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Informationen zum Dokument  BGer 4A_125/2021  Materielle Begründung
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BGer 4A_125/2021 vom 22.04.2021
 
 
4A_125/2021
 
 
Urteil vom 22. April 2021
 
 
I. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin,
 
Bundesrichterinnen Niquille, May Canellas,
 
Gerichtsschreiber Gross.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Christian Thöny,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
1. B.________,
 
2. C.________,
 
beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Martin Schmid,
 
Beschwerdegegner.
 
Gegenstand
 
Sorgfaltspflichtverletzung,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts
 
von Graubünden, II. Zivilkammer, vom 8. Februar 2021 (ZK2 17 34).
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
A.a. Anlässlich eines von der Cevi-Jungschar U.________ durchgeführten Snow-Weekends vom 4. bis 6. Februar 2005 in V.________ kam es am Sonntag, 6. Februar 2005, beim sogenannten "Schläucheln" - dabei wird mit einem luftgefüllten Gummiring ("Schlauch") eine schneebedeckte Unterlage hinuntergerutscht - zu einem Unfall. Der zum Unfallzeitpunkt knapp 9-jährige A.________ (Kläger, Beschwerdeführer) "schläuchelte" einen ungesicherten Hang hinunter und kollidierte mit einem Betonwasserschacht. Er zog sich dabei ein schweres Schädel-Hirntrauma zu, dessen Folgen ihn bis heute beeinträchtigen.
1
A.b. Der Vater des Klägers stellte am 17. April 2005 Strafantrag wegen Körperverletzung. Im Rahmen der von der Staatsanwaltschaft Graubünden eröffneten Strafuntersuchung ergab sich, dass am Snow-Weekend 30 Schüler und 9 Leiterpersonen teilnahmen. Der hauptverantwortliche Leiter, C.________ (Beklagter 2, Beschwerdegegner 2), hatte für die Tätigkeit nicht weit entfernt vom Lagerhaus im freien Gelände zwei Bahnen im Schnee ausgehoben. Diese wiesen einen seitlichen Schutz (Schneemauer) auf und liefen in einem flachen Teil aus. Die Kinder wurden instruiert, auf diesen Bahnen mit den aufgeblasenen "Schläuchen" hinunterzurutschen. Bei jeder Bahn waren zwei bis drei Leiterpersonen anwesend. Nachdem ein Teil der Kinder auf diesen Bahnen nicht mehr "schläucheln" wollte, wurden sie aufgefordert, zum Lagerhaus zurückzukehren. In der Folge begannen die Kinder unter Aufsicht der Leiterinnen, D.________, B.________ (Beklagte 1, Beschwerdegegnerin 1) sowie der Hilfsleiterin E.________, auf der vom Lagerhaus nach V.________ führenden Strasse hinunterzurutschen, wobei sie aufgrund des geringen Gefälles kein hohes Tempo erreichten. Der Strassenrand wies zudem einen durchgehenden ca. 50 cm hohen Schneewall auf und verunmöglichte gemäss Polizeirapport ein unbeabsichtigtes Hinausrutschen.
2
Als der Kläger die Strasse wieder hochlief, stieg er auf halber Strecke über den Schneewall und wollte F.________ und seinem Bruder G.________ folgen, die den dortigen steilen Abhang bereits hinuntergerutscht waren. Obschon ihm die Beklagte 1, Hilfsleiterin E.________ sowie andere Kinder zuriefen, dass er diesen Hang nicht hinunterrutschen dürfe bzw. sich wieder auf die Strasse begeben solle, setzte er sich auf den Schlauch und rutschte los. Da er vor dem sich unterhalb dieses Hanges befindenden Stall nicht mehr rechtzeitig anhalten konnte, kollidierte er kopfvoran mit einem dort deponierten Betonwasserschacht und blieb bewusstlos liegen.
3
A.c. Mit Verfügung vom 24. August 2006 stellte die Staatsanwaltschaft die Strafuntersuchung ein. Sie verneinte eine 
4
 
B.
 
