BGer 13Y_1/2021 | |||
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BGer 13Y_1/2021 vom 24.02.2021 |
13Y_1/2021 |
Urteil vom 24. Februar 2021 | |
Rekurskommission
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Besetzung
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Bundesrichter Marazzi, Präsident,
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Bundesrichterin Aubry Girardin, Bundesrichter Wirthlin,
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Gerichtsschreiberin Polla.
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Verfahrensbeteiligte | |
A.________,
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Gesuchsteller,
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gegen
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Generalsekretariat des Schweizerischen Bundesgerichts, Schweizerisches Bundesgericht,
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1000 Lausanne 14,
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Gesuchsgegner.
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Gegenstand
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Akteneinsicht,
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Verfügung des Generalsekretariats des Bundesgerichts vom 18. Dezember 2020.
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Sachverhalt: |
A. | |
A.a. Mit E-Mail vom 16. November 2020 wandte sich A.________ an das Bundesgericht. Gestützt auf die erhaltene telefonische Auskunft, dass das Bundesgericht wegen der Corona-Beschränkungen die Urteile der letzten 30 Tage nicht im Gerichtsgebäude in Lausanne zur Einsicht aufgelegt habe, fragte er nach der Länge dieser Einschränkung und ersuchte um elektronische oder postalische Zustellung (gegen Bezahlung) der als "Material/Urteilsdispositive" bezeichneten Dokumente.
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Das Generalsekretariat des Bundesgerichts antwortete ihm am 18. November 2020 ebenfalls per E-Mail, dass die Urteilsdispositive der letzten 30 Tage nach wie vor im Warteraum des Bundesgerichts in Lausanne eingesehen werden könnten, wobei Maskenpflicht und Aufforderung zur Wahrung des Abstands gälten. Er wurde im Übrigen darauf aufmerksam gemacht, dass der schriftliche Verkehr mit dem Bundesgericht nicht über E-Mails ohne gültige elektronische Unterschrift erfolgen dürfe, und dass gewöhnliche E-Mails grundsätzlich nicht beantwortet/behandelt werden würden.
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A.b. Mit E-Mail desselben Tages an die Bibliothek des Bundesgerichts äusserte A.________ den Wunsch, "möglichst alle Urteile des Bundesgerichts aus dem Zeitraum ungefähr Januar 2020 bis März 2020 im Original einzusehen" und erkundigte sich über das weitere Vorgehen zwecks Einsichtnahme in Lausanne oder, mit Vorteil, in Luzern. Das Generalsekretariat des Bundesgerichts antwortete ihm am 26. November 2020 per E-Mail. Es verwies auf die bereits erteilten Auskünfte zur Auflagepraxis der Urteilsdispositive und auf die Verordnung des Bundesgerichts zum Archivierungsgesetz (VO; SR 152.21) sowie auf Art. 29 Abs. 2 BV als Grundlage für die Einsicht in die Originalakten abgeschlossener archivierter Verfahren. Es betonte schliesslich nochmals die Ungültigkeit schriftlicher Eingaben an das Bundesgericht in Form von E-Mails ohne gültige Unterschrift.
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A.c. Mit Schreiben vom 7. Dezember 2020 wandte sich A.________ an "die Generaldirektion" des Bundesgerichts und stellte einen Antrag auf Einsicht in alle Urteile des Bundesgerichts vom 3. Quartal 2020. Er betonte, dass ihn "Name und Adresse des Beschwerdeführers sowie das Urteilsdispositiv" interessierten. Diese Informationen würden exakt dem Material entsprechen, welches in der Auflagepraxis des Bundesgerichts in seinem Warteraum bekannt gegeben werde. Diese Informationen seien deshalb bereits einmal während 30 Tagen öffentlich zugänglich gewesen und würden somit die Bedingungen gemäss Art. 8 Punkt 1c (
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B. | |
Das Generalsekretariat des Bundesgerichts hat mit Schreiben vom 18. Dezember 2020 das Einsichtsgesuch abgewiesen. Nach nochmaliger Darlegung der Auflagepraxis betreffend nicht öffentlich beratene Urteile gemäss Art. 59 Abs. 3 BGG hat es festgehalten, dass die Rechtsprechung des Bundesgerichts auch über das Internet zugänglich sei (unter Angabe der Internetadresse: www.bger.ch, Rechtsprechung/BGE [Leitentscheide]). Es hat darüber hinaus darauf hingewiesen, dass seit Frühjahr 2001 auch nicht amtlich publizierte Urteile in anonymisierter Form auf der Internetseite aufgeschaltet seien, und zwar im Umfang von rund 75 % aller Urteile ab 1. Januar 2000 und seit 1. Januar 2007 in vollem Umfang. A.________ hätte "keine weiteren Anrechte, auch keine auf Kenntnis der Namen der Parteien".
