BGer 1C_561/2019 | |||
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BGer 1C_561/2019 vom 12.10.2020 |
1C_561/2019 |
Urteil vom 12. Oktober 2020 |
I. öffentlich-rechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichter Chaix, Präsident,
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Bundesrichter Kneubühler, Merz,
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Gerichtsschreiberin Hänni.
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Verfahrensbeteiligte | |
A.________,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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Einwohnergemeinde Biel, handelnd durch den Gemeinderat, Postfach, 2501 Biel/Bienne,
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Beschwerdegegnerin,
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vertreten durch Fürsprecher Dr. Karl Ludwig Fahrländer und Dr. Michael Pflüger,
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Bau- und Verkehrsdirektion des Kantons Bern, Rechtsamt, Reiterstrasse 11, 3011 Bern.
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Gegenstand
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Beteiligung am Baubewilligungsverfahren; Nichtigkeit des Gesamtentscheids,
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Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, vom 17. September 2019 (100.2019.286U).
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Sachverhalt: | |
A. A.________ ist Eigentümer der Liegenschaften B.________ und C.________ (Parzelle Biel Nr. 2682). Diese befinden sich in der Zone mit Planungspflicht (ZPP) 8.8 "Feldschlössli-Areal", in welcher der Kanton Bern einen neuen Campus für die Berner Fachhochschule errichten will. Am 28. März 2018 reichte die Gemeinde Biel bei der kantonalen Enteignungsschätzungskommission (ESchK) ein Enteignungsgesuch für die Parzelle Nr. 2682 ein; die übrigen Parzellen der ZPP 8.8 befinden sich im Eigentum der Gemeinde Biel, die sie dem Kanton im Baurecht zur Verfügung stellen will.
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Mit Verfügung vom 4. Oktober 2018 wies die ESchK die Stadt Biel per 1. November 2018 vorzeitig in den Besitz der Liegenschaft Nr. 2682 ein. Dagegen ist eine Beschwerde von A.________ vor Bundesgericht hängig (Verfahren 1C_453/2019; vgl. zuvor schon Entscheid 1C_137/2019 vom 5. Juli 2019). Eine weitere Beschwerde von A.________ betreffend die Überbauungsordnung sowie eine Teiländerung der baurechtlichen Grundordnung der ZPP 8.8 wies das Bundesgericht mit Entscheid 1C_639/2019 vom 25. August 2020 ab.
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B. Mit Gesamtentscheid vom 6. Februar 2019 bewilligte das Regierungsstatthalteramt Biel/Bienne das Baugesuch der Einwohnergemeinde Biel für den Abbruch verschiedener Liegenschaften in der ZPP 8.8, darunter auch das Mehrfamilienhaus B.________ und C.________ auf der Parzelle Nr. 2682.
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Dagegen erhob A.________ am 12. Juli 2019 Beschwerde bei der Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern (BVE). Diese wies die Beschwerde mit Entscheid vom 26. Juli 2019 ab, soweit A.________ beantragt hatte, es sei die Nichtigkeit des Gesamtentscheids festzustellen. Im Übrigen trat sie nicht auf die Beschwerde ein.
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C. Gegen den Entscheid der BVE erhob A.________ am 28. August 2019 Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Bern. Dieses wies die Beschwerde, soweit es darauf eintrat, mit Urteil vom 17. September 2019 ab.
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D. Dagegen hat A.________ am 24. Oktober 2019 Beschwerde an das Bundesgericht erhoben. Er beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen. Eventualiter sei das Baugesuch betr. Abbruch, soweit die Parzelle Nr. 2682 betreffend, abzuweisen. Ausserdem stellt der Beschwerdeführer diverse Subeventualbegehren.
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Die Gemeinde Biel und das Verwaltungsgericht beantragen, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Die BVE schliesst auf Abweisung der Beschwerde.
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E. Mit Entscheid vom 2. Dezember 2019 hat die kantonale Enteignungsschätzungskommission das Enteignungsgesuch der Gemeinde Biel abgewiesen, weil das Enteignungsrecht nicht dieser, sondern dem Kanton zustehe. Dagegen hat die Gemeinde Biel Appellation an das Verwaltungsgericht erhoben.
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Mit Eingabe vom 6. Dezember 2019 hat der Beschwerdeführer beantragt, das vorliegende bundesgerichtliche Beschwerdeverfahren zu sistieren, bis rechtskräftig über das Enteignungsgesuch der Gemeinde entschieden worden sei.
