BGer 6B_1223/2020 | |||
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BGer 6B_1223/2020 vom 10.11.2020 |
6B_1223/2020 |
Urteil vom 10. November 2020 |
Strafrechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichter Denys, Präsident,
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Gerichtsschreiberin Arquint Hill.
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Verfahrensbeteiligte | |
A.________,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen, Spisergasse 15, 9001 St. Gallen,
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Beschwerdegegnerin.
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Gegenstand
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Nichtanhandnahme (üble Nachrede, Verleumdung); Nichteintreten,
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Beschwerde gegen den Entscheid der Anklagekammer des Kantons St. Gallen vom 9. September 2020 (AK.2020.319-AK [ST.2020.20280] AK.2020.320-AP).
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Der Präsident zieht in Erwägung: | |
1. Der Beschwerdeführer erstattete Strafanzeige gegen die B.________ AG wegen ehrverletzender Berichterstattung in mehreren Zeitungsartikeln. Das Untersuchungsamt St. Gallen nahm eine Strafuntersuchung am 20. Juli 2020 nicht an die Hand, im Wesentlichen mit der Begründung, bei den fraglichen Zeitungsartikeln handle es sich um objektive und sachbezogene Berichterstattung zu Gerichtsurteilen. Eine dagegen gerichtete Beschwerde wies die Anklagekammer des Kantons St. Gallen am 9. September 2020 ab.
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2. Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt der Beschwerdeführer (sinngemäss), den vorinstanzlichen Entscheid aufzuheben und eine Strafuntersuchung durchzuführen. Er macht geltend, die Behauptung, dass ein erfahrener Pastoralassistent und Familienvater Gottesdienste ohne Not, ohne Sinn und ohne vernünftigen Grund störe, sei ehrverletzend. Durch die Bezeichnung als "Störer" werde dem Proteststehen jegliche Glaubwürdigkeit als Notsignal genommen. Dass das Aufstehen in Gottesdiensten "ohne Not" erfolgt sein soll, sei falsifiziert und die Ehrverletzung entsprechend verifiziert.
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3. Die Privatklägerschaft ist zur Beschwerde in Strafsachen nur berechtigt, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG). Bei den Zivilansprüchen im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG geht es in erster Linie um Ansprüche auf Schadenersatz und Genugtuung gemäss Art. 41 ff. OR, die üblicherweise vor den Zivilgerichten geltend gemacht werden müssen. Die Privatklägerschaft muss im Verfahren vor Bundesgericht darlegen, aus welchen Gründen sich der angefochtene Entscheid inwiefern auf welche Zivilforderung auswirken kann. Das Bundesgericht stellt an die Begründung der Legitimation strenge Anforderungen. Genügt die Beschwerde diesen nicht, kann darauf nur eingetreten werden, wenn aufgrund der Natur der untersuchten Straftat ohne Weiteres ersichtlich ist, um welche Zivilforderung es geht (BGE 141 IV 1 E. 1.1 S. 4 f. mit Hinweisen).
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4. Die Beschwerdeeingabe genügt diesen Anforderungen nicht. Ihr ist nichts zur Legitimation und zur Frage der Zivilforderungen zu entnehmen. Soweit der Beschwerdeführer von einer "Schadenswirkung der Ehrverletzung" spricht, ergibt sich daraus einzig die Selbstverständlichkeit, dass aus Ehrverletzungsdelikten grundsätzlich Zivilforderungen "abgeleitet werden können". Die Beschwerdelegitimation nach Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG lässt sich damit allerdings nicht begründen. Der Beschwerdeführer hätte vielmehr darlegen müssen, ob und welche Zivilansprüche er aus dem inkriminierten Vorwurf gegen die Beschuldigte stellen und wie sich der angefochtene Entscheid darauf auswirken könnte. Indessen benennt er vor Bundesgericht keinerlei konkrete Forderung und zeigt namentlich auch nicht auf, inwiefern ihm Schadenersatz- oder Genugtuungsansprüche im Sinne von Art. 41 ff. OR aus dem behaupteten Vorwurf zustehen könnten. Genugtuungsforderungen aus Persönlichkeitsverletzung bestehen zudem nur, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt (vgl. Art. 49 Abs. 1 OR). Der Eingriff muss aussergewöhnlich schwer sein und in seinen Auswirkungen das Mass einer Aufregung oder einer alltäglichen Sorge klar übersteigen (vgl. etwa Urteile 6B_96/2019 vom 7. Juni 2019 E. 1.2; 6B_798/2018 vom 14. November 2018 E. 4; 6B_555/2017 vom 29. September 2017 E. 3.2; je mit Hinweisen). Auch dies ist vorliegend weder dargetan noch ersichtlich. Folglich ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer in der Sache nicht zur Beschwerde im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG legitimiert ist.