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C. | |
Am 31. Dezember 2020 erhebt A.________ (nachfolgend: Beschwerdeführer) gegen das genannte Schreiben Beschwerde bei der Rekurskommission des Bundesgerichts und erneuert seinen Antrag auf Einsichtnahme in die nicht anonymisierten Urteile des Bundesgerichts aus dem 3. Quartal 2020. Einschränkend teilt er mit, "dass er Urteilsdispositive in italienischer Sprache und Urteilsdispositive, bei denen der Beschwerdeführer nicht eine natürliche Person war, nicht unbedingt einsehen möchte".
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Erwägungen: | |
1. Die Rekurskommission prüft die Beschwerdevoraussetzungen von Amtes wegen:
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1.1. Gemäss Art. 55 Bst. c des Reglements vom 20. November 2006 für das Bundesgericht (BGerR; SR 173.110.131) beurteilt die Rekurskommission Streitigkeiten nach Art. 16 VO. Diese Bestimmung erfasst namentlich die Verweigerung der Einsicht in archivierte Verfahrensakten des Bundesgerichts, die vom Generalsekretär verfügt wurde (Art. 13 VO). Um eine solche Verfügung geht es hier. Die Rekurskommission ist daher zur Beurteilung der dagegen erhobenen Beschwerde zuständig (vgl. Urteile 13Y_1/2020 vom 6. März 2020 E. 1.1; 13Y_1/2019 vom 22. Oktober 2019 E. 1.1; 13Y_2/2018 vom 3. August 2018 E. 1.1).
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1.2. Gemäss Art. 16 Abs. 2 VO und Art. 56 BGerR richtet sich das Beschwerdeverfahren der Rekurskommission nach den Vorschriften des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG; SR 172.021), insbesondere nach dessen Art. 44 ff. Gemäss Art. 50 Abs. 1 VwVG beträgt die Beschwerdefrist 30 Tage. Diese Frist wurde mit der Postaufgabe der Beschwerde am 3. Januar 2021 gewahrt (Art. 21 Abs. 1 VwVG).
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1.3. Auf die Einholung einer Vernehmlassung des Generalsekretärs wird verzichtet, weil die Beschwerde von vornherein unbegründet ist (Art. 57 Abs. 1 VwVG), wie sich aus den nachstehenden Erwägungen ergibt.
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2. | |
2.1. In der VO hat das Bundesgericht die Archivierung seiner Akten gestützt auf Art. 1 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 26. Juni 1998 über die Archivierung (BGA; SR 152.1) selbständig geregelt. Art. 3 Abs. 1 und 2 VO definieren, was aus den Akten eines Rechtsmittelverfahrens vor Bundesgericht zu archivieren ist, unter Vorbehalt weiter gehender Anordnungen der Präsidenten der jeweiligen Spruchkörper (Art. 3 Abs. 4 VO). Gemäss Art. 6 Abs. 2 VO unterliegen Prozessakten des Bundesgerichts in der Regel einer Schutzfrist von 50 Jahren. Nach Ablauf der Schutzfrist hat grundsätzlich jede Person das Recht auf Einsicht in die Prozessakten (vgl. Art. 11 Abs. 1 VO). Nach Art. 8 Abs. 1 VO kann die Einsicht während der Schutzfrist insbesondere gewährt werden, wenn: die Einwilligung der betroffenen Personen vorliegt (lit. a), die betroffenen Personen seit mindestens drei Jahren tot sind (lit. b) oder die Unterlagen der Öffentlichkeit bereits zugänglich waren, vorbehältlich neuer Gründe gegen die Einsichtnahme (lit. c). Zur Wahrung des Persönlichkeitsschutzes sowie spezifischer Geheimnisse kann die Einsichtnahme auf bestimmte Aktenteile beschränkt werden. Die einsehbaren Akten können anonymisiert werden (Art. 8 Abs. 2 VO). Wer während der Schutzfrist in archivierte Verfahrensakten des Bundesgerichts Einsicht nehmen will, hat im Gesuch an den Generalsekretär den Grund der Einsichtnahme anzugeben (Art. 12 Abs. 2 lit. c VO). Die Interessenabwägung erfordert, dass der Gesuchsteller in der Gesuchsbegründung sein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Einsichtnahme darlegt.
