BGer 5A_872/2020 | |||
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BGer 5A_872/2020 vom 28.10.2020 |
5A_872/2020 |
Urteil vom 28. Oktober 2020 |
II. zivilrechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichter Herrmann, Präsident,
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Bundesrichter Marazzi, Schöbi,
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Gerichtsschreiber Möckli.
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Verfahrensbeteiligte | |
A.________,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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B.________,
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vertreten durch
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Rechtsanwältin Ursula Engelberger-Koller,
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Beschwerdegegnerin,
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Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Regionen Hochdorf und Sursee,
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Baldeggstrasse 20, 6280 Hochdorf.
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Gegenstand
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Fristwahrung (Sorgerecht),
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Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Luzern, 2. Abteilung, vom 7. September 2020 (3H 20 53).
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Sachverhalt: | |
Mit Entscheid vom 7. Juli 2020 stellte die KESB Hochdorf die 2007 geborene Tochter unter die alleinige elterliche Sorge der Mutter und schrieb das Verfahren auf Zustimmung zur Ausstellung eines Reisepasses für das Kind als gegenstandslos ab. Der Entscheid wurde den Parteien mit der Sendungsart "A Post plus" eröffnet und dem Vater am 8. Juli 2020 um 09:08 Uhr in den Briefkasten zugestellt.
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Gegen diesen Entscheid erhob der Vater eine Beschwerde, welche er am 6. August 2020 der norwegischen Post übergab (wo er gemäss eigenen Angaben im Urlaub weilte). Am 12. August 2020 um 20:47 Uhr erreichte die Sendung die schweizerische Post und am 14. August 2020 ging sie beim Kantonsgericht Luzern ein.
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Mit Urteil vom 7. September 2020 trat dieses auf die Beschwerde zufolge abgelaufener Beschwerdefrist nicht ein.
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Gegen dieses Urteil hat der Beschwerdeführer am 20. Oktober 2020 beim Bundesgericht eine Beschwerde eingereicht (Eingang am 21. Oktober 2020).
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Erwägungen: | |
1. Die Beschwerde ist unterschrieben in Englisch und nicht unterschrieben in einer mit "unofficial translation for convenience only" überschriebenen deutschen Übersetzung eingereicht. Damit sind die Formvorschriften von Art. 42 Abs. 1 BGG nicht gewahrt. Eine auf Art. 42 Abs. 5 BGG gestützte Rückweisung zur Verbesserung erübrigt sich aber insoweit, als die Beschwerde ohnehin offensichtlich unbegründet ist.
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2. Der Beschwerdeführer hält fest, die Zustellung des KESB-Entscheides sei unbestrittenermassen am 8. Juli 2020 erfolgt, aber weil dieser mit "A Post plus" statt per Einschreiben versandt worden sei, gebe es "keine ununterbrochene Beweismittelkette". Die Frage nach einem allfällig über die Erfassung der Zustellung durch die Post hinausgehenden Beweis für das Datum der Zustellung stellt sich nicht, nachdem der Beschwerdeführer selbst von einer Zustellung am 8. Juli 2020 ausgeht (explizit auf S. 2 untere Mitte der englischen Version und S. 4 ganz oben der deutschen Übersetzung). Weiterungen zu diesem Thema erübrigen sich somit.
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Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, dass die siebentägige Abholungsfrist nicht berücksichtigt worden sei. Diese ist aber nur in denjenigen Fällen relevant, wo nicht die Sendung, sondern bloss eine Abholungseinladung in den Briefkasten gelegt wird; mit der Abholungseinladung ist die Sendung selbst noch nicht im Machtbereich des Empfängers angekommen und er kann objektiv den Entscheid noch nicht zur Kenntnis nehmen. Hingegen ist die Zustellung bei gewöhnlicher Post sowie bei der Sendungsart "A Post Plus" erfolgt, wenn die Sendung in den Briefkasten des Empfängers gelegt wird (BGE 142 III 599 E. 2.4.1 S. 603).
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Drittens macht er im Zusammenhang mit der Zustellung geltend, dass Behörden ihre Entscheide zwingend per Einschreiben versenden müssten, weil ansonsten den Parteien "heimlich wertvolle Zeit zur Einlegung einer Beschwerde" entzogen werde. Der Beschwerdeführer vermag aber nicht aufzuzeigen, welche Norm des anwendbaren Verfahrensrechts - dies ist vorliegend das VRG/LU, welches im Übrigen nur auf Willkür hin überprüft werden könnte (BGE 140 III 385 E. 2.3 S. 387) - den Versand per Einschreiben oder mittels Gerichtsurkunde gebieten würde (vgl. spezifisch im Zusammenhang mit der Sendungsart "A Post plus" den BGE 142 III 599 E. 2.4.1 S. 603).
