BGer 6B_914/2020 | |||
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BGer 6B_914/2020 vom 26.04.2021 |
6B_914/2020 |
Urteil vom 26. April 2021 |
Strafrechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin,
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Bundesrichterin van de Graaf,
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Bundesrichter Hurni,
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Gerichtsschreiber Traub.
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Verfahrensbeteiligte | |
A.________,
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vertreten durch Rechtsanwalt Dominik Zillig,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8090 Zürich,
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Beschwerdegegnerin.
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Gegenstand
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Landesverweisung,
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Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 3. Juli 2020 (SB200092-O/U/hb).
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Sachverhalt: | |
A. Das Bezirksgericht Bülach sprach A.________ (geb. 1998) am 15. Oktober 2019 des Raubes (nach Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB) und der Sachbeschädigung schuldig. Es belegte ihn mit einer bedingten Freiheitsstrafe von sieben Monaten (Probezeit: drei Jahre), dies als Zusatzstrafe zu einem Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 1. Februar 2019, mit welchem er wegen mehrfachen Diebstahls, mehrfacher Sachbeschädigung und mehrfachen Hausfriedensbruchs zu einer siebenmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt worden war. Das erstinstanzliche Gericht sah von einer Landesverweisung ab.
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Die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland legte Berufung ein. Das Obergericht des Kantons Zürich erhöhte die bedingte Zusatzstrafe auf neun Monate (Probezeit: vier Jahre). Zudem verwies es A.________ für fünf Jahre des Landes. Die Massnahme sei im Schengener Informationssystem (SIS) auszuschreiben (Urteil vom 3. Juli 2020).
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B. A.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Er stellt den Antrag, das angefochtene Urteil sei aufzuheben, soweit es die Landesverweisung betreffe.
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Erwägungen: |
1. | |
1.1. Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe seine Integrationsfortschritte unzureichend berücksichtigt. Diese wirkten sich im Zusammenhang mit der Landesverweisung günstig auf die Beurteilung des Härtefalls resp. auf die Interessenabwägung (Art. 66a Abs. 2 StGB) aus. Beim Härtefall halte die Vorinstanz zu recht fest, dass er in Brasilien auf sich allein gestellt wäre und dort kaum eine geeignete Arbeit finden könnte. Darüber hinaus hätten sich verschiedene Problematiken, die für die Delinquenz relevant gewesen seien, positiv entwickelt. Eine Landesverweisung risse ihn aus bestehenden sozialen Strukturen. Insgesamt sei der schwere persönliche Härtefall nicht (wie es die Vorinstanz annehme) nur ganz knapp, sondern ganz klar gegeben.
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Auf die Annahme eines schweren persönlichen Härtefalls folgt eine Interessenabwägung (Art. 66a Abs. 2 StGB; Grundsatz der Verhältnismässigkeit, Art. 5 Abs. 2 BV; dazu BGE 146 IV 105 E. 3.4.2 S. 108; Urteile 6B_1178/2019 vom 10. März 2021 E. 3.2.5, 6B_1146/2018 vom 8. November 2019 E. 6.4.2 a.E.; vgl. BGE 139 I 16 E. 2.2.1 S. 19). Die Vorinstanz erwägt, das öffentliche Interesse an einer Landesverweisung überwiege das durchaus beträchtliche Interesse des Beschwerdeführers, in der Schweiz bleiben zu können. Der Beschwerdeführer wendet ein, sein privates Interesse an einem Verbleib in der Schweiz sei mit zunehmender Aufenthaltsdauer stärker zu gewichten. Hier habe er einen grossen Teil seiner Kindheit verbracht und die Schule absolviert. In Brasilien habe er ausser seiner betagten Grossmutter weder Verwandte noch andere Bezugspersonen. Der inzwischen erfolgte Antritt einer Lehre und die familiären und sozialen Beziehungen, insbesondere zu seiner Mutter und zu seiner Freundin, widerlegten die Feststellung der Vorinstanz, er lebe in wenig stabilen wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen. Vor diesem Hintergrund gebe es keine konkreten Anhaltspunkte, wonach die öffentliche Sicherheit erheblich gefährdet wäre. Bei den beiden Raubdelikten sei er nicht von krimineller Energie getrieben gewesen, sondern habe sich damals in einer sozial ausnehmend instabilen Situation befunden. Die Legalprognose sei günstig, zumal er seit 2018 nicht mehr mit dem Gesetz in Konflikt geraten sei. Es bestünden sehr realistische Aussichten auf eine erfolgreiche Integration.
