BGer 2C_1062/2020 | |||
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BGer 2C_1062/2020 vom 25.03.2021 |
2C_1062/2020 |
Urteil vom 25. März 2021 |
II. öffentlich-rechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichter Seiler, Präsident,
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Bundesrichterin Hänni, Bundesrichter Beusch,
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Gerichtsschreiber Klopfenstein.
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Verfahrensbeteiligte | |
A.A.________,
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Beschwerdeführerin,
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vertreten durch Fürsprecher Manuel Rohrer,
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gegen
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Amt für Bevölkerungsdienste des Kantons Bern (ABEV),
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Sicherheitsdirektion des Kantons Bern (SID).
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Gegenstand
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Aufenthaltsbewilligung; Nichteintreten auf Gesuch,
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Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, Einzelrichterin, vom 2. Dezember 2020 (100.2020.330U).
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Sachverhalt: | |
A. A.A.________ (vormals A.B.________), geb. 1994, stammt aus Äthiopien und reiste am 1. Februar 2014 in die Schweiz ein, wo sie ein Asylgesuch stellte. Dieses wurde mit Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. November 2014 rechtskräftig abgewiesen und A.A.________ wurde aus der Schweiz weggewiesen. Sie reiste in der Folge nicht aus. Am 25. November 2019 wurde sie durch ein Schweizer Ehepaar adoptiert und trägt seither den Namen A.________.
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B. | |
B.a. Am 27. Dezember 2019 stellte A.A.________ beim Amt für Migration und Personenstand des Kantons Bern (heute: Amt für Bevölkerungsdienste, Migrationsdienst) ein Gesuch um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, eventuell Kurzaufenthaltsbewilligung, subeventuell um vorläufige Aufnahme. Mit Schreiben vom 14. Januar und 19. Februar 2020 teilte das Amt mit, es könne dem Begehren um Erlass einer Verfügung nicht entsprechen.
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B.b. A.A.________ erhob dagegen am 6. März 2020 Rechtsverweigerungsbeschwerde bei der Sicherheitsdirektion des Kantons Bern. Die Direktion teilte den Verfahrensbeteiligten mit Instruktionsverfügung vom 11. März 2020 mit, dass sie die Schreiben des Amtes vom 14. Januar und 19. Februar 2020 als Nichteintretensverfügungen und die Rechtsverweigerungsbeschwerde als Beschwerde gegen die Nichteintretensverfügungen qualifiziere. Mit Entscheid vom 28. Juli 2020 trat die Direktion auf die Beschwerde nicht ein.
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B.c. A.A.________ erhob gegen den Entscheid vom 28. Juli 2020 Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Bern. Dieses wies mit Urteil vom 2. Dezember 2020 die Beschwerde ab. Es erwog, die Direktion habe zwar formell einen Nichteintretensentscheid gefällt, jedoch in der Sache durchaus überprüft, ob das Nichteintreten der Bewilligungsbehörde korrekt gewesen sei. Die Beschwerdeführerin rüge zu Recht das formlose Verfahren des Amtes als rechtsfehlerhaft. Das Amt hätte das Nichteintreten durch eine förmliche Nichteintretensverfügung mit Rechtsmittelbelehrung verfügen müssen; der Beschwerdeführerin sei durch die fehlende Rechtsmittelbelehrung jedoch kein Nachteil entstanden, habe sie doch gegen die Verfügung Beschwerde erhoben. In der Sache sei das Nichteintreten auf das Gesuch aufgrund von Art. 14 Abs. 1 AsylG rechtmässig, da die Beschwerdeführerin trotz rechtskräftiger Abweisung des Asylgesuchs und Wegweisung nicht aus der Schweiz ausgereist sei und auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung habe. Sie könne aufgrund von Art. 14 Abs. 4 AsylG auch nicht eine Härtefallbewilligung nach Art. 14 Abs. 2 AsylG beantragen.
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C. A.A.________ erhebt am 23. Dezember 2020 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht mit dem Antrag, in Aufhebung des angefochtenen Entscheids sei die Sache mit der Anweisung, auf das Gesuch einzutreten, an die Vorinstanzen zurückzuweisen. Eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zur Neubeurteilung zurückzuweisen. Verwaltungsgericht und Amt für Bevölkerungsdienste beantragen Abweisung der Beschwerde.
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Erwägungen: |
1. | |
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen den kantonal letztinstanzlichen Endentscheid ist zwar grundsätzlich zulässig (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 90 BGG), auf dem Gebiet des Ausländerrechts aber unzulässig gegen Entscheide betreffend Bewilligungen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumt (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG). Die Unzulässigkeit gilt aufgrund der Einheit des Verfahrens auch in Bezug auf Zwischenentscheide oder Nichteintretensentscheide bzw. Rechtsmittelentscheide, mit denen solche Entscheide bestätigt werden (BGE 145 II 168 E. 3 S. 171; 138 II 501 E. 1.1; 133 III 645 E. 2.2; Urteil 2C_1088/2016 vom 2. Juni 2017 E. 1.2). Für das Eintreten ist nur, aber immerhin, erforderlich, dass die betroffene Person in vertretbarer Weise dartut, dass potenziell ein Anspruch auf Bewilligung besteht (BGE 139 I 330 E. 1.1).
