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Informationen zum Dokument  BGer 6B_348/2021  Materielle Begründung
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BGer 6B_348/2021 vom 03.05.2021
 
 
6B_348/2021
 
 
Urteil vom 3. Mai 2021
 
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin,
 
Bundesrichter Denys,
 
Bundesrichter Muschietti,
 
Gerichtsschreiberin Arquint Hill.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8090 Zürich,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Einziehung von Gegenständen (mehrfache Pornografie, mehrfacher Hausfriedensbruch),
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 19. Januar 2021 (SB200282-O/U/hb-ad).
 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1. Das Obergericht des Kantons Zürich stellte mit Urteil vom 19. Januar 2021 die Rechtskraft des Urteils des Bezirksgerichts Zürich betreffend die Dispositivziffern 1-3, 6, 8, 11-14, 18 und 19 fest. Es sprach den Beschwerdeführer zudem schuldig der mehrfachen Pornografie (Dossier 1) und des mehrfachen Hausfriedensbruchs (Dossiers 7 und 8). Vom Vorwurf des mehrfachen Hausfriedensbruchs (Dossiers 9-12, 17, 20 und 21) sprach es ihn frei. Es bestrafte den Beschwerdeführer mit 40 Monaten Freiheitsstrafe (unter Anrechnung von 868 Tagen Untersuchungs- und Sicherheitshaft sowie vorzeitigen Strafvollzugs). Weiter befand es über die Einziehung zur Vernichtung der mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl vom 13. September 2019 beschlagnahmten Gegenstände (Dispositivziffer 5a) und regelte die Aussonderung und Herausgabe der auf den beschlagnahmten Geräten (Computer B.________ [Ass.Nr. ttt] und Mobiltelefon C.________ [Ass.Nr. uuu]) sich befindlichen, nicht deliktsrelevanten Dateien und Daten an den Beschwerdeführer (Dispositivziffer 5b). Ferner beurteilte es den Zivilpunkt und legte die Kosten- und Entschädigungsfolgen fest.
 
2. Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt der Beschwerdeführer die Aufhebung des Urteils des Obergerichts Zürich vom 19. Januar 2021 in Bezug auf die Dispositivziffern 5a und 5b und verlangt insoweit eine Neuregelung. Zum einen seien ihm die eingezogenen und zur Vernichtung vorgesehenen Gegenstände - 1 Mobiltelefon D.________ (Ass.Nr. vvv), optischer Datenträger (CD/DVD), 168 Stück (Ass.Nr. www), 1 Tablet E.________ (Ass.Nr. xxx), 1 Mobiltelefon F.________ (Ass.Nr. yyy) und optischer Datenträger (CD/DVD), 32 Stück (Ass.Nr. zzz) - kostenlos auszuhändigen. Zum anderen sei ihm die Möglichkeit zu geben, alle nicht deliktsrelevanten Dateien auf den beiden ebenfalls beschlagnahmten Geräten - 1 Mobiltelefon C.________ (Ass.Nr. uuu) und 1 Computer B.________ (Ass. Nr. ttt) - namentlich ohne Kostenfolgen auszusondern.
 
3. Die Präsidentin der Strafrechtlichen Abteilung verfügte am 24. März 2021 superprovisorisch die aufschiebende Wirkung der Beschwerde für die Dauer des bundesgerichtlichen Verfahrens. Die Vorinstanz und die Beschwerdegegnerin verzichteten auf Stellungnahmen. Damit erübrigt sich eine weitere Verfügung.
 
4. Gemäss Art. 42 Abs. 1 BGG haben Rechtsschriften ein Begehren und deren Begründung zu enthalten. In der Beschwerdebegründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Die beschwerdeführende Partei hat mit ihrer Kritik an den als rechtsfehlerhaft erachteten Erwägungen der Vorinstanz anzusetzen (BGE 140 III 86 E. 2). Hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten bestehen qualifizierte Rügeanforderungen (Art. 106 Abs. 2 BGG).
 