Am 14. September 2015 beantragte der Kläger beim damaligen Bezirksgericht Hinterrhein (heute: Regionalgericht Viamala), die Beklagten seien unter solidarischer Haftung zu verpflichten, ihm Fr. 70'000.-- nebst Zins zu bezahlen. Mit Urteil vom 9. November 2016, schriftlich begründet mitgeteilt am 23. August 2017, wies das Regionalgericht die Klage ab.
5
Eine dagegen gerichtete Berufung wies das Kantonsgericht von Graubünden mit Urteil vom 8. Februar 2021 ab. Es erwog zusammenfassend, der Unfall sei darauf zurückzuführen, dass der Kläger die expliziten Anweisungen der Leiterinnen missachtet habe. Daran ändere grundsätzlich nichts, dass sein Bruder und F.________ dasselbe getan hätten. Aufgrund seines Alters habe von ihm erwartet werden dürfen, dass er sich an die Weisungen der Leiterpersonen halten würde. Den Beklagten könne keine unfallkausale Sorgfaltspflichtverletzung vorgeworfen werden. Damit stelle sich auch die Frage nach der Unterbrechung des Kausalzusammenhangs nicht.
6
 
C.
 
Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 25. Februar 2021 beantragt der Beschwerdeführer, das Urteil des Kantonsgerichts sei aufzuheben und es sei gerichtlich festzustellen, dass die Beschwerdegegner ihm gegenüber für die aus dem Unfall erlittenen Folgen ganz oder teilweise solidarisch haftpflichtig seien. Die Angelegenheit sei anschliessend an die erste Instanz zum Entscheid über die eingeklagte Genugtuungsforderung zurückzuweisen. Eventualiter seien sie unter solidarischer Haftung zu verpflichten, ihm Fr. 70'000.-- nebst Zins zu bezahlen. Subeventualiter seien sie zu verpflichten, ihm aufgrund einer gerichtlich festzulegenden reduzierten Haftungsquote eine Zahlung auszurichten (Prozentsatz der Haftungsquote multipliziert mit Fr. 70'0000.--). In prozessualer Hinsicht beantragt er für das bundesgerichtliche Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege einschliesslich Verbeiständung.
7
Es wurden keine Vernehmlassungen eingeholt.
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Erwägungen:
 
 
1.
 
Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es prüft aber unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungsanforderungen (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. Es ist nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen werden (BGE 140 III 86 E. 2, 115 E. 2).
9
 
2.
 
Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Dazu gehören sowohl die Feststellungen über den streitgegenständlichen Lebenssachverhalt als auch jene über den Ablauf des vor- und erstinstanzlichen Verfahrens, also die Feststellungen über den Prozesssachverhalt (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 mit Hinweisen). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 140 III 115 E. 2, 264 E. 2.3). Überdies muss die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein können (Art. 97 Abs. 1 BGG).
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Für eine Kritik am festgestellten Sachverhalt gilt das strenge Rügeprinzip von Art. 106 Abs. 2 BGG (BGE 140 III 264 E. 2.3 mit Hinweisen). Die Partei, welche die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz anfechten will, muss klar und substanziiert aufzeigen, inwiefern die genannten Voraussetzungen erfüllt sein sollen (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 mit Hinweisen). Wenn sie den Sachverhalt ergänzen will, hat sie zudem mit präzisen Aktenhinweisen darzulegen, dass sie entsprechende rechtsrelevante Tatsachen und taugliche Beweismittel bereits bei den Vorinstanzen prozesskonform eingebracht hat (BGE 140 III 86 E. 2). Genügt die Kritik diesen Anforderungen nicht, können Vorbringen mit Bezug auf einen Sachverhalt, der vom angefochtenen Entscheid abweicht, nicht berücksichtigt werden (BGE 140 III 16 E. 1.3.1).
11
 
3.
 
Zu beachten ist, dass das Bundesgericht in die Beweiswürdigung des Sachgerichts nur eingreift, wenn diese willkürlich ist. Willkür liegt nach der Rechtsprechung nicht schon dann vor, wenn eine andere Lösung ebenfalls in Betracht zu ziehen oder gar vorzuziehen wäre, sondern bloss, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 141 III 564 E. 4.1; 140 III 16 E. 2.1; je mit Hinweisen). Die Beweiswürdigung ist mithin nicht schon dann willkürlich, wenn sie nicht mit der Darstellung der beschwerdeführenden Partei übereinstimmt, sondern bloss, wenn sie offensichtlich unhaltbar ist (BGE 141 III 564 E. 4.1; 135 II 356 E. 4.2.1). Dies ist dann der Fall, wenn das Gericht Sinn und Tragweite eines Beweismittels offensichtlich verkannt, wenn es ohne sachlichen Grund ein wichtiges und entscheidwesentliches Beweismittel unberücksichtigt gelassen oder wenn es auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen unhaltbare Schlussfolgerungen gezogen hat (BGE 140 III 264 E. 2.3; 137 III 226 E. 4.2). Inwiefern die Beweiswürdigung willkürlich sein soll, ist in der Beschwerde klar und detailliert aufzuzeigen (BGE 134 II 244 E. 2.2).
12
 
4.
 