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1.2. Die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin führt in ihrer Beschwerdeschrift unter "Formelles" einzig aus, es liege keine Ausnahme nach Art. 83 BGG vor. Damit ist ein Bewilligungsanspruch nicht in vertretbarer Weise geltend gemacht. Ein solcher liegt auch nicht auf der Hand:
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1.2.1. Die Beschwerdeführerin ist zwar als Volljährige von Schweizer Bürgern adoptiert worden, doch vermittelt die Erwachsenenadoption nicht das Schweizer Bürgerrecht (Art. 267b ZGB und Art. 4 BüG e contrario). Ein Recht auf Familiennachzug nach Art. 42 Abs. 1 AIG scheitert schon daran, dass die Beschwerdeführerin bereits im Zeitpunkt der Gesuchseinreichung älter als 18 jährig war.
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1.2.2. Die Vorinstanz hat sodann erwogen, die Beschwerdeführerin könne aus Art. 8 EMRK (Recht auf Familienleben) keinen Anspruch ableiten, da das Verhältnis zwischen Eltern und volljährigen Kindern nur in den Schutzbereich der EMRK falle, wenn ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis bestehe, welches über die normalen affektiven Beziehungen hinausgehe. Diese rechtliche Beurteilung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichts (BGE 144 II 1 E. 6.1). In sachverhaltlicher Sicht hat die Vorinstanz sodann festgestellt, die Beschwerdeführerin sei weder körperlich noch geistig behindert und nicht auf besondere Betreuung und Pflege angewiesen. Die Beschwerdeführerin stellt diese Feststellungen vor Bundesgericht nicht in Frage. Im Gegenteil führt sie selber aus, sie nehme am kulturellen Leben teil, fahre Ski, schwimme in der Aare, nehme am Frauenlauf teil, treffe sich mit Freunden und habe gute Chancen, am Arbeitsmarkt teilnehmen zu können. Ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis zwischen der Beschwerdeführerin und ihren Adoptiveltern ergibt sich daraus nicht, auch nicht aus den vagen Vorbringen der Beschwerdeführerin, es bestehe eine gewisse Abhängigkeit, wenn es um Behördengänge, Kulturelles und Integration gehe. Ein Aufenthaltsanspruch der mittlerweile 26-jährigen Beschwerdeführerin aufgrund der Beziehung zu ihren Adoptiveltern besteht somit offensichtlich nicht.
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1.2.3. Soweit die Beschwerdeführerin in den materiellen Ausführungen der Beschwerde einen Anspruch aus Art. 8 EMRK (Privatleben) herleiten will, kann ihr ebenfalls nicht gefolgt werden: Gemäss BGE 144 I 266 E. 3.9 kann zwar nach einer rechtmässigen Aufenthaltsdauer von rund zehn Jahren regelmässig davon ausgegangen werden, dass die sozialen Beziehungen in diesem Land so eng geworden sind, dass es für eine Aufenthaltsbeendigung besonderer Gründe bedarf. Indessen hat die Beschwerdeführerin nie eine Aufenthaltsbewilligung besessen: Sie reiste als rund Zwanzigjährige in die Schweiz ein, stellte erfolglos ein Asylgesuch und ist nach rechtskräftiger Wegweisung nicht ausgereist. Selbst wenn man mit der Beschwerdeführerin davon ausginge, sie sei im Juli 2019 nach Deutschland ausgereist und nachher wieder eingereist, ergibt sich daraus kein Bewilligungsanspruch. Ihr mittlerweile siebenjähriger Aufenthalt in der Schweiz ist einzig darauf zurückzuführen, dass sie in Missachtung des Wegweisungsentscheids in der Schweiz geblieben ist; er war nie legal ausser während der Dauer des Asylverfahrens, wobei auch dieser nicht als "rechtmässig" im Sinne von BGE 144 I 266 gilt, wenn das Asylgesuch abgewiesen wurde (Urteil 2D_19/2019 vom 20. März 2020 E. 1.3). Aus der Missachtung einer rechtskräftigen Wegweisungsverfügung kann sich offensichtlich kein Anspruch auf Bewilligungserteilung ergeben.
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1.2.4. Soweit die Beschwerdeführerin schliesslich geltend macht, der negative Asylentscheid sei falsch, da sie aufgrund ihrer Homosexualität in ihrem Heimatland nicht frei leben könne, verkennt sie, dass das Bundesgericht in einem Verfahren um Erteilung einer ausländerrechtlichen Bewilligung nicht einen rechtskräftigen Asylentscheid überprüfen kann.
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1.2.5. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist somit unzulässig.
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1.3. Zulässig könnte die subsidiäre Verfassungsbeschwerde sein (Art. 113 ff. BGG). Die Beschwerdeführerin erhebt allerdings keine solche und ihre als Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten eingereichte Beschwerde kann auch nicht als Verfassungsbeschwerde entgegen genommen werden, da sie die entsprechenden Voraussetzungen nicht erfüllt: Die Verfassungsbeschwerde kann nur wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte erhoben werden (Art. 116 BGG), wobei in der Beschwerdeschrift dargelegt werden muss, dass und inwiefern der angefochtene Entscheid verfassungsmässige Rechte verletzt (Art. 117 in Verbindung mit Art. 106 Abs. 2 BGG). Die Beschwerdeführerin erhebt jedoch keine Verfassungsrügen, abgesehen von den offensichtlich nicht begründeten Vorbringen hinsichtlich Art. 8 EMRK (vgl. vorne E. 1.2.2 und 1.2.3).
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2. Die Eingabe kann somit weder als Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten noch als subsidiäre Verfassungsbeschwerde entgegen genommen werden. Die unterliegende Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Verfahrens (Art. 66 Abs. 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: | |
1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
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2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
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3. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, Einzelrichterin, und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 25. März 2021
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Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Seiler
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Der Gerichtsschreiber: Klopfenstein
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