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Die Gemeinde Biel und die BVE beantragten in ihrer Vernehmlassung die Abweisung des Sistierungsgesuchs. Für den Fall, dass das Enteignungsrecht - wie von der kantonalen Enteignungsschätzungskommission angenommen - dem Kanton und nicht der Gemeinde zustehe, stimme der Kanton Bern dem Baugesuch der Gemeinde ausdrücklich zu.
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In seiner Replik hielt der Beschwerdeführer an seinen Anträgen fest und erneuerte sein Sistierungsgesuch.
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F. Mit Verfügung vom 5. März 2020 wies der Präsident der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung das Sistierungsgesuch ab.
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G. Mit Stellungnahme vom 1. Mai 2020 hält der Beschwerdeführer an seinen Anträgen im Hauptverfahren fest und erneuert sein Sistierungsgesuch.
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Erwägungen: | |
1. Gegen den kantonal letztinstanzlichen Endentscheid des Verwaltungsgerichts steht grundsätzlich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht offen (Art. 82 lit. a, 86 Abs. 1 lit. d und 90 BGG).
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Die BVE hatte dem Beschwerdeführer die Befugnis zur nachträglichen Baubeschwerde abgesprochen. Das Verwaltungsgericht wies die Beschwerde gegen diesen Nichteintretensentscheid ab. Der Beschwerdeführer ist befugt, mit Beschwerde eine Verletzung seiner Parteirechte geltend zu machen (Art. 89 Abs. 1 BGG). Die Nichtigkeit ist im Übrigen in jedem Verfahrensstadium zu beachten. Auf die rechtzeitig erhobene Beschwerde (Art. 100 Abs. 1 BGG) ist somit grundsätzlich einzutreten.
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Streitgegenstand ist jedoch nur, worüber die Vorinstanz entschieden hat, d.h. die Berechtigung des Beschwerdeführers zur Baubeschwerde sowie die Frage der Nichtigkeit des Bauentscheids. Auf die materiellen Anträge (Eventual- und Subeventualanträge) des Beschwerdeführers ist daher nicht einzutreten.
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2. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht - einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens - gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Das Bundesgericht wendet das Bundesrecht grundsätzlich von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Die Verletzung von Grundrechten (einschliesslich die willkürliche Anwendung von kantonalem Recht) prüft es allerdings nur insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Für derartige Rügen gelten qualifizierte Begründungsanforderungen (BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254 mit Hinweisen).
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Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat, sofern dieser nicht offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 und Art. 97 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel können nur so weit vorgebracht werden, als erst der Ent-scheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). Echte Noven, d.h. Tatsachen, die erst nach dem angefochtenen Entscheid entstanden sind, sind im Verfahren vor Bundesgericht grundsätzlich unbeachtlich (BGE 143 V 19 E. 1.2 S. 22 f.; 139 III 120 E. 3.1.2 S.123).
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3. Zunächst sind die Rügen zur Beschwerdebefugnis zu prüfen.
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3.1. Das Verwaltungsgericht erwog, nach Art. 40 Abs. 2 des Berner Baugesetzes vom 9. Juni 1965 (BauG; BSG 721.0) seien grundsätzlich nur die Einsprechenden zur Beschwerde gegen einen Bauentscheid befugt; beschwerdeberechtigt sei aber auch, wer sich am Baubewilligungsverfahren unverschuldet nicht beteiligen konnte, beispielsweise mangels genügender Publikation. Vorliegend sei das Bauvorhaben am 12. und am 19. Dezember 2018 im Amtlichen Anzeiger Biel/Leubringen publiziert worden. Damit seien die Anforderungen von Art. 35 Abs. 1 BauG i.V.m. Art. 26 Abs. 1 und 2 des Dekrets vom 22. März 1994 über das Baubewilligungsverfahren (Baubewilligungsdekret, BewD; BSG 725.1) an die Bekanntmachung des Baugesuchs erfüllt. Die Einsprachefrist sei auch nicht unzulässig verkürzt worden, weil die Amtsstelle vom 22. Dezember 2018 bis zum 2. Januar 2019 geschlossen war; die aufgelegten Baugesuchsakten hätten vorher und nachher eingesehen werden können.
