VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 2C_292/2021  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 20.05.2021, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 2C_292/2021 vom 29.04.2021
 
 
2C_292/2021
 
 
Urteil vom 29. April 2021
 
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Seiler, Präsident,
 
Bundesrichterin Aubry Girardin,
 
Bundesrichter Donzallaz,
 
Gerichtsschreiber Hugi Yar.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Statthalteramt des Bezirkes Horgen,
 
Bezirksgebäude, Seestrasse 124,
 
Postfach, 8810 Horgen,
 
Regierungsrat des Kantons Zürich,
 
Neumühlequai 10, 8001 Zürich.
 
Gegenstand
 
Waffenbeschlagnahmung/Waffeneinziehung, unentgeltliche Rechtsverbeiständung,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 3. Abteilung, vom 28. Januar 2021 (VB.2020.00878).
 
 
Erwägungen:
 
 
1.
 
1.1. Die Kantonspolizei Zürich stellte am 24. Mai 2018 am Wohnort von A.________ ein Sturmgewehr 90 und ein Bajonett sicher, welche sie dem Statthalteramt des Bezirks U.________ übergab. Am 18. Oktober 2018 ordnete das Amt an, dass die Waffen beschlagnahmt und definitiv eingezogen würden. Der Regierungsrat des Kantons Zürich hiess am 29. Januar 2020 den von A.________ hiergegen eingereichten Rekurs teilweise gut; er hob die Verfügung des Statthalteramts auf und wies die Sache im Sinne der Erwägungen zu neuem Entscheid an dieses zurück.
 
1.2. Am 30. Juni 2020 wies das Statthalteramt ein Gesuch von A.________ um unentgeltliche Rechtsverbeiständung mangels Notwendigkeit der anwaltlichen Vertretung einerseits und zufolge offensichtlicher Aussichtslosigkeit andererseits ab. In den Erwägungen hielt das Statthalteramt fest, dass A.________ sich zwecks Terminvereinbarung für die Akteneinsicht mit ihm in Verbindung setzen könne. Hiergegen wandte sich dieser an den Regierungsrat des Kantons Zürich; er beantragte, ihm für das Administrativverfahren einen unentgeltlichen Rechtsbeistand "zur Verfügung zu stellen" und ihm Akteneinsicht zu gewähren. Der Regierungsrat wies den Rekurs am 28. Oktober 2020 ab und auferlegte A.________ die Verfahrenskosten, welche er indessen wegen offensichtlicher Uneinbringlichkeit abschrieb.
 
1.3. Gegen den Entscheid des Regierungsrats vom 28. Oktober 2020 gelangte A.________ an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich; er beantragte diesem im Wesentlichen, den Beschluss des Regierungsrats aufzuheben und ihm für das Administrativverfahren die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung zu gewähren; das Statthalteramt sei zu verpflichten, ihn in die Akten Einsicht nehmen zu lassen. Das Verwaltungsgericht wies die Beschwerde am 28. Januar 2021 ab, soweit es darauf eintrat. Das Gesuch um Verbeiständung und unentgeltliche Rechtspflege für das Beschwerdeverfahren wies es ab, da die Begehren als offensichtlich aussichtslos zu gelten hätten. Im Übrigen sei A.________ in der Lage, seine Interessen selber wahrzunehmen.
 
1.4. A.________ beantragt vor Bundesgericht, das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 28. Januar 2021 aufzuheben. Weiter sei ihm für das bundesgerichtliche Verfahren ein unentgeltlicher Rechtsbeistand zu bestellen und ihm die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren. Es sei seinem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung für das vorinstanzliche Verfahren zu entsprechen. Das Statthalteramt Bezirk Horgen sei zu verpflichten, ihm seine Dienstwaffe und "sein unscharfes historisches Bajonett samt Scheide von 1888" unverzüglich herauszugeben. Es sei ihm zudem eine Parteientschädigung von Fr. 4'986.80 zuzusprechen. Es wurde davon abgesehen, Vernehmlassungen und Akten einzuholen.
 
 
2.
 
