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Informationen zum Dokument  BGer 9C_472/2020  Materielle Begründung
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BGer 9C_472/2020 vom 17.11.2020
 
 
9C_472/2020
 
 
Urteil vom 17. November 2020
 
 
II. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Meyer, präsidierendes Mitglied,
 
Bundesrichter Stadelmann, Bundesrichterin Glanzmann,
 
Gerichtsschreiberin Oswald.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
vertreten durch Rechtsanwältin Regula Aeschlimann Wirz,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Invalidenversicherung (Invalidenrente),
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 20. Mai 2020 (IV.2018.00893).
 
 
Sachverhalt:
 
A. Die 1965 geborene A.________ bezog ab 1. September 2013 eine halbe Rente der Invalidenversicherung (Invaliditätsgrad: 54 %, Verfügung vom 4. Juli 2014). Ab 1. Oktober 2013 war sie zu 50 % bei der B.________ LLC angestellt. Mit Mitteilung vom 18. September 2015 bestätigte die IV-Stelle des Kantons Zürich (fortan: IV-Stelle) den Anspruch auf eine halbe Rente bei einem Invaliditätsgrad von 51 %. Nach Meldung einer Lohnerhöhung am 19. Januar 2016 leitete die IV-Stelle ein Revisionsverfahren ein und traf erwerbliche sowie medizinische Abklärungen. Mit Verfügung vom 19. September 2018 hob sie die bisherige Rente zufolge gesteigerten Invalideneinkommens revisionsweise auf Ende des der Zustellung der Verfügung folgenden Monats auf (Invaliditätsgrad: 32 %).
1
B. Die hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 20. Mai 2020 insoweit gut, als es die Verfügung der IV-Stelle vom 19. September 2018 aufhob und feststellte, die Versicherte habe ab 1. November 2018 Anspruch auf eine Viertelsrente.
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C. A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Sie beantragt, es sei der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben und die Verwaltung zu verpflichten, die gesetzlichen Leistungen auszurichten, insbesondere die halbe Invalidenrente weiterhin zu leisten.
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Die IV-Stelle beantragt die Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.
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Erwägungen:
 
 
1.
 
1.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG) und kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG; zum Ganzen BGE 145 V 57 E. 4 S. 61 f.).
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1.2. Bei der Festsetzung des Valideneinkommens handelt es sich um eine vom Bundesgericht eingeschränkt überprüfbare Tatfrage, soweit dessen Ermittlung auf konkreter Beweiswürdigung beruht. Demgegenüber stellt sie eine Rechtsfrage dar, soweit sich der Entscheid nach der allgemeinen Lebenserfahrung richtet. Dies betrifft etwa die Frage, ob Tabellenlöhne anwendbar sind (BGE 132 V 393 E. 3.3 S. 399; ausserdem etwa Urteil 9C_439/2020 vom 18. August 2020 E. 1.2).
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2. Strittig ist letztinstanzlich einzig, ob das kantonale Gericht das Valideneinkommen der Versicherten in Verletzung von Bundesrecht ermittelt hat.
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2.1. Das kantonale Gericht hat die rechtlichen Grundlagen zur allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs (Art. 16 ATSG) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.
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2.2. Das Valideneinkommen ist dasjenige Einkommen, das die versicherte Person erzielen könnte, wenn sie nicht invalid geworden wäre (Art. 16 ATSG; Art. 28a Abs. 1 IVG). Für seine Ermittlung ist rechtsprechungsgemäss entscheidend, was die versicherte Person im Zeitpunkt des frühestmöglichen Rentenbeginns nach dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit als Gesunde tatsächlich verdienen würde, und nicht, was sie bestenfalls verdienen könnte. Dabei wird in der Regel am zuletzt erzielten, nötigenfalls der Teuerung und der realen Einkommensentwicklung angepassten Verdienst angeknüpft, da erfahrungsgemäss die bisherige Tätigkeit ohne Gesundheitsschaden fortgesetzt worden wäre. Ausnahmen von diesem Erfahrungsgrundsatz müssen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erstellt sein (vgl. etwa BGE 139 V 28 E. 3.3.2 S. 30; 135 V 58 E. 3.1 S. 59; Urteil 9C_821/2019 vom 14. Oktober 2020 E. 4.1, je mit Hinweisen). Zu berücksichtigen ist auch die berufliche Weiterentwicklung, die eine versicherte Person normalerweise vollzogen hätte, da die Invalidität der voraussichtlich bleibenden oder längere Zeit dauernden Erwerbsunfähigkeit zu entsprechen hat (vgl. Art. 8 Abs. 1 ATSG). Allerdings bedarf es konkreter Anhaltspunkte dafür, dass ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ein beruflicher Aufstieg und ein entsprechend höheres Einkommen tatsächlich realisiert worden wären. Es müssen bereits bei Eintritt des Gesundheitsschadens entsprechende konkrete Schritte wie Kursbesuche, Aufnahme eines Studiums, Ablegen von Prüfungen etc. kundgetan worden sein (etwa: Urteil 9C_316/2020 vom 6. Oktober 2020 E. 3.1). Im Revisionsfall erlaubt allenfalls auch eine trotz Invalidität erlangte besondere berufliche Qualifikation Rückschlüsse auf die mutmassliche Entwicklung, zu der es ohne Eintritt des Gesundheitsschadens bis zum Revisionszeitpunkt gekommen wäre (BGE 139 V 28 E. 3.3.3.2 i.f. S. 31; SVR 2017 IV Nr. 4 S. 7, 9C_770/2015 vom 24. März 2016 E. 4.4.3; zit. Urteil 9C_316/2020, a.a.O.; Urteil 8C_502/2015 vom 26. Oktober 2015 E. 3.1.2).
9
 
3.
 