Die Vorinstanzen sind von einem Auftragsverhältnis (Art. 394 ff. OR) ausgegangen. Umstritten ist die Frage, ob den Beschwerdegegnern im Zusammenhang mit dem Unfall des Beschwerdeführers eine unfallkausale Sorgfaltspflichtverletzung vorzuwerfen ist.
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4.1. Der Beschwerdeführer stellte im vorinstanzlichen Verfahren die Autorität der Leiterpersonen in Frage. Er rügt diesbezüglich vor Bundesgericht eine willkürliche Beweiswürdigung. Er habe in der Berufung geltend gemacht, die Leiterpersonen hätten Autoritätsprobleme gehabt. Er habe aber nicht gesagt, deren Anweisungen seien systematisch missachtet worden und sie hätten jegliche Autorität verspielt. Daher könne sein Vorwurf auch nicht dadurch widerlegt werden, dass
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4.1.1. Die Vorinstanz hat sich ausführlich mit den Aussagen von H.________ auseinandergesetzt. Sie erwog, es seien neben dem Vorfall, der zum Unfall geführt habe, keine weiteren Vorkommnisse aktenkundig, mit denen ein Entgleiten der Leitungsfunktion bewiesen wäre. Daran vermöge auch das Schreiben von Pfarrer H.________ vom 17. Juli 2007, das er über zwei Jahre nach dem strittigen Unfall verfasst habe, nichts zu ändern. Zwar beschreibe er dort, dass die Leiterinnen ihre Autorität gegenüber den Kindern am Vorabend ziemlich demontiert hätten, als sie in der Meinung, einen längeren Programmblock allein durchziehen zu können, die männlichen Leiter (und damit die Hauptleiter) für eine gute Stunde weggeschickt hätten. Die Folge sei gewesen, dass ihnen das Programm völlig entglitten sei und die Kinder ihnen absolut nicht gehorcht hätten. So sei es auch am nächsten Tag gewesen. Konkrete Vorkommnisse, in welchen sich der geltend gemachte Autoritätsverlust manifestiert habe, habe er keine genannt. Auch decke sich diese Äusserung nicht mit seinen Aussagen, die er anlässlich der polizeilichen und untersuchungsrichterlichen Einvernahmen zu Protokoll gegeben habe. Aus der Befragung vom 1. Juni 2005 gehe sodann hervor, dass er am Samstag gar nicht anwesend gewesen sei, womit er nicht habe beurteilen können, ob der Umstand der am Freitagabend angeblich verspielten Autorität Auswirkungen auf das Verhalten der Kinder am Samstag gehabt habe oder ob sich die Leiterinnen dann wieder durchzusetzen vermochten.
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4.1.2. Mit diesen Erwägungen setzt sich der Beschwerdeführer nicht (hinreichend) auseinander. Er genügt damit den Rügeanforderungen nicht. Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, dass die Vorinstanz betreffend die Würdigung der Aussage von H.________ in Willkür verfallen wäre. Ebenso wenig ist es willkürlich, wenn die Vorinstanz aus der Aussage der Beschwerdegegnerin 1, wonach die (Hilfs-) Leiterinnen von den Kindern nicht immer so ernst genommen worden seien, nicht einen eigentlichen Autoritätsverlust ableitet. Zu Recht weist die Vorinstanz darauf hin, dass diese Aussage im Kontext zu sehen sei, dass bei jüngeren (Hilfs-) Leiterpersonen verstärkt versucht werde, Grenzen auszuloten. Schliesslich ist es nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz bezüglich des Vorwurfs des Autoritätsverlusts Vorfälle nennt, wo sich die (Hilfs-) Leiterinnen mit ihren Anweisungen gegenüber den Kindern durchzusetzen vermochten. Der Beschwerdeführer zeigt insgesamt nicht auf, dass die Vorinstanz mit ihrer Feststellung, die Autoritäts- und Führungsstruktur sei überwiegend intakt gewesen, in Willkür verfallen wäre.
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4.2. Umstritten sind sodann die Sorgfaltspflichten der Leiterpersonen im Zusammenhang mit der Aktivität des "Schläuchelns".