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1.2. Im Jahr 2015 bestrafte die damals zuständige Jugendanwaltschaft den Beschwerdeführer wegen qualifizierten Raubs, Drohung, Sachbeschädigung und Übertretung des Eisenbahngesetzes mit einer bedingten Freiheitsentziehung von 40 Tagen. Im Februar 2019 verurteilte ihn das Bezirksgericht Zürich wegen mehrfachen Diebstahls, mehrfacher Sachbeschädigung und mehrfachen Hausfriedensbruchs (Einbrüche in ein Schulhaus im Juli 2018) zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sieben Monaten. Die im rechtskräftigen Teil des angefochtenen Entscheids ausgesprochene Freiheitsstrafe ist die Zusatzstrafe zu jener Sanktion (Art. 49 Abs. 2 StGB).
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Sie bezieht sich auf folgenden Tatvorwurf:
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Der Beschwerdeführer habe sich am 3. August 2018 abends einer Passantin genähert, ihr mit einer Hand den Mund zugehalten und sie mit dem anderen Arm unterhalb des Halses umfasst. Dann habe er versucht, ihr die Handtasche zu entreissen. Die Frau habe sich an die Tasche geklammert und um Hilfe gerufen. Durch das Gerangel sei sie zu Boden gestürzt. Sie habe ihm gesagt, sie habe Geld, worauf er erwidert habe, sie solle es ihm geben. Die Privatklägerin habe in ihrer Handtasche nach dem Portemonnaie gesucht und, als in einem nahen Gebäude das Licht angegangen sei, wieder um Hilfe gerufen. Der Beschwerdeführer habe erneut an der Tasche gezerrt, so dass deren Riemen gerissen sei (Sachschaden von Fr. 380.--). Schliesslich habe er ein aus der Handtasche gefallenes Etui mit einer Sonnenbrille im Wert von Fr. 580.-- an sich genommen und sei davongerannt.
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Die Vorinstanz verhängte für die neu beurteilten Delikte eine Freiheitsstrafe von zwölf Monaten. Infolge Asperation mit der rechtskräftigen Grundstrafe vom Februar 2019 (sieben Monate Freiheitsstrafe) setzte sie die Zusatzstrafe auf neun Monate fest (vgl. BGE 142 IV 265 E. 2.4.4 S. 271). Die bedingte Gesamtfreiheitsstrafe liegt somit bei 16 Monaten (angefochtenes Urteil S. 9 E. c).
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1.3. Der rechtskräftige Schuldspruch wegen Raubes betrifft eine Tat, für die das Gesetz eine obligatorische Landesverweisung vorsieht (Art. 66a Abs. 1 lit. c StGB). Gegenstand des Verfahrens vor Bundesgericht ist allein, ob von der im Zuge dieser Verurteilung auszusprechenden Landesverweisung ausnahmsweise abzusehen ist, weil sie einen schweren persönlichen Härtefall bewirken würde und die öffentlichen Interessen an der Landesverweisung die privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in der Schweiz nicht überwiegen (Art. 66a Abs. 2 StGB; dazu BGE 146 IV 105 E. 3.4.2 S. 108).
