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Informationen zum Dokument  BGer 4A_425/2020  Materielle Begründung
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BGer 4A_425/2020 vom 13.10.2020
 
 
4A_425/2020
 
 
Urteil vom 13. Oktober 2020
 
 
I. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Kiss, Präsidentin,
 
Bundesrichterin Niquille,
 
Bundesrichter Rüedi,
 
Gerichtsschreiber Stähle.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
B.________ AG,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Thomas M. Meyer, Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Zwischenzeugnis, Akteneinsicht,
 
Beschwerde gegen den Beschluss und das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Zivilkammer,
 
vom 12. Juni 2020 (RA200006-O/U).
 
 
Erwägungen:
 
 
1.
 
Am 12. Dezember 2018 reichte A.________ (Beschwerdeführer) beim Bezirksgericht Bülach eine Klage ein. Er verlangte von der B.________ AG (Beschwerdegegnerin) die Ausstellung eines Zwischenzeugnisses. Nach Durchführung der Hauptverhandlung am 4. März 2019 trat das Bezirksgericht mit Verfügung vom 14. Juni 2019 auf die Klage nicht ein. Die in der Folge erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 16. Oktober 2019 ab, soweit es darauf eintrat. Das Bundesgericht trat auf eine von A.________ eingereichte Beschwerde mit Urteil 4A_572/2019 vom 20. Dezember 2019 nicht ein.
 
Bereits mit Eingabe vom 28. Oktober 2019, begründet mit nachträglichem Schreiben vom 3. November 2019, hatte A.________ das Bezirksgericht Bülach darum ersucht, ihm die Tonbandaufzeichnung der Hauptverhandlung vom 4. März 2019 zuzustellen. Auf dieses Begehren trat das Bezirksgericht mit Verfügung vom 11. Mai 2020 nicht ein. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Zürich mit Beschluss und Urteil vom 12. Juni 2020 ab.
 
A.________ hat mit Eingabe vom 23. August 2020 (Postaufgabe am 24. August 2020) Beschwerde in Zivilsachen sowie subsidiäre Verfassungsbeschwerde gegen dieses Urteil und diesen Beschluss erhoben.
 
Es wurden keine Vernehmlassungen eingeholt.
 
 
2.
 
2.1. In vermögensrechtlichen Angelegenheiten ist die Beschwerde in Zivilsachen nur zulässig, wenn der Streitwert in arbeitsrechtlichen Fällen mindestens Fr. 15'000.-- beträgt (Art. 74 Abs. 1 lit. a BGG).
 
In der Beschwerde wird der Standpunkt vertreten, es handle sich nicht um eine vermögensrechtliche Streitigkeit. Dies trifft nicht zu:
 
Der Beschwerdeführer ist der Auffassung, dass die Hauptverhandlung vom 4. März 2019 unrichtig protokolliert worden sei. Mit dem Begehren um Einsicht in die Verfahrensakten (Herausgabe der Tonbandaufzeichnung) zielt er darauf ab, seine Kritik an diesem Protokoll und damit auch an der - mittlerweile rechtskräftigen - Nichteintretensverfügung vom 14. Juni 2019 (betreffend die Erstellung eines Zwischenzeugnisses) zu begründen, zumal im Hinblick auf eine "Revisionsmöglichkeit". Auch im vorliegenden Verfahren geht es daher letztlich um die Ausstellung eines Zwischen- beziehungsweise Arbeitszeugnisses und folglich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit (vgl. BGE 142 III 145 E. 6.1; 116 II 379 E. 2b S. 380; Urteile 4A_572/2019 vom 20. Dezember 2019 E. 2; 4A_2/2019 vom 13. Juni 2019 E. 6).
 
Die Vorinstanz bezifferte den Streitwert auf Fr. 5'000.--. Mangels anderer Angaben des Beschwerdeführers hat es dabei sein Bewenden (siehe BGE 136 III 60 E. 1.1.1 S. 62; Urteil 4A_273/2012 vom 30. Oktober 2012 E. 1.2.2, nicht publiziert in: BGE 138 III 620).
 
