BGer 8C_545/2020 | |||
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BGer 8C_545/2020 vom 04.11.2020 |
8C_545/2020 |
Urteil vom 4. November 2020 |
I. sozialrechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichter Maillard, Präsident,
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Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Abrecht,
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Gerichtsschreiberin Schüpfer.
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Verfahrensbeteiligte | |
A.________,
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vertreten durch Rechtsfachfrau HF Kathrin Melzani,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern,
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Beschwerdegegnerin.
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Gegenstand
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Unfallversicherung (Invalidenrente),
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Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 28. Juli 2020 (200 20 342 UV).
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Sachverhalt: | |
A. A.________, geboren 1974, war ab dem 1. Juni 2002 als Mitarbeiter bei der B.________ AG angestellt und bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (Suva) gegen die Folgen von Unfällen versichert. Am 21. Januar 2013 rutschte er beim Aussteigen aus dem Fahrzeug auf einer gefrorenen Fläche aus und verletzte sich am linken Handgelenk. Am 11. Dezember 2013 rutschte er erneut aus, wobei er sich eine Distorsion des rechten Handgelenks zuzog. Die Suva erbrachte Leistungen in Form von Heilbehandlung und Taggeld. Nach mehreren Operationen an beiden Handgelenken erachtete Dr. med. C.________, Fachärztin für orthopädische Chirurgie und Traumatologie FMH, in ihrer kreisärztlichen Beurteilung vom 2. Juni 2015 eine uneingeschränkte Rückkehr in die angestammte Tätigkeit als nicht wahrscheinlich. In der Folge liess sich A.________ mit Hilfe der Invalidenversicherung zum diplomierten Sozialpädagogen HF umschulen. Mit Verfügung vom 4. Februar 2020 verneinte die Suva bei einem Invaliditätsgrad von weniger als 10 % den Anspruch auf eine Rente und wies mangels erheblicher Schädigung der körperlichen Integrität auch jenen auf eine Integritätsentschädigung ab. Daran hielt sie auch auf Einsprache hin fest (Entscheid vom 1. April 2020).
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B. Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern wies den von A.________ gegen die Verneinung des Rentenanspruchs geführte Beschwerde mit Entscheid vom 28. Juli 2020 ab.
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C. A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und beantragen, in Aufhebung des kantonalen Entscheides sei ihm eine Rente von mindestens 13 % auszurichten.
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Das Bundesgericht führte keinen Schriftenwechsel durch.
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Erwägungen: | |
1.
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1.1. Die Beschwerde kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (vgl. BGE 130 III 136 E. 1.4 S. 140).
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1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).
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2. Streitig ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie in Bestätigung des Einspracheentscheids vom 1. April 2020 bei einem Invaliditätsgrad von 9 % (gerundet) den Anspruch auf eine Invalidenrente verneinte. Umstritten ist einzig die Festlegung des Invalideneinkommens.
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3.
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3.1. Zunächst ist festzuhalten, dass aufgrund der Unfalldaten vom 21. Januar und 11. Dezember 2013 das bis Ende 2016 geltende Recht zur Anwendung gelangt (vgl. Abs. 1 der Übergangsbestimmungen zur Änderung des UVG vom 25. September 2015, AS 2016 4375, 4387).
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3.2. Die Vorinstanz hat die massgebenden Bestimmungen und Grundsätze über die Voraussetzungen des Rentenanspruchs (Art. 18 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 1 UVG), die Ermittlung des Invaliditätsgrades nach der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs (Art. 16 ATSG), insbesondere die Ermittlung des Invalideneinkommens (BGE 143 V 295 E. 2.2 S. 296; 135 V 297 E. 5.2 S. 301) sowie die Anwendung von sogenannten Tabellenlöhnen gemäss den vom Bundesamt für Statistik (BFS) herausgegebenen Lohnstrukturerhebungen (LSE) (BGE 143 V 295 E. 2.2 S. 297) zutreffend dargelegt. Es wird darauf verwiesen.
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4. Das kantonale Gericht hielt zunächst fest, die Parteien seien sich hinsichtlich des Zumutbarkeitsprofils einig. Demnach seien dem Beschwerdeführer Arbeiten mit Hebe- und Tragbelastung von mehr als 10 bis 15 kg und solche mit chronisch repetitiv-monotonen Bewegungen sowie mit einer erheblichen Vibrations-/Schlag- oder Druckbelastung der Handgelenke nicht mehr zumutbar. Zudem sollten Zwangshaltungen, kräftiges Zupacken oder eine besondere Geschicklichkeit vermieden werden. Ansonsten sei der Beschwerdeführer ganztägig einsetzbar. Zum Zeitpunkt des möglichen Rentenbeginns nach Abschluss der Umschulung im Juli 2019 hätte er bei seiner ehemaligen Arbeitgeberin Fr. 74'735.- verdienen können. Unter Berücksichtigung der Tabelle TA1, Kompetenzniveau 2, Total Männer des Jahres 2016 und Aufrechnung der Nominallohnerhöhung bis ins Jahr 2019 sowie einem Abzug von 5 % ermittelte das kantonale Gericht ein Invalideneinkommen von Fr. 68'324.55. Das entspricht einem Invaliditätsgrad von 9 %, weshalb der Beschwerdeführer keinen Anspruch auf eine Invalidenrente der Unfallversicherung habe.