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4.2.1. Die Vorinstanz erwog, es sei explizit gesagt worden, wo habe "geschläuchelt" werden dürfen. Daraus ergebe sich, dass ausserhalb der extra präparierten Bahnen nicht habe "geschläuchelt" werden dürfen. Daran ändere auch nichts, dass gewissen Kindern zu einem späteren Zeitpunkt (unter entsprechender Aufsicht) erlaubt worden sei, auf der Strasse zu "schläucheln". Diese sei im Übrigen verhältnismässig flach und daher ungefährlich gewesen. Zudem habe der Strassenrand einen Schneewall aufgewiesen. Auch hier habe eine explizite Erlaubnis der zuständigen Aufsichtsperson vorgelegen. So habe die Beschwerdegegnerin 1 ausgesagt, es sei von ihr entschieden worden, auch auf der Strasse zu "schläucheln". Eine generelle Erlaubnis, jeden beliebigen Hang hinunterzurutschen, habe damit eindeutig nicht vorgelegen. Dies werde auch durch die Tatsache bestätigt, dass auch Pfarrer H.________ und andere Kinder - nebst den Leiterinnen - F.________, G.________ und dem Beschwerdeführer zugerufen hätten, sie dürften den fraglichen Hang nicht hinunterrutschen. Insofern erweise sich die Behauptung, es sei nicht allen klar gewesen, dass auf den Hängen und generell ausserhalb der präparierten Bahnen nicht "geschläuchelt" werden dürfe, als unzutreffend. Eine vorgängig geäusserte Mahnung, auf der Strasse zu bleiben bzw. den talseitigen Hang nicht zu befahren, sei unter diesen Umständen nicht nötig gewesen. Als beobachtet worden sei, dass die Kinder dennoch die Strasse verlassen hätten, seien sie umgehend ermahnt und zurückgerufen worden. Soweit der Beschwerdeführer sich in diesem Zusammenhang auf den Standpunkt stelle, die Warnung des Postautochauffeurs, nicht auf dem etwas weiter oben rechts liegenden Hang zu "schläucheln", hätte Anlass dazu geben müssen, ein generelles Verbot des "Schläuchelns" auf dem Hang auszusprechen, sei dieser Auffassung nicht zu folgen. Massgebend sei das von der Beschwerdegegnerin 1 gegenüber dem Beschwerdeführer geäusserte Verbot. Es sei nicht ersichtlich, weshalb dies nicht hätte ausreichend sein sollen. Aufgrund der Akten sei erstellt, dass ihm von mehreren Seiten eindringlich zugerufen worden sei. Dass F.________ und G.________ die Anweisung der Leiterpersonen (möglicherweise) erst gehört hätten, nachdem sie losgefahren seien, ändere nichts daran, dass der Beschwerdeführer seinerseits vor Antritt der Fahrt die Anweisung, den Unfallhang nicht zu befahren, wahrgenommen habe. Vor diesem Hintergrund spiele auch keine Rolle, dass F.________ gegenüber G.________ (und eben gerade nicht gegenüber dem Beschwerdeführer) erklärt habe, sie hätten bereits im vorangehenden Jahr den Unfallhang "hinunterschläucheln" dürfen. Im Übrigen sei diese Aussage von D.________ ausdrücklich bestritten worden.
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4.2.2. Die situativ angepasste Entscheidung, mit gewissen Kindern zurück zum Lagerhaus zu gehen, dann aber - da dieses noch nicht habe betreten werden dürfen - die Kinder auf der (ungefährlichen) Strasse unter Aufsicht "schläucheln" zu lassen, sei nicht zu beanstanden. Daraus eine "Eigendynamik" abzuleiten, die den Unfall als voraussehbares Ereignis erscheinen liesse, gehe fehl. Insbesondere könne aus dem Umstand, dass die Beschwerdegegnerin 1 das "Schläucheln" auf der Strasse ausdrücklich erlaubt habe, nicht geschlossen werden, sie habe damit das "Schläucheln" am Unfallhang in relevanter Weise begünstigt und dadurch eine Gefahrensituation geschaffen, die schliesslich zum Unfall geführt habe.
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4.2.3. Der Unfall hätte nur dann verhindert werden können, wenn die Möglichkeit bestanden hätte, den Beschwerdeführer auch physisch an einem "Ausreissen" zu hindern, was bedingt hätte, dass sich jedes Kind zu jedem Zeitpunkt in greifbarer Nähe einer Leiterperson aufgehalten hätte. Eine solche Überwachung wäre jedoch - wie die Erstinstanz zutreffend ausgeführt habe - bei Kindern im Alter von 8-13 Jahren übertrieben und nicht zumutbar, weil dies nahezu eine 1:1-Betreuung voraussetzen würde.
