BGer 1C_158/2020 | |||
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BGer 1C_158/2020 vom 07.10.2020 |
1C_158/2020 |
Urteil vom 7. Oktober 2020 |
I. öffentlich-rechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichter Chaix, Präsident,
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Bundesrichter Kneubühler, Haag,
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Gerichtsschreiber Bisaz.
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Verfahrensbeteiligte | |
1. A.________,
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2. B.________,
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3. C.________,
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4. D.________,
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5. E.________,
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Beschwerdeführer,
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alle vier vertreten durch A.________,
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gegen
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1. Zweckverband Spital Uster,
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Brunnenstrasse 42, 8610 Uster,
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vertreten durch Herr Dr. iur. Thomas Wetzel und Frau lic. iur. Nicole Tschirky,
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2. Stadtrat Uster, Stadthaus, Oberlandstrasse 78, Postfach 1442, 8610 Uster,
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3. Baudirektion des Kantons Zürich,
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Walcheplatz 2, Postfach, 8090 Zürich,
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Beschwerdegegner.
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Gegenstand
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Baubewilligung,
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Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 1. Abteilung, 1. Kammer, vom 22. Januar 2020 (VB.2019.00557).
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Sachverhalt: | |
A. Der Stadtrat der Gemeinde Uster erteilte dem Zweckverband Spital Uster mit Beschluss vom 18. Dezember 2018 die baurechtliche Bewilligung für den Neubau des Rettungsdienstgebäudes mit Parkhaus auf den Grundstücken Kat.-Nrn. B6648, B7456 und B6837 an der Feldhofstrasse 1 und 3. Zugleich wurde die strassenpolizeiliche, gewässerschutz- und lärmrechtliche Bewilligung der Baudirektion des Kantons Zürich vom 7. August 2017 eröffnet. Dagegen erhoben B.________, A.________, C.________, D.________ sowie E.________ mit Eingabe vom 19. Januar 2019 Rekurs beim Baurekursgericht des Kantons Zürich und beantragten die Aufhebung des angefochtenen Entscheids. Das Baurekursgericht trat mit Entscheid vom 26. Juni 2019 auf den Rekurs nicht ein.
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B. Hiergegen erhoben B.________, A.________, C.________, D.________ und E.________ am 29. August 2019 Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich. Am 21. Oktober 2019 teilte A.________ dem Gericht mit, dass B.________ und er ihre bisherige Liegenschaft in Uster per 21. Oktober 2019 verkauft hätten. Mit Urteil vom 22. Januar 2020 schrieb das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich die Beschwerde hinsichtlich B.________ und A.________ als gegenstandslos ab und wies sie hinsichtlich C.________, D.________ und E.________ ab.
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C. Dagegen erheben A.________ (Beschwerdeführer 1), B.________ (Beschwerdeführerin 2), C.________ (Beschwerdeführerin 3), D.________ (Beschwerdeführerin 4) und E.________ (Beschwerdeführer 5) am 18. März 2020 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht. Sie beantragen sinngemäss, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 22. Januar 2020 aufzuheben und die Sache zur materiellen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Der Beschwerde sei aufschiebende Wirkung zu erteilen.
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Der Zweckverband Spital Uster beantragt, das Gesuch um Erteilung der aufschiebenden Wirkung sei abzuweisen; auch die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich stellt den Antrag, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Die Stadt Uster beantragt die Abweisung der Beschwerde und einen möglichst umgehenden Entscheid, sodass sich die Beurteilung der Frage der aufschiebenden Wirkung erübrige. Die Baudirektion des Kantons Zürich verzichtet auf eine Stellungnahme. Der Zweckverband Spital Uster sowie die Beschwerdeführer halten an ihren jeweiligen Anträgen fest. Die Stadt Uster verzichtet auf eine Duplik.
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D. Mit Präsidialverfügung vom 7. April 2020 hat das Bundesgericht das Gesuch der Beschwerdeführer um aufschiebende Wirkung abgewiesen.
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Erwägungen: | |
1. Das Bundesgericht entscheidet bei Einstimmigkeit in Dreierbesetzung und im vereinfachten Verfahren über die Abweisung offensichtlich unbegründeter Beschwerden (Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG). Der Entscheid wird summarisch begründet; dabei kann ganz oder teilweise auf den angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Art. 109 Abs. 3 BGG).
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2. | |
2.1. Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um einen kantonal letztinstanzlichen Endentscheid in Angelegenheiten des öffentlichen Rechts (vgl. Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 90 BGG).