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Ein Anspruch auf persönliche Benachrichtigung bestehe nicht. Dieser Anspruch ergebe sich auch nicht aus Art. 10 Abs. 2 BewD, wonach bei Bauten auf fremdem Boden die unterschriftliche Zustimmung des Grundeigentümers beizubringen sei. Das Unterschriftserfordernis bedeute nicht die zwingende Beteiligung der Grundeigentümerschaft am Baubewilligungsverfahren, sondern solle lediglich verhindern, dass sich die Baubewilligungsbehörden mit Baugesuchen befassen müssten, welche aus zivilrechtlichen Gründen nie verwirklicht werden könnten. Es verstehe sich von selbst, dass die Gemeinde von der Baubewilligung erst Gebrauch machen könne, wenn der Beschwerdeführer enteignet sei oder sie rechtskräftig vorzeitig in den Besitz des Grundstücks eingewiesen worden sei. Nach der Enteignung sei der Beschwerdeführer nicht mehr in seinen Interessen betroffen. Der Eingriff in sein Eigentumsrecht erfolge durch die Enteignung, nicht durch das Baubewilligungsverfahren. Es habe deshalb auch kein Anlass bestanden, den Beschwerdeführer von Amtes wegen in das Baubewilligungsverfahren einzubeziehen.
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3.2. Der Beschwerdeführer macht dagegen geltend, wenn schon Nachbarinnen und Nachbarn nach Art. 35 BauG/BE und Art. 25 ff. BewD/BE (insbesondere bei sog. "kleinen Baubewilligungen") persönlich benachrichtigt werden müssten, so gelte dies erst recht für ihn als Grundeigentümer: Der Abbruch seiner Gebäude wirke sich auf ihn weit schwerer aus als auf Dritte, weshalb es stossend sei und das Willkürverbot (Art. 9 BV), die Eigentumsgarantie (Art. 26 BV) sowie den Anspruch auf rechtliches Gehör und ein faires Verfahren (Art. 29 BV und Art. 6 EMRK) verletze, ihn wie jede einsprachelegitimierte Drittperson zu behandeln. Sein fehlender Einbezug in das Verfahren verletze überdies Art. 33 Abs. 1 RPG und zeuge von einer willkürlichen Anwendung von Art. 10 Abs. 2 BewD. Er habe nicht damit rechnen müssen, dass noch vor dem Entscheid über die Enteignung, der Rechtskraft der vorzeitigen Besitzeseinweisung und der Rechtskraft der Überbauungsordnung ein Abbruchsgesuch für seine Liegenschaft gestellt und bewilligt werde, ohne dass er vorher in irgendeiner Art informiert worden sei. Er habe daher keinen Anlass gehabt, den Anzeiger zu studieren.
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3.3. Das RPG regelt in Art. 22 die Baubewilligungspflicht und enthält in Art. 33 Mindestanforderungen an den Rechtsschutz. Im Übrigen ist die Ausgestaltung des Baubewilligungsverfahrens Sache der Kantone, unter Wahrung der Anforderungen an das rechtliche Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV.
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Art. 35 BauG/BE bestimmt, dass Bau- und Ausnahmegesuche nach den Bestimmungen des Baubewilligungsdekrets zu veröffentlichen oder den Anstössern sowie weiteren Personen, die davon betroffen sein könnten, mitzuteilen sind. Art. 32 BauG/BE unterscheidet zwischen der ordentlichen Baubewilligung und der kleinen Baubewilligung. Die ordentliche Baubewilligung wird in einem Verfahren mit Veröffentlichung des Baugesuchs erteilt (Art. 32a BauG/BE); diese erfolgt in zwei aufeinanderfolgenden Nummern des amtlichen Anzeigers (Art. 26 Abs. 2 BewD). Kleine Baubewilligungen werden in einem vereinfachten Verfahren ohne Veröffentlichung des Baugesuchs erteilt (Art. 32b Abs. 1 BauG/BE). Die Einzelheiten ergeben sich aus Art. 27 BewD: Danach genügt die Mitteilung an die Nachbarinnen und Nachbarn, wenn nur sie von einem baubewilligungspflichtigen Bauvorhaben betroffen sind. Als solche Bauvorhaben gelten z.B. Kleinbauten, Nebenbauten und Nebenanlagen. Die Mitteilung erfolgt mit eingeschriebenem Brief (Abs. 3); sie kann unterbleiben, wenn die betroffenen Nachbarinnen und Nachbarn, die privaten Organisationen sowie die kantonale Fachstelle dem Bauvorhaben schriftlich zugestimmt haben (Abs. 4).
