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Informationen zum Dokument  BGer 9C_593/2020  Materielle Begründung
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BGer 9C_593/2020 vom 24.11.2020
 
 
9C_593/2020
 
 
Urteil vom 24. November 2020
 
 
II. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Parrino, Präsident,
 
Bundesrichter Meyer, Stadelmann,
 
Gerichtsschreiberin Huber.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
vertreten durch Fürsprecher Frank Goecke,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Invalidenversicherung,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 30. Juni 2020 (IV.2019.00604).
 
 
Sachverhalt:
 
A. Die 1961 geborene A.________ meldete sich am 2. Juni 2016 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Mit Verfügung vom 1. Dezember 2016 verneinte die IV-Stelle des Kantons Zürich einen Leistungsanspruch.
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Am 24. Mai 2017 meldete sich A.________ erneut bei der Invalidenversicherung an. Die Verwaltung holte ein polydisziplinäres Gutachten ein (Expertise der Swiss Medical Assessment- and Business-Center [SMAB] AG vom 13. Juli 2018 sowie Stellungnahme vom 13. Mai 2019) und verneinte einen Rentenanspruch mit Verfügung vom 23. Juli 2019.
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B. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 30. Juni 2020 ab.
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C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________ unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids die Ausrichtung einer Invalidenrente.
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Erwägungen:
 
1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1 S. 389). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG).
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2. Streitig und zu prüfen ist, ob das kantonale Gericht Bundesrecht verletzte, indem es in Bestätigung der Verfügung vom 23. Juli 2019 den Anspruch auf eine Invalidenrente verneinte.
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3. Die Vorinstanz mass dem polydisziplinären Gutachten der SMAB AG vom 13. Juli 2018 Beweiswert zu (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3a S. 352 mit Hinweis). Nach Würdigung der medizinischen Akten erkannte das kantonale Gericht, die Beschwerdeführerin sei in Anlehnung an die Expertise der SMAB AG in der bisherigen wie auch in einer leidensangepassten Tätigkeit 80 % arbeitsfähig. Es verneinte einen Revisionsgrund mit der Begründung, es fehle an einer wesentlichen Änderung im Gesundheitszustand sowie im erwerblichen Bereich.
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4.
 