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5. Ungeachtet der Legitimation in der Sache im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG kann die Privatklägerschaft mit Beschwerde in Strafsachen eine Verletzung ihrer Parteirechte rügen, die ihr nach dem Verfahrensrecht, der Bundesverfassung oder der EMRK zustehen und deren Missachtung auf eine formelle Rechtsverweigerung hinausläuft. Zulässig sind Rügen, die formeller Natur sind und von der Prüfung der Sache getrennt werden können. Das geforderte rechtlich geschützte Interesse ergibt sich diesfalls aus der Berechtigung, am Verfahren teilzunehmen (BGE 141 IV 1 E. 1.1 S. 5 mit Hinweisen).
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Der Beschwerdeführer beanstandet die Nichtdurchführung eines zweiten Schriftenwechsels im vorinstanzlichen Verfahren (Art. 390 Abs. 3 StPO). Aus seiner Sicht wäre ein solcher "allerwenigstens in der Frage nach Existenz oder Nichtexistenz auf eine Notlage" erforderlich gewesen. Die Beanstandung läuft auf eine unzulässige Überprüfung in der Sache hinaus. Damit kann der Beschwerdeführer nicht gehört werden.
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Der Beschwerdeführer rügt seinen Gehörsanspruch als verletzt. Er beanstandet etwa, die Vorinstanz habe die Beweislage zu "Hinweisen auf Notstand" pflichtwidrig und wider besseren Wissens im Ungewissen gelassen. Oder er bringt vor, es sei kein einziges der kündigungsrelevanten Fehlverhalten/Versäumnisse dokumentiert; eindeutige Gegenbeweise seien gehörsverletzend ausgeblendet worden. Indessen zielen auch diese Vorbringen, soweit sie denn überhaupt sachbezogen sind, auf die Rechtmässigkeit der Nichtanhandnahme und damit auf eine Überprüfung in der Sache selbst ab, was unzulässig ist. Weder dargetan noch ersichtlich ist, dass die Vorinstanz ihrer Begründungspflicht nicht nachgekommen und dem Beschwerdeführer dadurch eine sachgerechte Anfechtung des vorinstanzlichen Entscheids verunmöglicht haben soll. Im Übrigen müssen sich Gerichte nicht mit sämtlichen Parteistandpunkten befassen, sondern können sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken (vgl. BGE 143 III 65 E. 5.2; 141 III 28 E. 3.2.4).
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6. Soweit der Beschwerdeführer die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung sowie die Verlegung der Gerichtskosten beanstandet, sagt er nicht, inwiefern die Ablehnung der Gesuche um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung im kantonalen Verfahren verfassungs- oder rechtswidrig sein sollen und die Vorinstanz Art. 428 Abs. 1 StPO unrichtig angewendet haben könnte. Die Beschwerde erfüllt auch in diesem Punkt die Begründungsanforderungen nicht.
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7. Ohne dass sich das Bundesgericht zu sämtlichen Ausführungen des Beschwerdeführers ausdrücklich äussern müsste, ist auf die Beschwerde im Verfahren nach Art. 108 BGG nicht einzutreten. Die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege fällt wegen Aussichtslosigkeit ausser Betracht (Art. 64 BGG). Was die Beigabe eines unentgeltlichen Rechtsanwalts betrifft, stösst dieses unmittelbar vor Ablauf der gesetzlich nicht erstreckbaren Beschwerdefrist gestellte Begehren ohnehin ins Leere. Entsprechend dem Verfahrensausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG), wobei für die Festsetzung der Gerichtsgebühr der finanziellen Lage des Beschwerdeführers Rechnung zu tragen ist (Art. 65 Abs. 2 BGG).
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Demnach erkennt der Präsident: | |
1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
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2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
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3. Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
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4. Dieses Urteil wird den Parteien und der Anklagekammer des Kantons St. Gallen schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 10. November 2020
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Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Denys
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Die Gerichtsschreiberin: Arquint Hill
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