BGer 9C_768/2020 | |||
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BGer 9C_768/2020 vom 13.04.2021 |
9C_768/2020 |
Urteil vom 13. April 2021 |
II. sozialrechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichter Parrino, Präsident,
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Bundesrichterinnen Glanzmann, Moser-Szeless,
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Gerichtsschreiberin N. Möckli.
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Verfahrensbeteiligte | |
A.________,
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vertreten durch Rechtsanwalt Philip Stolkin,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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Helsana Versicherungen AG, Versicherungsrecht, Zürichstrasse 130, 8600 Dübendorf,
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Beschwerdegegnerin.
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Gegenstand
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Krankenversicherung (Taggeld),
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Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 9. Oktober 2020 (KV.2020.00018).
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Sachverhalt: | |
A. A.________ war seit 1992 bei der B.________ AG angestellt. Am 3. Dezember 2014 wurde eine Krankmeldung bei der Helsana Versicherungen AG (nachfolgend: Helsana) eingereicht, bei der A.________ über seine Arbeitgeberin kollektiv krankentaggeldversichert war. Die Helsana erbrachte in der Folge Taggeldleistungen. Mit Verfügung vom 27. Februar 2015 teilte sie dem Versicherten mit, nach einer dreimonatigen Anpassungsfrist (ab 1. Juni 2015) werde das Taggeld eingestellt. Daran hielt die Helsana mit Einspracheentscheid vom 12. April 2017 fest, was vom kantonalen Gericht als rechtmässig erachtet wurde (Entscheid vom 15. Juni 2018). Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Bundesgericht mit Urteil 9C_564/2018 vom 23. Januar 2019 teilweise gut und wies die Sache zu neuer Entscheidung an die Helsana zurück. Diese holte daraufhin die Akten der IV-Stelle des Kantons Zürich ein und entschied erneut, dass die Taggeldleistungen per 31. Mai 2015 eingestellt werden (Verfügung vom 16. April 2019, Einspracheentscheid vom 29. Januar 2020).
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B. Die Beschwerde des A.________ wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 9. Oktober 2020 ab.
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C. A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und beantragen, der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben und ihm seien rückwirkend Krankentaggelder basierend auf einem Invaliditätsgrad von mindestens 25 % zuzusprechen. Eventualiter sei die Sache an das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich zurückzuweisen.
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Erwägungen: | |
1. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).
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2. Streitig ist - gleich wie im Rückweisungsentscheid des Bundesgerichts 9C_564/2018 vom 23. Januar 2019 E. 2 - der Taggeldanspruch ab 1. Juni 2015 (vgl. Art. 72 KVG i.V.m. Art. 6 ATSG sowie Ziff. 3.4 und 13 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen [AVB] für die Helsana Business Salary Kollektiv-Taggeldversicherung nach KVG [in der ab 1. Januar 2007 geltenden Fassung]). Das kantonale Gericht legte zutreffend dar, dass nach den reglementarischen Bestimmungen ein Taggeld bei nachgewiesener Arbeitsunfähigkeit von mindestens 25 % entsprechend dem Grad der Arbeitsunfähigkeit ausgerichtet wird. Darauf wird verwiesen.
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3.
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3.1. Die Vorinstanz erwog, aus den ärztlichen Berichten sei klar ersichtlich, dass sich der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers an das Mitte September 2015 erlittene Verhebetrauma verschlechtert habe. Die Akten bis Ende 2015 enthielten keinerlei Hinweise auf eine aus ärztlicher Sicht erwähnenswerte Nacken- oder Rückenproblematik und schon gar nicht auf eine daraus resultierende Arbeitsunfähigkeit in einer angepassten Tätigkeit. Vor diesem Hintergrund sei unverständlich, dass der RAD-Arzt das von ihm im November 2017 formulierte Belastbarkeitsprofil als seit Mai 2014 geltend deklariert habe. Im massgebenden Zeitpunkt (Ende Februar 2015) habe für leidensangepasste Tätigkeiten eine volle Arbeitsfähigkeit bestanden und im Vergleich zu diesem Zeitpunkt seien zusätzliche Beeinträchtigungen frühestens ab September 2015 hinzugetreten. Für deren allfälligen Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit habe die Beschwerdegegnerin nicht mehr einzustehen. Abschliessend wurde im vorinstanzlichen Entscheid die Berücksichtigung einer Reallohnerhöhung abgelehnt.
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3.2. Der Beschwerdeführer bringt dagegen im Wesentlichen vor, das kantonale Gericht habe übersehen, dass gemäss dem Urteil des Bundesgerichts für die Entrichtung der Taggelder alle Vorgänge bis zum Einspracheentscheid im April 2017 relevant seien. Nach den rechtskräftigen Entscheiden der Invalidenversicherung sei eine Rente ab März 2017 geschuldet, was die Eröffnung des Wartejahres spätestens ab 2016 - nach Dr. med. C.________ (RAD) ab 2014 - voraussetze. All dies sei für die Vorinstanz verbindlich gewesen. Das kantonale Gericht sei aber aufgrund der in den Akten liegenden Arztberichte zu einem anderen Schluss gekommen, dies ohne eigene Untersuchungen zu tätigen, wie etwa eine Begutachtung. Der Beschwerdeführer erblickt darin eine Verletzung des Rechtssicherheitsprinzips (Art. 6 EMRK), des Untersuchungsgrundsatzes und eine Rechtsverweigerung. Ferner beanstandet er, dass die Vorinstanz die Reallohnsteigerung nicht angerechnet bzw. abgeklärt hat.