5. Das Gericht verfügt ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer bestimmten Person die Einziehung von Gegenständen, die zur Begehung einer Straftat gedient haben oder bestimmt waren oder die durch eine Straftat hervorgebracht worden sind, wenn diese Gegenstände die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit oder die öffentliche Ordnung gefährden. Das Gericht ordnet von Gesetzes wegen die Einziehung von Gegenständen an, die zur Begehung einer Straftat gedient haben oder bestimmt waren (Art. 69 Abs. 1 StGB).
 
6. Die erste Instanz zog mit Urteil vom 28. Januar 2020 die beschlagnahmten Gegenstände gemäss Verfügung der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl vom 13. September 2019 zur Vernichtung ein. Dagegen legte der Beschwerdeführer Berufung ein. Anlässlich der Berufungsverhandlung schränkte die amtliche Verteidigung den in der Berufungserklärung zunächst gestellten Antrag auf Herausgabe der eingezogenen Gegenstände "mit Ausnahme des inkriminierten Materials" insofern ein, als nur noch die Aussonderung und Herausgabe der nicht deliktsrelevanten Dateien und Daten auf dem Computer B.________ (Ass. Nr. ttt) und der im Mobiltelefon C.________ (Ass. Nr. uuu) gespeicherten Kontaktdaten verlangt wurde. Darüber hinaus wurde die erstinstanzliche Anordnung der Einziehung der beschlagnahmten elektronischen Gerätschaften gemäss Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 13. September 2019 zwecks Vernichtung nicht (mehr) angefochten, was im vorinstanzlichen Urteil so auch festgestellt wurde. Die Vorinstanz zog die elektronischen Gegenstände in der Folge in einem ersten Schritt entsprechend der erstinstanzlichen Anordnung ein und überliess sie der Lagerbehörde zur Vernichtung, weil sie inkriminierte Dateien enthalten würden und der Beschwerdeführer weder um eine Herausgabe der Geräte noch der darauf gespeicherten Dateien ersucht habe (angefochtenes Urteil S. 28 ff. sowie Dispositivziffer 5a mit Liste der zur Vernichtung eingezogenen Gegenstände).
 
Der Beschwerdeführer wendet insoweit nichts ein, was diese Beurteilung der Vorinstanz verfassungs- und/oder rechtswidrig erscheinen lassen könnte. Sein Vorwurf, die amtliche Verteidigung habe die Anträge zur Einziehung im Plädoyer anlässlich der Berufungsverhandlung ohne seine vorgängige Kontrolle und zu seinem Nachteil abgeändert, erweist sich als nicht stichhaltig. Aus den kantonalen Akten ergibt sich, dass der Beschwerdeführer anlässlich der Berufungsverhandlung explizit auf die Antragstellung der amtlichen Verteidigung in Bezug auf Art. 69 StGB angesprochen wurde und er insofern ausdrücklich bekräftigte, nicht an der Herausgabe der beschlagnahmten Gegenstände interessiert zu sein, sondern nur an den Daten/Dateien auf zwei elektronischen Geräten (vgl. kantonale Akten, act. 150, Protokoll des Obergerichts, S. 23 f.). Wenn der Beschwerdeführer vor diesem Hintergrund - entgegen seiner Antragstellung im Berufungsverfahren und ohne die vorinstanzliche Feststellung zum Umfang der Anfechtung der erstinstanzlichen Einziehungsanordnung als willkürlich zu widerlegen - vor Bundesgericht nunmehr die kostenlose Herausgabe von fünf zur Vernichtung eingezogenen Gegenständen (2 Mobiltelefone, 1 Tablet, 2 optische Datenträger) beantragt, stellt er ein neues und damit unzulässiges Begehren, worauf nicht eingetreten werden kann. Er verkennt, dass nicht angefochtene Urteilspunkte - unter Vorbehalt der hier nicht relevanten Ausnahmen nach Art. 404 Abs. 2 StPO - rechtskräftig werden und im bundesgerichtlichen Verfahren nicht mehr zur Diskussion gestellt werden können. Der Streitgegenstand vor Bundesgericht, verglichen mit dem vorinstanzlichen Verfahren, kann zwar eingeschränkt (minus), nicht aber ausgeweitet (plus) oder geändert (aliud) werden (BGE 143 V 19 E. 1.1; 136 V 362 E. 3.4). Abgesehen davon wird der (unzulässige) Antrag auf Herausgabe ohnehin im Wesentlichen nur mit der Behauptung begründet, die fraglichen Gegenstände enthielten keine deliktsrelevanten Daten. Woraus sich ergeben könnte, dass diese Behauptung berechtigt und die gegenteilige Feststellung der Vorinstanz willkürlich oder sonstwie bundesrechtswidrig sein könnte, ist weder dargetan noch ersichtlich.
 
