BGer 9C_78/2021 | |||
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BGer 9C_78/2021 vom 26.03.2021 |
9C_78/2021 |
Urteil vom 26. März 2021 |
II. sozialrechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichter Parrino, Präsident,
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Bundesrichterinnen Glanzmann, Moser-Szeless,
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Gerichtsschreiberin N. Möckli.
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Verfahrensbeteiligte | |
A.________,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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Ausgleichskasse Zug,
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Baarerstrasse 11, 6300 Zug,
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Beschwerdegegnerin.
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Gegenstand
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Alters- und Hinterlassenenversicherung (Beiträge; Nichterwerbstätige),
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Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug vom 2. Dezember 2020 (S 2019 134).
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Sachverhalt: | |
A. A.________ hat als Nichterwerbstätiger Sozialversicherungsbeiträge zu bezahlen. Mit Verfügung vom 11. Februar 2019 erhob die Ausgleichskasse auf der Grundlage eines Renteneinkommens von Fr. 0.- und eines Vermögens von Fr. 4'770'000.- provisorische Beiträge für das Jahr 2019 von Fr. 12'900.65. Dagegen erhob der Versicherte Einsprache. Mit Verfügung vom 12. Juli 2019 sistierte die Verwaltung das Verfahren bis das Bundesgericht über die Beiträge des Jahres 2018 entschieden hat (vgl. Verfahren 9C_360/2019). Alsdann bestätigte die Ausgleichskasse mit dem Einspracheentscheid vom 6. September 2019 ihre Verfügung.
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B. Die Beschwerde des A.________ wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zug mit Entscheid vom 2. Dezember 2020 ab, soweit es darauf eintrat, unter Auferlegung einer Spruchgebühr von Fr. 2000.- wegen mutwilliger Prozessführung.
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C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________ zur Hauptsache sinngemäss, der vorinstanzliche Entscheid und Einspracheentscheid vom 6. September 2019 seien aufzuheben und die Angelegenheit sei zur Neufestlegung der Beiträge an die Ausgleichskasse, eventualiter an das Verwaltungsgericht des Kantons Zug zurückzuweisen; dem Rechtsmittel sei die aufschiebende Wirkung zu erteilen.
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Am 23. Februar 2021 reichte A.________ unaufgefordert eine weitere Eingabe ein.
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Erwägungen: | |
1. Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem wegen Verletzung von Bundesrecht erhoben werden (Art. 95 lit. a BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG; zur Rüge- und Begründungspflicht der Parteien: Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG sowie BGE 138 I 274 E. 1.6 S. 280 und BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).
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2. Der Beschwerdeführer rügt in verschiedener Hinsicht eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör.
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2.1. Das rechtliche Gehör dient einerseits der Sachaufklärung, anderseits stellt es ein persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht beim Erlass eines Entscheides dar, welcher in die Rechtsstellung des Einzelnen eingreift. Dazu gehört insbesondere das Recht des Betroffenen, sich vor Erlass eines solchen Entscheids zur Sache zu äussern, erhebliche Beweise beizubringen und Einsicht in die Akten zu nehmen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst als Mitwirkungsrecht somit alle Befugnisse, die einer Partei einzuräumen sind, damit sie in einem Verfahren ihren Standpunkt wirksam zur Geltung bringen kann. Voraussetzung des Äusserungsrechts sind genügende Kenntnisse über den Verfahrensverlauf, was auf das Recht hinausläuft, in geeigneter Weise über die entscheidwesentlichen Vorgänge und Grundlagen vorweg orientiert zu werden (BGE 144 I 11 E. 5.3 S. 17 mit Hinweisen). Dem Mitwirkungsrecht entspricht die Pflicht der Behörde, die Argumente und Verfahrensanträge der Partei entgegenzunehmen und zu prüfen sowie die ihr rechtzeitig und formrichtig angebotenen Beweismittel abzunehmen, es sei denn, diese beträfen eine nicht erhebliche Tatsache oder seien offensichtlich untauglich, über die streitige Tatsache Beweis zu erbringen (BGE 124 I 241 E. 2 S. 242 mit Hinweisen; Urteil 8C_255/2020 vom 6. Januar 2021 E. 5.1).