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4.
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4.1. Die Begriffe der Invalidität und Arbeitsunfähigkeit decken sich nicht, weshalb die Invaliditätsgradbemessung anderer Sozialversicherungen den Taggeldversicherer grundsätzlich nicht bindet (Urteil 9C_74/2007 vom 19. Oktober 2007 E. 5.1 mit Hinweisen; GEBHARD EUGSTER, Rechtsprechung des Bundesgerichts zum KVG, 2. Aufl. 2018, N. 7 zu Art. 72 KVG). Die Vorinstanz verletzte somit kein Bundesrecht, indem sie nicht auf das von der IV-Stelle Verfügte abstellte, sondern die Unterlagen einer eigenen Prüfung unterzog.
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4.2. Das kantonale Gericht legte dar, weshalb sie von einer gesundheitlichen Verschlechterung ab frühestens Mitte September 2015 ausging und zuvor eine Arbeitsunfähigkeit wegen Nacken- und Rückenbeschwerden als nicht ausgewiesen erachtete. Diese Sachverhaltsfeststellungen sind nicht unhaltbar, erwähnte doch der Hausarzt Dr. med. D.________ im Bericht vom 26. November 2014 keine Rückenbeschwerden und bescheinigte eine volle Arbeitsfähigkeit in einer adaptierten Tätigkeit. Auch die Neurologin Dr. med. E.________ nannte am 25. November 2014 kein Rückenleiden. Hingegen berichtete Dr. med. F.________ rund ein Jahr später am 17. Dezember 2015 über ein myofasziales Nackenschmerzsyndrom, das sich ab September 2015 manifestiert habe. Gleiches ergibt sich aus dem Bericht über das MRI vom 16. Oktober 2015 und den Gesprächsnotizen der IV-Stelle über die Ausgangslage im Oktober 2015. Die Vorinstanz ist somit nicht in Willkür verfallen, indem sie nicht auf die Angaben des den Beschwerdeführer seit dem 27. März 2017 handelnden Dr. med. G.________ abstellte, dass seit 2014 vermehrt Rückenbeschwerden bestünden. Entsprechend verletzte die Vorinstanz auch kein Bundesrecht, wenn sie die vom RAD-Arzt am 23. November 2017 rückwirkend ab Mai 2014 attestierte Arbeitsunfähigkeit nicht übernommen hat, die auf der nicht echtzeitlich belegten Annahme beruht, dass ab 2014/2015 Rückenbeschwerden in Erscheinung getreten sind.
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4.3. Die Vorinstanz berücksichtigte keine Reallohnerhöhung. Sie wies zum einen darauf hin, der massgebende Zeitpunkt sei Ende Februar 2015 und zum anderen erwog sie, der Beschwerdeführer zeige nicht auf, weshalb die Reallohnerhöhung nicht bei beiden Vergleichseinkommen zu berücksichtigen sei. In der Beschwerde wird eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes gerügt. Der Beschwerdeführer setzt sich aber mit der vorinstanzlichen Argumentation nicht auseinander und zeigt nicht auf, weshalb die Reallohnerhöhung nur auf Seiten des "Valideneinkommens" zu berücksichtigen sein soll. Aufgrund der beschwerdeführerischen Vorbringen ist daher nicht ersichtlich, inwiefern die vorinstanzliche Schlussfolgerung, im Februar 2015 liege eine Einkommenseinbusse von weniger als 25 % vor, gegen Bundesrecht verstösst. Die Beschwerde genügt in diesem Punkt den Begründungsanforderungen von Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG nicht, weshalb darauf nicht weiter einzugehen ist. Die Taggeldeinstellung per 31. Mai 2015 ist somit nicht zu beanstanden.
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4.4. Weiter begründete die Vorinstanz, die Beschwerdegegnerin habe für eine mögliche Arbeitsunfähigkeit im Zusammenhang mit der frühestens ab September 2015 eingetretenen Verschlechterung nicht mehr einzustehen. Der Beschwerdeführer weist zwar unter Hinweis auf das Urteil 9C_564/2018 vom 23. Januar 2019 E. 5.1 f. auf den Anfechtungsgegenstand in zeitlicher Hinsicht und eine Arbeitsunfähigkeit hin (vgl. E. 3.2 hiervor), damit zeigt er aber nicht hinreichend substanziiert auf, inwiefern die vorinstanzliche Erwägung gegen Bundesrecht verstösst (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG). Seine Ausführungen zielen an der kantonalgerichtlichen Begründung vorbei, weshalb sich Weiterungen hierzu erübrigen. Es hat deshalb beim vorinstanzlichen Entscheid sein Bewenden.
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5. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: | |
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
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2. Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
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3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
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Luzern, 13. April 2021
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Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Parrino
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Die Gerichtsschreiberin: Möckli
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