BGer 1F_17/2020 | |||
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BGer 1F_17/2020 vom 07.10.2020 |
1F_17/2020 |
Urteil vom 7. Oktober 2020 |
I. öffentlich-rechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichter Chaix, Präsident,
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Bundesrichter Kneubühler, Haag,
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Gerichtsschreiber Gelzer.
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Verfahrensbeteiligte | |
A.________,
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Gesuchstellerin,
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gegen
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1. B.________,
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2. C.________,
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3. D.________ AG,
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Gesuchsgegnerinnen,
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Stadtrat Willisau,
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Zehntenplatz 1, 6130 Willisau,
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Kantonsgericht Luzern, 4. Abteilung, Obergrundstrasse 46, 6003 Luzern.
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Gegenstand
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Revisionsgesuch gegen das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts 1C_354/2019 vom 29. April 2020.
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Sachverhalt: |
A. | |
Das Kantonsgericht Luzern bestätigte mit Urteil vom 17. Mai 2019 die der D.________ AG erteilte Baubewilligung für den Neubau eines Mehrfamilienhauses auf der Parzelle Nr. xxx in Willisau. Eine dagegen von A.________ erhobene Beschwerde wies das Bundesgericht mit Urteil 1C_354/2019 vom 29. April 2020 ab, soweit es darauf eintrat.
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B.
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Mit Revisionsgesuch vom 28. Juni 2020 beantragt A.________ (nachstehend: Gesuchstellerin), dieses Urteil des Bundesgerichts aufzuheben und die Sache neu zu beurteilen.
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Ihr Begehren, dem Revisionsgesuch die aufschiebende Wirkung beizulegen, wies das Bundesgericht mit Präsidialverfügung vom 25. August 2020 ab.
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Die D.________ AG und der Stadtrat Willisau beantragen, das Revisionsgesuch abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. C.________, Miteigentümerin des Baugrundstücks, schliesst auf Abweisung des Revisionsgesuchs.
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Mit Eingabe vom 21. September 2020 reichte die Gesuchstellerin zu ihrem Revisionsgesuch ergänzende Bemerkungen ein.
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Erwägungen: |
1. | |
Entscheide des Bundesgerichts erwachsen am Tag ihrer Ausfällung in Rechtskraft (Art. 61 BGG). Eine nochmalige Überprüfung der einem Urteil des Bundesgerichts zugrunde liegenden Streitsache ist grundsätzlich ausgeschlossen. Das Bundesgericht kann auf sie nur zurückkommen, wenn einer der in den Art. 121-123 BGG abschliessend aufgeführten Revisionsgründe vorliegt (Urteil 1F_10/2015 vom 7. Mai 2015 E. 2.1). Da Urteile des Bundesgerichts nicht mit einem ordentlichen Rechtsmittel angefochten werden können, sind sie entgegen der Auffassung der Gesuchstellerin nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen. Das Revisionsgesuch muss einen Revisionsgrund anrufen oder zumindest Tatsachen nennen, die von einem gesetzlichen Revisionsgrund erfasst sind (Urteil 4F_16/2018 vom 31. August 2018 E. 1.1).
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Zuständig für die Beurteilung eines Revisionsgesuchs ist die Abteilung des Bundesgerichts, die schon den Sachentscheid fällte (Urteil 1F_33/2016 vom 14. Oktober 2016 E. 1). Der Antrag der Gesuchstellerin, den Fall an eine unabhängige ausserkantonale Fachstelle zur Beurteilung zu überweisen, ist demnach abzuweisen.
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2. | |
2.1. Unter dem Titel "Verletzung von Verfahrensvorschriften" nennt Art. 121 lit. d BGG als Revisionsgrund, dass das Gericht in den Akten liegende erhebliche Tatsachen aus Versehen nicht berücksichtigt hat (lit. d). Kein Versehen im Sinne dieser Regelung liegt vor, wenn das Bundesgericht Aktenstellen zwar berücksichtigte, aber nicht so würdigte und beurteilte, wie die Gesuchstellerin es wünscht und im Beschwerdeverfahren beantragt hatte (Urteil 5F_24/2018 vom 1. Juli 2019 E. 1 mit Hinweis).
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2.2. Die Gesuchstellerin reichte ihr Revisionsgesuch innerhalb der 30-tägigen Frist für die Geltendmachung der Verletzung von Verfahrensvorschriften im Sinne von Art. 121 BGG ein (Art. 124 Abs. 1 lit. b BGG). Sie macht geltend, das Bundesgericht habe aufgrund eines Verfahrensfehlers ihre ergänzte Beschwerde vom 19. September 2019 als unzulässig erachtet, weshalb zumindest auf die darin angeführte Begründung zu den Anträgen einzugehen sei.
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2.3. Das Bundesgericht berücksichtigte die Beschwerdeergänzung nicht, weil sie nach Ablauf der gesetzlichen und damit gemäss Art. 47 Abs. 1 BGG nicht erstreckbaren Beschwerdefrist eingereicht worden war (vgl. Urteil 1C_354/2019 vom 29. April 2020 E. 1.1). Insoweit liegt keine versehentliche Nichtberücksichtigung von in den Akten liegenden Tatsachen im Sinne von Art. 121 lit. d BGG vor, weshalb dieser Revisionsgrund nicht gegeben ist. Soweit die Gesuchstellerin geltend macht, das Bundesgericht hätte ihr gemäss Art. 43 BGG eine Frist zur Ergänzung der Beschwerde ansetzen können, lässt sie ausser Acht, dass diese Regelung nur Beschwerden auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe betrifft. Entgegen ihrer Meinung hätte ihr auch die Bezeichnung der Beschwerdeergänzung als "Replik" keine Vorteile gebracht, da eine Replik nicht dazu verwendet werden darf, die Beschwerde zu ergänzen oder zu verbessern. Darin sind nur Darlegungen zulässig, zu denen die Ausführungen in der Vernehmlassung eines anderen Verfahrensbeteiligten Anlass geben (BGE 135 I 19 E. 2.2 mit Hinweisen).