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2.2. Nichts anderes ergibt sich aus der verfassungskonformen Auslegung der VO. Zwar räumt Art. 29 Abs. 2 BV den Prozessparteien als allgemeine Verfahrensgarantie und Teil des Anspruchs auf rechtliches Gehör einen verfassungsmässigen Anspruch auf Akteneinsicht ein, der auch die Akten eines abgeschlossenen Verfahrens erfasst. Dieser Anspruch hängt aber davon ab, dass der Rechtsuchende ein besonderes schutzwürdiges Interesse glaubhaft machen kann. Dieses Interesse kann sich aus der Betroffenheit in einem spezifischen Freiheitsrecht wie etwa der persönlichen Freiheit oder aus einer sonstigen besonderen Sachnähe ergeben (BGE 129 I 249 E. 3 S. 253 f.). Auch bei verfassungskonformer Auslegung der VO muss der Gesuchsteller daher ein schutzwürdiges Interesse an der Einsicht in die Akten des abgeschlossenen bundesgerichtlichen Verfahrens darlegen (Urteil 13Y/2018 vom 3. August 2018 E. 2).
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3. | |
3.1. Zur Begründung seines Rechtsmittels scheint der Beschwerdeführer auf den Umstand abstellen zu wollen, dass die betreffenden Urteile "gemäss Art. 8.c der Verordnung" (
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3.2. Die Öffentlichkeit eines Urteils ist in zweifacher Hinsicht bedeutsam: erstens unter dem vom Beschwerdeführer angerufenen Blickwinkel des Einsichtsrechts in archivierte Daten, zweitens als Ausdrucksform der Transparenz staatlichen Handelns.
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3.2.1. Art. 59 Abs. 1 BGG sieht vor, dass Parteiverhandlungen wie auch die mündlichen Beratungen und die darauf folgenden Abstimmungen öffentlich sind. Öffentlich bedeutet einerseits, dass nicht nur die Parteien und ihre Vertreter, sondern jedermann anwesend sein darf (Jean-Maurice Frésard, in: Commentaire de la LTF, 2. Aufl. 2014, N. 10 zu Art. 59 BGG), und andererseits, dass der Urteilsspruch am Ende der Sitzung öffentlich verlesen wird (STEFAN HEIMGARTNER/HANS WIPRÄCHTIGER, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 3. Aufl. 2018 N. 76 zu Art. 59 BGG). Diese Bestimmung hat die Öffentlichkeit der Urteilsfindung am Bundesgericht gegenüber der früheren Regelung gemäss Art. 17 des alten Organisationsgesetzes (OG) in Nachachtung der verfassungs- und völkerrechtlichen Anforderungen, ja sogar in Überschreitung derselben (Art. 30 Abs. 3 BV, Art. 6 Ziff. 1 EMRK und Art. 14 Abs. 1 UNO-Pakt II; BGE 133 I 106 E. 8.2 S. 108; Urteil 1B_81/2020 vom 11. Juni 2020 E. 4.3; Frésard, a.a.O., N. 5 und 8 zu Art. 59 BGG), erheblich erweitert.
