BGer 6F_28/2020 | |||
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BGer 6F_28/2020 vom 18.11.2020 |
6F_28/2020 |
Urteil vom 18. November 2020 |
Strafrechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichter Denys, Präsident,
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Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
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Bundesrichter Muschietti,
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Gerichtsschreiberin Arquint Hill.
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Verfahrensbeteiligte | |
A.________,
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Gesuchsteller,
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gegen
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Staatsanwaltschaft des Kantons Zug, Leitender Oberstaatsanwalt,
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An der Aa 4, 6300 Zug,
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Gesuchsgegnerin,
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Obergericht des Kantons Zug, Strafabteilung, Kirchenstrasse 6, 6300 Zug.
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Gegenstand
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Revisionsgesuch bzw. Fristwiederherstellungsgesuch (sinngemäss) gegen die Verfügung des Schweizerischen Bundesgerichts vom 1. Mai 2020 (Verfahren 6B_352/2020).
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Erwägungen: | |
1. Der damalige Beschwerdeführer und heutige Gesuchsteller (nachfolgend Gesuchsteller) liess mit Eingabe vom 18. März 2020 durch seinen Anwalt Beschwerde in Strafsachen gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug vom 12. Februar 2020 erheben.
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Das Bundesgericht stellte mit Schreiben vom 20. März 2020 in Aussicht, auf die Beschwerde wegen Verspätung nicht einzutreten. Es wurde Frist zur Stellungnahme bis zum 20. April 2020 eingeräumt. Der Anwalt zog die Beschwerde nach einer beantragten und bewilligten Fristerstreckung am 30. April 2020 vorbehaltlos zurück.
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Der Präsident der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts schrieb das Verfahren infolge Rückzug der Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug vom 12. Februar 2020 mit Verfügung vom 1. Mai 2020 von der Geschäftschäftskontrolle ab (Verfahren 6B_352/2020).
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2. Der Gesuchsteller ersucht am 31. August und 21. September 2020 sinngemäss um Revision der Verfügung vom 1. Mai 2020 bzw. um Wiederherstellung der Beschwerdefrist. Er habe sein Beschwerderecht im bundesgerichtlichen Verfahren wegen vorsätzlicher und grob fahrlässiger Pflichtverletzungen und krimineller Handlungen seines (damaligen) Anwalts verloren. Dieser habe die Strafrechtsbeschwerde nicht nur entgegen seiner Weisungen und ohne seine Zustimmung zurückgezogen, sondern auch die Beschwerdefrist verpasst. Das Bundesgericht sei verpflichtet, Abhilfe zu schaffen und sein Recht zu schützen, umso mehr, als ihm persönlich in Bezug auf den erlittenen Rechtsverlust keinerlei Vorwurf gemacht werden könne.
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3. Ob die Gesuche vom 31. August und 21. September 2020 fristgerecht sind, erscheint fraglich, zumal der Gesuchsteller über die Rückzugserklärung vom 30. April 2020 offenbar zeitnah informiert wurde (vgl. Verfahren 6B_352/2020, act. 8: Rückzugserklärung unter Hinweis auf deren Weiterleitung an den Mandanten in Kopie). Die Frage kann indessen offen bleiben, weil den Anliegen des Gesuchstellers so oder anders nicht nachgekommen werden kann.
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4. Vorliegend geht es nicht um einen abweisenden oder gutheissenden materiell-rechtlichen Beschwerdeentscheid des Bundesgerichts, der in den Anwendungsbereich der Revision nach Art. 121 ff. BGG fiele. Es geht vielmehr um eine prozessleitende Verfügung, mit welcher das Verfahren 6B_352/2020 infolge Rückzug der Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug abgeschrieben wurde. Die fragliche Verfahrensabschreibung vom 1. Mai 2020, welche gestützt auf Art. 32 Abs. 2 BGG erging und nicht mittels Beschwerde anfechtbar ist (vgl. Art. 32 Abs. 3 BGG), stellt eine Prozesserledigung ohne Urteil dar. Sie ist der Revision gemäss Art. 121 ff. BGG nicht zugänglich (NIKLAUS OBERHOLZER, in: Seiler/von Werdt/Güngerich/Oberholzer, Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2015, N. 5 zu Art. 121; DOMINIK VOCK, in: Spühler und andere [Hrsg.], Bundesgerichtsgesetz, Praxiskommentar, 2. Aufl. 2013, Vorbemerkungen, N. 5 zu Art. 121 BGG; s.a. BGE 141 IV 269 E. 2 in Bezug auf Abschreibungsbeschlüsse im kantonalen Verfahren).