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Nach der Rechtsprechung kann selbst eine schwerwiegende Verletzung des rechtlichen Gehörs geheilt werden, wenn und soweit die Rückweisung zu einem formalistischen Leerlauf und damit zu unnötigen Verzögerungen führen würde, die mit dem (der Anhörung gleichgestellten) Interesse der betroffenen Partei an einer beförderlichen Beurteilung der Sache nicht zu vereinbaren wären. Voraussetzung ist, dass die heilende Instanz selber in Bezug auf die vom Gehörsmangel betroffenen Aspekte die gleiche Kognition hat wie die untere Instanz (BGE 136 V 117 E. 4.2.2.2 S. 126 mit Hinweisen).
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2.2. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
2.2.1. Die Vorinstanz erwog, die Verwaltung sei weder verpflichtet noch berechtigt gewesen, die nach dem Einspracheentscheid eingegangene ergänzende Einsprache zu berücksichtigen. Dagegen bringt der Beschwerdeführer vor, als er die neuen Begehren und Beweisofferten der Verwaltung am 9. September 2019 eingereicht habe, sei das Einspracheverfahren noch nicht abgeschlossen gewesen. Die Ausgleichskasse habe ihm nicht mitgeteilt, dass die am 12. Juli 2019 verfügte Verfahrenssistierung aufgehoben sei, und ihm keine Möglichkeit für Ergänzungen gewährt. Das kantonale Gericht hätte die Sache wegen dieser Gehörsverletzung an die Ausgleichskasse zurückweisen müssen.
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2.2.2. Das Einspracheverfahren fand mit dem am 6. September 2019 ausgefällten und der Post zur Zustellung an den Beschwerdeführer übergebenen Einspracheentscheid seinen formellen Abschluss. Daran ändert nichts, dass die Ausgleichskasse die am 12. Juli 2019 verfügte Verfahrenssistierung nach dem Urteil des Bundesgerichts 9C_360/2019 vom 20. August 2019 über die Beiträge des Jahres 2018 vorgängig nicht mit einer Mitteilung aufgehoben hat und der (hier strittige) Einspracheentscheid dem Beschwerdeführer noch nicht zugestellt war, als dieser der Post seine ergänzende Einsprache übergeben hat. Die Vorinstanz stellte daher zutreffend fest, dass von einer Rechtsverweigerung nicht die Rede sein kann. Ob dem Beschwerdeführer die Aufhebung der Verfahrenssistierung mit der Möglichkeit zu erneuter Stellungnahme hätte angezeigt werden müssen, kann offengelassen werden, ist eine mögliche Verletzung des Gehörsanspruchs doch als geheilt zu qualifizieren: Zum einen hätte die Rückweisung an die Ausgleichskasse mit Blick auf deren Entscheid und Vernehmlassung im kantonalen Prozess ohnehin nur zu einem prozessualen Leerlauf geführt und zum anderen konnte der Beschwerdeführer seine Vorbringen im kantonalgerichtlichen Verfahren vor einer Instanz mit umfassender Kognition darlegen.
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2.3. Die Vorinstanz hat auf die Einholung des vom Beschwerdeführer beantragten finanzmathematischen Gutachtens verzichtet, nachdem sie Art. 28 Abs. 1 AHVV aufgrund der Rechtsprechung und weiterer Überlegungen als mit dem Gleichbehandlungsgebot vereinbar eingestuft hatte (vgl. E. 3.2.1 nachfolgend). Darin ist entgegen den Ausführungen in der Beschwerde keine Verletzung des Rechts auf Beweisabnahme als Teilgehalt des Anspruchs auf rechtliches Gehör zu erblicken. Im angefochtenen Entscheid wird zudem dargelegt, auf welchen Überlegungen das Urteil basiert. Auch in dieser Hinsicht ist wider den Ausführungen in der Beschwerde ein Verstoss gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör zu verneinen.
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3. Streitig sind die für das Jahr 2019 erhobenen (Akonto-) Beiträge des Beschwerdeführers als Nichterwerbstätiger.
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3.1. Nichterwerbstätige bezahlen einen Beitrag nach ihren sozialen Verhältnissen (Art. 10 Abs. 1 Satz 1 AHVG). Der Bundesrat erlässt nähere Vorschriften über den Kreis der Personen, die als Nichterwerbstätige gelten, und über die Bemessung der Beiträge (Art. 10 Abs. 3 Satz 1 AHVG). Die Beiträge der Nichterwerbstätigen, für die nicht der jährliche Mindestbeitrag vorgesehen ist, bemessen sich gemäss Art. 28 AHVV nach dem Vermögen und Renteneinkommen. Die Beiträge werden nach der in Art. 28 Abs. 1 AHVV (in der im Jahr 2019 gültigen Fassung) enthaltenen Tabelle wie folgt berechnet:
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