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3.2.2. Die heute gültige gesetzliche Grundlage der Urteilsfindung am Bundesgericht sieht allerdings als Regelfall die Entscheidung auf dem Wege der Aktenzirkulation vor (Art. 58 Abs. 2 BGG), die in der Tat denn auch in der weit überwiegenden Mehrheit der Fälle stattfindet (gemäss dem Geschäftsbericht 2019 S. 23 wurden im Jahr 2019 nur 0,6 % aller Urteile öffentlich beraten). In solchen Fällen ist die öffentliche Urteilsberatung und -verlesung begrifflich unmöglich. Als Ersatz dafür hat der Gesetzgeber in Art. 59 Abs. 3 BGG vorgesehen, dass das Bundesgericht das Dispositiv von Entscheiden, die nicht öffentlich beraten worden sind, nach dessen Eröffnung während 30 Tagen öffentlich auflegt. Das Reglement des Bundesgerichts konkretisiert die damit bezweckte öffentliche Urteilsverkündung in dem Sinne, dass sie Rubrum und Dispositiv umfassen soll, und zwar in nicht anonymisierter Form, soweit das Gesetz nicht eine Anonymisierung verlangt (Art. 60 Abs. 3 BGerR; vgl. zum Ganzen auch: Heimgartner/ Wiprächtiger, a.a.O. N. 78 f. zu Art. 59 BGG; Frésard, a.a.O. N 18 zu Art. 59 BGG; Nicolas von Werdt in: Stämpflis Handkommentar zum Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2015, N. 11 zu Art. 59 BGG; Paul Tschümperlin, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 3. Aufl. 2018, N. 21 zu Art. 27 BGG [zitiert: Tschümperlin, BSK-BGG]). Diese Ersatzform der öffentlichen Urteilsverkündung ist mit den verfassungs- und völkerrechtlichen Vorgaben vereinbar (BGE 133 I 106 E. 8.2 S. 108; Urteile 1C_331/2019 vom 23. September 2019 E. 3.2; 1B_81/2020 vom 11. Juni 2020 E. 4.3; 2C_949/2010 vom 18. Mai 2011 E. 7.1; Frésard, a.a.O., N. 17 zu Art. 59 BGG; von Werdt, a.a.O., N. 11 zu Art. 59 BGG).
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3.2.3. Aus dem Öffentlichkeitsprinzip leitet die Lehre auch die gesetzliche Verpflichtung des Bundesgerichts zur aktiven Information über seine Rechtsprechung ab (Art. 27 Abs. 1 BGG; Tschümperlin, BSK-BGG, N. 3 zu Art. 27 BGG). Diese wird durch die Veröffentlichung seiner Urteile erfüllt, sei es - meistens auszugsweise - in der amtlichen Sammlung für besonders bedeutsame Grundsatzentscheide, sei es - in vollständiger Ausfertigung - im Internet (Art. 57-59 BGerR; dazu im Einzelnen Tschümperlin, BSK-BGG, N. 6-10 bzw. N. 11-14 zu Art. 27 BGG). Damit ist eine vollständige Kontrollmöglichkeit der höchstrichterlichen Rechtsprechung gewährleistet (Paul Tschümperlin, Die Publikation gerichtlicher Entscheide, in: Kommentar zum Publikationsgesetz des Bundes, 2011, S. 69-87, Rz. 12 S. 76 f. [zitiert: Tschümperlin, Publikation]). Die Urteile werden jedoch zum Schutz der Persönlichkeit und der Privatsphäre Beteiligter grundsätzlich in anonymisierter Form veröffentlicht (Art. 27 Abs. 2 BGG; es entspricht übrigens einer allgemeinen Praxis, dass archivierte Daten, welche vor Ablauf der Schutzfrist zugänglich gemacht werden, wirksam anonymisiert werden, siehe z.B. Sandra Husi-Stämpfli/Katrin Gisler: Persönlichkeitsrechte und Archivierung: Alte und neue Herausforderungen, in: Big Data und Datenschutzrecht, 2016, S. 103-126, III. S. 117); Ausnahmen sind durch technisch-sachliche Überlegungen bedingt, namentlich die Verständlichkeit des Entscheides selbst (Tschümperlin, BSK-BGG, a.a.O., N. 16 zu Art. 27 BGG). Dementsprechend sieht denn auch Art. 8 Abs. 2 (2. Satz) VO vor, dass die einsehbaren Daten anonymisiert werden können.