2.2. Unter diesen Umständen wäre die Beschwerde in Zivilsachen nach Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG zulässig, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellen würde. In der Beschwerde ist darzulegen, warum diese Voraussetzung erfüllt sein soll (Art. 42 Abs. 2 Satz 2 BGG). Der Beschwerdeführer führt hierzu was folgt aus:
 
"Konkret geht es vorliegend darum, ob ein Bezirksgericht die Herausgabe der Tonaufnahme einer Gerichtsverhandlung gegenüber einer natürlichen Person als Kläger mit der Begründung definitiv verweigern darf, der Gesuchsteller hätte dies sofort nach Erhalt des entsprechenden Verhandlungsprotokolls beantragen müssen, weshalb es insbesondere an einem rechtlichen Interesse fehle."
 
Dies sei eine "grundsätzliche Frage", weil nicht nur "die verfahrensmässige[n] Rechte des Antragstellers", sondern auch "seine Rechte als natürliche Person auf Einsichtnahme in ihn persönlich[] betreffende, äusserst sensible Daten" erheblich tangiert seien. Es gehe um die "Fairness der Beziehung zwischen dem Staat und seinen Bürgern" und das Recht "der Bürger auf Kenntnis der über sie vom Staat gespeicherten Personendaten".
 
Damit vermag der Beschwerdeführer nicht aufzuzeigen, dass sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt. Er unterlässt es, auf Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG und die zu dieser Bestimmung entwickelten Voraussetzungen Bezug zu nehmen. Weder macht er geltend, dass hinsichtlich der von ihm aufgeworfenen Frage eine erhebliche Rechtsunsicherheit bestehe, noch tut er dar, inwiefern sie höchstrichterlicher Klärung bedürfte (siehe BGE 144 III 164 E. 1 S. 165; 141 III 159 E. 1.2; 139 III 209 E. 1.2 S. 210; je mit weiteren Hinweisen). Die Beschwerde lässt jegliche Hinweise auf Rechtsprechung oder Doktrin vermissen und es wird namentlich auch nicht ausgeführt, inwiefern eine Rechtsfrage geklärt werden soll, die über die Anwendung von Grundsätzen der Rechtsprechung (siehe nur BGE 129 I 249 E. 3) auf den konkreten Fall hinausgeht. Die Ausführungen genügen den Begründungsanforderungen von Art. 42 Abs. 2 Satz 2 BGG nicht.
 
2.3. Die Beschwerde in Zivilsachen ist nicht zulässig. Es ist nicht darauf einzutreten.
 
 
3.
 
Folglich steht die vom Beschwerdeführer ebenfalls erhobene subsidiäre Verfassungsbeschwerde im Sinne der Art. 113-119 BGG offen.
 
3.1. Mit der Verfassungsbeschwerde kann die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten gerügt werden (Art. 116 BGG). Diesbezüglich gilt eine qualifizierte Rügepflicht. Die Verletzung von Grundrechten prüft das Bundesgericht nicht von Amtes wegen, sondern nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 117 in Verbindung mit Art. 106 Abs. 2 BGG). Dies bedeutet, dass klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen ist, inwiefern verfassungsmässige Rechte verletzt worden sein sollen (BGE 135 III 232 E. 1.2; 134 I 83 E. 3.2; je mit weiteren Hinweisen).
 
3.2. Der Beschwerdeführer beklagt eine Verletzung des Verhältnismässigkeitsprinzips. Er verkennt, dass dieses kein verfassungsmässiges Recht im Sinne von Art. 116 BGG darstellt (BGE 140 II 194 E. 5.8.2 S. 199; 135 V 172 E. 7.3.2; Urteile 2C_969/2018 vom 30. Oktober 2019 E. 2.1; 4A_141/2011 vom 6. Juli 2011 E. 3). Auf diese Rüge ist bereits aus diesem Grund nicht einzutreten.
 