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1.4. Aus dem angefochtenen Urteil gehen im Wesentlichen folgende Tatsachen hervor, die für die Beurteilung der Härtefallfrage und für die Feststellung resp. Gewichtung der öffentlichen und privaten Interessen bedeutsam sein können (angefochtenes Urteil, S. 7 f. [betreffend Strafzumessung]; vgl. Art. 105 Abs. 1 BGG) :
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Der 1998 in Brasilien geborene Beschwerdeführer gelangte 2007 durch Familiennachzug in die Schweiz. Er verfügt über eine Aufenthaltsbewilligung. In seinem Herkunftsland war er letztmals 2015. Dort leben eine betagte Grossmutter und Verwandte, die er nicht kennt. Nach der Übersiedlung des Neunjährigen in die Schweiz kam es zu familiären und schulischen Problemen. Eine Psychotherapie brachte keine Besserung. Der Beschwerdeführer wurde von der Schule verwiesen und kam in ein Heim. Nachdem er von dort entwichen war, wurde er für zwei Jahre in einer Pflegefamilie untergebracht, später in einer sozialpädagogischen Einrichtung für Jugendliche. Nach Absolvierung des 10. Schuljahres fand er keinen Einstieg in eine Berufsausbildung. Keines der begonnenen Praktika beendete er. Eine Stelle wurde ihm wegen eines handfesten Streits fristlos gekündigt.
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Die aktuelle Situation stellt sich nach Feststellung der Vorinstanz wie folgt dar: Seit Juli 2019 arbeitet der Beschwerdeführer nach eigenen Angaben "mit einem vollen Pensum im Sinne eines Praktikums" für einen geringen Lohn als Hauswart für die sozialpädagogische Einrichtung, in der er wohnt. Im Übrigen ist er auf Sozialhilfe angewiesen. Wegen Schwarzfahrens hat er Schulden von 11'000 Franken. Seit Februar 2019 wird er wieder psychotherapeutisch behandelt. Im Mai 2020 wurde eine Vertretungsbeistandschaft mit Vermögensverwaltung eingerichtet. Die Beiständin unterstützt den Beschwerdeführer insbesondere im Bereich der Ausbildung und beruflichen Integration sowie beim Erledigen administrativer Angelegenheiten und im Verkehr mit Behörden und (Sozial-) Versicherungen. Mit Unterstützung der Beiständin hat sich der Beschwerdeführer inzwischen bei der Invalidenversicherung angemeldet und auf August 2020 eine Lehrstelle als Gärtner bei einer Einrichtung für Arbeitsintegration gefunden. Für später strebt er eine Beschäftigung in der Betreuung von Jugendlichen mit Beeinträchtigung oder von älteren Menschen an, möchte mit einer entsprechenden Lehre aber noch warten, bis er seine eigenen Probleme im Griff hat. Seit ca. Ende 2018 hat er eine Freundin, wohnt aber nicht mit dieser zusammen, sondern (nach einem vorübergehenden Ausschluss seit November 2018 wieder) in der erwähnten sozialpädagogischen Einrichtung. Der Beschwerdeführer beherrscht die hiesige Sprache und spricht ausserdem Portugiesisch und etwas Französisch.
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1.5. Die Vorinstanz wägt die für und gegen einen schweren persönlichen Härtefall sprechenden Verhältnisse ab und stellt fest, dass der Beschwerdeführer in Brasilien weitestgehend auf sich allein gestellt wäre und Mühe hätte, eine Arbeit zu finden. Sie schliesst, es liege (ganz knapp) ein Härtefall im Sinn von Art. 66a Abs. 2 StGB vor. Die zusätzlich erforderliche Interessenabwägung ergebe aber, dass der Beschwerdeführer dennoch des Landes zu verweisen sei. Nach zwei keinesfalls zu verharmlosenden Raubdelikten und in Anbetracht der auch sonst nach wie vor wenig stabilen persönlichen und wirtschaftlichen Situation bestehe ein sehr erhebliches öffentliches Interesse an der Fernhaltung. Dieses öffentliche Interesse überwiege das durchaus beträchtliche Interesse des Beschwerdeführers, in der Schweiz bleiben zu können. Der schon recht langen Aufenthaltsdauer, der partiell erfolgten Integration in die hiesige Gesellschaft und den familiären Beziehungen in der Schweiz sei Rechnung zu tragen, indem die Dauer der Massnahme auf fünf Jahre festgesetzt werde (angefochtenes Urteil S. 11 f. V.).
