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Informationen zum Dokument  BGer 9C_316/2020  Materielle Begründung
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BGer 9C_316/2020 vom 06.10.2020
 
 
9C_316/2020
 
 
Urteil vom 6. Oktober 2020
 
 
II. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Parrino, Präsident,
 
Bundesrichter Meyer, Stadelmann,
 
Gerichtsschreiberin Nünlist.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Rainer Deecke,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
IV-Stelle des Kantons Zug, Baarerstrasse 11, 6300 Zug,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Invalidenversicherung,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug vom 1. April 2020 (S 2019 93).
 
 
Sachverhalt:
 
A. Die 1988 geborene A.________, gelernte Dentalassistentin, arbeitete als Chefgehilfin, da sie sich am 26. Juli 2011 bei der Eidgenössischen Invalidenversicherung zum Leistungsbezug anmeldete. Mit Verfügung vom 11. September 2012 sprach ihr die IV-Stelle des Kantons Zug eine Viertelsrente ab 1. Januar 2012 zu. Diese wurde anlässlich einer revisionsweisen Überprüfung mit Mitteilung vom 7. November 2013 bestätigt. Mit Verfügung vom 13. Juni 2019 hob die IV-Stelle die bisherige Viertelsrente revisionsweise auf.
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B. Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zug mit Entscheid vom 1. April 2020 ab.
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C. A.________ lässt mit Beschwerde in öffenltich-rechtlichen Angelegenheiten beantragen, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und es sei ihr auch weiterhin eine Viertelsrente auszurichten.
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Erwägungen:
 
 
1.
 
1.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1 S. 389). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG).
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1.2. Eine Sachverhaltsfeststellung ist nicht schon dann offensichtlich unrichtig, wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig unzutreffend ist. Eine offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung weist damit die Tragweite von Willkür auf. Es liegt noch keine offensichtliche Unrichtigkeit vor, nur weil eine andere Lösung ebenfalls in Betracht fällt, selbst wenn diese als die plausiblere erscheint. Eine Sachverhaltsfeststellung ist etwa dann offensichtlich unrichtig, wenn das kantonale Gericht den Sinn und die Tragweite eines Beweismittels offensichtlich falsch eingeschätzt, ohne sachlichen Grund ein wichtiges und für den Ausgang des Verfahrens entscheidendes Beweismittel nicht beachtet oder aus den abgenommenen Beweisen unhaltbare Schlüsse gezogen hat (BGE 144 V 50 E. 4.2 S. 53 mit Hinweisen; Urteil 9C_752/2018 vom 12. April 2019 E. 1.2).
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2. Das kantonale Gericht hat einen Revisionsgrund bejaht. Hinsichtlich des Valideneinkommens hat es festgestellt, die Beschwerdeführerin hätte ohne Gesundheitsschaden ihre Tätigkeit als Dentalassistentin (bei Dr. med. dent. B.________) fortgesetzt. Die geltend gemachte berufliche Weiterentwicklung erweise sich als rein spekulativ, aus der Invalidenkarriere könnten keine Rückschlüsse auf die Validenkarriere gezogen werden. Gestützt auf ein Valideneinkommen von Fr. 65'324.- (Lohnstrukturerhebungen [LSE] des Bundesamtes für Statistik [BFS], 2014, Gesundheits- und Sozialwesen, Kompetenzniveau 2, Frauen; indexiert auf 2017) und ein Invalideneinkommen von Fr. 43'290.- (Lohn bei der C.________ AG) ermittelte die Vorinstanz einen neuen, rentenausschliessenden Invaliditätsgrad von 34 %. Strittig und zu prüfen ist alleine die Bemessung des Valideneinkommens.
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3.
 