2.1. Gemäss Art. 42 Abs. 1 und 2 des Bundesgerichtsgesetzes (BGG; SR 173.110) haben Rechtsschriften an das Bundesgericht die Begehren und die Begründung zu enthalten. Diese muss sachbezogen sein und sich auf den Gegenstand des angefochtenen Entscheids beziehen. Die beschwerdeführende Partei muss in gezielter Auseinandersetzung mit den für das Ergebnis des angefochtenen Urteils massgeblichen Erwägungen in gedrängter Form plausibel darlegen, inwiefern die Vorinstanz Rechte und Rechtsnormen verletzt haben soll (BGE 140 III 86 E. 2 S. 88 f. mit Hinweisen). Das Bundesgericht ist an den Sachverhalt gebunden, wie ihn die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser erweise sich in einem entscheidwesentlichen Punkt als offensichtlich falsch oder unvollständig (Art. 105 Abs. 2 BGG). Inwiefern die vorinstanzliche Beweiswürdigung und die Sachverhaltsfeststellung klarerweise unhaltbar sein sollen, muss in der Beschwerdeschrift detailliert aufgezeigt und damit qualifiziert begründet werden (BGE 144 V 50 E. 4.2 S. 53 mit Hinweisen).
 
2.2. Gegenstand des bundesgerichtlichen Verfahrens bildet im Rahmen des entsprechenden kantonalen Zwischenentscheids mit nicht wiedergutzumachendem Nachteil (vgl. Art. 93 Abs. 1 BGG; vgl. BGE 144 III 475 E. 1.2 S. 479; 253 E. 1.3 S. 254; 142 III 798 E. 2.2 S. 800 f.) die Frage, ob die kantonalen Instanzen davon ausgehen durften, dass es von Verfassungs wegen nicht erforderlich war, dem Beschwerdeführer einen unentgeltlichen Rechtsvertreter beizugeben. Die Sache selber (Rechtmässigkeit der Beschlagnahmung und des Einzugs des Sturmgewehrs und des Bajonetts) bildet nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Auf die entsprechenden Ausführungen ist im Folgenden nicht weiter einzugehen.
 
2.3. Das Verwaltungsgericht hat angenommen, dass auf die Verbeiständung des Beschwerdeführers verzichtet werden durfte, da eine solche nicht 
 
2.3.1. Mit der Vorinstanz ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer sich klar und strukturiert mit der Frage der Zulässigkeit der beanstandeten Beschlagnahmung und Einziehung auseinanderzusetzen weiss. Auch wenn er geltend macht, als Elektromonteur mit einem gewöhnlichen Schulabschluss nicht in der Lage zu sein, seine Interessen wahrzunehmen, sprechen seine Eingaben eine andere Sprache (vgl. LAURENT MERZ, in: Niggli/Uebersax/Wiprächtiger/Kneubühler [Hrsg.], BSK Bundesgerichtsgesetz, 3. Aufl. 2018, N. 12 zu Art. 41 BGG). Die vorliegende Beschwerde belegt, dass er - anders als von ihm geltend gemacht - mit der Problematik der Rechtmässigkeit der Beschlagnahmung und des Einzugs seiner Waffen nicht "völlig überfordert" bzw. diesbezüglich unbeholfen ist. Wäre das angefochtene Urteil und seine Begründung tatsächlich "in einer Sprache verfasst", die er "nicht versteht und nicht nachfolgen kann", wäre es ihm nicht möglich gewesen, seine Eingabe an das Bundesgericht in der vorliegenden - in einzelnen Punkten fast professionell anmutenden - Weise zu formulieren.
 
2.3.2. Der Beschwerdeführer macht nicht geltend, er habe für die Ausformulierung seiner Rechtsschriften die Hilfe Dritter in Anspruch nehmen müssen; inhaltlich ist es ihm offenbar möglich gewesen, sich die nötigen Informationen selber zu beschaffen. Eine obligatorische Verbeiständung setzt grundsätzlich voraus, dass die Partei nicht bloss aus finanziellen Gründen nicht in der Lage ist, sich an einen Anwalt zu wenden oder anderweitig geeignete Hilfe zu beschaffen (MERZ, a.a.O., N. 6 zu Art. 41 BGG). Die Frage der Beschlagnahmung und des Einzugs seiner Waffen ist nicht derart komplex, dass der Beschwerdeführer seine Interessen nicht ohne Rechtsbeistand wahren könnte. Es wäre gegebenenfalls an ihm gewesen, einen Anwalt zu konsultieren, der die unentgeltliche Verbeiständung für ihn hätte beantragen können; eine Verbeiständung durch die Behörden war nicht erforderlich.
 
