BGer 2C_673/2020 | |||
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BGer 2C_673/2020 vom 20.11.2020 |
2C_673/2020 |
Urteil vom 20. November 2020 |
II. öffentlich-rechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichter Seiler, Präsident,
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Bundesrichterin Aubry Girardin,
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Bundesrichter Beusch,
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Gerichtsschreiber Quinto.
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Verfahrensbeteiligte | |
A.A.________ und B.A.________,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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Migrationsamt des Kantons Basel-Stadt, Spiegelgasse 12, 4051 Basel,
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Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Basel-Stadt, Spiegelgasse 6, 4001 Basel.
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Gegenstand
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Widerruf der Niederlassungsbewilligung bzw. Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung
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und Wegweisung,
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Beschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht, Dreiergericht, vom 9. Juni 2020 (VD.2019.208).
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Sachverhalt: |
A. | |
A.a. Der türkische Staatsangehörige B.A.________ (geb. 1966) reiste am 9. November 1983 in die Schweiz ein und verfügt seit dem 15. August 1994 über eine Niederlassungsbewilligung. Im Jahr 1995 heiratete er seine Landsfrau A.A.________ (geb. 1973), welche am 12. November 1990 in die Schweiz eingereist war und am 29. August 1995 eine Aufenthaltsbewilligung erhielt. Das Ehepaar hat zwei gemeinsame, volljährige Kinder.
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A.b. Ab dem Jahr 2000 verwarnten die Einwohnerdienste des Polizei- und Militärdepartements bzw. das Migrationsamt des Kantons Basel-Stadt (Migrationsamt) die Eheleute A.________ mehrmals wegen stetig steigender Schulden, Betreibungen und Verlustscheinen. Per Juli 2000 waren im Betreibungs- und Verlustscheinregister Ausstände im Umfang von Fr. 34'755.05 zu Lasten der Eheleute A.________ verzeichnet. Im Jahr 2004 (und danach wiederholt) wurde A.A.________ deshalb die Erteilung der Niederlassungsbewilligung verweigert. Im Mai 2004 beliefen sich die Schulden bereits auf Fr. 120'476.20. Im Jahr 2005 wurde den Eheleuten A.________ nach erneuter Verwarnung die Wegweisung aus der Schweiz angedroht, sollten sie weitere Schulden anhäufen. Per August 2010 beliefen sich deren Schulden auf Fr. 263'292.10. Auch eine mit den Eheleuten A.________ im Juli 2012 geschlossene Integrationsvereinbarung und Verpflichtung, eine Schuldenberatung aufzusuchen, konnte das weitere Anwachsen der Schulden nicht verhindern. Im März 2018 waren zulasten von B.A.________ 109 Verlustscheine im Umfang von Fr. 329'253.70 und zulasten A.A.________ 82 Verlustscheine im Umfang von Fr. 193'446.70 registriert.
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A.c. Mit Strafbefehl des Bezirksstatthalteramts Arlesheim vom 11. Oktober 2010 wurde B.A.________ wegen Fahrens in fahrunfähigem Zustand zu einer bedingten Geldstrafe von 25 Tagessätzen à Fr. 20.-- und zu einer Busse von Fr. 500.-- verurteilt. Eine weitere Verurteilung wegen desselben Tatbestandes erfolgte mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn vom 22. Januar 2015, wobei B.A.________ mit einer teilbedingten Geldstrafe von 50 Tagessätzen à Fr. 30.-- sanktioniert wurde.
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B. Mit Verfügungen vom jeweils 23. März 2018 widerrief das Migrationsamt die Niederlassungsbewilligung von B.A.________ und verweigerte die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung von A.A.________ - jeweils wegen mutwilliger Verschuldung - und forderte sowohl B.A.________ als auch A.A.________ auf, die Schweiz bis zum 22. Juni 2018 zu verlassen. Der dagegen eingereichte, gemeinsame Rekurs blieb gemäss Entscheid des Justiz- und Sicherheitsdepartements des Kantons Basel-Stadt (Departement) vom 2. September 2019 erfolglos. Dessen Anfechtung mittels verwaltungsgerichtlichem Rekurs wurde gemäss Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht vom 9. Juni 2020 insofern teilweise gutgeheissen, als den Rekurrenten für das Rekursverfahren vor dem Departement die unentgeltliche Rechtspflege gewährt wurde. In der Hauptsache, nämlich bezüglich Widerruf der Niederlassungsbewlligung bzw. Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung, wurde der Rekurs jedoch abgewiesen. Die Vorinstanz gewährte B.A.________ und A.A.________ für das verwaltungsgerichtliche Rekursverfahren die unentgeltliche Rechtspflege.