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5. Im Verfahren 6B_352/2020 war der Anwalt durch die auf ihn lautende Vollmacht ausdrücklich zur Vornahme von Verfahrenshandlungen für den damaligen Beschwerdeführer und heutigen Gesuchsteller legitimiert. Dazu gehört das Ergreifen von Rechtsmitteln und deren Rückzug. Der Anwalt hat die mit 18. März 2020 datierte Beschwerde am 30. April 2020 vorbehaltlos zurückgezogen, was sich der Gesuchsteller zurechnen lassen muss. Auf die einmal erfolgte Rückzugserklärung und die Verfahrensabschreibung durch das Bundesgericht vom 1. Mai 2020 kann daher grundsätzlich nicht zurückgekommen werden.
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6. Ob die Revisionsvorschriften nach Art. 121 ff. BBG allenfalls analog (im Sinne eines Rechtsbehelfs sui generis) Anwendung finden könnten und ob auf diesem Wege - wegen des angeblich gegen den Willen des Gesuchstellers und ohne dessen Zustimmung erklärten Beschwerderückzugs durch den Anwalt - auf die Verfahrensabschreibung vom 1. Mai 2020 zurückgekommen werden könnte, ist zweifelhaft, braucht hier aber nicht entschieden zu werden. Denn selbst wenn hievon auszugehen wäre, hätte auf die Beschwerde - wegen Verspätung - nicht eingetreten werden können.
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7. Das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug vom 12. Februar 2020 wurde am 17. Februar 2020 in Empfang genommen. Die 30-tägige Beschwerdefrist nach Art. 100 Abs. 1 BGG lief mithin am 18. März 2020 ab. Die vom 18. März 2020 datierende Beschwerde an das Bundesgericht wurde von der Post indessen erst am 19. März 2020 und somit nach Ablauf der Rechtsmittelfrist abgestempelt. Eine Fristwiederherstellung nach Art. 50 BGG fällt vorliegend ausser Betracht. Die Praxis verlangt hierfür "klare Schuldlosigkeit". Dass der Gesuchsteller nach seinen eigenen Angaben persönlich kein Verschulden am Verpassen der Frist trägt bzw. tragen soll, ist unerheblich, zumal er sich auch die Fehlleistungen des Anwalts bzw. dessen Hilfsperson zurechnen lassen muss (BGE 143 I 284 E. 1.3 mit zahlreichen Hinweisen; Urteil 6B_67/2018 vom 9. April 2018 E. 4). Die von der Rechtsprechung hievon einzig anerkannte Ausnahme bezieht sich auf Fälle der notwendigen Verteidigung in Strafverfahren gemäss Art. 130 StPO (vgl. BGE 143 I 284 E. 2.2.3; s.a. Urteil 6B_1111/2017 vom 7. August 2018 E. 2). Diese findet auf das bundesgerichtliche Verfahren, das die notwendige Verteidigung nicht kennt und in welchem die beschuldigte Person selber darüber entscheidet, ob sie sich vertreten lassen will oder nicht, keine Anwendung.
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8. Auf das sinngemässe Revisionsgesuch wird nicht eingetreten. Das sinngemässe Fristwiederherstellungsgesuch wird abgewiesen. Ausnahmsweise sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: | |
1. Auf das (sinngemässe) Revisionsgesuch wird nicht eingetreten.
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2. Das (sinngemässe) Fristwiederherstellungsgesuch wird abgewiesen.
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3. Es werden keine Kosten erhoben.
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4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zug, Strafabteilung, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 18. November 2020
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Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Denys
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Die Gerichtsschreiberin: Arquint Hill
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