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3.2.4. Damit erfolgt die Verkündung bundesgerichtlicher Urteile gleichsam doppelspurig: einerseits durch die in zeitlicher und räumlicher Hinsicht (als Surrogat der öffentlichen Urteilsberatung mit anschliessender Urteilsverlesung) eingeschränkte öffentliche Urteilsverkündung in nicht anonymisierter Form gemäss Art. 59 Abs. 3 BGG; andererseits durch die Urteilsveröffentlichung in anonymisierter Form gemäss Art. 27 Abs. 2 BGG. Daraus ergibt sich eine Öffentlichkeitspolitik des Bundesgerichts, die gleichermassen das öffentliche Interesse an einer Kenntnis der höchstrichterlichen Rechtsprechung, das ebenfalls öffentliche Interesse an einer Kontrolle der Transparenz der Rechtsprechung und an der Einhaltung des Verbotes geheimer Kabinettsjustiz und das individuelle Interesse der Verfahrensbeteiligten am Schutz ihrer eigenen Persönlichkeit und Privatsphäre verwirklicht (Heimgartner/Wiprächtiger, a.a.O., N. 79 zu Art. 59 BGG; Tschümperlin, BSK-BGG, N. 21 zu Art. 27; Tschümperlin, Publikation, Rz. 13 f. S. 77; Husi-Stämpfli/Gisler, a.a.O., II.2 S. 111-112).
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3.3. Dieses soeben umschriebene Verständnis der öffentlichen Urteilsberatung und -verkündung darf allerdings nicht für die Auslegung des Begriffes der bereits öffentlich zugänglichen Unterlage im Sinne von Art. 9 Abs. 2 BGA und von Art. 8 Abs. 1 lit. c VO herangezogen werden. Insbesondere darf aus der zeitlich und räumlich eingeschränkten Einsehbarkeit aller nicht anonymisierten Urteile (Rubra und Dispositive) gemäss Art. 59 Abs. 3 BGG nicht abgeleitet werden, dieselben wären nun einmal bereits öffentlich gewesen, weshalb jedermann sie jederzeit uneingeschränkt und ohne jegliche Grundangabe sollte einsehen dürfen, wie der Beschwerdeführer verlangt (vorne E. 3.1).
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3.3.1. Eine bereits öffentlich zugängliche Unterlage im Sinne von Art. 9 Abs. 2 BGA und von Art. 8 Abs. 1 lit. c VO ist ein Dokument, das voraussetzungslos von jedermann jederzeit eingesehen werden kann. Naheliegend ist dabei, zunächst an veröffentlichte Dokumente zu denken - seien es privat oder amtlich veröffentlichte Dokumente. Denn solche Dokumente wurden zum Zweck ihrer Verbreitung geschaffen und waren allgemein erhältlich (käuflich oder z.B. in Bibliotheken einsehbar). So fallen wohl amtliche Publikationen gemäss Publikationsgesetz wie z.B. das Bundesblatt oder der Geschäftsbericht des Bundesgerichts unter Art. 9 Abs. 2 BGA, selbst wenn sie Namen enthalten (Andreas Kellerhals, Publizieren und Archivieren: Zum Zusammenhang zwischen amtlicher Veröffentlichung und Archivierung, in: Kommentar zum Publikationsgesetz des Bundes, Bern 2011, S. 89-95, Rz. 15; über Einschränkungen in den Suchmechanismen aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes siehe allerdings daselbst Fn. 13. Beim Bundesblatt dürfte etwa der Grund für einen Verzicht auf eine nachträgliche Anonymisierung darin zu suchen sein, dass die Namensnennung unmittelbarer Zweck der Veröffentlichung ist [z.B. bei gerichtlichen Vorladungen], was beim öffentlichen Interesse für die Einsichtnahme in ein Urteil, wo es [in aller Regel] um dessen Inhalt geht, nicht der Fall ist).
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3.3.2. Das Archivierungsgesetz will nicht Vorgaben bezüglich der Verbreitung gewisser Dokumente aufstellen: Vielmehr will es - gerade umgekehrt - deren Tauglichkeit zur Archivierung und die Form ihrer Zur-Verfügung-Stellung unter anderem anhand ihrer Zugänglichkeit bestimmen. Was Art. 9 Abs. 2 BGA, und Art. 8 Abs. 1 lit. c VO für das Bundesgericht, vermeiden wollen, ist lediglich, dass öffentlich gewesene Dokumente durch ihre bzw. wegen ihrer Archivierung nicht mehr einsehbar werden (so Botschaft über das Bundesgesetz über die Archivierung vom 26. Februar 1997, Bundesblatt 1997 II 941-976, S. 958 zu Art. 9 BGA).