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C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht vom 22. August 2020 beantragen A.A.________ (Beschwerdeführerin) und B.A.________ (Beschwerdeführer; beide gemeinsam: Beschwerdeführer) die Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils. Eventualiter sei das [vorinstanzliche] Urteil "aufzuheben und rückzuweisen an diese Instanz zwecks Neubeurteilung." Die inhaltlich weitgehend identischen Verfügungen des Migrationsamts betreffend die beiden Rekurrenten vom 23. März 2018 seien aufzuheben. Die Aufenthaltsbewilligung der Beschwerdeführerin sei ihr zu belassen und um mindestens ein Jahr zu verlängern. Die Niederlassungsbewilligung des Beschwerdeführers sei ihm zu belassen. Ferner sei für das Bundesgerichtsverfahren den Beschwerdeführern weiterhin die unentgeltliche Rechtspflege zu bewilligen und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu gewähren.
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Die Vorinstanz und das Departement beantragen mit ihren Vernehmlassungen jeweils die Abweisung der Beschwerde, während das Staatssekretariat für Migration auf eine Vernehmlassung verzichtet hat.
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Mit Verfügung vom 26. August 2020 hat der Präsident der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung der Beschwerde antragsgemäss die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
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Am 31. August 2020 reichten die Beschwerdeführer eine weitere Eingabe ein, in der sie ihre Beschwerde als Verfassungsbeschwerde bezeichnen.
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Erwägungen: |
1. | |
1.1. Gegen den angefochtenen kantonal letztinstanzlichen Endentscheid über den Widerruf der Niederlassungsbewilligung ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht zulässig (Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2, Art. 90 BGG), da der Beschwerdeführer grundsätzlich einen Anspruch auf das Fortbestehen der Bewilligung geltend machen kann (BGE 135 II 1 E. 1.2.1 S. 4; Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG e contrario). Auch die Beschwerdeführerin kann als seine mit ihm zusammen wohnende Ehegattin einen Anspruch auf die Verlängerung ihrer Aufenthaltsbewilligung geltend machen (Art. 43 Abs. 1 AuG). Auf die im Übrigen form- und fristgerecht eingereichte Beschwerde (Art. 42 und 100 Abs. 1 BGG) der hierzu legitimierten Beschwerdeführer (Art. 89 Abs. 1 BGG) ist, unter Vorbehalt der nachfolgende E. 1.2, einzutreten.
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1.2. Gegenstand des bundesgerichtlichen Verfahrens bildet ausschliesslich das letztinstanzliche kantonale Urteil, welches aufgrund des Devolutiveffekts die diesem vorangegangenen Entscheide und Verfügungen ersetzt. Letztere gelten durch die Beschwerde vor Bundesgericht als mit angefochten. Sie können im bundesgerichtlichen Verfahren demzufolge nicht eigenständig angefochten werden. Auf den Antrag, die Verfügungen des Migrationsamts vom 23. März 2018 aufzuheben, ist deshalb nicht einzutreten (BGE 136 II 539 E. 1.2 S. 543; Urteil 2C_574/2018 vom 15. September 2020 E. 1.2).
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1.3. Mit Eingabe vom 31. August 2020, welche gleichentags bei der Post aufgegeben wurde, beantragen die Beschwerdeführer unter dem Titel "Ergänzung der Beschwerdebezeichnung", dass die Beschwerde nicht nur als solche gestützt auf Art. 82 BGG, sondern auch als solche gestützt auf Art. 113 ff. BGG (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) entgegen genommen wird. Die 30-tägige Beschwerdefrist ist jedoch unter Berücksichtigung der Gerichtsferien am 25. August 2020 abgelaufen (Art. 46 Abs. 1 lit. b, Art. 100 Abs. 1, Art. 117 BGG), weshalb die genannte Eingabe als verspätet unbeachtlich bleibt. Im Übrigen wäre auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde nicht einzutreten, da die von den Beschwerdeführern gerügten Verletzungen von Bundes- und Völkerrecht auch im Rahmen der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten geprüft werden können (Art. 95 lit. a und b, Art. 113 BGG).