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4.3. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 394 und 398 Abs. 2 OR. Er leitet namentlich aus den in E. 4.2.3 hiervor wiedergegebenen Erwägungen ab, die Vorinstanz lasse sich beim anzuwendenden Sorgfaltsmassstab von Nützlichkeitsüberlegungen leiten. Das Mass der Sorgfalt sei aber nach objektiven Kriterien zu bestimmen. Erforderlich sei die Sorgfalt, die eine gewissenhafte beauftragte Person in der gleichen Lage bei der Besorgung der ihr übertragenen Geschäfte anzuwenden pflege. Es sei zu prüfen, wie eine solche Person das Lager organisiert, wie sie die Kinder instruiert und beaufsichtigt und was sie (auch vorausschauend) unterlassen hätte. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass bei einem Lager mit Kindern im Alter zwischen 8 und 15 Jahren, in dem Outdoor-Tätigkeiten mit einem gewissen Gefährdungspotential durchgeführt würden, die erforderliche Sorgfalt strenger sei als bei nicht gefahrgeneigten Tätigkeiten und älteren Jugendlichen.
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Entgegen dem Beschwerdeführer ergibt sich aus den Erwägungen der Vorinstanz nicht, dass diese einen bundesrechtswidrigen Sorgfaltsmassstab angewendet hätte. Die von ihm ins Feld geführten vorinstanzlichen Erwägungen erfolgten im Zusammenhang mit dem Vorwurf der mangelnden Überwachung. Diesbezüglich führte die Vorinstanz - ohne Verletzung von Bundesrecht - aus, es sei übertrieben und nicht zumutbar, bei Kindern im Alter von 8-13 Jahren zu fordern, dass sich jedes Kind in greifbarer Nähe einer Leiterperson befinde.
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4.4. Der Beschwerdeführer sieht eine Sorgfaltspflichtverletzung darin, dass vom Konzept, wonach nur auf den dafür speziell präparierten Pisten "geschläuchelt" werden sollte, abgewichen worden sei. Er macht geltend, eine gewissenhafte Person wäre nicht von diesem Konzept abgewichen oder hätte - falls aus wichtigen Gründen vom festgelegten Konzept hätte abgewichen werden müssen - den Teilnehmenden unmissverständliche Anweisungen erteilt, insbesondere ein ausdrückliches Verbot, die Strasse zu verlassen. Er rügt diesbezüglich in mehrfacher Hinsicht eine willkürliche Beweiswürdigung.
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Die Vorinstanz hat sich ausführlich mit diesem Vorwurf auseinandergesetzt (vgl. hiervor E. 4.2.1). Der Beschwerdeführer zeigt nicht auf, inwiefern diese Ausführungen Bundesrecht verletzen. Stattdessen übt er appellatorische Kritik. Wenn er geltend macht, mit der Erlaubnis, auch auf der Strasse zu "schläucheln", sei vom ursprünglichen Konzept - wonach nur in den dafür vorgesehenen Bahnen habe "geschläuchelt" werden dürfen - abgewichen worden, übergeht er die vorinstanzliche Feststellung, dass damit keine generelle Erlaubnis vorgelegen habe, jeden beliebigen Hang hinunterzurutschen. Soweit er diesbezüglich eine willkürliche Beweiswürdigung rügt, ist seine Rüge unbegründet. Auch soweit er eine willkürliche Beweiswürdigung darin sieht, dass die Vorinstanz wichtige Zeugenaussagen zur Problematik des "Schläuchelns" auf der Strasse nicht berücksichtigt habe, vermag er keine willkürliche Beweiswürdigung darzutun, zumal er nicht aufführt, inwiefern diese angeblich nicht berücksichtigten Zeugenaussagen überhaupt entscheidrelevant wären. Er macht selbst nicht geltend, dass das "Schläucheln" auf der Strasse gefährlich gewesen wäre. Die Ungeeignetheit der Strasse zum "Schläucheln" bezieht sich nicht auf die Gefährlichkeit, sondern vielmehr auf die mangelnde Attraktivität. Es ist aber nicht willkürlich, wenn die Vorinstanz aus der mangelnden Attraktivität der Strasse zum "Schläucheln" nicht eine Eigendynamik ableitet, die das "Schläucheln" auf den Hängen bzw. den Unfall begünstigt hat.