7. Die Vorinstanz hat in einem zweiten Schritt festgestellt, dass auch die beschlagnahmten Gegenstände - 1 Computer B.________ (Ass.Nr. ttt) und das Mobiltelefon C.________ (Ass.Nr. uuu) - deliktsrelevante Dateien enthielten, sodass sich auch diesbezüglich die Einziehungsfrage stelle. Angesichts der Datenmenge, die sich auf diesen beiden Datenträgern befinde, sei zu erwarten, dass eine Aussonderung der legalen Dateien einen grossen Aufwand verursache. Dieser mit der Trennung zwischen deliktischen und nicht-deliktischen Daten verbundene Aufwand könne vor dem Hintergrund des Prinzips der Subsidiarität und insbesondere auch angesichts der Bedeutung der legalen Daten für den Beschwerdeführer nicht als unverhältnismässig eingestuft werden. Diesem sei daher in Nachachtung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. Urteil 6B_748/2008 vom 16. Februar 2009 E. 4.5.3) die Möglichkeit einzuräumen, die von ihm gewünschten nicht-deliktischen Datenbestände unter Aufsicht einer Amtsperson auszusondern und sich auf einem separaten Datenträger aushändigen zu lassen, wobei die Kosten aus den mit einer solchen Trennung einhergehenden Aufwendungen auf den Einziehungsbetroffenen und damit auf den Beschwerdeführer überwälzt werden könnten (angefochtenes Urteil S. 30 ff. sowie Dispositivziffer 5b).
 
Soweit der Beschwerdeführer diesbezüglich die kostenlose Aussonderung und Herausgabe der (für ihn) wertvollen nicht-deliktischen Dateien auf dem Computer B.________ (Ass.Nr. ttt) und dem Mobiltelefon C.________ (Ass.Nr. uuu) verlangt, ist gestützt auf seine Einwände auch in diesem Zusammenhang nicht ersichtlich, dass und inwiefern geltendes Recht durch das angefochtene Urteil verletzt worden wäre. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts, auf welche die Vorinstanz abstellt, ist eine Kostenüberwälzung des mit der Datentrennung verbundenen Aufwands auf den Einziehungsbetroffenen grundsätzlich zulässig (Urteil 6B_748/2008 vom 16. Februar 2009). Weshalb dies im vorliegenden Fall anders sein sollte, vermag der Beschwerdeführer nicht zu sagen und ist auch nicht ersichtlich. Die bloss pauschalen Hinweise auf seine Zahlungsunfähigkeit sowie auf die Eigentums- und Wirtschaftsfreiheit vermögen daran nichts zu ändern und sein Vorbringen, "die Kosten seien durch die Kosten der Untersuchung schon gedeckt", betrifft nicht den Gegenstand des Verfahrens. Welcher Aufwand mit welchen Kosten im Falle einer Datentrennung anfällt, wird vor dem Hintergrund der von den Verfahrenskosten bereits umfassten Untersuchungshandlungen betreffend Geräteauswertung und Datenvisionierung (vgl. angefochtenes Urteil S. 34) zu beurteilen sein.
 
8. Nach dem Gesagten ist die Beschwerde im Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen, soweit darauf überhaupt eingetreten werden kann. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist wegen Aussichtslosigkeit der Rechtsbegehren abzuweisen (Art. 29 Abs. 3 BV; Art. 64 Abs. 1 BGG; BGE 142 III 138 E. 5.1; 129 I 129 E. 2.3.1.). Praxisgemäss werden der unterliegenden Person bei Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege mit nachgewiesener Bedürftigkeit die Gerichtskosten herabgesetzt (Art. 66 Abs. 1 i.V.m. Art. 65 Abs. 2 BGG).
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
 
3. Die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 3. Mai 2021
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari
 
Die Gerichtsschreiberin : Arquint Hill
 
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