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3. Im Zusammenhang mit dem vom Kantonsgericht für die Fristwahrung als massgeblich erachteten § 33 Abs. 2 VRG/LU, wonach Eingaben am letzten Tag der Frist der zuständigen Behörde selbst oder zu ihren Handen der schweizerischen Post zu übergeben sind (zu einer analogen Bestimmung im VRG/ZH vgl. das Urteil 2C_1113/2012 vom 12. November 2012 E. 2.2), macht der Beschwerdeführer geltend, gemäss Abs. 2bis und Abs. 3 dieser Norm stünden auch andere Möglichkeiten offen; dass es um die dort geregelte elektronische Eingabe oder die Einreichung bei einer unzuständigen Behörde gehen würde, behauptet er aber selbst nicht.
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Eine Rechtsverletzung ergibt sich ferner weder aus dem (im vorliegenden Kontext ohnehin keinen Sinn machenden) Vorbringen, eine gesetzliche Frist könne wegen des Risikos eines Rückdatierungsbetruges nicht durch einen ausländischen Poststempel gewahrt werden, noch aus der Behauptung, es werde Völkerrecht verletzt, weil es um die Integrität, Konformität und Akzeptanz von eingeschriebenen Briefen im internationalen Handel gehe und sowohl Norwegen als auch die Schweiz Mitglieder der EFTA seien.
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Ebenso wenig ergibt sich die vom Beschwerdeführer gewünschte Fristwahrung aus Art. 1bis Ziff. 1.3 der Satzung des Weltpostvereins (SR 0.783.51). Die Norm enthält die Aufforderung an die Mitgliedsländer, die Freiheit des Durchgangs von Postsendungen sicherzustellen und ausländische Postsendungen nicht schlechter zu behandeln als ihre eigenen; über die Fristwahrung beim Einlegen von Rechtsmitteln macht sie indes keine Aussage.
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4. Nichts ableiten kann der Beschwerdeführer sodann aus seinen wortreichen Ausführungen, wonach die KESB zu transparenter Information verpflichtet gewesen wäre, aber in der Rechtsmittelbelehrung nur die Beschwerdefrist genannt habe, ohne sich zu den einzelnen Modalitäten zu äussern: Der Inhalt einer Rechtsmittelbelehrung besteht in der Bezeichnung des Rechtsmittels, der Instanz, an welche dieses zu richten ist, und der Rechtsmittelfrist (BGE 142 IV 299 E. 1.2.1 S. 302); dass diese Angaben nicht enthalten gewesen wären, behauptet der Beschwerdeführer selbst nicht.
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5. Unbehelflich ist schliesslich der Verweis auf den Fristenstillstand gemäss Art. 145 Abs. 1 lit. b ZPO: Auf das Verfahren des Kindes- und Erwachsenenschutzes findet die ZPO grundsätzlich keine Anwendung; vielmehr wird dieses - unter Vorbehalt der bundesrechtlichen Vorschriften von Art. 450 bis 450e ZGB - gemäss Art. 450f ZGB durch die Kantone geregelt, wobei die Bestimmungen der ZPO sinngemäss anwendbar sind, soweit ein Kanton keine besonderen Bestimmungen aufstellt. Die letztgenannte Ausnahme liegt aber nicht vor, denn der Kanton Luzern hat in § 53 EGZGB das kantonale Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege (VRG) als anwendbar erklärt und dieses sieht keine Gerichtsferien vor. Das Kantonsgericht hat im Übrigen die relevanten Grundlagen im angefochtenen Entscheid dargestellt.
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Ebenso wenig hilft dem Beschwerdeführer sein Vorbringen, der KESB hätte klar sein müssen, dass er im Sommer im Urlaub sein könnte, und sie hätte deshalb den Entscheid nicht in dieser Zeit eröffnen dürfen. Ein "Missbrauchsmuster", mit welchem "systematisch versucht" werde, seine "Aussichten auf einen rechtlichen Erfolg in dem Fall einzuschränken" ist nicht erkennbar, umso weniger als in hängigen Verfahren die Obliegenheit besteht, die Kenntnisnahme von Entscheiden auch bei Abwesenheit sicherzustellen, weshalb im Übrigen eine Ferienabwesenheit auch kein - vorliegend in § 36 Abs. 1 lit. b VRG/LU geregeltes - unverschuldetes und damit eine Fristwiederherstellung rechtfertigendes Hindernis bilden würde (Urteil 2C_177/2019 vom 22. Juli 2019 E. 4.2.1).
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6. Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschwerde offensichtlich unbegründet und deshalb im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG abzuweisen ist.
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7. Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: | |
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
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2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
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3. Dieses Urteil wird den Parteien, der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) Regionen Hochdorf und Sursee, Abteilung 2, und dem Kantonsgericht Luzern, 2. Abteilung, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 28. Oktober 2020
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Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Herrmann
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Der Gerichtsschreiber: Möckli
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