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1.6. | |
1.6.1. Die Landesverweisung ist eine primär sichernde strafrechtliche Massnahme (vgl. Art. 121 Abs. 2 und 5 BV; Urteil 6B_627/2018 vom 22. März 2019 E. 1.3.2 mit Hinweisen). Bei der Bestimmung der öffentlichen Interessen im Sinn von Art. 66a Abs. 2 StGB und bei ihrer Gewichtung gegenüber den privaten Interessen stehen die Natur und Schwere der Anlasstat, die darin sich manifestierende Gefährlichkeit des Täters für die öffentliche Sicherheit und die Prognose über das deliktische Rückfallrisiko im Vordergrund (erwähntes Urteil 6B_627/2018 E. 1.6.2). Bezüglich der Wiederholungsgefahr darf das Gericht auch Straftaten berücksichtigen, die der Ausländer vor dem Inkrafttreten von Art. 66a StGB (1. Oktober 2016) begangen hat (Urteil 6B_651/2018 vom 17. Oktober 2018 E. 8.3.3 mit Hinweisen).
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Die Vorinstanz nimmt an, ein Härtefall liege (knapp) vor, erkennt indessen ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Landesverweisung (oben E. 1.5). Der Beschwerdeführer rügt diese Abwägung als bundesrechtswidrig. Bezüglich des zugrundeliegenden Härtefalls beanstandet er, die Konsequenzen der Massnahme für sein Leben würden unzureichend erfasst (vgl. E. 1.1). Die diesbezüglichen Vorbringen sind auch für die Interessenabwägung bedeutsam, einmal für die Gewichtung des privaten Interesses. Die aktuellen Lebensumstände betreffen sodann ebenso die Frage, in welchem Ausmass die Anwesenheit des Beschwerdeführers die öffentliche Sicherheit (weiterhin) gefährdet. Je weniger klar das private oder das öffentliche Interesse das jeweils andere überwiegt, desto eingehender sind die Interessenspositionen gegeneinander abzuwägen. Die Abwägung ist im Urteil darzustellen. Die Entscheidmotive müssen gegebenenfalls aufzeigen, inwiefern sich das Rückfallrisiko seit dem Anlassdelikt verändert hat. Ist die betreffende Entwicklung nicht abgeschlossen, hängt die Prognose über die Rückfallgefahr auch von der absehbaren weiteren Veränderung der Risikofaktoren ab.
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1.6.2. Im Zusammenhang mit der Interessenabwägung hält die Vorinstanz fest, nach zwei Raubdelikten und in Anbetracht der "auch sonst nach wie vor wenig stabilen persönlichen und wirtschaftlichen Situation" des Beschwerdeführers bestehe ein sehr erhebliches öffentliches Interesse an seiner Fernhaltung, das sein durchaus beträchtliches Interesse am Verbleib in der Schweiz überwiege. Letzteres sei in der Dauer des Aufenthalts in der Schweiz, einer teilweisen Integration und in den (nur in der Schweiz existierenden) familiären Beziehungen begründet (angefochtenes Urteil S. 12 E. V/3). Mit der konkreten Tragweite dieser Umstände befasst sich die Vorinstanz nicht näher, etwa was die spezielle Situation von in der Schweiz aufgewachsenen Ausländern (BGE 146 IV 105 E. 3.4.4 a.E. S. 110; 144 IV 332 E. 3.3.3 S. 342) und das fehlende soziale Netz im Herkunftsland (dazu BGE 144 IV 332 E. 3.4.2 S. 344) angeht.
