschwerdeführer macht gegen die strittige Rückforderung einzig geltend, er sei im Empfang der ihm im Juni 2015 ausgerichteten Treueprämie gestützt auf den Grundsatz von Treu und Glauben nach Art. 9 BV zu schützen. Er zeigt jedoch nicht auf, und es ist nicht ersichtlich, inwiefern die Vorinstanz sein verfassungsmässiges Recht auf Behandlung nach Treu und Glauben (Art. 5 Abs. 3 und Art. 9 BV) verletzt haben soll, indem sie eine der sieben - kumulativ zu erfüllenden (BGE 137 II 182 E. 3.6.3 i.f. S. 194) - Voraussetzungen des Vertrauensschutzes (vgl. dazu BGE 143 V 95 E. 3.6.2 S. 103 mit Hinweisen) verneinte. Der Beschwerdeführer legt nicht dar, weshalb er als Fürsprecher unter den konkreten Umständen mit Blick auf die schriftliche Ankündigung der Ausrichtung einer Treueprämie 2014 die Unrichtigkeit der Angaben des PA nicht ohne Weiteres hätte erkennen können. An seiner neuen Arbeitsstelle im Amt B.________ der Sicherheitsdirektion des Kantons Bern war er erst seit gut zweieinhalb Jahren tätig, als er am 27. November 2014 gestützt auf die Mitteilung des PA über sein vermeintliches Wahlrecht hinsichtlich der Art und Weise des Bezuges der ihm zu Unrecht angekündigten Treueprämie für 15 geleistete Dienstjahre entscheiden musste. Weder die Tatsache, dass er nicht als praktizierender Rechtsanwalt beratend tätig ist, noch die zuvor bei der IV-Stelle absolvierte Berufstätigkeit hinderten den Beschwerdeführer gemäss angefochtenem Entscheid daran, durch einen Blick in die nicht komplizierten Rechtsgrundlagen die Unrichtigkeit der Dienstzeitberechnung des PA ohne Weiteres erkennen zu können. Seine Vorbringen ändern nichts daran, dass er sich gegen die strittige Rückforderung mangels erfüllter Voraussetzungen nicht erfolgreich auf den Vertrauensschutz zu berufen vermag.
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5. Die offensichtlich unbegründete Beschwerde wird im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG - ohne Durchführung des Schriftenwechsels mit summarischer Begründung unter Verweis auf den kantonalen Entscheid (Art. 102 Abs. 1 und Art. 109 Abs. 3 BGG) - erledigt.
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6. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird nicht eingetreten.
 
2. Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird abgewiesen.
 
3. Die Gerichtskosten von Fr. 1000.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 22. September 2020
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Maillard
 
Der Gerichtsschreiber: Hochuli
 
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