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Aus dieser Regelung ergibt sich, dass die persönliche Benachrichtigung nur bei kleinen Baubewilligungen vorgeschrieben ist, als Ersatz für die fehlende Veröffentlichung des Baugesuchs. Erfolgt dagegen - wie hier - eine Veröffentlichung des Baugesuchs im amtlichen Anzei-ger, so besteht keine Verpflichtung zur persönlichen Benachrichtigung (ZAUGG/LUDWIG, Kommentar zum Baugesetz des Kantons Bern, Band I, 5. Aufl. 2020, Art. 35-35c N. 7). Eine solche Verpflichtung ergibt sich auch nicht aus Art. 33 RPG. Dieser enthält keine Bestimmung zur Bekanntmachung von Baugesuchen und sieht für Nutzungspläne in Abs. 1 ausdrücklich die öffentliche Auflage vor.
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Art. 29 Abs. 2 BV gewährleistet das rechtliche Gehör. Diesem Anspruch ist jedoch mit einer amtlichen Publikation am Ort des gelegenen Grundstücks Genüge getan (Ruch, in: AEMISEGGER/MOOR/RUCH/ TSCHANNEN, Praxiskommentar RPG: Baubewilligung, Rechtsschutz und Verfahren, 2020, Art. 22 N. 53); ein Anspruch auf persönliche Benachrichtigung der nicht ortsansässigen Grundeigentümerinnen und Grund-eigentümer besteht nicht (BGE 127 II 227 E. 1b S. 230 mit Hinweisen). Es wird daher von ihnen erwartet, dass sie die örtlichen Publikationen selbst verfolgen oder eine Drittperson damit beauftragen (ZAUGG/LUDWIG, a.a.O., Art. 35-35c N. 7). Dies gilt unabhängig davon, ob sie aufgrund der Umstände mit einem Baugesuch rechnen mussten.
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3.4. Dem Beschwerdeführer ist allerdings einzuräumen, dass es erstaunt, wenn die Gemeinde ein Baugesuch für den Abbruch seiner Liegenschaften stellt, ohne mit ihm als Eigentümer der Bauten Rücksprache zu nehmen oder ihn über das Baugesuch zu informieren. Wie das Verwaltungsgericht jedoch dargelegt hat, ist dies vor dem Hintergrund des hängigen Enteignungsverfahrens zu sehen: Wird die Gemeinde Eigentümerin der Parzelle Nr. 2682, so kann sie die darauf befindlichen Bauten abbrechen lassen, ohne dass dies den Beschwerdeführer besonders betrifft. Diesfalls ist auch die Unterschrift des Beschwerdeführers nicht nötig. Wird das Enteignungsgesuch dagegen abgewiesen, so kann die Gemeinde von der Abbruchbewilligung keinen Gebrauch machen: Dem Beschwerdeführer stünden zivilrechtliche Rechtsbehelfe gegen den Abbruch zur Verfügung. Das Verwaltungsgericht hat somit zu Recht dargelegt, dass unter diesen Umständen die Enteignung den Eingriff in das Eigentumsrecht bewirkt, und nicht die Abbruchbewilligung.
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3.5. Weiter ist der Einwand des Beschwerdeführers, wonach die Publikation im Nidauer Anzeiger oder im kantonalen Amtsblatt hätte erfolgen müssen, unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht ausgeführt, dass sich die Grundstücke des Beschwerdeführers auf dem Gemeindegebiet von Biel befinden und die Gemeinde nicht verpflichtet war, die Bauvorhaben im Nidauer Anzeiger zu veröffentlichen. Der Beschwerdeführer legt auch nicht dar, inwiefern dadurch das Willkürverbot verletzt sein soll.
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Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, inwiefern dies dem Beschwerdeführer zum Nachteil gereichte: Dieser ist in der Solothurner Gemeinde Hofstetten (und nicht in Nidau) wohnhaft; auch liegen seine Grundstücke nicht in Nidau, sondern in Biel. Da er aufgrund des Enteignungsgesuchs unstreitig über das Abbruch- und Bauvorhaben der Gemeinde Biel informiert war, hätte er Anlass gehabt, regelmässig den Bieler (und nicht den Nidauer) Anzeiger zu konsultieren.
