BGer 2C_995/2020 | |||
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BGer 2C_995/2020 vom 05.02.2021 |
2C_995/2020 |
Urteil vom 5. Februar 2021 |
II. öffentlich-rechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichter Seiler, Präsident,
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Bundesrichter Zünd, Beusch,
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Gerichtsschreiber Businger.
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Verfahrensbeteiligte | |
1. Kanton Ba sel-Stadt,
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2. Kanton Basel-L andschaft,
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Beschwerdeführer,
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beide vertreten durch Advokat Prof. Dr. Daniel Staehelin,
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gegen
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Eidgenössisches Departement für Wirtschaft,
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Bildung und Forschung.
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Gegenstand
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Grundbeiträge an die Universitäten für das Subventionsjahr 2012,
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Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung II, vom 10. November 2015 (B-605/2014).
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Sachverhalt: | |
A. Am 22. November 2013 ersuchten die Kantone Basel-Landschaft, Basel-Stadt, Freiburg, Neuenburg und Waadt das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) um Grundbeiträge an die Betriebskosten für das Jahr 2012 der Universitäten Basel, Lausanne, Freiburg sowie Neuenburg. Mit Verfügung vom 24. Dezember 2013 wies das Departement das Gesuch ab. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht am 10. November 2015 ab, soweit es darauf eintrat.
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B. Am 9. August 2017 ersuchten die Kantone Basel-Stadt, Basel-Landschaft und Zürich um Grundbeiträge an die Betriebskosten für das Jahr 2016 der Universitäten Basel und Zürich. Das Departement wies das Gesuch am 21. November 2017 ab. Die dagegen erhobenen Beschwerden wiesen das Bundesverwaltungsgericht am 27. Mai 2019 und das Bundesgericht mit Urteil 2C_643/2019 vom 14. September 2020 ab.
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C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 27. November 2020 gegen den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. November 2015 ersuchen die Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft das Bundesgericht um Fristwiederherstellung. In der Sache beantragen sie, das Departement sei zu verpflichten, an die Betriebskosten der Universität Basel für das Jahr 2012 einen Grundbeitrag von Fr. 84'868'481.-- auszurichten zzgl. 5 % Verzugszins seit dem 3. Februar 2014, eventualiter sei die Sache zur Beitragsfestsetzung an das Departement zurückzuweisen, subeventualiter sei festzustellen, dass sie Anspruch auf einen Grundbeitrag von Fr. 84'868'481.-- hätten. Zudem seien die Akten des Verfahrens 2C_643/2019 beizuziehen. Das Bundesgericht hat keine Instruktionsmassnahmen verfügt.
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Erwägungen: |
1. | |
Die Beschwerde gegen einen Entscheid ist innert 30 Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht einzureichen (Art. 100 Abs. 1 BGG). Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass die Beschwerdeführer die Beschwerde über fünf Jahre nach Eröffnung des angefochtenen Urteils erhoben haben. Deshalb ist vorab über das Fristwiederherstellungsgesuch zu befinden.
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2. | |
2.1. Ist eine Partei oder ihr Vertreter beziehungsweise ihre Vertreterin durch einen anderen Grund als die mangelhafte Eröffnung unverschuldeterweise abgehalten worden, fristgerecht zu handeln, so wird die Frist wiederhergestellt, sofern die Partei unter Angabe des Grundes innert 30 Tagen nach Wegfall des Hindernisses darum ersucht und die versäumte Rechtshandlung nachholt (Art. 50 Abs. 1 BGG).
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2.2. Die Beschwerdeführer bringen vor, im Verfahren betreffend das Subventionsjahr 2012 habe ihnen das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 10. November 2015 in der Sache Recht gegeben. Sie hätten deshalb keinen Anlass gehabt, das Urteil beim Bundesgericht anzufechten, und wären hierzu mangels materieller Beschwer auch gar nicht legitimiert gewesen. In der Folge sei das Departement bei der Beurteilung des Subventionsjahrs 2016 trotz Bindungswirkung vom früheren Urteil des Bundesverwaltungsgerichts abgewichen. Das Bundesverwaltungsgericht habe dieses Vorgehen geschützt; ebenso das Bundesgericht (Urteil 2C_643/2019 vom 14. September 2020). Das Departement habe sich somit nicht an ein rechtskräftiges Gerichtsurteil gehalten und das Bundesverwaltungsgericht habe dies toleriert. Mit diesem treuwidrigen und widersprüchlichen Verhalten hätten sie im November 2015 nicht rechnen müssen. Erst mit Eröffnung des Bundesgerichtsurteils vom 14. September 2020 habe sich herausgestellt, dass das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. November 2015 ein Fehlurteil gewesen sei. Da sie auf dessen Richtigkeit vertraut hätten, seien sie einem durch die Rechtsprechung hervorgerufenen, unverschuldetem Irrtum erlegen. Es liege ein entschuldbarer Grund dafür vor, dass sie es versäumt hätten, fristgerecht Beschwerde zu erheben.