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Das ist für Urteile des Bundesgerichts nicht der Fall. Ihre Verbreitung in Nachachtung des Öffentlichkeitsprinzips erfolgt von Gesetzes wegen in anonymisierter Form (vorne E. 3.2.3). Deren zeitlich und räumlich eingeschränkte Einsehbarkeit in nicht anonymisierter Form (Rubrum und Dispositiv) dient ausschliesslich als Ersatz für die öffentliche Urteilsverkündung, die nun meistens entfällt, nachdem als Regelform der Urteilsfällung jene auf dem Weg der Aktenzirkulation erklärt worden ist (vorne E. 3.2.2). Eine unbeschränkte Einsehbarkeit in nicht anonymisierter Form lässt sich aus dem BGG nicht ableiten, woran weder Art. 9 Abs. 2 BGA, geschweige denn Art. 8 Abs. 1 lit. c VO etwas zu ändern vermögen.
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3.3.3. Damit erübrigt sich eine Prüfung der Frage, ob der Standpunkt des Beschwerdeführers im Hinblick auf Sinn und Zweck des BGA überhaupt schutzwürdig wäre (vgl. Art. 2 Abs. 2 BGA; Kellerhals, a.a.O. Rz. 5; Husi-Stämpfli/Gisler, a.a.O., II.3.a und II.3.b S. 113). Darüber liesse sich immerhin mit Blick darauf diskutieren, dass ein historisches oder sozialwissenschaftliches Interesse an der Einsicht in nicht anonymisierte Urteile in ihrer unbegründeten Form nicht ohne Weiteres klar zutage liegt.
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3.3.4. Zusammenfassend darf die Auflage der Bundesgerichtsurteile in nicht anonymisierter Form (als Rubrum und Dispositiv) daher nicht als eine Art ihrer Veröffentlichung betrachtet werden: Die Bundesgerichtsurteile sind dadurch nicht zur bereits öffentlich zugänglich gewesenen Unterlage im Sinne der Art. 9 Abs. 2 BGA und Art. 8 Abs. 1 lit. c VO geworden.
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4. | |
Das Hauptargument des Beschwerdeführers erweist sich somit als im Grundsatz falsch. Eine allfällige Einsicht könnte ihm deshalb nur unter den oben (E. 2.1) dargelegten Bedingungen gemäss der VO gewährt werden. Diese Bedingungen sind hier nicht erfüllt. Insbesondere fehlt in der Beschwerdeschrift jeglicher Hinweis auf eigene schutzwürdige Interessen des Beschwerdeführers an einer Einsicht in alle nicht anonymisierten Urteile des Bundesgerichts in der fraglichen Zeitspanne (Art. 12 Abs. 2 lit. c VO), die den Interessen auf Geheimhaltung der Verfahrensbeteiligten gegenüberzustellen und mit diesen abzuwägen wären. Der Beschwerdeführer versäumt es also, ein entscheidendes Kriterium für die Würdigung seines Gesuches überhaupt zu nennen.
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5. | |
Die Beschwerde ist im Ergebnis abzuweisen.
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Auf die Erhebung von Verfahrenskosten wird ausnahmsweise verzichtet (Art. 63 Abs. 1 Satz 3 VwVG). Da der Beschwerdeführer in dieser Sache noch nie an die Rekurskommission gelangte, kann nicht von einer mutwilligen Verfahrensführung gesprochen werden, welche rechtsprechungsgemäss die Erhebung einer Spruchgebühr rechtfertigt (BGE 133 II 209 E. 5 S. 219). Eine Parteientschädigung ist nicht geschuldet (Art. 64 VwVG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: | |
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
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2. Auf die Erhebung von Gerichtskosten wird verzichtet.
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3. Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer und dem Generalsekretariat des Bundesgerichts schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 24. Februar 2021
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Im Namen der Rekurskommission des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Marazzi
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Die Gerichtsschreiberin: Polla
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