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3.6. Schliesslich ist auch sein Einwand unbegründet, die Publikation sei absichtlich über die Weihnachtsfeiertage erfolgt und die Auflagedauer somit unzulässig verkürzt. Gemäss der von ihm zitierten Lehrmeinung sollte im Sinne eines fairen Verfahrens lediglich darauf geachtet werden, dass nicht die ganze Einsprachefrist in die allgemeine Ferienzeit fällt oder zu einer Zeit beginnt oder endet, in der die Auflagestelle mehrere Tage geschlossen ist (ALDO/ZAUGG, a.a.O., Art. 35-35c N. 7). Dies trifft vorliegend nicht zu: weder fiel die ganze Einsprachefrist (12. Dezember 2018 bis zum 11. Januar 2019) in die Schliessung über die Weihnachtstage, noch begann oder endete die Auflage zu einer Zeit, in der die Auflagestelle mehrere Tage geschlossen war. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht ausgeführt, dass die aufgelegten Baugesuchsakten vor und nach der Schliessung der Amtsstelle (vom 22. Dezember 2018 bis zum 2. Januar 2019) eingesehen werden konnten.
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3.7. Das Verwaltungsgericht hat somit die Beschwerde gegen den Nichteintretensentscheid zu Recht abgewiesen.
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4. Es ist noch zu prüfen, ob der Bauentscheid nichtig ist.
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4.1. Das Verwaltungsgericht führt aus, der Umstand, dass der Beschwerdeführer im Baugesuch nicht als Grundeigentümer aufgeführt gewesen sei, sei vor dem Hintergrund des Enteignungsverfahrens zu sehen und führe nicht zur Nichtigkeit des Gesamtentscheids. Weitere Form- oder Verfahrensfehler seien keine ersichtlich; insbesondere sei keine offensichtliche Verletzung der Koordinationspflicht erkennbar. Es sei möglich, den Abbruch der bestehenden Gebäude, die vorgesehenen archäologischen Grabungen und den Bau des Campus unabhängig voneinander zu beurteilen. Der Campus sei bereits durch die ZPP 8.8 "Feldschlössli-Areal" vorgesehen, und der Abbruch der Gebäude hänge nicht von seiner konkreten baulichen Ausgestaltung ab. Aus demselben Grund habe die Baubewilligung erteilt werden können, obwohl die Überbauungsordnung "Feldschlössli-Areal" zwar öffentlich aufgelegt, aber noch nicht rechtskräftig genehmigt gewesen sei. Inhaltliche Fehler, die zu einer Nichtigkeit der Bewilligung führen könnten, seien ebenfalls nicht ersichtlich.
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4.2. Der Beschwerdeführer erblickt einen Nichtigkeitsgrund im Umstand, dass die Abbruchbewilligung erteilt wurde, obwohl die Überbauungsordnung für das "Feldschlössli-Areal" noch nicht rechtskräftig war. Ausserdem sei die Abbruchbewilligung nichtig, weil er im Baugesuch nicht als Grundeigentümer aufgeführt sei.
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4.3. Nach der Rechtsprechung ist eine Verfügung nur ausnahmsweise nichtig, wenn der ihr anhaftende Mangel besonders schwer und offensichtlich oder zumindest leicht erkennbar ist und die Rechtssicherheit durch die Annahme der Nichtigkeit nicht ernsthaft gefährdet wird. Als Nichtigkeitsgrund fallen hauptsächlich die funktionelle und sachliche Unzuständigkeit einer Behörde sowie schwerwiegende Verfahrensfehler in Betracht (BGE 139 II 243 E. 11.2 S. 260; Urteil 1C_281/2018 vom 12. September 2019 E. 3.1).
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4.4. Nach den überzeugenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts ist der Umstand, dass die Abbruchbewilligung erteilt wurde, obwohl die Überbauungsordnung für das "Feldschlössli-Areal" noch nicht rechtskräftig war, nicht rechtswidrig. Auf jeden Fall stellt dieser geltend gemachte Nichtigkeitsgrund keinen besonders schweren und offensichtlichen Mangel dar. Vor dem Hintergrund des laufenden Enteignungsverfahrens (vgl. oben E. 3.4) führt auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer im Baugesuch nicht als Grundeigentümer genannt wird, nicht zur Nichtigkeit.
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5. Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit auf sie einzutreten ist.
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Der Sistierungsantrag wird damit gegenstandslos. Im Übrigen zeigen die vorstehenden Erwägungen, dass die hier streitige Frage der Beschwerdebefugnis unabhängig vom Ausgang der noch hängigen Verfahren betreffend das Enteignungsrecht und die vorzeitige Besitzeseinweisung entschieden werden kann.
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Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 BGG). Die Gemeinde Biel obsiegt in ihrem amtlichen Wirkungskreis und hat daher keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: | |
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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2. Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
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3. Dieses Urteil wird den Parteien, der Bau- und Verkehrsdirektion des Kantons Bern und dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 12. Oktober 2020
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Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Chaix
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Die Gerichtsschreiberin: Hänni
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