2.3.3. Entgegen seinen Vorbringen kann nicht gesagt werden, dass in besonders starker Weise in seine Rechtsposition eingegriffen würde. Die Annahme der Vorinstanz, dass im erstinstanzlichen Verfahren eine Verbeiständung im Hinblick auf die hier geltende Untersuchungsmaxime nur ausnahmsweise erfolgen soll, ist vertretbar und nicht verfassungswidrig. Eine Unfähigkeit zur Prozessführung soll nicht leichthin angenommen werden; es besteht diesbezüglich seitens der Behörde ein erheblicher Beurteilungsspielraum (MERZ, a.a.O., N. 11 zu Art. 41 BGG; FLORENCE AUBRY GIRARDIN, in: Corboz et al. [Hrsg.], Commentaire de la LTF, 2. Aufl. 2014, N. 11 zu Art. 41 LTF).
 
2.3.4. Die verschiedenen Zwischenverfahren im Kanton ändern hieran nichts; der Beschwerdeführer hat die Übersicht über diese behalten und teilweise im Kanton denn auch erfolgreich rekurriert bzw. Beschwerde geführt (Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 7. Februar 2019 [VB.2019.00025]; Beschluss des Regierungsrats des Kantons Zürich vom 29. Januar 2020). Soweit die Vorinstanz das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege bezüglich seiner Verbeiständung mangels Notwendigkeit in den kantonalen Verfahren inhaltlich als aussichtslos abgewiesen hat, ist nicht ersichtlich, inwiefern sie damit Bundesrecht verletzt hätte.
 
2.4. Auch die Kritik des Beschwerdeführers bezüglich des von ihm beim Statthalteramt gestellten Gesuchs um Akteneinsicht ist - soweit der entsprechende Zwischenentscheid überhaupt einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken könnte (vgl. Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG) - unberechtigt: Der Beschwerdeführer hat am 24. Juni 2020 anlässlich seiner persönlichen Anhörung ersucht, ihm vor der Einvernahme zur Sache Akteneinsicht zu gewähren. Das Statthalteramt Horgen hielt in seiner Verfügung vom 30. Juni 2020 fest, dass der Beschwerdeführer zwecks Terminvereinbarung mit ihm Kontakt aufnehmen könne. Wie die Vorinstanz zutreffend festgestellt hat, ist sein Akteneinsichtsgesuch damit nicht (formell) abgewiesen worden. Die Akteneinsicht war ihm in den Räumlichkeiten des Statthalteramts zu ermöglichen; ein Anspruch darauf, dass ihm die Unterlagen nach Hause geschickt würden, bestand nicht. Nachdem der Beschwerdeführer sein Gesuch (erst) zu Beginn seiner Anhörung gestellt hatte, war es aus organisatorischen Gründen vertretbar, ihm diese nicht sofort, sondern erst später nach Absprache eines (neuen) Termins zu gewähren. Nachdem der Regierungsrat die Beschlagnahmungs- und Einziehungsverfügung des Statthalteramts vom 18. Oktober 2018 aufgehoben und die Sache zu neuem Entscheid an das Statthalteramt zurückgewiesen hat, wird der Beschwerdeführer Einblick in die Akten nehmen und sich in deren Kenntnis noch äussern können.
 
 
3.
 
3.1. Die Beschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet. Sie kann unter Hinweis auf die Darlegungen im angefochtenen Entscheid im Verfahren nach Art. 109 BGG abgewiesen werden, soweit darauf einzutreten ist.
 
3.2. Dem Verfahrensausgang entsprechend wird der unterliegende Beschwerdeführer kostenpflichtig; das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist wegen Aussichtslosigkeit abzuweisen (Art. 64 BGG). Dem Beschwerdeführer ist für das bundesgerichtliche Verfahren kein Rechtsbeistand zu bezeichnen, da nicht gesagt werden kann, dass der er "offensichtlich nicht imstande" ist, "seine Sache selber zu führen" (Art. 41 BGG). Es besteht keine Veranlassung, dem unterliegenden Beschwerdeführer die von ihm beantragte Parteientschädigung zuzusprechen (vgl. Art. 68 BGG).
 
3.3. Im Hinblick auf die finanzielle Situation des Beschwerdeführers rechtfertigt es sich jedoch, keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG).
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.
 
3. Es werden keine Kosten erhoben.
 
4. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 3. Abteilung, und dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 29. April 2021
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Seiler
 
Der Gerichtsschreiber: Hugi Yar
 
© 1994-2021 Das Fallrecht (DFR).