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Informationen zum Dokument  BGer 6B_1381/2019  Materielle Begründung
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BGer 6B_1381/2019 vom 13.10.2020
 
 
6B_1381/2019
 
 
Urteil vom 13. Oktober 2020
 
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Denys, Präsident,
 
Bundesrichterinnen van de Graaf, Koch,
 
Gerichtsschreiber Held.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
Bundesamt für Zivildienst,
 
Malerweg 6, 3600 Thun,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
A.________,
 
Beschwerdegegner.
 
Gegenstand
 
Nichtanhandnahme (Zivildienstverweigerung),
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 29. Oktober 2019 (UE190189-O/U/HEI).
 
 
Erwägungen:
 
1. Die Beschwerdeführerin erstattete am 26. April 2019 Strafanzeige gegen den Beschwerdeführer, da dieser am 16. April 2019 nicht zu einer Vorsprache beim Regionalzentrum Rüti erschienen sei. Mit Verfügung vom 12. Juli 2019 nahm die Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis das Verfahren nicht an die Hand. Die hiergegen erhobene Beschwerde wies die Vorinstanz am 29. Oktober 2019 ab.
 
2. Die Beschwerdeführerin, vertreten durch ihren Direktor und den Leiter des Rechtsdienstes, beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, der Beschluss der Vorinstanz sei aufzuheben und die Staatsanwaltschaft anzuweisen, das Verfahren gegen den Beschwerdegegner an die Hand zu nehmen und diesen angemessen zu bestrafen. Eventualiter sei der angefochtene Beschluss der Vorinstanz aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an diese zurückzuweisen.
 
In Bezug auf ihre Beschwerdelegitimation führt die Beschwerdeführerin aus, am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und aufgrund ihrer im Bundesgesetz über den zivilen Ersatzdienst vom 6. Oktober 1995 (Zivildienstgesetz, ZDG; SR 84.0) verankerten Aufgabe, den Vollzug des zivilen Ersatzdienstes sicherzustellen, ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheids und einer Bestrafung des Beschwerdegegners zu haben. Aufgrund der ihr gemäss Art. 78a Abs. 2 ZDG gesetzlich eingeräumten Parteirechte i.S.v. Art. 104 Abs. 2 StPO, Nichtanhandnahme- und Einstellungsverfügungen anzufechten, sei sie seit dem 1. Januar 2018 als Partei sui generis zur Beschwerde in Strafsachen legitimiert.
 
 
3.
 
Gemäss Art. 81 Abs. 1 lit. a und b BGG ist zur Erhebung einer Beschwerde in Strafsachen berechtigt, wer am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat und ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheides hat.
 
Art. 81 Abs. 1 BGG enthält eine allgemeine Definition der Beschwerdelegitimation, die als formelle Voraussetzung die Teilnahme am Verfahren vor der Vorinstanz (Abs. 1 lit. a) und als materielle Voraussetzung das Bestehen eines rechtlich geschützten Interesses (Abs. 1 lit. b) verlangt. Beide Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. Die Vorschrift ist als Generalklausel mit Regelbeispielen konzipiert, weshalb auch nicht explizit aufgeführte Personen ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids geltend machen können (Botschaft zur Totalrevision der Bundesrechtspflege vom 28. Februar 2001, BBl 2001 4318 Ziff. 4.1.3.2; BGE 139 IV 121 E. 4.2; 133 IV 228 E. 2.3, 121 E. 1.1; Urteil 6B_1065/2017 vom 17. Mai 2019 E. 1.2, nicht publ. in: BGE 145 IV 237, aber in: Pra, 2020 Nr. 6 S. 73; THOMMEN/FAGA, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 3. Aufl. 2018, N. 1 f. zu Art. 81 BGG; je mit Hinweisen). Der Staatsanwaltschaft steht nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung das Beschwerderecht in Strafsachen nach Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 BGG hingegen ohne Einschränkung zu (BGE 145 IV 65 E. 1.2; 139 IV 199 E. 2 S. 200; je mit Hinweisen; kritisch diesbezüglich: THOMMEN/FAGA, a.a.O., N. 11 zu Art. 81 BGG).
 
 
4.
 
Die Beschwerdeführerin hat zwar am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen, jedoch ist sie - respektive der Bund, vertreten durch die Beschwerdeführerin, - in Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 1-7 BGG nicht ausdrücklich als beschwerdeberechtigt aufgeführt. Dies steht einer Beschwerdelegitimation grundsätzlich nicht entgegen, soweit die Beschwerdeführerin ein eigenes Rechtsschutzinteresse an der Aufhebung oder Abänderung des angefochtenen Entscheids geltend machen kann (vorstehend E. 3). Dies ist nicht der Fall.
 