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2.
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2.1. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft jedoch unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) nur die geltend gemachten Rechtsverletzungen, sofern rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 142 I 135 E. 1.5 S. 144). In Bezug auf die Verletzung von Grundrechten gilt eine qualifizierte Rüge- und Substanziierungspflicht, d.h. es ist klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Urteils aufzuzeigen, inwiefern die entsprechenden Rechtsnormen verletzt worden sein sollen (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 140 II 141 E. 8 S. 156; 139 I 229 E. 2.2 S. 232).
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2.2. Massgebend ist das zum Zeitpunkt, als der Beschwerdeführer von der Einleitung des Widerrufsverfahrens Kenntnis erhielt (24. August 2016) bzw. als die Beschwerdeführerin um Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung ersuchte (19. April 2016), in Kraft stehende Recht (vgl. Urteil 2C_144/2019 vom 25. Februar 2019 E. 2.1; Art. 126 Abs. 1 AuG). Vorliegend kommt deshalb das AuG (ab 1. Januar 2019: AIG) gemäss Stand 1. Oktober 2015 bzw. in der bis zum 30. September 2016 gültigen Fassung zur Anwendung (AS 2007 5437; AS 2010 5957).
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2.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Eine Berichtigung oder Ergänzung der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen ist von Amtes wegen (Art. 105 Abs. 2 BGG) oder auf Rüge hin (Art. 97 Abs. 1 BGG) möglich. Von den tatsächlichen Grundlagen des vorinstanzlichen Urteils weicht das Bundesgericht jedoch nur ab, wenn diese offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen und die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 142 I 135 E. 1.6 S. 144 f.).
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Zur Sachverhaltsfeststellung gehört auch die auf Indizien gestützte Beweiswürdigung. Die Sachverhaltsfeststellung bzw. Beweiswürdigung erweist sich als willkürlich gemäss Art. 9 BV, wenn sie offensichtlich unhaltbar oder aktenwidrig ist, wenn das Gericht Sinn und Tragweite eines Beweismittels offensichtlich verkannt hat, wenn es ohne sachlichen Grund ein wichtiges und entscheidwesentliches Beweismittel unberücksichtigt gelassen oder wenn es auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen unhaltbare Schlussfolgerungen gezogen hat (BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 265 f.; Urteile 2C_1072/2014 vom 9. Juli 2015 E. 1.4; 2C_310/2014 vom 25. November 2014 E. 1.2). Eine entsprechende Rüge ist substanziiert vorzubringen; auf rein appellatorische Kritik an der Sachverhaltsfeststellung bzw. Beweiswürdigung geht das Gericht nicht ein (BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 266; 139 II 404 E. 10.1 S. 444 f.).
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3. | |
3.1. Die Vorinstanz hat sich bezüglich Widerruf der Niederlassungsbewilligung des Beschwerdeführers bzw. Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung der Beschwerdeführerin wegen mutmasslicher Verschuldung ("Schuldenwirtschaft") auf Art. 63 Abs. 1 lit. b AuG respektive Art. 62 Abs. 1 lit. c AuG gestützt. Die Niederlassungsbewilligung kann demgemäss widerrufen werden, wenn die ausländische Person in schwerwiegender Weise gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Schweiz oder im Ausland verstossen oder diese gefährdet hat. Dieser Widerrufsgrund gilt gemäss dem vorliegend anwendbaren Art. 63 Abs. 2 AuG auch, falls die ausländische Person sich seit mehr als 15 Jahren ununterbrochen und ordnungsgemäss im Land aufgehalten hat. Ein Verstoss gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung liegt insbesondere bei mutwilliger Nichterfüllung der öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Verpflichtungen vor (Art. 80 Abs. 1 lit. b der Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit [VZAE; SR 142.201; in der bis 31. Dezember 2018 geltenden Fassung; AS 2007 5497]). Rechtsprechungsgemäss vermag Schuldenwirtschaft den Widerruf der Niederlassungsbewilligung nur zu rechtfertigen, wenn die Verschuldung mutwillig, d.h. selbstverschuldet und qualifiziert vorwerfbar ist (BGE 137 II 297 E. 3.3 S. 304; Urteil 2C_797/2019 vom 20. Februar 2020 E. 3.1 mit Hinweisen).