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3. | |
3.1. Gemäss Art. 123 Abs. 2 lit. a BGG kann in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten die Revision verlangt werden, wenn die ersuchende Partei nachträglich erhebliche Tatsachen erfährt oder entscheiderhebliche Beweismittel auffindet, die sie im früheren Verfahren nicht beibringen konnte. Erheblich ist ein Beweismittel, wenn anzunehmen ist, es hätte zu einem anderen Urteil geführt, falls das Gericht im Hauptverfahren davon Kenntnis gehabt hätte (vgl. BGE 143 V 105 E. 2.3 S. 107 f.).
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3.2. Die Gesuchstellerin bringt vor, sie habe in ihrer Beschwerdeergänzung vom 19. September 2019 ein nachträglich aufgefundenes Beweisdokument für den widerrechtlichen Bau der Kanalisation durch ihr Grundstück vorgelegt, das nun zu würdigen sei. Ohne die von ihr verlangte Verlegung der Kanalisation auf die über die Grundstücke Nrn. yyy und xxx führende Strasse dürfe das Baugrundstück nicht als erschlossen gelten, zumal ihr Grundstück durch den jetzigen Verlauf der Kanalisation schwer beeinträchtigt werde.
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3.3. Das Kantonsgericht Luzern trat auf den Antrag der Gesuchstellerin, die Kanalisation in ihrem Grundstück sei von der Gemeinde zu gegebener Zeit in die Strasse zu verlegen, nicht ein, weil es annahm, die vor knapp 20 Jahren erstellte Kanalisation bilde nicht Streitgegenstand des vorliegenden Baubewilligungsverfahrens (Urteil des Kantonsgerichts Luzern vom 17. Mai 2019 E. 7 S. 18). Die Gesuchstellerin erhob gegen diese Erwägung in ihrer Beschwerde vom 26. Juni 2019 keine Einwände und wendet erst in ihrem Revisionsgesuch ein, ohne die von ihr verlangte Verlegung der Kanalisation dürfe das Baugrundstück nicht als erschlossen gelten. Damit rügt sie sinngemäss, das Kantonsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, die verlangte Verlegung der Kanalisation bilde nicht Streitgegenstand des Baubewilligungsverfahrens. Auf diese Rüge ist nicht einzutreten, da das Revisionsgesuch nicht dazu dienen kann, die Beschwerdeschrift nachträglich durch neue rechtliche Rügen zu ergänzen und die unzutreffende Rechtsanwendung ohnehin keinen Revisionsgrund darstellt (vgl. Urteil 1F_37/2016 vom 14. November 2016 E. 4 mit Hinweis). Im Übrigen wäre die Rüge unbegründet, da die von der Gesuchstellerin verlangte Verschiebung der Kanalisation ausserhalb des Bereichs ihres Grundstücks nichts daran ändern würde, dass gemäss Art. 19 Abs. 1 RPG die zur Erschliessung erforderlichen Abwasserleitungen so nahe an das Baugrundstück heranführen, dass ein Anschluss ohne erheblichen Aufwand möglich ist. Das geltend gemachte nachträgliche Auffinden eines Beweisdokuments bezüglich des ursprünglichen Baus der Kanalisation ist daher nicht entscheidrelevant und kann keinen Revisionsgrund bilden.
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4. | |
Entgegen der Meinung der Gesuchstellerin stellt eine offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhalts gemäss Art. 97 BGG keinen Revisionsgrund dar. Auf ihr Revisionsgesuch ist daher nicht einzutreten, soweit sie eine offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhalts rügt, ohne aufzuzeigen, inwiefern das Bundesgericht in den Akten liegende Tatsachen im Sinne von Art. 121 lit. d BGG aus Versehen nicht berücksichtigt haben soll.
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5. | |
Schliesslich rügt die Gesuchstellerin dem Sinne nach, das Bundesgericht habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, indem es auf eine Rüge zur unrichtigen Sachverhaltsfeststellung betreffend planerischer Ungenauigkeiten willkürlich wegen ungenügender Begründung nicht eingetreten sei.
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Auf diese Rüge ist nicht einzutreten, weil die Gesuchstellerin damit keinen Revisionsgrund gemäss Art. 121 lit. a bis d BGG geltend macht.
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6. | |
Nach dem Gesagten ist das Revisionsgesuch abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten der Gesuchstellerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).
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Angemerkt sei, dass das Bundesgericht Eigentümer von an Baugrundstücke angrenzenden Liegenschaften häufig als "Nachbarn" bezeichnet, um die Anonymisierung der Urteile zu erleichtern. Aus der Bezeichnung der Gesuchstellerin als "Nachbarin", kann daher nicht abgeleitet werden, das Bundesgericht habe ihr nicht die nötige Aufmerksamkeit zukommen lassen.
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Demnach erkennt das Bundesgericht: | |
1. Das Revisionsgesuch wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Gesuchstellerin auferlegt.
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Dieses Urteil wird den Parteien, dem Stadtrat Willisau und dem Kantonsgericht Luzern, 4. Abteilung, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 7. Oktober 2020
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Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Chaix
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Der Gerichtsschreiber: Gelzer
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