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2.2. Die Beschwerdeführer waren am vorinstanzlichen Verfahren beteiligt und sind unabhängig von der Beschwerdeberechtigung in der Sache jedenfalls in Anwendung von Art. 89 Abs. 1 BGG legitimiert, die Verletzung ihrer Verfahrensrechte, die auf eine formelle Rechtsverweigerung hinauslaufen, vor Bundesgericht geltend zu machen (Urteil des Bundesgerichts 1C_491/2019 vom 5. Februar 2020 E. 1.2 mit Hinweis). Streitgegenstand bildet vorliegend einzig die Frage, ob die Beschwerdeführer im kantonalen Verfahren einsprache- bzw. beschwerdelegitimiert waren. Auf die verschiedenen Rügen betreffend die Rechtmässigkeit der Baubewilligung kann daher von vornherein nicht eingetreten werden.
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2.3. Mit der Beschwerde an das Bundesgericht kann insbesondere die Verletzung von Bundes- und Völkerrecht gerügt werden (vgl. Art. 95 lit. a und b BGG). Hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten gilt eine qualifizierte Rügepflicht. Das Bundesgericht prüft solche Rügen, wenn sie in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden sind (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 145 I 26 E. 1.3 S. 30 mit Hinweis). Auf ungenügend begründete Rügen und bloss allgemein gehaltene, appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (BGE 145 I 26 E. 1.3 S. 30 mit Hinweisen).
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3. Nach § 315 Abs. 1 des Planungs-und Baugesetzes des Kantons Zürich vom 7. September 1975 (PBG/ZH; LS 700.1) hat, wer Ansprüche aus jenem Gesetz wahrnehmen will, innert 20 Tagen seit der öffentlichen Bekanntmachung bei der örtlichen Baubehörde schriftlich die Zustellung des baurechtlichen Entscheids zu verlangen. Wer den baurechtlichen Entscheid nicht rechtzeitig verlangt, hat das Rekursrecht gemäss § 316 Abs. 1 PBG/ZH verwirkt. Der Beschwerdeführer 1 hat am 2. Oktober 2018 am Schalter des Geschäftsfelds Hochbau und Vermessung der Gemeinde Uster fristgerecht die Zustellung des baurechtlichen Entscheids verlangt. Als Begehrensteller gab er einzig sich an.
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3.1. Die Vorinstanz akzeptierte, dass das vom Beschwerdeführer 1 gestellte Zustellungsbegehren gestützt auf das eheliche Vertretungsverhältnis auch für die Beschwerdeführerin 2 Geltung habe. Dagegen nicht, dass der Beschwerdeführer 1 die Zustellung des baurechtlichen Entscheids angeblich auch als Vertreter der Beschwerdeführer 3-5 verlangt habe. Gemäss ihrer konstanten Praxis hätte der Beschwerdeführer 1 ein solches Vertretungsverhältnis und die Identität der Vertretenen offenlegen müssen. Die Verwirkung des Rekursrechts gemäss § 316 PBG/ZH müsse im Zusammenhang mit der Möglichkeit gesehen werden, Einwendungen gegen das Bauvorhaben bereits im schriftlichen Zustellungsbegehren vorzubringen. Die Bauherrschaft solle möglichst frühzeitig erfahren, ob sie mit Rekursen zu rechnen und was die Nachbarschaft gegen das Bauvorhaben einzuwenden habe.
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3.2. Dagegen wenden die Beschwerdeführer ein, dass das Formular, das für solche Zustellungsbegehren vom zuständigen Amt zur Verfügung gestellt werde, - wie auch die Vorinstanz einräume - für Vertretungen nicht zweckmässig formuliert sei. Die Offenlegungspflicht des Vertretungsverhältnisses sei den Beschwerdeführern zudem nicht bekannt gewesen. Dagegen sei dem Beschwerdegegner stets bewusst gewesen, "mit wem er es zu tun habe". Indem die Vorinstanz die Beschwerdelegitimation der Beschwerdeführer 3-5 verneine, habe es gegen die Art. 5 Abs. 2 und 3, Art. 9 und Art. 29 Abs. 1 BV verstossen.
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3.3. Soweit die behaupteten Rechtsverletzungen überhaupt rechtsgenüglich gerügt wurden (vgl. vorne E. 2.3), dringen sie im Einzelnen nicht durch.