3.1. Für die Ermittlung des Valideneinkommens ist entscheidend, was die versicherte Person im Zeitpunkt des frühest möglichen Rentenbeginns überwiegend wahrscheinlich als Gesunde tatsächlich verdient hätte. Dabei wird in der Regel am zuletzt erzielten, nötigenfalls der Teuerung und der realen Einkommensentwicklung angepassten Verdienst angeknüpft, da es der Erfahrung entspricht, dass die bisherige Tätigkeit ohne Gesundheitsschaden fortgesetzt worden wäre. Ausnahmen müssen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erstellt sein (BGE 139 V 28 E. 3.3.2 S. 30). Da die Invalidität der voraussichtlich bleibenden oder längere Zeit dauernden Erwerbsunfähigkeit zu entsprechen hat (vgl. Art. 8 Abs. 1 ATSG), ist auch die berufliche Weiterentwicklung zu berücksichtigen, die eine versicherte Person normalerweise vollzogen hätte. Rechtsprechungsgemäss sind theoretisch vorhandene berufliche Entwicklungs- oder Aufstiegsmöglichkeiten nur dann beachtlich, wenn sie mit hoher Wahrscheinlichkeit eingetreten wären. Für die Annahme einer mutmasslichen Weiterentwicklung wird daher der Nachweis konkreter Anhaltspunkte dafür verlangt, dass die versicherte Person einen beruflichen Aufstieg und ein entsprechend höheres Einkommen auch tatsächlich realisiert hätte, wenn sie nicht invalid geworden wäre. Es müssen konkrete Hinweise für das behauptete berufliche Fortkommen bestehen. Blosse Absichtserklärungen der versicherten Person genügen nicht. Vielmehr muss die Absicht, beruflich weiterzukommen, bereits durch konkrete Schritte wie Kursbesuche, Aufnahme eines Studiums etc. kundgetan worden sein (Urteil 9C_868/2018 vom 22. August 2019 E. 3.1 mit Hinweisen).
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Im Revisionsverfahren besteht insoweit ein Unterschied zur ursprünglichen Rentenfestsetzung, als der in der Zwischenzeit tatsächlich durchlaufene beruflich-erwerbliche Werdegang als invalide Person bekannt ist. Eine trotz Invalidität erlangte besondere berufliche Qualifizierung erlaubt zwar allenfalls Rückschlüsse auf die mutmassliche Entwicklung, zu der es ohne Eintritt des (unfallbedingten) Gesundheitsschadens bis zum Revisionszeitpunkt gekommen wäre. Allerdings darf aus einer erfolgreichen Invalidenkarriere in einem neuen Tätigkeitsbereich nicht ohne Weiteres abgeleitet werden, die versicherte Person hätte ohne Invalidität eine vergleichbare Position auch im angestammten Tätigkeitsgebiet erreicht (BGE 145 V 141 E. 5.2.1 S. 144 f. mit Hinweisen).
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3.2. Welche berufliche Tätigkeit die versicherte Person ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausüben würde, ist als Beurteilung hypothetischer Geschehensabläufe eine vom Bundesgericht lediglich unter eingeschränktem Blickwinkel überprüfbare Tatfrage (Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG), soweit sie auf Beweiswürdigung beruht, selbst wenn darin auch Schlussfolgerungen aus der allgemeinen Lebenserfahrung berücksichtigt werden (Urteil 9C_368/2017 vom 3. August 2017 E. 4.1 mit Hinweis). Die diesbezüglichen Feststellungen des kantonalen Gerichts sind daher für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich, ausser sie seien offensichtlich unrichtig oder beruhten auf einer Rechtsverletzung nach Art. 95 BGG (vgl. E. 1).
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4.
 