3.3. Ausserdem beruft sich der Beschwerdeführer auf das Willkürverbot (Art. 9 BV), den Anspruch auf ein unabhängiges und unparteiisches Gericht (Art. 30 Abs. 1 Satz 1 BV) sowie auf einen "Anspruch auf Schutz vor Missbrauch der persönlichen Daten". Ferner erwähnt er beiläufig das Verbot des überspitzten Formalismus (Art. 29 Abs. 1 BV). Indes sind diese Verfassungsrügen offensichtlich nicht hinreichend begründet:
 
Das Obergericht erwog, die Beschwerde sei abzuweisen, weil einerseits die Rechtsmittelschrift den Begründungsanforderungen nicht genüge und weil andererseits der Beschwerdeführer nicht hinreichend dargetan habe, dass ein schutzwürdiges Interesse an der Einsicht in die Tonbandaufzeichnungen bestehe. An diesen Erwägungen geht der Beschwerdeführer in seiner Beschwerdeschrift an das Bundesgericht vorbei. Er erhebt allgemeine Vorwürfe an die Vorinstanzen; so sollen "zwei am Bezirksgericht Bülach tätige Personen [...] vorsätzlich ein krass wahrheitswidriges Verhandlungsprotokoll" erstellt haben, "mutmasslich" in der Absicht, ihn (den Beschwerdeführer) in seinem "Ruf" sowie "vermögensmässig" erheblich zu schädigen, und habe das Obergericht seinerseits "aus Opportunität" die "fehlbaren Gerichtspersonen" des Bezirksgerichts "widerrechtlich schützen wollen". Dagegen zeigt der Beschwerdeführer nicht zureichend auf, inwiefern die Begründung der Vorinstanz konkret verfassungsmässige Rechte verletzen soll (siehe Erwägung 3.1).
 
3.4. Soweit der Beschwerde immerhin der Vorwurf entnommen werden kann, der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) sei verletzt worden, ist dieser offensichtlich unbegründet. Der Beschwerdeführer moniert, das Obergericht habe entschieden, "ohne die Tonaufnahme beizuziehen". Die Beantwortung der Frage, ob der Gesuchsteller ein schutzwürdiges Interesse an der Einsicht in Akten eines abgeschlossenen Verfahrens glaubhaft gemacht hat (siehe BGE 129 I 249 E. 3), setzt allerdings nicht voraus, dass der (über das Einsichtsgesuch entscheidende) Spruchkörper diese Akten beizieht und einsieht (respektive - im Falle einer Tonbandaufzeichnung - anhört). Der Beschwerdeführer übergeht, dass das Akteneinsichtsrecht - wie generell der Anspruch auf rechtliches Gehör - keinen Selbstzweck darstellt (vgl. Urteile 4A_148/2020 vom 20. Mai 2020 E. 3.2; 4A_40/2019 vom 2. Mai 2019 E. 4; je mit Hinweisen).
 
 
4.
 
"Eventualiter" begehrt der Beschwerdeführer, das Verfahren zu sistieren. Auf diesen Antrag, der in der Beschwerde nicht (in nachvollziehbarer Weise) begründet wird, ist nicht einzutreten.
 
 
5.
 
Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich unbegründet und im Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG in Verbindung mit Art. 117 BGG abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten gemäss Art. 66 Abs. 1 BGG dem Beschwerdeführer aufzuerlegen. Der Beschwerdegegnerin ist kein Aufwand entstanden, für den sie nach Art. 68 Abs. 2 BGG zu entschädigen wäre.
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Auf die Beschwerde in Zivilsachen wird nicht eingetreten.
 
2. Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
3. Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 13. Oktober 2020
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: Kiss
 
Der Gerichtsschreiber: Stähle
 
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