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Die Vorinstanz hielt fest, der Beschwerdeführer habe seinerseits vor Antritt der Fahrt die konkrete Mahnung, den Unfallhang nicht zu befahren, wahrgenommen. Diese Feststellung stellt der Beschwerdeführer nicht hinreichend in Frage. Er legt vor diesem Hintergrund nicht dar, was ein vorgängiges ausdrückliches Verbot, den besagten Hang hinunterzufahren, geändert hätte. Wenn er das konkret ihm gegenüber ausgesprochene Verbot, den Hang hinunterzufahren, mitbekommen hat, sich aber gleichwohl dazu entschloss, diesem nicht Folge zu leisten, ist nicht ersichtlich, weshalb er einer vorgängig - das heisst vor dem "Schläucheln" auf der Strasse - geäusserten (expliziten) Anweisung, auf der Strasse zu bleiben bzw. den talseitigen Hang nicht zu befahren, Folge geleistet hätte. Vor diesem Hintergrund ist auch der Hinweis auf die auf der Hinfahrt vom Postautochauffeur ausgesprochene Warnung nicht einschlägig. Nicht einschlägig ist auch sein Einwand, das konkrete Verbot sei zu spät erfolgt, weil seine älteren Vorbilder sich bereits im Hang befunden hätten, zumal die Vorinstanz ohne in Willkür zu verfallen, seine Behauptung, es sei nicht allen klar gewesen, dass auf den Hängen und generell ausserhalb der präparierten Bahnen nicht "geschläuchelt" werden dürfe, als unzutreffend qualifizierte. Es verletzt jedenfalls insgesamt kein Bundesrecht, wenn die Vorinstanz nicht davon ausging, dass vorgängig ein ausdrückliches Verbot hätte ausgesprochen werden müssen, die Strasse zu verlassen bzw. auf den entsprechenden Hängen zu "schläucheln".
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Insgesamt verletzt es somit kein Bundesrecht, wenn die Vorinstanz eine unfallkausale Sorgfaltspflichtverletzung durch die Beschwerdegegner verneint hat.
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4.5. Soweit der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe zu Unrecht eine Unterbrechung des Kausalzusammenhangs zwischen einer unsorgfältigen Vertragserfüllung durch die Beschwerdegegner und dem eingetretenen Schaden aufgrund eines groben Selbstverschuldens seinerseits angenommen, übergeht er, dass die Vorinstanz bereits eine unfallkausale Sorgfaltspflichtverletzung verneint hat. Die Frage einer Unterbrechung des Kausalzusammenhangs hat sich daher gar nicht mehr gestellt. Entgegen dem Beschwerdeführer lässt sich auch aus der vorinstanzlichen Formulierung - "zusammenfassend ist der Unfall auf die Tatsache zurückzuführen, dass der Beschwerdeführer die expliziten Anweisungen der LeiterInnen missachtete" - nicht ableiten, dass die Vorinstanz von einer Unterbrechung des Kausalzusammenhangs ausgegangen wäre. Sie hielt denn auch in E. 9 des vorinstanzlichen Entscheids explizit fest, die Frage der Unterbrechung des Kausalzusammenhangs stelle sich nicht. Daher ist auch die Rüge, die Vorinstanz habe hinsichtlich der Frage eines Selbstverschuldens einen falschen Massstab angewendet, unbegründet.
27
 
5.
 
Damit erweist sich die Beschwerde insgesamt als unbegründet. Sie ist abzuweisen, soweit überhaupt darauf einzutreten ist. Mit Blick auf die vorstehenden Erwägungen muss sie als von vornherein aussichtlos angesehen werden. Die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren fällt daher ausser Betracht (Art. 64 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdeführer als unterliegende Partei wird kostenpflichtig, hingegen nicht entschädigungspflichtig, da keine Vernehmlassung eingeholt wurde (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG).
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 Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2. Das Gesuch des Beschwerdeführers um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren wird abgewiesen.
 
3. Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht von Graubünden, II. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 22. April 2021
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: Hohl
 
Der Gerichtsschreiber: Gross
 
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