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3.2. Wurde bereits eine ausländerrechtliche Verwarnung (Art. 96 Abs. 2 AuG) ausgesprochen, ist entscheidend, ob die ausländische Person danach weiterhin mutwillig Schulden angehäuft hat (Urteile 2C_797/2019 vom 20. Februar 2020 E. 3.2; 2C_658/2017 vom 25. Juni 2018 E. 3.2 mit Hinweisen). Dabei ist zu berücksichtigen, dass, wer einem betreibungsrechtlichen Verwertungsverfahren, insbesondere der Lohnpfändung, unterliegt, in aller Regel keine Möglichkeit hat, ausserhalb des Betreibungsverfahrens Schulden zu tilgen. Das führt in solchen Fällen dazu, dass im Vergleich zu früher weitere Betreibungen hinzukommen können oder der betriebene Betrag angewachsen sein kann, ohne dass allein deswegen Mutwilligkeit vorliegt. Von entscheidender Bedeutung ist, welche Anstrengungen zur Sanierung unternommen worden sind. Positiv ist etwa zu würdigen, wenn vorbestandene Schulden abgebaut worden sind. Ein Widerruf ist dagegen zulässig, wenn in vorwerfbarer Weise weitere Schulden angehäuft worden sind (Urteile 2C_797/2019 vom 20. Februar 2020 E. 3.2 mit Hinweisen; 2C_93/2018 vom 21. Januar 2019 E. 3.4 mit Hinweisen).
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Dieselben Voraussetzungen gelten auch für die Nichtverlängerung einer Aufenthaltsbewilligung wegen mutwilliger Verschuldung gestützt auf Art. 62 lit. c AuG (respektive ab 1. Oktober 2016: Art. 62 Abs. 1 lit. c AuG; AS 2016 2329) i.V.m. Art. 80 Abs. 1 lit. b VZAE (vgl. Urteile 2C_724/2018 vom 24. Juni 2019 E. 3.1; 2C_789/2017 vom 7. März 2018 E. 3.3).
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3.3. Es obliegt primär der Behörde, abzuklären, ob Mutwilligkeit vorliegt (Urteile 2C_797/2019 vom 20. Februar 2020 E. 3.3; 2C_138/2018 vom 16. Januar 2019 E. 3.2; 2C_27/2018 vom 10. September 2018 E. 2.2). Die Ausländerinnen und Ausländer sind allerdings nach Art. 90 AuG verpflichtet, an der Feststellung des für die Anwendung dieses Gesetzes massgebenden Sachverhalts mitzuwirken. Die Mitwirkungspflicht erstreckt sich insbesondere auf Tatsachen, die eine Partei besser kennt als die Behörden und die diese ohne Mitwirkung der Betroffenen gar nicht oder nicht mit vernünftigem Aufwand erheben können (BGE 143 II 425 E. 5.1 S. 439 mit Hinweisen). Anwendbar ist dieser Grundsatz auch dann, wenn aufgrund der gesamten Sachlage sich die Hinweise für einen ausländerrechtlichen Tatbestand so verdichtet haben, dass ohne Not davon ausgegangen werden kann, dass der strittige Tatbestand vorliegt. In solchen Konstellationen obliegt es der ausländischen Person, den Gegenbeweis zu erbringen. Kann sie das nicht, ist der Tatbestand als erfüllt zu betrachten (Urteile 2C_797/2019 vom 20. Februar 2020 E. 3.3; 2C_138/2018 vom 16. Januar 2019 E. 3.2).
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4. | |
4.1. Die Beschwerdeführer rügen in vorgenanntem Zusammenhang eine willkürliche Beweiswürdigung bzw. Sachverhaltsfeststellung durch die Vorinstanz. Letztere habe ausser Acht gelassen, dass der Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin wegen Herzproblemen bzw. des Risikos eines Aortarisses lebensbedrohlich sei. Ausserdem habe sie sich einer Augenoperation mit Komplikationen unterzogen. Der fehlende Hinweis auf die damit verbundene Einschränkung der Arbeitsfähigkeit (der Beschwerdeführerin) sei aktenwidrig.