3.1. Das Sozialversicherungsgericht stellte fest, die Versicherte sei zuletzt vom 1. September 2010 bis 31. Dezember 2011 bei der Bank C.________ angestellt und seit dem 21. Juni 2011 durchgehend zu mindestens 50 % arbeitsunfähig gewesen. Es erwog, mit Blick auf die ohnehin geplante Auflösung der Abteilung, in der sie dort tätig gewesen sei, sei nicht überwiegend wahrscheinlich, dass sie im Gesundheitsfall weiter an dieser Stelle gearbeitet hätte. Als Valideneinkommen sei deshalb nicht ihr dort erzielter Verdienst zugrunde zu legen. Abzustellen sei vielmehr auf die Tabellenlöhne gemäss der vom Bundesamt für Statistik periodisch durchgeführten Lohnstrukturerhebung. Angesichts der rund 20-jährigen Bankentätigkeit und fehlender Anhaltspunkte dafür, dass sie ohne gesundheitliche Beeinträchtigung eine Anstellung ausserhalb dieser Branche gesucht hätte, dränge sich die Anwendung des monatlichen Bruttolohnes von Fr. 7077.- gemäss LSE 2014, TA1, Frauen, Finanzdienstleistungstätigkeiten, Kompetenzniveau 3 (komplexe praktische Tätigkeiten, welche ein grosses Wissen in einem Spezialgebiet voraussetzen), auf. Unter Berücksichtigung einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 41.5 Stunden und aufgerechnet auf das Jahr 2018 ergebe sich per 2018 ein Valideneinkommen von Fr. 90'053.45.
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3.2. Die Versicherte macht hingegen geltend, sie sei bereits im Februar 2008 erkrankt. Damals habe sie bei der Bank D.________ einen Jahresverdienst von Fr. 93'760.- bezogen. Der Lohn in den nachfolgenden Arbeitsverhältnissen sei beträchtlich tiefer gewesen, da sie aufgrund ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen geringer qualifizierte Arbeiten angenommen habe. Bei den B.________ LLC habe sie in einem 50 %-Pensum gemäss Feststellungen der Vorinstanz per 2018 ein Einkommen von Fr. 52'641.55 erzielt. Daran zeige sich, dass sie sich durch ihre gute Arbeit wieder auf das ursprüngliche Lohnniveau habe herauf arbeiten können, wenngleich nur in einer Teilzeitstelle. Da sie immer im Finanzwesen mit Aufgaben im Bereich Zahlungsverkehr tätig gewesen sei, mithin ihre Invalidenkarriere im angestammten Tätigkeitsbereich verlaufe, sei die Lohnentwicklung im Invaliditätsfall auch bei der Bestimmung des Valideneinkommens zu berücksichtigen. Konkret sei zur Bestimmung des Valideneinkommens das bei der B.________ LLC erzielte Einkommen auf 100 % hochzurechnen. Der Anspruch auf eine halbe Invalidenrente sei damit weiterhin gegeben.
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3.3. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin genügt es für den Schluss vom Invalideneinkommen auf das Valideneinkommen nicht, dass sie im Verfügungszeitpunkt weiterhin im angestammten Tätigkeitsfeld arbeitete und bei den B.________ LLC ein überdurchschnittliches Einkommen erzielte. Es ist nicht ersichtlich, dass dieser Verdienst auf besondere Fähigkeiten oder Qualifikationen zurückzuführen wäre, die ihr auch im Gesundheitsfall überwiegend wahrscheinlich zu einem überdurchschnittlichen Einkommen verholfen hätten (vgl. oben E. 2.2). Die Würdigung der Vorinstanz, die Versicherte wäre auch im Gesundheitsfall im Bereich der Finanzdienstleistungen tätig, aber nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit an ihrer jetzigen oder einer vergleichbaren Stelle, ist jedenfalls nicht willkürlich (zur vom Bundesgericht lediglich unter eingeschränktem Blickwinkel überprüfbaren Beurteilung hypothetischer Geschehensabläufe durch das kantonale Gericht vgl. oben E. 1.2 und zit. Urteil 9C_316/2020 E. 3.2). Demzufolge verletzt auch kein Bundesrecht, dass das Sozialversicherungsgericht nicht vom erzielten Invalideneinkommen auf das Valideneinkommen geschlossen hat.
12
Mangels Entscheidwesentlichkeit kann offen bleiben, ob das kantonale Gericht zu Recht auf die einschlägigen Tabellenlöhne (vgl. oben E. 3.1) abgestellt hat statt - wie von der Versicherten offenbar im vorinstanzlichen Verfahren noch verlangt - auf das im Jahr 2009 bei der Bank D.________ erzielte Einkommen (entsprechend Fr. 100'373.20 aufgerechnet auf das Jahr 2018). Bei letztinstanzlich unbestrittenem Invalideneinkommen von Fr. 52'641.55 per 2018 ändert sich - mit dem kantonalen Gericht - so oder anders am Anspruch auf Ausrichtung einer Viertelsrente der Invalidenversicherung nichts (Invaliditätsgrade von 42 % bzw. 48 %).
13
3.4. Die Beschwerde ist nach dem Gesagten unbegründet.
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4. Die unterliegende Beschwerdeführerin trägt die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).
15
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 17. November 2020
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Das präsidierende Mitglied: Meyer
 
Die Gerichtsschreiberin: Oswald
 
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