4.1. Dass die Beschwerdeführerin im Gesundheitsfall den Weg über die Lehre zur Dentalassistentin (ob mit oder ohne Weiterbildungen in diesem Bereich) eingeschlagen hätte und die Umschulung in den kaufmännischen Bereich (Handelsschule) krankheitsbedingt erfolgt ist, wird nicht (substanziiert) bestritten (vgl. auch Beschwerdeschrift S. 3 Ziff. 3., S. 6 Ziff. 8., S. 11 Ziff. 21. [Berufswunsch Dentalhygienikerin]). Dieser Schluss deckt sich mit der Aktenlage.
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Angesichts dieser unstrittigen Aspekte erhellt nicht, was die Beschwerdeführerin aus dem pauschalen Hinweis auf die Widersprüchlichkeiten im angefochtenen Entscheid betreffend den Eintritt des Gesundheitsschadens und darauf, dass seit mindestens 2004 keine Validenkarriere vorliege, zu ihren Gunsten ableiten will. Weitere Abklärungen erübrigten sich.
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4.2. Zu prüfen bleibt, ob die Würdigung des kantonalen Gerichts, wonach der Beschwerdeführerin keine - weitergehende - Validenkarriere zuzugestehen sei, offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung beruht (vgl. E. 3.2 hievor).
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4.2.1. Die Umorientierung in den kaufmännischen Bereich mit Absolvierung der Handelsschule ist unbestritten krankheitsbedingt erfolgt (vgl. E. 4.1 hievor) und kann daher nicht als Hinweis auf eine berufliche Weiterbildung oder einen beruflichen Aufstieg im Gesundheitsfall herangezogen werden. Die Feststellung, wonach keine konkreten Anhaltspunkte für eine berufliche Weiterentwicklung im Gesundheitsfall erkennbar seien (vorinstanzliche Erwägung 7.3.1 S. 10 f.), ist weder offensichtlich unrichtig noch das Ergebnis einer Bundesrechtsverletzung. Daran ändert der Hinweis der Beschwerdeführerin auf ihr Berufsziel der Dentalhygienikerin nichts, sind doch keine konkreten Schritte in diese Richtung erfolgt.
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4.2.2. Die angestammte Tätigkeit als Dentalassistentin (vgl. E. 4.1 hievor) ist nicht mit der aktuellen Tätigkeit in einem Anwaltsbüro vergleichbar. Auch setzt die Arbeit als Anwaltssekretärin eine zusätzliche Ausbildung im kaufmännischen Bereich voraus (vgl. Stellenausschreibung der C.________ AG). Der Verweis auf das Urteil 9C_770/2015 vom 24. März 2016 geht somit fehl.
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Mit dem Hinweis auf das Urteil 8C_575/2018 vom 30. Januar 2019 ist schliesslich noch nicht dargetan, inwiefern der vorinstanzliche Würdigung, wonach die Beschwerdeführerin im Gesundheitsfall weiterhin als Dentalassistentin gearbeitet hätte, geradezu willkürlich sein soll.
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4.2.3. Auf die im Übrigen rein appellatorische Kritik am vorinstanzlichen Entscheid ist nicht weiter einzugehen (vgl. BGE 144 V 50 E. 4.2 S. 53 mit Hinweisen).
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4.3. Damit hat es bei der vorinstanzlichen Würdigung sein Bewenden, wonach die Beschwerdeführerin im Gesundheitsfall weiterhin als Dentalassistentin gearbeitet hätte, was zumindest mit Blick auf die Verhältnisse, wie sie sich bis zum Erlass der angefochtenen Aufhebungsverfügung Mitte Juni 2019 entwickelt hatten, nicht willkürlich ist.
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5. Die Ermittlung des Valideneinkommens gestützt auf LSE-Tabellenlöhne verletzt, bei den gegebenen Verhältnissen, entgegen dem in der Beschwerde Vorgebrachten, kein Bundesrecht. Das Abstellen auf das Kompetenzniveau 2 von Gesundheits- und Sozialwesen ist sodann ebenfalls bundesrechtskonform: Rückschlüsse von der Invaliden- auf die Validenkarriere sind nicht vorzunehmen (vgl. E. 4.2 f. hievor). Aus dem Umstand, dass die Beschwerdeführerin als Chefgehilfin überdurchschnittlich verdient haben soll, kann sie hinsichtlich des Lohns in einer anderen Branche (Dentalassistentin) nichts zu ihren Gunsten ableiten. Eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes liegt nicht vor. Weiterungen erübrigen sich.
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6. Nach dem Gesagten ist der angefochtene Entscheid weder offensichtlich unrichtig noch in Verletzung von Bundesrecht ergangen. Daran vermögen auch die weiteren (rein appellatorischen) Vorbringen nichts zu ändern. Die Beschwerde ist unbegründet.
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1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
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2. Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
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3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
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Luzern, 6. Oktober 2020
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Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Parrino
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Die Gerichtsschreiberin: Nünlist
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