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4.2. Die Vorinstanz ist aufgrund der Würdigung von zwei Schreiben des Universitätsspitals Basel vom 1. Oktober 2019 (Kardiovaskuläre Prävention) und 9. Oktober 2019 (Augenklinik) zur Feststellung gelangt, dass keine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin vorliegt. Das erstgenannte Schreiben führt unter anderem aus, dass die Beschwerdeführerin an einer mittelschweren Aortenklappeninsuffizienz bei bikuspider Aortenklappe leide, was zur Folge habe, dass sie beim Treppensteigen nach 3 - 4 Stockwerken eine Pause einlegen müsse. In der Nacht oder bei psychischem Stress komme es zu Herzrasen. Das zweitgenannte Schreiben bestätigt, dass die Beschwerdeführerin seit 2015 wegen beidseitiger "Fuchs'scher Endotheldystrophie" in Behandlung ist und in diesem Zusammenhang mehrmals operiert wurde. Ein Einschränkung der Arbeitsfähigkeit lässt sich keinem der Schreiben entnehmen. Die Beschwerdeführer bringen nichts vor, was die genannte, vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung erschüttert bzw. als willkürlich erscheinen lässt. Vielmehr ist ihre Kritik appellatorischer Natur, weshalb auf die entsprechende Rüge nicht weiter einzugehen ist.
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4.3. Abgesehen davon hat die Vorinstanz zurecht erwogen, dass selbst wenn aufgrund obiger Befunde "heute" bzw. zum Zeitpunkt des vorinstanzlichen Urteils eine Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit vorliegen würde, den Beschwerdeführern der Gegenbeweis bezüglich Mutwilligkeit der Verschuldung aufgrund ihrer jahrelangen Untätigkeit misslingen würde. In der Tat vermögen die vorgenannten, gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Beschwerdeführerin die Beschwerdeführer nicht davon zu entlasten, dass letztere während rund 18 Jahren trotz zahlreicher ausländerrechtlicher Verwarnungen stetig mehr Schulden angehäuft haben, ohne irgendeine erkennbare Bereitschaft zum Schuldenabbau zu zeigen.
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5. | |
5.1. Im weiteren rügen die Beschwerdeführer ein Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV). Die Vorinstanz habe sich weder mit ihren Vorbringen betreffend den vorgenannten gesundheitlichen Beeinträchtigungen (E. 4.1 oben) noch mit dem geltend gemachten Umstand, dass der Beschwerdeführer während 21 Monaten die Krankenkassenprämien bezahlt habe (während die Prämienverbilligung ungerechtfertigterweise unterblieben sei), auseinandergesetzt. Ebensowenig sei die Vorinstanz auf die von den Beschwerdeführern vorgebrachten Argumente und Tatsachen bezüglich Privatkonkurs, welcher den Beschwerdeführern zu Unrecht verwehrt worden sei, eingegangen.
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5.2. Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV fliesst zunächst die Pflicht der Behörden, die Vorbringen der von einem Entscheid in ihrer Rechtsstellung betroffenen Person tatsächlich zu hören, zu prüfen und in der Entscheidfindung zu berücksichtigen (BGE 136 I 229 E. 5.2 S. 236; Urteil 2C_432/2016 vom 26. Januar 2018 E. 3.2.1). Als weiteren Teilgehalt umfasst der Anspruch auf rechtliches Gehör die Begründungspflicht. Letztere verlangt jedoch nicht, dass sich das Gericht mit sämtlichen vorgebrachten Sachverhaltselementen, Beweismitteln und Rügen auseinandersetzt. Vielmehr kann es sich auf die wesentlichen Überlegungen, welche zum Entscheid geführt haben, beschränken. Die Begründung soll dem Betroffenen ermöglichen, die Tragweite des Entscheides zu erfassen und diesen in Kenntnis der Überlegungen des Gerichts anzufechten (BGE 143 III 65 E. 5.2 S. 70 f.; 141 III 28 E. 3.2.4 S. 31; 138 I 232 E. 5.1 S. 238 mit Hinweisen; 133 III 439 E. 3.3 S. 445; Urteil 2D_14/2018 vom 13. August 2018 E. 3.1.1). Die Begründungspflicht ist nur dann verletzt, wenn das Gericht auf die für den Ausgang des Verfahrens wesentlichen Vorbringen selbst implizit nicht eingeht (BGE 133 III 235 E. 5.2 S. 248 f.).