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Auch die Komponenten des öffentlichen Interesses im Sinn von Art. 66a Abs. 2 StGB werden im angefochtenen Urteil nur äusserst knapp und pauschal umschrieben. Implizit geht die Vorinstanz davon aus, die im Anlassdelikt zum Ausdruck gekommene Gefährdung sei tel quel auf die Gegenwart und absehbare Zukunft übertragbar. Eine umstandslose Gleichsetzung des in der Vergangenheit manifestierten Risikos mit einer in Zukunft drohenden Gefährdung kann bei mehr oder weniger statischen Verhältnissen angebracht sein. Hier jedoch hängt das Rückfallrisiko offenkundig von verschiedenen gewichtigen Faktoren ab, die sich seit der Anlasstat bereits verändert haben und die sich allenfalls noch weiter verändern werden (unten E. 1.6.3). Solche dynamischen Elemente müssen entsprechend perspektivisch erfasst und behandelt werden. Die Vorinstanz hat sich indessen nicht mit den Vorbringen des Beschwerdeführers befasst, soweit er im Berufungsverfahren etwa geltend gemacht hatte, er sei im Zeitpunkt des massgeblichen Delikts (August 2018) obdachlos gewesen; nach seiner Rückkehr in die Wohneinrichtung habe sich seine persönliche und wirtschaftliche Situation stabilisiert und er habe seine psychischen Probleme immer besser in den Griff bekommen. Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers machte die instabile Situation die Taten zwar nicht "zumindest erklärbar". Ebensowenig aber darf das öffentliche Interesse nur anhand der damaligen Verhältnisse und ohne angemessene Berücksichtigung von seither erfolgten und absehbaren Entwicklungen definiert werden.
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1.6.3. Verschiedene Lebensumstände des Beschwerdeführers sind Änderungen unterworfen, die für die Beurteilung der Rückfallgefahr, aber auch mit Blick auf die Gründe der Sozialhilfeabhängigkeit und der Schulden bedeutsam sein können. Vor dem Anlassdelikt hatte eine Psychotherapie noch keine Besserung erbracht und die berufliche Integration nicht funktioniert. Danach aber entwickelten sich beide Bereiche günstiger (oben E. 1.4). Der Beschwerdeführer wird seit Februar 2019 wieder psychotherapeutisch behandelt. Die Wohnsituation scheint gesichert. Seit Mai 2020 unterstützt ihn eine Beiständin u.a. bei der Ausbildung und beruflichen Integration. Durch Vermittlung der Invalidenversicherung hat der Beschwerdeführer eine Lehrstelle als Gärtner gefunden.
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Für die Einschätzung, ob resp. wie stark die öffentliche Sicherheit weiterhin gefährdet ist, muss im Fall eines jungen Erwachsenen berücksichtigt werden, dass die Persönlichkeitsentwicklung zum Deliktszeitpunkt allenfalls noch nicht abgeschlossen war (vgl. erwähntes Urteil 6B_627/2018 E. 1.7). Die psychische Problematik des Beschwerdeführers wird seit Anfang 2019 therapeutisch angegangen. Er reicht zwei neuere ärztliche Berichte ein, die sich zu den Diagnosen und ihrem biographischen Hintergrund sowie zum Verlauf und zu den vorläufigen Ergebnissen der psychotherapeutischen Behandlung äussern. Dabei handelt es sich um neue Tatsachen und Beweismittel, die an dieser Stelle nicht gewürdigt werden können (vgl. Art. 99 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 1 BGG).
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1.6.4. Demnach ist die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie die Streitfrage anhand der vollständigen Beurteilungsgrundlagen beurteilt.
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2. | |
2.1. Dieser Rückweisungsentscheid präjudiziert die Beurteilung in der Sache nicht. Mit Blick auf das Beschleunigungsgebot (Art. 29 Abs. 1 BV) kann somit darauf verzichtet werden, Vernehmlassungen einzuholen (vgl. Urteil 6B_151/2019 vom 17. April 2019 E. 5).
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2.2. Die Rückweisung zur Neubeurteilung gilt als Obsiegen des Beschwerdeführers, unabhängig davon, ob die Rückweisung beantragt wird (Urteile 6B_1177/2019 vom 17. Juni 2020 E. 5, 6B_1000/2016 vom 4. April 2017 E. 3; BGE 137 V 210 E. 7.1 S. 271).
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Somit werden keine Gerichtskosten erhoben (Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG). Der Kanton Zürich schuldet dem Beschwerdeführer eine angemessene Entschädigung (Art. 68 Abs. 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: | |
1. Die Beschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 3. Juli 2020 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen.
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2. Es werden keine Kosten erhoben.
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3. Der Kanton Zürich bezahlt dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung von Fr. 3'000.--.
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4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 26. April 2021
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Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari
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Der Gerichtsschreiber: Traub
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