4.1. Die Beschwerdeführerin zweifelt in erster Linie die Beweiskraft des internistischen Teilgutachtens der SMAB AG von Dr. med. B.________, Fachärztin für Allgemeine Innere Medizin, an.
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4.1.1. Die Internistin berichtete in ihrem Teilgutachten, dass die von ihr untersuchte Rachen- und Mundhöhle der Beschwerdeführerin keinen pathologischen Befund aufweise. Wie bereits die Vorinstanz erkannte, führte Dr. med. B.________ in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 13. Mai 2019 aus, dass aufgrund des damals bei der Begutachtung festgestellten unauffälligen oralen Befunds (u.a. keine Schleimstrasse an der Rachenhinterwand) kein Anlass für weitergehende Abklärungen oder Untersuchungen bestanden habe. Im Weiteren hielt sie fest, die Beschwerden betreffend die Sinusitis maxillaris chronica sinistra hätten zum Zeitpunkt der Exploration aus internistischer Sicht ganz eindeutig nicht im Vordergrund gestanden. Dr. med. B.________ erachtete es folglich in Anlehnung an ihre Befunderhebung nicht als notwendig, weitere Abklärungen in Bezug auf die Sinusitis einzuleiten. Mit der Vorinstanz fehlen Hinweise dafür, dass die Internistin dabei nicht lege artis vorgegangen sein soll. So ist es denn auch grundsätzlich Sache der Gutachterin zu entscheiden, ob und welche Abklärungen sowie Untersuchungen für eine umfassende Expertise notwendig sind (Urteil 9C_297/2017 vom 6. April 2018 E. 4.3 mit Hinweis).
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4.1.2. Soweit die Beschwerdeführerin vorbringt, die Internistin habe sie mit der Aussage, die Versicherte versteife sich in Bezug auf die Sinusitis alleine auf eine Therapie durch eine Naturheilpraktikerin, diskreditiert, kann sie nichts zu ihren Gunsten ableiten. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern diese Ausführungen der Gutachterin deren fachärztliche Erkenntnisse in Frage stellen sollen.
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4.1.3. Die Vorinstanz setzte sich mit der Rüge, Dr. med. B.________ sei den geklagten Leiden im Rahmen der Begutachtung nicht nachgegangen, bereits ausführlich auseinander. Das kantonale Gericht stellte fest, sowohl in der internistischen Teilexpertise wie auch in der Stellungnahme vom 13. Mai 2019 sei Dr. med. B.________ auf die aktuellen Beschwerden, den Leidensdruck der Versicherten, auf den Verlauf sowie auf die Behandlungen mit verschiedenen (teils) misslungenen und erfolglosen Therapiebemühungen im Zusammenhang mit der seit 2011 bestehenden Sinusitis maxillaris chronica sinistra eingegangen. Das von der Beschwerdeführerin nicht weiter begründete Vorbringen, die Gutachterin habe die geklagten Befunde weder erhoben noch gewichtet, zielt ins Leere.
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4.2. Zu der bereits im kantonalen Verfahren vorgebrachten Kritik der Beschwerdeführerin, die onkologische Begutachtung bei der SMAB AG sei sadistisch anmutend und bizarr gewesen, hielt die Vorinstanz fest, es lägen keine objektiv stichhaltigen und konkreten Anhaltspunkte oder Hinweise dafür vor, dass die Anamneseerhebungen sowie die klinischen Untersuchungen nicht lege artis durchgeführt worden wären. Die Versicherte vermag mit dem Einwand, es sei inakzeptabel, dass sich der onkologische Gutachter im Bericht vom 13. Mai 2019 nicht ausführlicher zum Vorwurf der unverhältnismässigen Untersuchungssituation habe vernehmen lassen, nicht aufzuzeigen, dass die vorinstanzlichen Feststellungen offensichtlich unrichtig oder sonstwie bundesrechtswidrig sein sollen (E. 1). So führten die Experten aus, sie seien bei der Begutachtung lege artis vorgegangen und würden den Vorwurf "sadistischer Untersuchungsmethoden" im Rahmen der onkologischen Exploration entschieden zurückweisen. Soweit die Beschwerdeführerin diese Stellungnahme als nicht genügend erachtet und damit die fachärztlichen Erkenntnisse des onkologischen Teilgutachters in Zweifel ziehen will, kann ihr mit dem kantonalen Gericht nicht gefolgt werden (vgl. auch Urteil 9C_269/2012 vom 6. August 2012 E. 3.4.3).
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4.3. Nach dem Gesagten durfte die Vorinstanz dem Gutachten der SMAB AG vom 13. Juli 2018 (inkl. Stellungnahme vom 13. Mai 2019) Beweiskraft beimessen, ohne Bundesrecht zu verletzen.
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5.
 
5.1. Die Beschwerdeführerin bringt im Weiteren vor, die im Gutachten der SMAB AG attestierte Arbeitsfähigkeit sei qualifiziert unrichtig. Die Versicherte macht geltend, sie habe bei der Begutachtung zwar geäussert, sie könne sich vorstellen, wieder in einem Büro im Umfang von 60 % tätig zu sein. Es sei jedoch willkürlich, von dieser Aussage auf ein künftig mögliches 80 %-Pensum zu schliessen.
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5.2. Die von den Experten der SMAB AG attestierte Arbeitsfähigkeit von 80 % in der angestammten wie auch in einer angepassten Tätigkeit basiert nicht, wie von der Beschwerdeführerin angenommen, auf ihrer Selbsteinschätzung. Die Neurologin der SMAB AG begründete die Einschränkung von 20 % damit, dass die Versicherte quälende Schmerzen bzw. Sensibilitätsstörungen an den Extremitäten erleide und ein vermindertes Arbeitstempo für feinmotorische Tätigkeiten aufweise. Die von der Beschwerdeführerin selbst erwähnte Leistungsfähigkeit von 60 % nahmen die Gutachter eher zu Gunsten der Versicherten auf. So kamen sie zum Schluss, es sollte bei einem Wiedereingliederungsversuch mit einem Pensum von 60 % - also im Bereich der von der Beschwerdeführerin selbst eingeschätzten Leistungsfähigkeit - begonnen werden und erst später könne eine langsame Steigerung stattfinden.
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5.3. Die Feststellungen des kantonalen Gerichts (E. 3) in Bezug auf die Arbeitsfähigkeit sind nach dem Gesagten weder offensichtlich unrichtig noch basieren sie auf einer Rechtsverletzung und sind daher für das Bundesgericht verbindlich (E. 1).
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6. Die Invaliditätsbemessung ist letztinstanzlich unbestritten geblieben, sodass sich weitere Ausführungen erübrigen.
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7. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
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 Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 24. November 2020
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Parrino
 
Die Gerichtsschreiberin: Huber
 
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