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5.3. Wie dargelegt hat sich die Vorinstanz mit den vorgebrachten, gesundheitlichen Problemen der Beschwerdeführerin auseinandergesetzt (E. 4.2 oben). Aus dem angefochtenen Urteil ergibt sich zudem, dass die Vorinstanz ausführlich auf den von den Beschwerdeführern angestrebten Privatkonkurs eingegangen ist (E. 2.5.1.2 angefochtenes Urteil). Die Bezahlung der Krankenkassenprämien der Beschwerdeführer wurde von der Vorinstanz in den E. 2.4 und 2.5.1.3 des angefochtenen Urteils thematisiert, weshalb davon auszugehen ist, dass auch der Einwand der Beschwerdeführer, während 21 Monaten die Krankenkassenprämien bezahlt zu haben, gehört wurde. Im Übrigen ist dieser Einwand nicht wesentlich, denn er ändert nichts daran, dass gemäss vorinstanzlicher Sachverhaltsfeststellung alleine aufgrund nicht bezahlter Krankenkassenprämien per 19. Dezember 2019 Schulden der Beschwerdeführer von Fr. 127'125.75 bestanden haben (E. 2.3 angefochtenes Urteil).
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Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) ist demnach vorliegend nicht verletzt, weshalb sich die entsprechende Rüge als unberechtigt erweist.
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6. | |
6.1. Die Beschwerdeführer machen zudem geltend, die Migrationsbehörde verstosse mit ihren Auflagen gegenüber der Beschwerdeführerin, wonach letztere ihre Arbeitsleistung steigern solle, angesichts von deren gesundheitlichen Problemen gegen Art. 10 Abs. 2 BV (Recht auf persönliche Freiheit, insbesondere körperliche und geistige Unversehrtheit und Bewegungsfreiheit), "die EMRK" und das behördliche Willkürverbot.
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6.2. Anfechtungsobjekt vor Bundesgericht im Bereich des Ausländerrechts ist der letztinstanzliche kantonale Entscheid (Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG) und nicht das Verhalten des Migrationsamts. Auf die Beschwerde ist deshalb in diesen Punkten nicht weiter einzugehen.
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7.
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7.1. Im Weiteren rügen die Beschwerdeführer in Bezug auf die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung betreffend fehlende Einschränkung der Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin (E. 4.2 oben) eine Verletzung von Art. 29a BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK und erblicken darin zudem eine formelle Rechtsverweigerung (Zum Verbot der formellen Rechtsverweigerung, welches aus Art. 29 Abs. 1 BV abgeleitet wird, vgl. Urteil 2C_493/2019 vom 17. August 2020 E. 4). Sie legen jedoch nicht dar, inwiefern diese Grundrechte verletzt sein sollen. Die entsprechenden, unsubstanziierten Vorbringen genügen den Anforderungen der qualifizierten Rügepflicht nicht, weshalb darauf nicht weiter einzugehen ist.
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7.2. Auch insofern die Beschwerdeführer geltend machen, im Ergebnis verstosse die Rechtsanwendung des vorinstanzlichen Urteils gegen Art. 9 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK, ist darauf mangels Einhaltung der qualifizierten Rügepflicht nicht weiter einzugehen.
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7.3. Eine Rüge der Verletzung von Art. 63 Abs. 1 lit. b AuG, Art. 62 lit. c AuG (respektive Art. 62 Abs. 1 lit. c AuG) oder Art. 80 Abs. 1 lit. b VZAE sowie eine Beanstandung der vorinstanzlichen Verhältnismässigkeitsprüfung enthält die Beschwerde nicht, und es ist nicht ersichtlich, dass der angefochtene Entscheid in dieser Beziehung bundesrechtswidrig wäre.
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8. | |
8.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erweist sich damit als unbegründet und ist abzuweisen.
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8.2. Die Beschwerdeführer sind vor Bundesgericht nicht anwaltlich vertreten. Ihr Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren bezieht sich gemäss Beschwerdebegründung denn auch nur auf die Gerichtskosten. Aufgrund der in den kantonalen Rechtsmittelverfahren erhobenen Rügen wurde in diesen Verfahren den Beschwerdeführern zurecht die unentgeltliche Rechtspflege gewährt (vgl. E. 4 angefochtenes Urteil). Die vorliegende Beschwerde erweist sich demgegenüber als von vornherein aussichtlos, weshalb das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren abzuweisen ist (Art. 64 Abs. 1 BGG). Angesichts der vorliegenden Umstände wird jedoch auf die Erhebung der Gerichtskosten verzichtet (Art. 66 Abs. 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: | |
1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
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3. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
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4. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht, sowie dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 20. November 2020
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Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Seiler
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Der Gerichtsschreiber: Quinto
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