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2.3. | |
2.3.1. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist lediglich das Dispositiv eines Entscheids der formellen und materiellen Rechtskraft zugänglich, nicht aber die Sachverhaltsfeststellungen oder die Erwägungen zur Rechtslage. Aus diesem Grund kann nur das Dispositiv Bindungswirkung entfalten und ist auch nur das Dispositiv anfechtbar (BGE 140 I 114 E. 2.4.2). Geht es, wie im vorliegenden Fall, um periodische Beiträge, beschränkt sich die Rechtskraft eines Entscheids nur auf die Periode, für die er ergangen ist. Die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, auf denen der Entscheid beruht, können in einer späteren Periode grundsätzlich abweichend beurteilt werden (BGE 140 I 114 E. 2.4.3).
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2.3.2. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, inwieweit der rechtskräftige Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. November 2015 für das Subventionsjahr 2012 Bindungswirkungen für spätere Perioden hätte entfalten können, die über die allgemeine Bindung an eine behördliche Praxis hinausgehen. Und selbst wenn der Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. November 2015 eine Bindungswirkung gehabt hätte und sich die Vorinstanzen bei der Beurteilung des Subventionsjahrs 2016 treuwidrig verhalten hätten, müsste dies mit den Rechtsmitteln gegen den Entscheid für das Subventionsjahr 2016 geltend gemacht werden. Dies haben die Beschwerdeführer auch getan; ihr Einwand, die Vorinstanzen hätten eine unzulässige Praxisänderung vorgenommen, hat das Bundesgericht verworfen (Urteil 2C_643/2019 vom 14. September 2020 E. 4).
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2.3.3. Unbeachtlich ist weiter, ob der Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. November 2015 im Lichte des Bundesgerichtsurteils 2C_643/2019 vom 14. September 2020 ein Fehlurteil darstellt. Auch Fehlurteile erwachsen nach Ablauf der Rechtsmittelfrist in Rechtskraft und können danach nicht mehr infrage gestellt werden, ausgenommen bei Nichtigkeit oder beim Vorliegen von Revisionsgründen, was die Beschwerdeführer beides nicht geltend machen. Der Umstand alleine, dass sich ein Urteil aufgrund eines später ergangenen Präjudizes nachträglich ggf. als falsch erweist, stellt kein unverschuldetes Hindernis im Sinn von Art. 50 Abs. 1 BGG dar. Daran ändert auch der Hinweis der Beschwerdeführer auf das Urteil 8C_953/2009 und 8C_1039/2009 vom 23. Februar 2010 nichts. Das Bundesgericht erwog dort, die blosse Unkenntnis von Rechtsregeln (insbesondere verfahrensrechtlicher Natur) bzw. ein Irrtum über deren Tragweite könne grundsätzlich keinen Anlass zur Fristwiederherstellung geben, es sei denn, der Irrtum sei durch eine behördliche Auskunft hervorgerufen worden (E. 6.4.2). Im vorliegenden Fall geht es aber weder um einen Irrtum über die Tragweite von Rechtsregeln (z.B. betreffend die Fristberechnung) noch bringen die Beschwerdeführer vor, sie hätten den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts damals wegen einer falschen behördlichen Auskunft bzw. Zusicherung nicht angefochten. Ihr angeblicher Irrtum über die Richtigkeit des Entscheids ist ebenso unbeachtlich wie der Umstand, dass sich ihre Erwartungen an diesen Entscheid für die Beurteilung zukünftiger Subventionsjahre nicht erfüllt haben.
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2.3.4. Schliesslich ist auch der Einwand der Beschwerdeführer nicht stichhaltig, sie seien erst nach Eröffnung des Bundesgerichtsentscheids zum Subventionsjahr 2016 legitimiert gewesen, den Entscheid für das Subventionsjahr 2012 anzufechten. Die Beschwerdeführer sind im damaligen Verfahren vor Bundesverwaltungsgericht unterlegen; ihre Beschwerde wurde als unbegründet abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden konnte. Insoweit waren sie durch das Urteil beschwert. Dass ihnen das Bundesverwaltungsgericht in der Begründung - die wie erwähnt nicht in Rechtskraft erwächst (vgl. vorne E. 2.3.1) - teilweise Recht gegeben hat, lässt die materielle Beschwer nicht dahinfallen. Und selbst wenn die Beschwerdeführer damals nicht zur Beschwerde an das Bundesgericht legitimiert gewesen sein sollten, ist nicht ersichtlich, inwieweit der Entscheid für das Subventionsjahr 2016 rückwirkend eine materielle Beschwer zur Anfechtung des Entscheids für das Subventionsjahr 2012 bewirken könnte.
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2.4. Zusammenfassend bringen die Beschwerdeführer keine Gründe vor, die eine Fristwiederherstellung rechtfertigen würden. Das entsprechende Gesuch ist abzuweisen. Damit kann auf die verspätete Beschwerde nicht eingetreten werden.
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3. Bei diesem Verfahrensausgang werden die Beschwerdeführer, die im vorliegenden Verfahren Vermögensinteressen vertreten haben, kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 4 BGG e contrario). Die Verfahrenskosten sind ihnen zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 5 BGG). Parteientschädigungen werden nicht gesprochen (Art. 68 Abs. 1 und 3 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: | |
1. Das Gesuch um Fristwiederherstellung wird abgewiesen.
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2. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
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3. Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden den Beschwerdeführern zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung auferlegt.
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4. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung II, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 5. Februar 2021
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Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Seiler
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Der Gerichtsschreiber: Businger
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