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5. | |
5.1. Bei der Ermittlung des Invalideneinkommens ist primär von der beruflich-erwerblichen Situation auszugehen, in der die versicherte Person konkret steht. Übt sie nach Eintritt der Invalidität eine Erwerbstätigkeit aus, bei der - kumulativ - besonders stabile Arbeitsverhältnisse gegeben sind und anzunehmen ist, dass sie die ihr verbleibende Arbeitsfähigkeit in zumutbarer Weise voll ausschöpft, und erscheint zudem das Einkommen aus der Arbeitsleistung als angemessen und nicht als Soziallohn, gilt grundsätzlich der tatsächlich erzielte Verdienst als Invalidenlohn. Ist kein solches Erwerbseinkommen gegeben, namentlich weil die versicherte Person nach Eintritt des Gesundheitsschadens keine oder jedenfalls keine ihr an sich zumutbare neue Erwerbstätigkeit aufgenommen hat, so können LSE-Tabellenlöhne herangezogen werden (BGE 135 V 297 E. 5.2 S. 301).
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5.2.
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5.2.1. Im Zeitpunkt des Erlasses des Einspracheentscheides (1. April 2020) war der Beschwerdeführer in einem bis 31. Oktober 2020 befristeten Arbeitsverhältnis als Sozialpädagoge tätig. Da es sich dabei nicht um ein besonders stabiles Arbeitsverhältnis gehandelt hat, verzichtete die Suva darauf, genaue Abklärungen über den dabei erzielten Lohn zu treffen. Vielmehr ermittelte sie das Invalideneinkommen, wie vom kantonalen Gericht bestätigt, auf Grund statistischer Werte. Uneinig sind sich die Parteien, ob dabei auf das "Total Privater Sektor" der Tabelle TA1 abgestellt werden soll, wie dies im angefochtenen Entscheid eingehend begründet wurde, oder ob vielmehr die Position 86-88 "Gesundheits- und Sozialwesen" der Tabelle TA1 privater Sektor massgebend sei.
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5.2.2. Letztlich kann die Frage, welche Position der Tabelle TA1 (Privater Sektor) massgebend sein soll, offen bleiben. Vielmehr kommt hier Tabelle T1 (Privater und öffentlicher Sektor) zur Anwendung. Dies aufgrund der Tatsache, dass der Beschwerdeführer schon vor den Unfällen im Jahre 2013 seit über einem Jahrzehnt im öffentlichen Bereich gearbeitet hatte. Zudem dürften die meisten Stellen im Berufsfeld der Sozialpädagogik, welche nach Angaben des Beschwerdeführers Tätigkeiten in sozialen Einrichtungen wie Heimen, Wohngemeinschaften, Werkstätten, Tageskliniken, Straf- und Massnahmenvollzug beinhaltet, mindestens ebenso oft im öffentlichen (Bund, Kantone, Bezirke, Gemeinden und Körperschaften), wie im privaten Sektor angeboten werden. Somit ergibt sich selbst bei der Berücksichtigung der Position 86-88 und des unbestrittenen Kompetenzniveaus 2 ein Einkommen von Fr. 71'460.- (Fr. 5633.- x 12 : 40 x 41.7 x 1.004 x 1.005 x 1.005).
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5.3. Weiter argumentiert der Beschwerdeführer, im Rahmen der Invaliditätsbemessung sei beim Invalideneinkommen ein Abzug vom Tabellenlohn in der Höhe von 10 % (und nicht bloss von 5 %, wie von der Vorinstanz als angemessen erachtet) vorzunehmen. Die Frage nach der Höhe des Abzuges ist nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung jedoch eine Ermessensfrage, deren Beantwortung letztinstanzlicher Korrektur nur mehr dort zugänglich ist, wo das Gericht das Ermessen rechtsfehlerhaft ausgeübt hat, also Ermessensüberschreitung, -missbrauch oder -unterschreitung vorliegt (BGE 137 V 71 E. 5.1 S. 72 f. mit Hinweis auf BGE 132 V 393 E. 3.3 S. 399; SVR 2015 IV Nr. 22 S. 65, Urteil 8C_693/2014 E. 2.2). Eine solche rechtsfehlerhafte Ermessensausübung ist vorliegend aber weder geltend gemacht noch ersichtlich. Damit bleibt es bei einem Abzug von 5 %. Das Invalideneinkommen ist mit Fr. 67'887.- (Fr. 71'460.- x 0.95) zu beziffern. Verglichen mit dem Valideneinkommen von Fr. 74'735.- resultiert ein Invaliditätsgrad von 9 %. Die Beschwerde ist daher unbegründet und abzuweisen.
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6. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: | |
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
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2. Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
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3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
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Luzern, 4. November 2020
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Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Maillard
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Die Gerichtsschreiberin: Schüpfer
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