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Der Wortlaut der §§ 315 Abs. 1 und 316 Abs. 1 PBG/ZH lässt klar erkennen, dass es sich bei der Pflicht, schriftlich die Zustellung des baurechtlichen Entscheids zu verlangen, um später das Rekursrecht nach § 316 Abs. 1 PBG/ZH wahrnehmen zu können, um eine formelle Hürde für jeden einzelnen Rekurswilligen handelt. Angesichts des Wortlauts ist die Offenlegungspflicht eines Vertretungsverhältnisses entsprechend nicht als willkürlich zu beurteilen. Daran ändert auch nichts, wenn es sich bei der Person, welche die Zustellung des baurechtlichen Entscheids verlangen möchte, wie vorliegend um einen juristischen Laien handelt. Es erscheint nicht als willkürlich, wenn vom Beschwerdeführer 1 zumindest verlangt wird, sich am Schalter des Geschäftsfelds Hochbau und Vermessung der Gemeinde Uster danach zu erkundigen, ob und wie er ein Vertretungsverhältnis im nicht zweckmässig formulierten Formular sichtbar machen muss. Die aus der gesetzlichen Regelung ersichtliche Gefahr, das Rekursrecht zu verwirken, wäre dazu Anlass genug gewesen.
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Der Verweis darauf, dass es die Vorinstanz in ihrer Rechtsprechung zugelassen habe, dass ein Stockwerkeigentümer das Rekursrecht behält, obwohl nur die Stockwerkeigentümergemeinschaft die Zustellung des baurechtlichen Entscheids verlangt hatte, ist unbehelflich. In jenem Fall wurde das Vertretungsverhältnis im Gegensatz zum vorliegenden gerade offengelegt. Nicht ersichtlich ist zudem, wie der von den Beschwerdeführern geltend gemachte Umstand, dass der Beschwerdeführer 1 auf dem Formular das Feld "Kat.-Nr." offengelassen habe und dies von den Behörden nicht beanstandet wurde, an der Beurteilung ihrer Beschwerdelegitimation etwas ändern könnte.
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Die Aussage, dass es dem Zweckverband Spital Uster als Beschwerdegegner "jederzeit klar" gewesen sei, "mit welchen Personen er es im hier strittigen Verfahren zu tun hatte", stützen die Beschwerdeführer darauf, dass der Zweckverband Spital Uster in seiner Stellungnahme am 8. Februar 2019 vor Baurekursgericht ein Kapitel "Verfahrensverzögerung durch die Rekurrierenden" aufgeführt habe. Daraus seien die Beschwerdeführer hervorgegangen. Entgegen ihrer Ansicht sagt dieser Umstand jedoch nichts darüber aus, ob der Zweckverband Spital Uster bereits vor Einleitung des Rechtsmittelverfahrens wusste, dass der Beschwerdeführer 1 die Zustellung des baurechtlichen Entscheids als Vertreter der übrigen nun Beschwerdeführenden eingereicht hat. Ob dies rechtlich von Bedeutung wäre, ist demnach nicht weiter zu vertiefen.
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Im Übrigen kann auf die Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (Art. 109 Abs. 3 BGG).
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3.4. Zusammenfassend ist es nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz die Beschwerdeführer 3-5 nicht als Rekursberechtigte anerkannt hat, weil sie die Voraussetzung von § 315 Abs. 1 PBG/ZH nicht erfüllt haben. Inwiefern dadurch der Grundsatz der Verhältnismässigkeit nach Art. 5 Abs. 2 BV verletzt sein soll, legen die Beschwerdeführer weder rechtsgenüglich dar noch ist dies ersichtlich.
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3.5. Da die Beschwerdeführer 1 und 2 während des vorinstanzlichen Verfahrens ihre Liegenschaft in der Nähe des strittigen Bauvorhabens verkauft haben und weggezogen sind, hat die Vorinstanz ihre Beschwerde mangels aktuellem Rechtsschutzinteresse als gegenstandslos abgeschrieben. Dies blieb vor Bundesgericht unangefochten. Damit ist auch ein Parteiwechsel an ihrer Statt in diesem Verfahrensstadium nunmehr ausgeschlossen (vgl. das Urteil des Bundesgerichts 1C_280/2007 vom 13. März 2008 E. 1.2).
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4. | |
Die Beschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet und ist im Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens werden die Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 und 5 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (vgl. Art. 68 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: | |
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden den Beschwerdeführern auferlegt.
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3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 1. Abteilung, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 7. Oktober 2020
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Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Chaix
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Der Gerichtsschreiber: Bisaz
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