Dass die Beschwerdeführerin in Erfüllung der ihr nach dem ZDG zugewiesenen Aufgaben den ordentlichen Vollzug sicherzustellen hat, begründet zwar ein tatsächliches oder allgemeines Interesse an der strafrechtlichen Verfolgung und Verurteilung des Beschwerdeführers dar, was jedoch nicht zur Beschwerde in Strafsachen legitimiert (BGE 133 IV 121 E. 1.2 S. 124, 228 E. 2.3; Urteil 6B_676/2019 vom 21. August 2019 E. 1.3; NIKLAUS OBERHOLZER, in: Bundesgerichtsgesetz [BGG], 2. Aufl. 2015, N. 23 zu Art. 81 BGG). Die öffentlichen Strafverfolgungsinteressen werden im bundesgerichtlichen Verfahren ausschliesslich durch die kantonalen Staatsanwaltschaften (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 BGG) und die Bundesanwaltschaft (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 und Abs. 2 BGG) wahrgenommen. Damit verbundene faktische Interessen "tangierter Behörden" sind ebenfalls von den Strafverfolgungsbehörden zu wahren. Die Beschwerde in Strafsachen durch Behörden, denen nicht die Durchsetzung des Strafanspruchs obliegt und die ausschliesslich andere öffentliche Interessen vertreten, ist nur unter den gesetzlichen Voraussetzungen von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 7 und Abs. 3 BGG zulässig (vgl. zur Beschwerdelegitimation von Vollzugsbehörden: BGE 145 IV 65 E. 1.2; 133 IV 121 E. 1.2; Urteile 6B_676/2019 vom 21. August 2019 E. 1.2 f.; 6B_1203/2017 vom 1. November 2017 E. 2; je mit Hinweisen). Eine Doppelvertretung des Staates und die damit einhergehende Kontrolle der Strafverfolgungsbehörden durch Verwaltungseinheiten erscheinen auch unter dem Gesichtspunkt der Gewaltenteilung nicht unproblematisch (Urteil 6B_99/2019 vom 18. April 2019 E. 1.2) und sind bei allfälligen Verstössen gegen Strafbestimmungen "anderer Bundesgesetze" als das StGB, die wie vorliegend der Beschwerdeführerin gemäss Art. 70 Abs. 2 ZDG (oder der Verordnung über die Mitteilung kantonaler Strafentscheide vom 10. November 2004; SR 312.3) mitzuteilen sind, nicht erforderlich, da in diesen Fällen die Staatsanwaltschaft des Bundes sowohl zur Ergreifung von Rechtsmitteln gegen kantonale Entscheide im Geltungsbereich der Strafprozessordnung (Art. 381 Abs. 4 lit. a und lit. b StPO) als auch zur Beschwerde in Strafsachen berechtigt ist (Art. 81 Abs. 2 BGG).
 
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin begründet auch das ihr gemäss Art. 78a Abs. 2 ZDG eingeräumte Beschwerderecht gegen Nichtanhandnahme- und Einstellungsverfügungen keine Legitimation zur Erhebung einer Beschwerde in Strafsachen. Sie übersieht, dass gemäss Art. 78 Abs. 2 ZDG die Strafverfolgung der nach ZDG unter Strafe gestellten Handlungen - auf Anzeige der Vollzugsstelle - den Kantonen obliegt und somit die (kantonale) Staatsanwaltschaft für die gleichmässige Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs nach ZDG verantwortlich ist und in diesen Fällen die öffentlichen Interessen an der strafrechtlichen Verfolgung und Verurteilung wahrnimmt. Zwar hat der Gesetzgeber der Beschwerdeführerin mit der Beschwerdebefugnis gegen Nichtanhandnahme- und Einstellungsverfügungen gemäss Art. 78a Abs. 2 ZDG i.V.m. Art. 104 Abs. 2 StPO die Möglichkeit eingeräumt, im kantonalen Verfahren die rechtmässige Ausübung des staatlichen Strafanspruchs durch die Staatsanwaltschaft überprüfen zu lassen. Dies führt aber nicht dazu, dass bei allfälligen Verstössen gegen das ZDG die Wahrnehmung und Durchsetzung des öffentlichen Strafanspruchs auf sie überginge; auch räumt ihr Art. 78a Abs. 2 ZDG keine über die Beschwerde gegen die Nichtanhandnahme- und Einstellung des Strafverfahrens hinausgehende Rechtsmittellegitimation ein. Hätte der Gesetzgeber die Legitimation zur Beschwerde in Strafsachen nach Art. 78 ff. BGG zugunsten des Bundes respektive dessen Behörden erweitern wollen, wäre eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage (im BGG) erforderlich (vgl. Art. 76 Abs. 2, Art. 81 Abs. 2 und 3 und Art. 89 Abs. 2 BGG; BGE 133 IV 121 E. 1.2; Urteil 6B_99/2019 vom 18. April 2019 E. 1.2; je mit Hinweisen).
 
5. Auf die Beschwerde ist mangels Beschwerdelegitimation im Verfahren gemäss Art. 109 BGG nicht einzutreten. Bei diesem Verfahrensausgang sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG).
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
 
2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 13. Oktober 2020
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Denys
 
Der Gerichtsschreiber: Held
 
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